TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/17 96/07/0073

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Veröffentlicht am 17.01.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §107;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §3 Abs1 litc;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):96/07/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerden des

T in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft

1. (zu Zl. 96/07/0073), vom 27. Februar 1996, Zl. 513.663/01-I 5/96, und 2. (zu Zl. 96/07/0088) vom 14. März 1996, Zl. 513.663/02-I 5/96, betreffend wasserrechtliche Bewilligungen (mitbeteiligte Partei: Gemeinde W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27. Februar 1996, Zl. 513.663/01-I 5/96, wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

2. Der angefochtene Bescheid vom 14. März 1996, Zl. 513.663/02-I 5/96, wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) stellte fest, daß die Beseitigung der Abwässer aus dem Gemeindegebiet der mitbeteiligten Partei (mP) teils über Senkgruben, teils über mechanische Hauskläranlagen erfolgt und daß durch diese nicht dem Stand der Technik entsprechende Art der Abwasserbeseitigung der Vorfluter teilweise außergewöhnlich stark belastet wird.

Mit Eingabe vom 20. Dezember 1993 legte die mP dem LH das Projekt einer Abwasserbeseitigungsanlage zur wasserrechtlichen Bewilligung vor. Dieses Projekt sieht die Herstellung von Schmutzwasserkanälen in einer Reihe von Katastralgemeinden einschließlich von Pumpwerken und Transportleitungen und die Errichtung einer einstufigen biologischen Kläranlage vor.

Mit Schriftsatz vom 8. August 1994 beantragte die mP auch die wasserrechtliche Bewilligung für das Projekt "Abwasserbeseitigungsanlage" - Regenwasserkanal in der KG B.".

Der LH beraumte für 21. Dezember 1994 eine mündliche Verhandlung über das Regenwasserkanalprojekt an.

Mit Eingabe vom 20. Dezember 1994 teilte der Beschwerdeführer dem LH mit, durch Zufall habe er von der am 21. Dezember 1994 stattfindenden Wasserrechtsverhandlung erfahren, zu der er als wasserrechtlicher Unterlieger unverständlicherweise nicht eingeladen worden sei. Er beantrage die Zuerkennung der Parteistellung, könne jedoch zur Wahrung seiner Interessen an der Verhandlung nicht teilnehmen, da er durch andere Termine verhindert sei. Er sei Eigentümer und Bewirtschafter einer im Wasserbuch eingetragenen Teichwirtschaft, welche sich unterhalb der KG B. befinde und aus dem Bereich dieser KG einen wesentlichen Wasserzulauf erhalte. Auf Grund der immer geringer werdenden Niederschläge leide die Teichanlage in letzter Zeit immer mehr an Wassermangel. Jeder - und sei es noch so kleine - Wasserzulauf sei für die Anlage von großer Bedeutung. Durch das geplante zentrale Abwasserprojekt sollten jedoch die Abwässer der KG B. zur Gänze zentral entsorgt werden, wodurch der Teichanlage des Beschwerdeführers Wasser entzogen würde. Der Beschwerdeführer spreche sich daher gegen die zur Bewilligung beantragten Projekte aus. Er verweise auf die Möglichkeit der Errichtung einer dezentralen Abwasserentsorgungsanlage. Eine solche Anlage sei einer Großanlage vorzuziehen, da letztere durch die Drainagewirkung der Künetten der langen Rohrstränge der Region direkt und indirekt Wasser entziehe; außerdem sei mit einer solchen Großanlage das Risiko der Grundwasserverseuchung durch Fäkalien auf Grund nicht zu verhindernder undichter Stellen in den Rohrleitungen verbunden.

