Entscheidungsdatum
23.08.2021Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G303 2238629-4/10E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 12.04.2021 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX, geb. XXXX, StA Nigeria, ALIAS XXXX, geboren XXXX, StA Nigeria, ALIAS XXXX, geboren XXXX, StA Nigeria, ALIAS XXXX, geboren XXXX, StA Nigeria, ALIAS XXXX, geboren XXXX, StA Nigeria, ALIAS XXXX, geboren XXXX, StA Nigeria, ALIAS XXXX, geboren XXXX, StA Nigeria, ALIAS XXXX, geboren XXXX, StA Deutschland, ALIAS XXXX, geboren XXXX, StA Nigeria, ALIAS XXXX, geboren XXXX, StA Sudan, ALIAS XXXX, geboren XXXX, StA Nigeria, zu IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.04.2021, zu Recht:
A) Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der betroffene Fremde (im Folgenden: BF) stellte im Bundesgebiet erstmals am 19.10.2010 unter der Identität XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.03.2011 vollumfänglich abgewiesen und der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
2. In der Folge stellte der BF erneut einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, XXXX, geb. XXXX und nigerianischer Staatsbürger zu sein. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.07.2011 als unzulässig zurückgewiesen, diesbezüglich die Zuständigkeit der Tschechischen Republik festgestellt und der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Eine gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.08.2011 als unbegründet abgewiesen.
3. Aufgrund seiner Straffälligkeit wurde mit Bescheid der BPD Wien vom 14.05.2012 gegen den BF eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Der Bescheid erwuchs mit Berufungsbescheid des UVS Wien vom 10.12.2012 mit der Maßgabe in Rechtskraft, dass das Einreiseverbot auf die Dauer von acht Jahren reduziert wurde.
4. Mit Bescheid der LPD Kärnten vom 09.11.2012 wurde über den BF erstmals die Schubhaft verhängt und der BF am 12.11.2012 in die Tschechische Republik überstellt.
5. Am 21.01.2013 wurde der BF in Österreich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Mit Bescheid der LPD Wien vom selben Tag wurde gegen ihn erneut Schubhaft angeordnet, aus welcher er jedoch infolge eines Hungerstreiks am 28.01.2013 entlassen werden musste. Kurz darauf wurde er abermals aufgegriffen und mit Bescheid vom 26.04.2013 ein weiteres Mal in Schubhaft genommen. Der BF versuchte erneut eine Freilassung durch Hungerstreik zu erzwingen, wurde jedoch am 06.05.2013 in der JA XXXX einer Heilbehandlung unterzogen. Am 13.05.2013 wurde der BF zum zweiten Mal in die Tschechische Republik überstellt.
6. Der BF reiste in der Folge erneut in das Bundesgebiet ein und wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 01.08.2014 in Schubhaft genommen, aus welcher er jedoch am 06.08.2014 wiederum aufgrund eines Hungerstreiks entlassen wurde.
7. Am 14.08.2014 wurde der BF ein weiteres Mal im Bundesgebiet aufgegriffen, am Folgetag niederschriftlich einvernommen und ihm die Möglichkeit geboten, dass österreichische Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Von dieser Möglichkeit machte der BF keinen Gebrauch, sodass mit Bescheid des BFA vom 07.01.2015 gegen ihn neuerlich die Schubhaft angeordnet wurde. Am 12.01.2015 musste er aufgrund eines Hungerstreiks jedoch aufs Neue entlassen werden.
8. Mit Bescheid des BFA vom 09.01.2015 wurde gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen. Nachdem der BF am 09.02.2015 abermals aufgegriffen und am selben Tag in Schubhaft genommen worden war, wurde er am 12.02.2015 zum nunmehr dritten Mal in die Tschechische Republik überstellt.
9. Am 30.05.2016 versuchte der BF mit dem österreichischen Personalausweis einer anderen Person in das österreichische Bundesgebiet einzureisen, woraufhin er mit Bescheid des BFA vom 31.05.2016 in Schubhaft genommen wurde, aus welcher er jedoch am 08.06.2016 aufgrund eines neuerlichen Hungerstreiks entlassen wurde.
