TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/5 G301 2238012-1

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Veröffentlicht am 05.07.2021
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Entscheidungsdatum

05.07.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch


G301 2238012-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde des XXXX XXXX alias XXXX , geboren am XXXX (auch XXXX alias XXXX ), Staatsangehörigkeit: Volksrepublik China, gegen die Anhaltung in Schubhaft, BFA-Zl. Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.12.2020 zu Recht:

A)       

I.       Die Beschwerde wird hinsichtlich der Anhaltung in Schubhaft von XXXX .12.2020, 16:04 Uhr, bis zur Freilassung am XXXX .12.2020 als unbegründet abgewiesen.

II.      Es wird gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung am XXXX .12.2020 die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

III.    Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit dem am 22.12.2020 beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben im Spruch angeführten Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Steiermark, vom XXXX .12.2020, sowie gegen die bisherige und andauernde Anhaltung in Schubhaft.

Auf Grund der entsprechenden Aufforderung des BVwG zur Aktenvorlage vom 22.12.2020 wurden vom BFA, Regionaldirektion Steiermark, am 23.12.2020 die Bezug habenden Verwaltungsakten elektronisch übermittelt und eine Stellungnahme zur gegenständlichen Beschwerde erstattet.

Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 28.12.2020 in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF nach polizeilicher Vorführung aus dem Polizeianhaltezentrum (PAZ) XXXX und seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen.

Nach Schluss der Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet, wobei die Beschwerde hinsichtlich des angefochtenen Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft von XXXX .12.2020, 14:20 Uhr, bis XXXX .12.2020, 16:04 Uhr, als unbegründet abgewiesen wurde (Spruchpunkt A.I.), der Beschwerde hinsichtlich der Anhaltung in Schubhaft ab XXXX .12.2020, 16:04 Uhr, stattgegeben und diese für rechtswidrig erklärt wurde (Spruchpunkt A.II.), gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen (Spruchpunkt A.III.), die Anträge auf Ersatz der Aufwendungen abgewiesen wurden (Spruchpunkt A.IV.) sowie die Revision für nicht zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt B.).

Mit dem am 11.01.2021 eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz beantragte das BFA, RD Steiermark, als belangte Behörde die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.

Mit Erledigung des BVwG vom 25.01.2021, G301 2238012-1/7E, wurde die am 28.12.2020 mündlich verkündete Entscheidung schriftlich ausgefertigt.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 08.04.2021, Ra 2021/21/0076-8, in Stattgebung der außerordentlichen Amtsrevision des BFA das am 28.12.2020 mündlich verkündete und am 25.01.2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des BVwG im Umfang der Anfechtung (Spruchpunkte A.II., A.III. und A.IV., soweit damit der Aufwandersatzantrag des BFA abgewiesen wurde) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführten Verfahrensidentitäten (Namen und Geburtsdatum). Der BF gibt an, Staatsangehöriger der Volksrepublik China zu sein.

Der BF wurde am XXXX .12.2020 im Zuge einer polizeilichen Kontrolle wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet festgenommen und einer ersten polizeilichen Befragung unterzogen. Dabei gab der BF an, dass er seit Juli 2020 in Österreich aufhältig sei und weder über Dokumente noch über einen Wohnsitz verfüge. Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG änderte der BF seine Angaben dahingehend, dass er seit XXXX .10.2019 durchgehend in Österreich aufhältig sei.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid vom XXXX .12.2020 hat die belangte Behörde – nach Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme – gegen den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Bescheid wurde dem BF am XXXX .12.2020 um 14:20 Uhr persönlich ausgefolgt.

Der BF stellte am XXXX .12.2020, um 16:04 Uhr, und somit während aufrechter Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.

In der am XXXX .12.2020 durchgeführten asylrechtlichen Erstbefragung gab der BF zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates (Fluchtgründe) an, dass er in China Falungong praktiziere, was in China aber verboten sei. Im September 2018 habe er mit einigen Leuten in Shenyang Prospekte verteilt, worauf er von der Polizei erwischt, aber eine Stunde später wieder freigelassen worden sei. Im Dezember 2018 habe er mit anderen wieder Prospekte verteilt und sie seien wieder von der Polizei erwischt worden. Damals sei er ca. 24 Stunden festgehalten worden. Bis zu seiner Ausreise habe er das nicht mehr gemacht, weswegen er auch nicht mehr von der Polizei festgenommen worden sei. Er fühle sich deswegen nicht frei und habe deshalb beschlossen, China zu verlassen. Im Fall der Rückkehr befürchte er, wieder von der Polizei festgenommen zu werden; für den Fall, dass er solche Aktionen wieder mache, würde er für drei Jahre festgenommen werden. Er würde auch gefoltert werden, zumal er bei seiner zweiten Festnahme auch bereits geschlagen worden sei.