Mit Schreiben vom 18. April 1995 übermittelte der LH dem Beschwerdeführer die Niederschrift über die Verhandlung vom 21. Dezember 1994 und hielt seinen Einwendungen entgegen, das am 21. Dezember 1994 verhandelte Projekt sehe vor, daß die Regenwässer in Regenwasserkanälen gesammelt und anschließend in ein namenloses Gerinne eingeleitet würden. Die Regenwässer würden nicht in eine Kläranlage abgeleitet, sondern gelangten in ein natürliches Gerinne. Es sei daher nicht zu besorgen, daß Wasser aus der Region entzogen werde. Vom technischen Amtssachverständigen sei ausgeführt worden, daß sich die Wasserbilanz durch die Errichtung der Regenwasserkanäle nicht ändere und daß die Regenwasserkanalisation in das namenlose Gerinne und in weiterer Folge in die Teichanlage des Beschwerdeführers münde. Die vom Beschwerdeführer geäußerte Befürchtung, das Wasserdargebot für seinen Teich könne sich verringern, erscheine unbegründet. Zum übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers, welcher sich gegen die Errichtung der geplanten zentralen Kläranlage richte, sei festzustellen, daß dem Beschwerdeführer in diesem Verfahren keine Parteistellung zukomme, weil wasserrechtlich geschützte Rechte des Beschwerdeführers nicht berührt würden. Dem Argument des Beschwerdeführers, durch die Errichtung der Kläranlage würden seinem Teich Abwässer entzogen, sei entgegenzuhalten, daß ihm ein Recht auf Einleitung der häuslichen Abwässer in den Teich nicht zukomme. Sollte derzeit eine Ableitung von Abwässern in das namenlose Gerinne und in weiterer Folge in die Teichanlage erfolgen, so widerspreche dies dem Prinzip des Gewässerschutzes.

In seiner Stellungnahme vom 28. April 1995 erwiderte der Beschwerdeführer, er könne die Rechtsauffassung des LH nicht teilen. Der in seinem Eigentum befindliche Teich sei ein "Himmelsteich", welcher keinen regelmäßigen Zulauf besitze und von den Oberflächen- und Grundwässern der umliegenden, zum Teich hin entwässernden Fluren (Wassereinzugsgebiet) gespeist werde. Auf Grund der in den letzten Jahrzehnten immer mehr abnehmenden Niederschläge werde der Teich nur mehr selten voll. Dies wirke sich auf den Ertrag negativ aus. Selbst der geringste Wasserverlust sei für die Teichanlage nachteilig. Laut Kopie eines Wasserbuchprotokolls, welches auch in das Wasserbuch Eingang gefunden habe, stehe dem Beschwerdeführer das Wasser der "umliegenden Fluren" zu. In der KG. B., welche im Einzugsgebiet des Teiches liege, befinde sich eine Vielzahl von Brunnen, aus denen schon jetzt Grundwasser in erheblicher Menge entzogen werde. Durch die geplante große Wohnsiedlung werde diese Situation noch verschärft. Ein Teil dieser entnommenen Grundwässer gehe dem Beschwerdeführer zwangsweise nach der Benützung durch Verdunstung verloren. Der andere Teil werde in Fäkalwasser umgewandelt und ginge dem Beschwerdeführer durch das zentrale Abwasserversorgungsprojekt für die Teichanlage ebenfalls verloren. Es sei außerdem "fachbekannt", daß schon allein eine Kanalkünette der Region Unmengen Grundwasser entziehe. Auch diese Künetten-Drainagewässer würden dem Teich entzogen. Daß dem Beschwerdeführer schon aus dem Titel "Regenwasserkanal" Parteistellung zukomme, ergebe sich daraus, daß ein Regenwasserkanal auf Grund seiner vielen unkontrollierten Einläufe aus privaten und öffentlichen Flächen große Gefahren für den wasserrechtlichen Unterlieger berge. Allein schon der Umstand, daß parkende Autos Öl verlieren könnten und daß durch Unverstand oder Unachtsamkeit Abfälle, Öle oder andere schädliche chemische Substanzen in den Kanal gelangen könnten, sei Grund genug, dem Beschwerdeführer in diesem Verfahren Parteistellung zuzuerkennen.

Zur Abklärung der Frage, ob durch die Verlegung der Kanalkünetten bzw. der Regenwasserkanäle eine Beeinträchtigung der Teichanlage des Beschwerdeführers zu besorgen sei, sowie zur Klärung, wie eine Beeinträchtigung hintangehalten werden könne, führte der LH am 22. Juni 1995 eine "Beweisaufnahme in Form eines Lokalaugenscheines" durch.

Vor Durchführung dieses Lokalaugenscheines holte der LH noch ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Geohydrologie ein. Dieser kam bezüglich einer möglichen mengenmäßigen Beeinträchtigung des Zuflusses zur Teichanlage des Beschwerdeführers zum Ergebnis, daß eine meßbare Beeinträchtigung des ober- und unterirdischen Wasserzulaufes zu den Teichanlagen durch die Ableitung der Schmutzwässer in der geplanten Kanalisation nicht zu erwarten sei.

