TE Bvwg Beschluss 2021/8/2 L516 2244157-1

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Veröffentlicht am 02.08.2021
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Entscheidungsdatum

02.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch


L516 2244157-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch BBU GmbH, gegen die als „Bescheid“ betitelte Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.05.2021, Zahl 1270974306/201120481, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG iVm § 18 Abs 3 AVG mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei und stellte am 11.11.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit einem als „Bescheid“ betitelten Schriftstück vom 26.05.2021, Zahl 1270974306/201120481, zur Gänze ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung in die Türkei zulässig sei und sprach aus, dass für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen bestehe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 01.07.2021.

1. Sachverhalt

1.1 Die im durchnummerierten Verwaltungsverfahrensakt des BFA befindliche Urschrift der angefochtenen Erledigung wurde nicht gemäß § 18 Abs 3 AVG genehmigt.

2. Beweiswürdigung

2.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vom BFA in Papierform vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes, welcher beginnend mit der Aktenseite 1 bis zur letzten Aktenseite 261 durchnummeriert ist.

Die in jenem Akt befindliche und als Bescheid betitelte Erledigung vom 26.05.2021 ist jedoch nicht unterschrieben, auf ihr ist lediglich eine Amtssignatur der BFA dargestellt. Die Darstellung der Amtssignatur ersetzt jedoch nicht die Genehmigung, vielmehr ist darin lediglich die Urheberschaft der Behörde dokumentiert (VwGH 15.10.2014, Ra 2014/08/0009). Das Bundesverwaltungsgericht forderte daher das BFA auf, einen Nachweis für die individuelle Genehmigung der angefochtenen Erledigung vorzulegen. (OZ 3) Am 02.08.2021 teilte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass die individuelle Genehmigung irrtümlich vergessen worden sei. (OZ 6)

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig (§ 28 Abs 1 VwGVG; § 18 Abs 3 AVG)

3.1 Im Anwendungsbereich des § 18 AVG idF BGBl I Nr 5/2008 wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Grundsatz aufgestellt, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, und zwar durch die Unterschrift eines (hiezu berufenen) Organwalters. Damit wird der wichtige Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die "Urschrift" einer Erledigung muss also das genehmigende Organ erkennen lassen (vgl VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).

3.2 Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss daher die – interne – Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH 31.10.2014, Ra 2014/08/0015).

3.3 Im Falle des Fehlens der Genehmigung bzw der nicht Zurechenbarkeit zu einem bestimmten Organwalter, kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn die darauf beruhende Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs 4 AVG genügt (VwGH 14.10.2013, 2013/12/0079).

Zum gegenständlichen Verfahren

3.4 Fallbezogen wurde die im Verwaltungsverfahrensakt des BFA befindliche Urschrift der angefochtenen Erledigung nicht genehmigt.

Bei der Genehmigung der Erledigung durch einen approbationsbefugten Organwalter handelt es sich jedoch entsprechend obigen Rechtsausführungen um ein konstitutives Bescheidmerkmal, das auch nicht durch eine genehmigte Ausfertigung, die allen Anforderungen des § 18 Abs 4 AVG entspricht, saniert werden kann, da das Fehlen einer entsprechenden Fertigung der Urschrift die absolute Nichtigkeit des Bescheides bewirkt (VwGH 31.10.2014, Ra 2014/08/0015).

3.5 Die vom Beschwerdeführer gegenständlich erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht richtet sich somit gegen einen Nichtbescheid. Das hat entsprechend oben zitierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Folge, dass das Bundesverwaltungsgericht mangels Zuständigkeit nicht meritorisch über die Beschwerde absprechen darf sondern die Beschwerde zurückweisen muss.

3.6 Für das folgende Verfahren vor dem BFA ergibt sich aufgrund des Vorliegens eines Nichtbescheides des Weiteren, dass das Verfahren des Beschwerdeführers nach wie vor beim BFA anhängig ist und sich das BFA vor einer folgenden Bescheiderlassung jedenfalls mit dem Beschwerdevorbringen vom 01.07.2021 als Teil seines Vorbringens im Verfahren auseinandersetzen wird müssen; das BFA wird dazu gegebenenfalls entsprechend geeignete Ermittlungen durchführen müssen und diese jedenfalls bei der Entscheidung zu berücksichtigen haben.

3.7 Die Beschwerde ist daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.8 Aufgrund der Zurückweisung der Beschwerde aus den dargestellten Gründen konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B)

Revision

3.9 Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

3.10 Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

fehlende Bescheidgenehmigung Nichtbescheid Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L516.2244157.1.00

Im RIS seit

08.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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