Mit Aktenvermerk des BFA vom XXXX .12.2020 wurde aus den darin näher dargelegten Gründen gemäß § 76 Abs. 6 FPG die Aufrechterhaltung der Schubhaft wegen Verzögerungsabsicht angeordnet. Dieser Aktenvermerk wurde dem BF am selben Tag persönlich ausgefolgt.

Der BF wurde am XXXX .12.2020, um 13:30 Uhr, aus der Schubhaft, die zuletzt im PAZ XXXX vollzogen wurde, entlassen.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung und auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die Feststellung zur Entlassung aus der Schubhaft am XXXX .12.2020 beruht auf der amtswegigen Einsichtnahme in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung und in das Zentrale Fremdenregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Prozessgegenstand und Prüfungsumfang:

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 08.04.2021, Ra 2021/21/0076-8, in Stattgebung der außerordentlichen Amtsrevision des BFA das am 28.12.2020 mündlich verkündete und am 25.01.2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des BVwG im Umfang der Anfechtung (Spruchpunkte A.II., A.III. und A.IV., soweit damit der Aufwandersatzantrag des BFA abgewiesen wurde) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die nicht mit der Revision angefochtenen Spruchpunktedes Erkenntnisses des BVwG vom 28.12.2020 – Spruchpunkt A.I. betreffend Abweisung der Beschwerde hinsichtlich des angefochtenen Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft von XXXX .12.2020, 14:20 Uhr, bis XXXX .12.2020, 16:04 Uhr, sowie Spruchpunkt A.IV., insoweit der Aufwandersatzantrag des BF abgewiesen wurde, sind somit rechtskräftig entschieden.

Damit ist das gegenständliche Verfahren nur in dem von der Aufhebung betroffenen Umfang neuerlich in den Stand der Beschwerde vor dem BVwG getreten und gemäß § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) insoweit zu erledigen.

3.2. Abweisung der Beschwerde betreffend Anhaltung in Schubhaft von XXXX .12.2020, 16:04 Uhr bis zur Freilassung am XXXX .12.2020:

Wie bereits im Verfahrensgang angeführt, wurde mit Erkenntnis des VwGH das Erkenntnis des BVwG vom 28.12.2020 (schriftliche Ausfertigung vom 25.01.2021), hinsichtlich seines Spruchpunktes A.II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der VwGH gelangte in seinem Erkenntnis vom 08.04.2021, Ra 2021/21/0076-8, auf Grund der darin näher dargelegten rechtlichen Erwägungen, auf die hier vollumfänglich verwiesen werden kann, zum Schluss, dass sich das BVwG bei seiner Entscheidung zur Prüfung der Voraussetzungen gemäß § 76 Abs. 6 FPG hinsichtlich des Bestehens von Gründen zur Annahme, dass der Antrag auf internationalen Schutz zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde (Annahme einer Missbrauchsabsicht) die Rechtslage insofern verkannt habe, als es entgegen der Bestimmung des Art. 8 Abs. 3 lit. d der Aufnahme-RL, wonach der betreffende Mitgliedstaat auf der Grundlage objektiver Kriterien „belegen“ können müsse, dass „berechtigte Gründe“ für die Annahme einer solchen Absicht bestünden, einen höheren Maßstab („eindeutige oder sonst unzweifelhafte Umstände“ bzw. „eindeutig oder völlig unzweifelhaft“) zur Beurteilung dieser Kriterien anlegte. Ebenso erachtete der VwGH die vom BVwG durchgeführte Beurteilung des Asylantrages des BF (Grobprüfung) hinsichtlich dessen Berechtigung als nicht ausreichend. Der VwGH führte dazu wie folgt aus (siehe Rz 17, 18 und 19):