In dem Gutachtensteil, der sich mit der Drainagewirkung der Kanalkünetten beschäftigt, führte der Amtssachverständige aus, Drainage-Effekte träten in Kanalisationsbauten dann auf, wenn die Künetten bis in die Grundwasserkörper hinunterreichten und wenn sie quer (d.h. nicht paralell zur Grundwasserabstromrichtung) verliefen. Zur Unterbindung einer derartigen Drainagewirkung würden meist Sperriegel in die Künette eingebaut, welche das Abfließen des Grundwassers entlang des Kanalrohres verhinderten. Um die Eingriffe im Grundwasserkörper während der Bauzeit der Kanalisation möglichst gering zu halten, solle die Kanalanlage im Ortsgebiet B. abschnittsweise errichtet werden, wobei die Länge der einzelnen Abschnitte ca. 200 m betragen solle. Um die befürchtete Drainagewirkung der Künetten zu unterbinden, seien bei den Putzschächten Sperriegel aus bindigem, plastischem Material einzubauen, deren Unterkante in die ungestörten Schichten unter der Künette eingebunden sei und deren Oberkante ca. 20 cm über HGW reiche. Bei Einhaltung dieser Maßnahmen sei eine Verminderung des Grundwasserzustromes zum Teich des Beschwerdeführers durch Drainage-Effekte der geplanten Künette nicht zu erwarten.

Dieses Gutachten wurde beim Lokalaugenschein am 22. Juni 1995 verlesen.

Vom Amtssachverständigen für Wasserbautechnik wurde für die Regenwasserkanalisation eine weitere Auflage des Inhalts vorgeschlagen, daß der Anschluß von Flächen und Objekten, bei denen mineralölbelastete Niederschlagswässer anfallen, nur bei Vorschaltung einer Mineralölabscheideanlage entsprechend der Ö-Norm 5101 erfolgen darf.

Der Beschwerdeführer brachte vor, derzeit fänden Einleitungen von Schmutzwässern in den Regenwasserkanal statt, die offenbar von Haushalten mit möglicherweise undichten Senkgruben stammten. Durch diese Schmutzwassereinleitungen werde sein Teich stark verschmutzt. Der Beschwerdeführer verlangte, daß im Zuge der Errichtung der Kläranlage die Beseitigung des Mißstandes erfolge.

II.

Mit Bescheid vom 3. Juli 1995 erteilte der LH der mP die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung von Schmutzwasserkanälen in näher bezeichneten Ortschaften einschließlich der zugehörigen Pumpwerke und Transportleitungen sowie zur Errichtung einer biologischen Kläranlage. Abschnitt B enthält unter Punkt 55 als Auflage jene Maßnahmen, die der Amtssachverständige für Geohydrologie zur Unterbindung einer Beeinträchtigung der Grundwasserströme durch den Kanalbau vorgeschlagen hatte.

Der Beschwerdeführer berief. Er brachte im wesentlichen vor, die Auffassung des Amtssachverständigen für Hydrogeologie, durch die geplante zentrale Abwasserbeseitigung werde der Wasserzufluß zur Teichanlage des Beschwerdeführers nicht vermindert, sei unzutreffend. Projektsgemäß sei vorgesehen, einen Fremdwasseranteil von 0,64 l/s über das Pumpwerk B. abzuleiten. Diese Fremdwasserableitung stelle eine meßbare quantitative Beeinträchtigung des Wasserzulaufes zu den gegenständlichen Teichanlagen dar.

Mit Bescheid vom 27. Februar 1996 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des LH vom 3. Juli 1995, mit welchem der mP die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung von Schmutzwasserkanälen und einer biologischen Kläranlage erteilt wurde, keine Folge.

In der Begründung heißt es, was das Vorbringen des Beschwerdeführers anlange, durch die Errichtung der Abwasserbeseitigungsanlage würde seiner Teichanlage Wasser entzogen, sei auf die (gegenteiligen) Ausführungen der Amtssachverständigen beider Instanzen zu verweisen. Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers sei im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen und habe auch vom Beschwerdeführer nicht dargetan werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu Zl. 96/07/0073 protokollierte Beschwerde.

III.

Mit Bescheid vom 3. Juli 1995 erteilte der LH der mP die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines 510 lfm langen Regenwasserkanales in der KG B. und zur Einleitung der über diesen Regenwasserkanal abgeführten Niederschlagswässer in ein namenloses offenes Gerinne.