10. Am XXXX.07.2016 wurde der BF festgenommen und eine weitere Schubhaft über ihn verhängt, aus der er am 01.08.2016 zum nunmehr fünften Mal wegen Haftunfähigkeit, herbeigeführt durch einen Hungerstreik, entlassen werden musste. Er tauchte danach unter, wurde allerdings am 25.10.2016 abermalig aufgegriffen und in Schubhaft genommen.
11. Am 29.10.2016 stellte der BF bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 04.11.2016 abgewiesen wurde. Zudem erging eine Rückkehrentscheidung nach Nigeria gegen den BF. Mit Erkenntnis des BVwG vom 23.11.2018 wurde eine dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
12. Am 10.05.2019 wurde der BF niederschriftlich vor dem BFA einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab, er wolle schnell nach Nigeria abgeschoben werden, da er nicht lange in Schubhaft verbleiben wolle. Es sei kein Problem für ihn, er würde erneut zurückkehren. Am 27.06.2019 wurde der BF nach Nigeria abgeschoben.
13. Am 23.05.2020 wurde der BF in Wien einer Personenkontrolle unterzogen und aufgrund einer aufrechten Festnahmeanordnung wegen eines Vergehens festgenommen und in Folge in Untersuchungshaft genommen.
14. Am 26.05.2020 wurde ihm durch das BFA ein Parteiengehör in Form einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt, welches der BF am 27.05.2020 übernahm. Der BF wurde um die Abgabe einer Stellungnahme ersucht, was er jedoch unterließ.
15. Mit Bescheid des BFA vom 21.09.2020 erging ua eine weitere Rückkehrentscheidung gegen den BF sowie ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot. Eine Beschwerde (lediglich) gegen das Einreiseverbot wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 15.12.2020 als unbegründet abgewiesen.
16. Mit Bescheid des BFA vom 21.09.2020 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft angeordnet. Am 23.09.2020 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen und in das PAZ Hernalser Gürtel überstellt. Am 25.09.2020 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Folgeantrag auf internationalen Schutz. Das BFA brachte dem BF am selben Tag einen Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gem. § 76 Absatz 6 FPG zur Kenntnis. Der BF wurde durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen und gab hierbei wiederholt an, keine neuen Asylgründe zu haben.
17. Am 17.12.2020 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen und gab im Wesentlichen an, es gehe ihm gut, er sei nach seiner Abschiebung im Februar 2020 nach Österreich zurückgekehrt.
18. Mit Aktenvermerken vom 20.10.2020, 17.11.2020 und 16.12.2020 wurde jeweils eine amtswegige Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung durch das BFA vorgenommen.
19. Mit Erkenntnissen des BVwG, Zahl W278 2238629-2/14E vom 16.02.2021; Zahl W117 2238629-1/6Z vom 21.01.2021 und zuletzt mit Erkenntnis des BVwG vom 16.03.2021, Zahl G313 2238629-3/4E, wurde jeweils im amtswegigen Überprüfungsverfahren festgestellt, dass die Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft zulässig und verhältnismäßig war.
20. Mit Bescheid des BFA vom 25.01.2021 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF vom 25.09.2020 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem BF am 26.01.2021 zugestellt und erwuchs mit Ablauf des 09.02.2021 in Rechtskraft.
21. Am 06.04.2021 legte das BFA dem erkennenden Gericht die Akten zu neuerlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit einer fortdauernden Anhaltung des BF vor.
22. Das erkennende Gericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 12.04.2021 in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF, eine Behördenvertreterin des BFA sowie eine Dolmetscherin teilnahmen. Nach Schluss der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.
23. Mit Schriftsatz vom 16.04.2021 beantragte die rechtsfreundliche Vertretung des BF die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF führt die im Spruch angeführte Verfahrensidentität (Namen und Geburtsdatum) sowie Alias-Identitäten und ist Staatsangehöriger Nigerias.
Der BF verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU. Der BF reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und stellte am 19.10.2010 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der vollumfänglich abgewiesen wurde. In weiterer Folge stellte der BF unter verschiedenen Identitäten weitere Asylanträge, die allesamt rechtskräftig negativ entschieden wurden.
Am 27.06.2019 wurde der BF nach Nigeria abgeschoben.