„Das BVwG stellte für die Annahme einer Missbrauchsabsicht im Sinne des § 76 Abs. 6 FPG darauf ab, es müssten für deren Vorliegen diesbezüglich „eindeutige oder sonst unzweifelhafte Umstände“ erkennbar sein bzw. es müsste davon „eindeutig oder völlig unzweifelhaft“ ausgegangen werden können. Demgegenüber verlangt Art. 8 Abs. 3 lit. d der Aufnahme-RL nur, dass der betreffende Mitgliedstaat auf der Grundlage objektiver Kriterien „belegen“ könne, es bestünden „berechtigte Gründe“ für die Annahme einer solchen Absicht. In diesem Sinn ist auch die diesbezügliche Wendung in § 76 Abs. 6 FPG („ ..., wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass ...“) zu verstehen. Daraus ergibt sich zwar, dass die „Beweislast“ bei dem „betreffenden Mitgliedstaat“, somit dem BFA liegt, sodass es für die Annahme der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen nach der genannten Bestimmung als Ergebnis der vorzunehmenden Grobprüfung einer entsprechenden „positiven“ Feststellung bedarf. Eine solche Feststellung ist aber nicht nur dann zu treffen, wenn die „objektiven Kriterien“ den Schluss auf eine Vereitelungs- oder Verzögerungsabsicht „eindeutig“ oder „unzweifelhaft“ zulassen, sondern bereits dann, wenn hierfür „berechtigte Gründe“ vorliegen. Insoweit hat das BVwG die Rechtslage verkannt.

Das BVwG ließ bei seiner Begründung im Übrigen außer Acht, dass in Art. 8 Abs. 3 lit. d der Aufnahme-RL als „objektives Kriterium“, das eine Missbrauchsabsicht im Sinne dieser Bestimmung indizieren könne, die Tatsache genannt ist, dass der Antragsteller bereits Gelegenheit zum Zugang zum Asylverfahren hatte (siehe dazu schon oben Rn. 13). Demnach wäre im vorliegenden Fall vom BVwG näher darauf einzugehen gewesen, dass sich der Mitbeteiligte weder während seines bisherigen Aufenthalts in Österreich (nach seinen letzten Angaben:) seit Ende Oktober 2019 bis zu seiner Festnahme Mitte Dezember 2020 noch bei der Vernehmung vor dem BFA vor der Schubhaftverhängung veranlasst gesehen hat, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, sondern erst während der Anhaltung in Schubhaft nach Erlassung einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Das wurde im Rahmen der Begründung des BVwG überhaupt nicht berücksichtigt, was die Amtsrevision zutreffend aufzeigt. Insbesondere macht sie in diesem Zusammenhang auch zu Recht geltend, das diesbezügliche Vorbringen des Mitbeteiligten, er habe zuerst für die Tilgung der Schlepperkosten Geld verdienen wollen, stelle keinen nachvollziehbaren Grund dafür dar, bei tatsächlicher Befürchtung einer Verfolgung im Herkunftsstaat erst über ein Jahr nach der Einreise die Gewährung von internationalen Schutz zu beantragen und zwischenzeitlich ohne Aufenthaltsrecht und ohne rechtmäßige Beschäftigung in Österreich zu leben.

Im Übrigen hätte sich das BVwG bei der gebotenen Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens über den Antrag des Mitbeteiligten auf internationalen Schutz, also über dessen Berechtigung, nicht nur auf die - nicht näher begründete - Einschätzung beschränken dürfen, die vorgebrachten Verfolgungsbehauptungen erschienen „nicht als völlig denkunmöglich, unplausibel oder insgesamt gänzlich unglaubhaft“. Auch wenn diesbezüglich nur eine Grobprüfung vorzunehmen ist, es also keiner ins Detail gehenden Auseinandersetzung mit der Antragsbegründung bedarf, genügt eine solche pauschale Beurteilung an dem vom BVwG herangezogenen (niedrigen) Maßstab hierfür nicht. Auch das wird in der Amtsrevision zutreffend geltend gemacht. Fallbezogen hätten schon die zeitlichen Angaben des Mitbeteiligten - ins Treffen geführte kurzfristige Festnahmen im Herbst 2018, zunächst behaupteter Ausreiseentschluss im Juni 2020, tatsächliche Ausreise Ende Oktober 2019 - einer Klärung bedurft, wofür sich die mündliche Verhandlung angeboten hätte. Von Seiten des Richters des BVwG wurde aber in dieser Verhandlung überhaupt keine Befragung des Mitbeteiligten zu seinen Ausreisegründen vorgenommen und daher auch nicht geklärt, warum von ihm hierfür zunächst nur finanzielle Motive angegeben worden waren. Darauf wurde auch - wie in der Amtsrevision ebenfalls zu Recht bemängelt wird - in der Begründung des BVwG nicht eingegangen.“