Im Abschnitt C dieses Bescheides wird unter Punkt 9 angeordnet, daß folgender Erklärung des Vertreters der niederösterreichischen Landesstraßenverwaltung zu entsprechen ist:

"Besondere Bedingungen für Kanalherstellungen:

Die Einleitung der auf Straßengrund anfallenden Oberflächenwässer in den Kanal ist auch bei Behandlung der bestehenden und allenfalls auszubauenden Straße im Ortsbereich mit herkömmlichen Auftausalzen auf Basis Calzium- und Natriumchlorid zu dulden und deren klaglose Abfuhr auch über mechanische oder biologische Kläranlagen entschädigungslos zu gewährleisten".

Der Beschwerdeführer berief.

Er machte im wesentlichen geltend, im bekämpften Bescheid werde angeordnet, daß der Forderung der niederösterreichischen Landesstraßenverwaltung betreffend die Einleitung der auf Straßengrund anfallenden Oberflächenwässer in den Kanal auch bei Behandlung der bestehenden und allenfalls auszubauenden Straße im Ortsbereich mit herkömmlichen Auftausalzen auf Basis Calzium- und Natriumchlorid Rechnung zu tragen sei. Dadurch würde die Ableitung dieser teilweise sehr stark belasteten Niederschlagswässer direkt in die Teichanlage des Beschwerdeführers erfolgen. Dies führe zu einer Gefährdung der Fischzucht. Nicht berücksichtigt worden sei auch die Tatsache, daß der Beschwerdeführer als Wasserberechtigter des flachen Teiles des namenlosen Gerinnes, in das die Abwässer aus dem Regenkanal eingeleitet würden, zu dessen Erhaltung verpflichtet sei, sodaß für ihn zukünftig durch die erhöhte Erosion infolge erhöhter Beschleunigung des Abflusses durch die neue Regenwasserkanalisation ein erhöhter Instandhaltungsaufwand durch vermehrte Sandräumung entstehe.

Mit Bescheid vom 14. März 1996 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des LH vom 3. Juli 1995 betreffend die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für einen Regenwasserkanal an die mP keine Folge.

In der Begründung wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren durch seine Einwendungen insoferne Parteistellung erlangt, als er geltend gemacht habe, durch die geplante Abwasserbeseitigungsanlage werde seiner Fischteichanlage Wasser entzogen. Dieses Vorbringen erweise sich aber auf Grund der eingeholten Amtssachverständigengutachten als unbegründet. Durch jenes Vorbringen des Beschwerdeführers, das über seine Schreiben (Einwendungen) vom 20. Dezember 1994 und vom 18. April 1994 hinausginge, könnten subjektive Rechte des Beschwerdeführers nicht berührt oder beeinträchtigt werden. Im übrigen habe auch kein Rechtsanspruch auf eine bestehende Zuflußmenge zur Teichanlage des Beschwerdeführers festgestellt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu Zl. 96/07/0088 protokollierte Beschwerde.

IV.

In seiner Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 1996 - dieser Bescheid betrifft die Schmutzwasserkanäle und die Kläranlage - bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die von den Verwaltungsbehörden eingeholten Gutachten seien falsch, wenn darin ausgeführt werde, daß meßbare quantitative Beeinträchtigungen des ober- und unterirdischen Wasserzulaufes zur Teichanlage des Beschwerdeführers durch die Ableitung der Schmutzwässer in die geplante Kanalisationsanlage nicht zu erwarten seien. Den diesbezüglichen Annahmen der Amtssachverständigen stehe insbesondere entgegen, daß projektsgemäß die Ableitung eines Fremdwasseranteils von 0,64 l/s über das Pumpwerk B vorgesehen sei. Bei einer derartigen Fremdwassermenge handle es sich sehr wohl um eine quantitativ meßbare, wesentliche Beeinträchtigung des Einzugsgebietes seines Teiches. Es fehle auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit eine Änderung unterirdischer Wasserflüsse aus dem Einzugsgebiet insoweit möglich sei, als die projektierte Druckleitung von B. nach K. teilweise durch Grundwasserschongebiet geführt werde und dabei den südlich von B. Richtung Osten geneigten Hang quere. Mangels einer entsprechenden Dokumentation scheine es ohne weiteres vorstellbar, daß während der Bauzeit, z.B. im Sommer bei Niederwasserführung, keine Wassereinbrüche feststellbar seien und somit keine Gegenmaßnahmen gesetzt würden, während dann zu anderen Jahreszeiten bei entsprechender Wasserführung die angeschnittenen Wasseradern in ein anderes Entwässerungsgebiet abgeleitet würden. Schließlich sei auch die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung unzutreffend, daß dem Beschwerdeführer kein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Zuflußmenge zu seiner Teichanlage zukomme.