Trotz aufrechten Einreiseverbotes reiste der BF im Februar 2020 wiederholt unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 23.05.2020 wurde der BF in Wien einer Personenkontrolle unterzogen und aufgrund einer aufrechten Festnahmeanordnung wegen eines Vergehens festgenommen und in Folge in Untersuchungshaft genommen.
Mit Bescheid des BFA vom 21.09.2020 wurde ua eine weitere Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den BF erlassen. Der Bescheid erwuchs mit Erkenntnis des BVwG vom 15.12.2020 zweitinstanzlich in Rechtskraft. Damit besteht gegen den BF eine rechtskräftige und somit auch durchsetzbare Rückkehrentscheidung.
Der BF weist im österreichischen Bundesgebiet folgende rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen auf:
1) Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX, vom XXXX.07.2011, rechtskräftig seit XXXX.07.2011, wegen § 231/1 StGB, § 27 ABS 1/1 (8. FALL) U ABS 3 SMG, § 15 StGB, § 229/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 Monaten, davon Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt, Probezeit drei Jahre
2) Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX, vom XXXX.02.2012, rechtskräftig seit XXXX.02.2012, wegen § 27 (1) Z 1 8. Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten.
3) Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX vom XXXX.11.2017, rechtskräftig seit XXXX.06.2020, wegen § 231 (1) StGB, §§ 223 (2), 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Monaten.
Der BF befand sich in Österreich von XXXX.01.2012 bis XXXX.04.2012; von XXXX.04.2012 bis XXXX.11.2012; von XXXX.01.2015 bis XXXX.01.2015 und von XXXX.05.2020 bis XXXX.09.2020 in diversen Justizvollzugsanstalten in Strafhaft.
Der BF befand sich zu nachfolgenden Zeiträumen in verschiedenen Polizeianhaltezentren (PAZ): XXXX.01.2013 – XXXX.01.2013; XXXX.04.2013 – XXXX.05.2013; XXXX.07.2014 – XXXX.08.2014; XXXX.01.2015 – XXXX.01.2015; XXXX.02.2015 – XXXX.02.2015; XXXX.05.2016 – XXXX.06.2016; XXXX.07.2016 – XXXX.08.2016; XXXX.10.2016 – XXXX.01.2017 und XXXX.05.2019 – XXXX.06.2019.
Der BF befindet sich nunmehr seit XXXX.09.2020 in Schubhaft. Diese wurde mit Bescheid des BFA vom 21.09.2020 zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängt.
Der BF stellte im Stande der Schubhaft am 25.09.2020 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit erstinstanzlich rechtskräftigem Bescheid des BFA vom 25.01.2021 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.
Der BF weist im Bundesgebiet bis auf seine Anhaltungen in diversen Justizanstalten, Polizeianhaltezentren und karitativen Vereinen lediglich eine Hauptwohnsitzmeldung im Zeitraum von 16.02.2017 bis 20.07.2017 auf.
Der BF weist im Inland keinerlei familiäre, soziale, berufliche oder sprachliche Verankerung auf. Er hat zum Entscheidungszeitpunkt keine Unterkunft im österreichischen Bundesgebiet und verbrachte den Großteil seines Aufenthalts im Inland in diversen Polizeianhaltezentren und Justizvollzugsanstalten. Der BF geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat in Österreich kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen.
Der BF ist gesund und es liegen keine Zweifel an seiner Haftfähigkeit vor.
Der BF tauchte im österreichischen Bundesgebiet bereits vermehrt unter, indem er während seiner rechtswidrigen Aufenthalte regelmäßig ohne amtliche Wohnsitzmeldung im Inland verblieb. Er konnte lediglich im Zuge verschiedener (fremden-)polizeilicher Kontrollen aufgegriffen werden.
Der BF erzwang in der Vergangenheit bereits mehrfach seine Entlassung aus der Schubhaft, indem er durch Hungerstreiks seine Haftunfähigkeit herbeiführte. Nach den so herbeigeführten Entlassungen war er für die Behörden regelmäßig nicht greifbar.
