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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des Wasserverbandes P, vertreten durch den Obmann, dieser vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 20. August 1996, Zl. 510.342/01-I 5/95, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. AG,
2.
MG, 3. AH, 4. MH, 5. HA, 6. GA, 7. JF, 8. MF, 9. LR und
10.
LR, alle in P), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 6. Februar 1995 erteilte der Landeshauptmann von Oberösterreich als Wasserrechtsbehörde erster Instanz der beschwerdeführenden Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Entnahme von Grundwasser sowie zur Errichtung und zum Betrieb näher bezeichneter Anlagenteile (Spruchabschnitt I).
Unter Spruchabschnitt II dieses Bescheides wurde zum Schutz der mit Spruchabschnitt I bewilligten Wasserversorgungsanlage ein Schutzgebiet festgelegt.
Im Spruchabschnitt III wies der Landeshauptmann die Forderung der Erst- bis Sechstmitbeteiligten auf Abgeltung der Wertverminderung der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke auf Grund der Erweiterung des bestehenden Schutzgebietes ab.
Spruchabschnitt IV enthält einen Ausspruch über freiwillig eingeräumte Dienstbarkeiten.
Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Berufung, in der sie die Festlegung des Schutzgebietes und die Abweisung der Entschädigungsanträge bekämpften.
Mit Bescheid vom 5. August 1996 gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Februar 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge.
Dieser Bescheid wurde den Parteien des Verfahrens laut den im Akt erliegenden Zustellnachweisen am 8. August 1996 zugestellt.
Mit einem weiteren Bescheid vom 20. August 1996 hob die belangte Behörde aus Anlaß der Berufung der mitbeteiligten Parteien den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Februar 1995 gemäß § 66 Abs. 2 AVG insoweit auf, als er sich auf die Schutzgebietsfestlegung bezieht und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuerlichen Bescheides an die Wasserrechtsbehörde
erster Instanz zurück.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die beschwerdeführende Partei bringt im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe rechtswidrigerweise zweimal in derselben Sache entschieden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
In der Gegenschrift führt die belangte Behörde aus, ihr sei in der gegenständlichen Angelegenheit tatsächlich ein Fehler unterlaufen. Der Berufungsakt sei ihr einmal im Original und einmal in Kopie vorgelegt worden. Versehentlich seien in ein- und derselben Angelegenheit zwei unterschiedliche Berufungsentscheidungen ergangen. Der bekämpfte Bescheid sei die spätere Berufungsentscheidung, der damit kein offener Berufungsantrag mehr zugrundegelegen sei. Allerdings habe der Verwaltungsgerichtshof schon in mehreren Entscheidungen eine Derogation von Bescheiden angenommen und es werde angeregt, auch im Anlaßfall eine Derogation (als Zweckmäßigkeitsentscheidung) zu erwägen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 5. August 1996 wurde über die Berufung der mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Februar 1995 entschieden. Die neuerliche Entscheidung in dieser Sache durch den angefochtenen Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1992, 91/19/0322, vom 14. Juli 1994, 92/17/0176, u.a.).
Es trifft zu, daß der Verwaltungsgerichtshof im Verhältnis zwischen einander widersprechenden Bescheiden Derogation angenommen hat. Was daraus aber für die Entscheidung über den angefochtenen Bescheid abzuleiten ist, insbesondere, warum dies zur von der belangten Behörde beantragten Abweisung der Beschwerde führen soll, ist nicht ersichtlich. Daß ein Bescheid einem anderen zu derogieren vermag, besagt nichts über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des derogierenden Bescheides. Ein Bescheid, der unzulässigerweise in einer bereits entschiedenen Angelegenheit neuerlich eine Entscheidung trifft, ist eben wegen der mit ihm verbundenen Derogationswirkung aufzuheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1991, Zl. 91/07/0026).
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Das Mehrbegehren der beschwerdeführenden Partei war abzuweisen, weil sie als Körperschaft öffentlichen Rechts gemäß § 2 Z. 3 des Gebührengesetzes 1957 von der Entrichtung von Gebühren befreit ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996070192.X00Im RIS seit
11.07.2001