V.

In seiner Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 14. März 1996 - dieser Bescheid betrifft die wasserrechtliche Bewilligung für den Regenwasserkanal - macht der Beschwerdeführer geltend, nach Abschnitt C.9 des erstinstanzlichen Bescheides sei die Einleitung der auf Straßengrund anfallenden Oberflächenwässer in den Kanal auch bei Behandlung der bestehenden und allenfalls auszubauenden Straßen im Ortsbereich mit herkömmlichen Auftausalzen auf Basis Calzium- und Natriumchlorid zu dulden. Dadurch gelangten chemisch sehr stark belastete Niederschlagswässer durch den Wasserkanal direkt in die Teichanlage des Beschwerdeführers, ohne daß für die Reinigung dieser Wässer in irgendeiner Weise Vorsorge getragen würde. Mit diesem Problem, das der Beschwerdeführer bereits in der Berufung aufgezeigt habe, habe sich die belangte Behörde ebensowenig auseinandergesetzt wie mit dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstand, daß für diesen infolge der neuen Regenwasserkanalisation ein erhöhter Instandhaltungsaufwand durch vermehrte Sandräumung entstehe, da er auch Wasserberechtigter des flachen Teiles des namenlosen Gerinnes, in das die Regenwasserkanalabwässer eingeleitet würden, sei.

VI.

Die belangte Behörde hat in beiden Beschwerdefällen die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mP hat ebenfalls Gegenschriften erstattet und beantragt, den Beschwerden keine Folge zu geben.

VII.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zu gemeinsamer Beratung und Entscheidung zu verbinden und hat über diese Beschwerden erwogen:

A) Abwasserbeseitigungsanlage (Schmutzwasserkanäle und Kläranlage):

Der Beschwerdeführer meint, ihm stünde ein Recht darauf zu, daß die Abwässer aus dem Gemeindegebiet der mP auch weiterhin so abgeleitet werden, daß sie seiner Teichanlage zufließen. Ein solches Recht ist dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) unbekannt. Es ist daher auch ohne Belang, ob das Wasser, das nach seiner gebrauchsbedingten Umwandlung in Abwasser durch die geplante Abwasserbeseitigungsanlage abgeleitet werden soll, aus dem Einzugsgebiet der Teichanlage des Beschwerdeführers stammt oder nicht. Der Beschwerdeführer geht von der Auffassung aus, daß Wasser, welches aus dem Einzugsgebiet seines Teiches entnommen wird, nach Gebrauch auch wieder in dieses Einzugsgebiet zurückgeleitet werden muß. Eine Anordnung dieses Inhalts findet sich im WRG 1959 nicht.

Daß durch den Kanalbau bei Einhaltung bestimmter Auflagen - welche im erstinstanzlichen Bescheid vorgeschrieben wurden - eine Beeinträchtigung des Wasserzuflusses zur Teichanlage des Beschwerdeführers nicht zu erwarten ist, hat der Amtssachverständige für Geohydrologie dargelegt. Der Beschwerdeführer ist diesen Ausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Bloße Vermutungen vermögen fachlich fundierte Einwendungen nicht zu ersetzen.

Mit dem Hinweis auf die Fremdwassermenge kann der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründen.

Wie sich aus dem zum bewilligten Projekt gehörenden technischen Bericht ergibt, handelt es sich beim angenommenen Fremdwasseranteil um eine fiktive Größe, die nach den technischen Richtlinien des Bundesministeriums für Bauten und Technik mit 3 l/s je 1.000 EW, also in Abhängigkeit von der Kapazität der geplanten Abwasserbeseitigungsanlage, angenommen wurde. Die Annahme eines Fremdwasseranteils hat, wie die mP in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, den Zweck, die Anlage so zu dimensionieren, daß allenfalls auftretende Fremdwässer schadlos abgeleitet werden können. Anhaltspunkte dafür, daß dem Einzugsgebiet der Teichanlage des Beschwerdeführers andere Wässer als Schmutzwässer entzogen werden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer geht daher von falschen Voraussetzungen aus, wenn er meint, der in den Projektsunterlagen aufscheinende Fremdwasseranteil sei mit einem seiner Teichanlage projektsmäßig entzogenen Wasseranteil gleichzusetzen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die gegen den Bescheid betreffend die Abwasserbeseitigungsanlage (Schmutzwasserkanäle und Kläranlage) gerichtete Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der mP war abzuweisen, da Barauslagen nicht anfielen.

