TE Vwgh Beschluss 1997/1/17 96/07/0228

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Veröffentlicht am 17.01.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
14/01 Verwaltungsorganisation;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

ABGB §16;
AVG §8;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
StGG Art2;
UVPG 1993 §19 Abs3;
UVPG 1993 §3 Abs6;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, in der Beschwerdesache des Umweltanwaltes des Landes Steiermark gegen den Bescheid des Umweltsenates vom 8. Oktober 1996, Zl. US 4/1996/3-22, betreffend Feststellung nach § 3 Abs. 6 UVP-G, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 1996 stellte die beschwerdeführende Partei bei der steiermärkischen Landesregierung den Antrag auf Feststellung gemäß § 3 Abs. 6 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, BGBl. Nr. 697/1993 (UVP-G), daß die von der E.-GesmbH am Standort N. geplante Anlage zur thermischen Verwertung von Abfällen nach den Bestimmungen des UVP-G einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sei.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Mai 1996 abgewiesen.

Eine dagegen von der beschwerdeführenden Partei erhobene Berufung wurde vom Umweltsenat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 1996 abgewiesen.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde führt die beschwerdeführende Partei zur Begründung ihrer Beschwerdelegitimation aus, zum Unterschied vom Genehmigungsverfahren (§ 19 Abs. 3 UVP-G) sei beim Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs. 6 UVP-G nicht davon die Rede, daß die beteiligten Organparteien bzw. Gemeinden in diesem Verfahren subjektive Rechte geltend machen, Rechtsmittel ergreifen und Beschwerde bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts erheben könnten. Daraus könnte abzuleiten sein, daß die Parteistellung der Organe und öffentlichen Institutionen im Feststellungsverfahren lediglich eine Formalparteistellung sei und als solche sowohl hinsichtlich der administrativen Rechtsmittel als auch der Beschwerdeführung bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts auf die Geltendmachung einer etwaigen Verletzung von Verfahrensvorschriften beschränkt bliebe. Diese Auffassung sei weder zwingend noch zielführend. Sie stoße auch auf verfassungsrechtliche Bedenken. Vertretbar und im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation des Gesetzes angebracht sei daher eine Auslegung, bei der § 3 Abs. 6 UVP-G mit § 19 Abs. 3 leg. cit. in Verbindung gesetzt und hinsichtlich der Parteienrechte in gleichem Sinne ausgelegt werde. Der Gesetzgeber sei zwar nicht verpflichtet gewesen, dem Umweltanwalt im Feststellungsverfahren Parteistellung einzuräumen. Wenn er sich aber zu einer Einbeziehung von Legalparteien entschließe, die auch im Genehmigungsverfahren als Parteien kraft subjektiver Rechte teilnehmen könnten, dann sei kein sachlicher Grund dafür zu finden, weshalb diese Parteien im Feststellungsverfahren nur als Formalparteien auftreten könnten. Für eine solche Asymmetrie des Gesetzes sei keine sachliche Rechtfertigung zu erkennen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 3 Abs. 6 UVP-G hat die Behörde auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes innerhalb von drei Monaten mit Bescheid festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkende Behörde, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde.

Nach § 19 Abs. 3 UVP-G haben der Umweltanwalt sowie die Standortgemeinde und die an diese unmittelbar angrenzenden österreichischen Gemeinden im Genehmigungsverfahren und im Verfahren nach § 20 Parteistellung. Sie sind berechtigt, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen, als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben.

Das UVP-G regelt demnach die Stellung des Umweltanwaltes im Feststellungsverfahren anders als im Genehmigungsverfahren. Im Feststellungsverfahren wird ihm nur Parteistellung eingeräumt. Daraus allein aber resultiert nicht die Berechtigung zur Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1988, Slg. Nr. 12.662/A, u.a.). Demgegenüber wird dem Umweltanwalt im Genehmigungsverfahren auch die Befugnis zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eingeräumt. Eine analoge Anwendung der die Beschwerdebefugnis einräumenden Bestimmungen des § 19 UVP-G auf das Feststellungsverfahren scheidet aus, da keine Lücke vorliegt, sondern eine vom Gesetzgeber gewollte unterschiedliche Ausstattung des Umweltanwaltes mit verfahrensrechtlichen Befugnissen in beiden Verfahren.

Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, dem Umweltanwalt im Verfahren nach dem UVP-G Parteistellung einzuräumen. Wenn er ihm trotzdem Parteistellung einräumt, dann ist deren Ausgestaltung im Ermessen des Gesetzgebers gelegen. Eine Unsachlichkeit ist in der unterschiedlichen Ausgestaltung der verfahrensrechtlichen Stellung des Umweltanwalts im Feststellungsverfahren auf der einen und im Genehmigungsverfahren auf der anderen Seite nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu erblicken.

Im übrigen kann eine in einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gelegene Verfassungswidrigkeit des UVP-G im vorliegenden Zusammenhang schon deswegen nicht vorliegen, weil der Umweltanwalt kein Rechtssubjekt und daher auch nicht Träger von Grundrechten ist, die durch ein verfassungswidriges Gesetz verletzt werden könnten.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen war.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Ermessen Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996070228.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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