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsansicht des VwGH führt eine vom erkennenden Gericht neuerlich vorzunehmende Beurteilung der Kriterien des § 76 Abs. 6 FPG, insbesondere der Prüfung einer Missbrauchsabsicht in Bezug auf die Einbringung des Antrages auf internationalen Schutz dazu, dass in einer Gesamtbetrachtung berechtigte Gründe dafür vorlagen, dass die Antragstellung auf internationalen Schutz ausschließlich mit Vereitelungs- oder Verzögerungsabsicht erfolgt ist, weshalb auch die Voraussetzungen des § 76 Abs. 6 FPG für eine Aufrechterhaltung der Schubhaft vorgelegen wären. So spricht der Zeitpunkt der Antragstellung und der Umstand, dass der BF bereits früher Gelegenheit gehabt hätte, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, für die Annahme einer Verzögerungs- oder Vereitelungsabsicht. So hält sich der BF seit Oktober 2019 in Österreich auf und hat weder im Zuge seiner Festnahme im Dezember 2020 noch bei der Einvernahme vor dem BFA am XXXX .12.2020, sondern erst während der Anhaltung in Schubhaft nach Erlassung einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Es liegt kein nachvollziehbarer Grund dahingehend vor, weshalb der BF bei tatsächlicher Befürchtung einer Verfolgung im Herkunftsstaat nicht erst über ein Jahr nach der Einreise die Gewährung von internationalen Schutz beantragen hätte können.

Die Angaben des BF zur behaupteten Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr in die VR China (wonach er – im Wesentlichen zusammengefasst – Falungong praktiziere, was aber verboten sei, Prospekte verteilt habe und zweimal von der Polizei festgenommen worden sei), erscheinen auch vor der Hintergrund der zwischenzeitlich geäußerten Bereitschaft des BF, in den Herkunftsstaat zurückzukehren, nicht für das Vorliegen einer tatsächlichen Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat.

Die gegenständliche Beschwerde war daher der Rechtsansicht des VwGH entsprechend gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm. § 76 Abs. 2 Z 2 und Abs. 6 FPG hinsichtlich der Anhaltung in Schubhaft von XXXX .12.2020, 16:04 Uhr, bis zur Freilassung am XXXX .12.2020 als unbegründet abzuweisen (Spruchpunkt A.I.).

3.3. Zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft:

In Wahrnehmung der Entscheidungspflicht des BVwG unter Berücksichtigung der vom VwGH dargelegten Rechtsansicht war daher in weiterer Folge auch festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG am XXXX .12.2020 die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. (Spruchpunkt A.II.)

3.4. Zum Antrag auf Ersatz der Aufwendungen:

Da die gegenständliche Beschwerde nunmehr nach neuerlicher Beurteilung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des VwGH auch gegen die Anhaltung in Schubhaft von XXXX .12.2020, 16:04 Uhr bis zur Freilassung am XXXX .12.20202 als unbegründet abgewiesen und festgestellt wurde, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung am XXXX .12.2020 die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG gänzlich obsiegende und die beschwerdeführende Partei unterlegene Partei.

Die belangte Behörde hat fristgerecht beantragt, dem Bund Kostenersatz im Umfang des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes sowie des Verhandlungsaufwandes zuzusprechen.

Es war daher spruchgemäß der beschwerdeführenden Partei als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz (Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) in der Gesamthöhe von 887,20 Euro aufzuerlegen (Spruchpunkt A.III.).

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass der in der Beschwerde gestellte Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen im beantragten Umfang bereits mit Erkenntnis des BVwG vom 28.12.2020 gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen wurde.

3.5. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Da im gegenständlichen Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Entscheidung in der Sache (Spruchpunkt A.) nicht vorliegt, war die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig zu erklären. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Schlagworte

Aufwandersatz Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Rechtsanschauung des VwGH Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G301.2238012.1.01

Im RIS seit

08.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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