B) Regenwasserkanal

Der Beschwerdeführer hat jene Einwände gegen das Regenwasserkanalprojekt der mP, die er im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorträgt, bereits in der Berufung gegen den Bewilligungsbescheid des LH vorgebracht. Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides damit nicht auseinandergesetzt. Sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit einem Begründungsmangel belastet, der den Verwaltungsgerichtshof daran hindert, den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

Die in der Gegenschrift von der belangten Behörde wie auch von der mP vertretene Auffassung, der Beschwerdeführer sei hinsichtlich der in der Beschwerde geltend gemachten Einwände präkludiert, vermag die fehlende Begründung des angefochtenen Bescheides schon deswegen nicht zu ersetzen, weil es im angefochtenen Bescheid an entsprechenden Feststellungen fehlt, ob die (formellen) Voraussetzungen für eine Präklusion gegeben sind. Überdies ist die Annahme einer Präklusion aber auch inhaltlich nicht gerechtfertigt.

Wurde eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder auch durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekanntgemacht, so hat dies nach § 42 Abs. 1 AVG zur Folge, daß Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht wurden, keine Berücksichtigung finden und angenommen wird, daß die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen.

Für das wasserrechtliche Verfahren werden die Bestimmungen des § 42 AVG durch § 107 WRG 1959 modifiziert.

Eine Einwendung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn das Vorbringen einer Partei die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechtes durch das den Gegenstand des Verfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1959, Slg. N.F. 4.966/A, u.v.a.).

Die Präklusionsfolgen nach § 42 AVG beziehen sich nur auf das Recht selbst, dessen Verletzung geltend gemacht wird, nicht aber auf die Begründung, auf die sich diese Behauptung stützt. Da nur die Erhebung von Einwendungen, nicht aber ihre Begründung von den Präklusionsfolgen erfaßt ist, darf die Begründung für eine rechtzeitig erhobene Einwendung auch noch später vorgebracht, ergänzt und geändert werden (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 291 und die dort angeführte Judikatur sowie die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 283, unter Nr. 33 angeführte Rechtsprechung).

Nach § 12 Abs. 1 WRG 1959 ist das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

Nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

Nach § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 haben im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren u.a. diejenigen Parteistellung, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden.

Aus § 12 WRG 1959 in Verbindung mit § 102 Abs. 1 lit. b leg. cit. ergibt sich, daß Inhabern bestehender Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 ein subjektiv-öffentliches Recht darauf zukommt, daß ihre Rechte durch ein zur Bewilligung beantragtes Vorhaben nicht beeinträchtigt werden.

Der Beschwerdeführer hat - rechtzeitig im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG - Einwendungen gegen das Regenwasserkanalprojekt der mP erhoben und darin erkennbar eine Beeinträchtigung einer rechtmäßig geübten Wassernutzung, nämlich seiner im Wasserbuch eingetragenen Teichanlage, durch die geplante Anlage der mP geltend gemacht. Damit hat der Beschwerdeführer das beeinträchtigte Recht ausreichend deutlich bezeichnet. Die Begründung für diese Beeinträchtigung konnte er daher auch noch im Berufungsverfahren ergänzen. Präklusion liegt daher schon aus diesem Grund nicht vor.

Hiezu kommt, daß die Präklusionsfolgen sich nur auf jene Punkte erstrecken können, die von der Verhandlungskundmachung erfaßt sind (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 281, angeführte Rechtsprechung). Die vom Beschwerdeführer bekämpfte Regelung betreffend die Einleitung von durch Calzium- und Natriumchlorid verunreinigten Straßenwässern in den Regenwasserkanal wurde erst auf Grund einer in der mündlichen Verhandlung vom Vertreter der Straßenverwaltung erhobenen Forderung in den Bewilligungsbescheid aufgenommen, sodaß der Beschwerdeführer auch erst in der Berufung dagegen ankämpfen konnte.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der Bescheid betreffend die Genehmigung der Regenwasserkanalisation der mP als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungsrecht und Präklusion (AVG §42 Abs1)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996070073.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.02.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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