Der BF ist nicht ausreisewillig und stellte seinen letzten Folgeantrag auf internationalen Schutz evident in der missbräuchlichen Absicht, den Vollzug der gegen ihn rechtskräftig bestehenden aufenthaltsbeenden Maßnahme zu verzögern oder gar zu verhindern.
Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF wurde seitens der nigerianischen Behörden zugesagt. Auch in der Vergangenheit konnte bereits erfolgreich ein Heimreisezertifikat für den BF erlangt werden. Die nächste fixierte Charterabschiebung nach Nigeria ist für den 26.05.2021-27.05.2021 geplant.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA, und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Zudem wurde in die Vorakten des BVwG (W117 2238629-1, W278 2238629-2 und G313 2238629-3) betreffend die vorangegangenen amtswegigen Überprüfungen Einsicht genommen.
Die im Spruch angeführten Identitätsdaten stellen lediglich eine Verfahrensidentität dar, da der BF unter verschiedenen Aliasidentitäten bekannt ist und über kein gültiges Dokument verfügt, welches seine Identität zweifelsfrei bestätigt.
Die Feststellungen zum fehlenden Aufenthaltsrecht, zur Einreise, zu den Anträgen auf internationalen Schutz in Österreich, zur Abschiebung nach Nigeria und Wiedereinreise sowie zur Festnahme und rechtskräftigen Rückkehrentscheidung ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen werden durch entsprechende Einträge im Strafregister belegt.
Die Anhaltungen in den Justizvollzugsanstalten, in den Polizeianhaltezentren und in Schubhaft konnten durch Einsichtnahme in die Anhaltedatei sowie in das Zentrale Melderegister festgestellt werden.
Die festgestellten Wohnsitzmeldungen beruhen ebenso auf einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Anhaltspunkte für familiäre, soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet bzw. eine maßgebliche berufliche Integration konnten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden, zumal sich der BF überwiegend in Straf- oder Schubhaft befand. Die Angabe des BF in der mündlichen Verhandlung, dass er eine Freundin habe, ist als nicht glaubhaft zu qualifizieren, da er keine näheren Angaben über sie machen konnte, insbesondere konnte er nicht einmal ihren Namen oder ihre Adresse bekanntgeben.
Auch konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über ausreichende finanzielle Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes verfügt.
Es sind keine Hinweise auf signifikante Erkrankungen und Einschränkungen der Haftfähigkeit des BF aktenkundig.
Die Feststellungen zu mehrmaligen Untertauchen und der Haftunfähigkeiten infolge von Hungerstreiks, ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.
Die Tatsache, dass der BF ausreiseunwillig ist, ergibt sich daraus, dass der BF bislang von sich aus keine nachweislichen Schritte setzte um seiner bestehenden Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Zudem zeigte der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung keinen Willen zur freiwilligen Ausreise, sondern gab mehrfach auf die Frage, ob er freiwillig ausreisen wolle, an: „Wenn ich nicht freigehen kann, dann muss man mich nach Nigeria zurückführen. Ich bin der Schubhaft müde“ sowie „Ich will nicht länger in Schubhaft bleiben und wenn ich nicht aus der Schubhaft entlassen werde, dann müssen Sie mich nach Nigeria schicken.“
Dass der letzte Asylfolgeantrag in missbräuchlicher Absicht gestellt wurde, ergibt sich daraus, dass der BF diesen erst in der Schubhaft, welche zur Sicherung der Abschiebung verhängt wurde, stellte, und nicht davor, obwohl er selbst angab, dass er bereits im Februar 2020 wiederholt rechtswidrig in das Bundesgebiet eingereist sei. Zudem hat er auch davor mit unterschiedlichen Identitäten Asylanträge missbräuchlich gestellt. Schlussendlich wurde auch dieser Asylantrag wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen.
Die festgestellte Zusage eines HRZ ergibt sich aus den Ausführungen in der Stellungnahme des BFA vom 02.04.2021; ebenso die nächste fixierte Charterabschiebung nach Nigeria. Beides konnte von der Behördenvertreterin in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021 bestätigt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A.:
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Der mit "Gelinderes Mittel" betitelte § 77 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 lautet:
§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Der mit "Dauer der Schubhaft" betitelte § 80 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 lautet:
§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.
(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).
Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039).
3.1.2. Zur Fortsetzung und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft
Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die Fortsetzung der seit XXXX.09.2020 andauernden Anhaltung in Schubhaft wegen Vorliegens von Fluchtgefahr (auf Grund des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG) weiterhin als erforderlich und die Anhaltung in Schubhaft wegen Überwiegens des öffentlichen Interesses an der Sicherung der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Vergleich zum Recht des betroffenen Fremden auf persönliche Freiheit auch als verhältnismäßig.
Den im zuletzt ergangenen Erkenntnis des BVwG vom 16.03.2021, G313 2238629-3/4E, getroffenen Entscheidungsgründen betreffend Fortsetzung und Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft kommt zum Zeitpunkt dieser Entscheidung weiterhin unverändert Geltung zu. Auf diese wird daher vollinhaltlich verwiesen.
Das BFA hat sowohl im Zuge der Aktenvorlage (auch unter Verweis auf die bereits in den vorangegangenen Haftprüfungsverfahren angeführten Gründe) als auch in der Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass weiterhin sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Fluchtgefahr besteht.
Betrachtet man das Gesamtverhalten des BF, insbesondere die Angabe von elf verschiedenen Identitäten, die Stellung mehrerer unberechtigter Asylanträge, die wiederholte Straffälligkeit, den fehlenden Ausreisewillen nach rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, die wiederholten illegalen Wiedereinreisen und das Untertauchen, ergibt sich eine sehr hohe Fluchtgefahr.
Die Annahme, wonach es sehr wahrscheinlich ist, dass im Fall der Beendigung der Schubhaft und Freilassung letztlich eine Rückführung des weiterhin ausreiseunwilligen BF durch Untertauchen vereitelt oder erschwert werden könnte, erweist sich somit unter Berücksichtigung des bisherigen, oben angeführten, Gesamtverhaltens des BF, der mangelnden Vertrauenswürdigkeit und des Vorliegens einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung und eines befristeten Einreiseverbots, nach wie vor als begründet.
Der BF verfügt in Österreich über keine eigenen Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhalts, keinen gesicherten Wohnsitz und über keine sozialen Bindungen.
Zudem ist gemäß § 76 Abs. 2a FPG maßgeblich bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen, dass der BF bereits dreimal zu Haftstrafen strafgerichtlich verurteilt wurde.
Seitens der nigerianischen Behörden wurde eine HRZ- Ausstellung für den BF bereits zugesagt. Die nächste geplante und fixierte Charterabschiebung nach Nigeria findet von 26.05.-27.05.2021 statt. Der BF wurde bereits einmal nach Nigeria abgeschoben. Es ist daher jedenfalls davon auszugehen, dass die Abschiebung nach Nigeria innerhalb der höchstzulässigen Dauer der Schubhaft durchgeführt werden kann.
In einem diesbezüglich schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium - wie gegenständlich - reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier in typisierender Betrachtungsweise die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (vgl. VwGH 20.02.2014, Zl. 2013/21/0178; 19.03.2014, Zl. 2013/21/0138).
Ein gelinderes Mittel gemäß § 77 FPG (periodische Meldeverpflichtung bei der Polizei, angeordnete Unterkunftnahme, Hinterlegung einer finanziellen Sicherung), ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles (insbesondere des Vorliegens von massiv erhöhter Fluchtgefahr, der Straffälligkeit, der mangelnden Vertrauenswürdigkeit und des Fehlens ausreichender finanzieller Mittel und eines gesicherten Wohnsitzes) zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet.
Die Fortsetzung der Schubhaft wegen Fluchtgefahr erweist sich schon vor diesem Hintergrund zur Erreichung des Sicherungszwecks als verhältnismäßig.
Die in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft im Ausmaß von sechs Monaten wurde zum Entscheidungszeitpunkt bereits überschritten.
Allerdings liegt hier unter Zugrundelegung der oben dargelegten Umstände ein Sachverhalt im Sinne des § 80 Abs. 4 Z 4 2. Fall FPG vor, zumal der BF durch sein Verhalten ein bisheriges Abschiebehindernis zu vertreten hat, indem er im Stande der Schubhaft missbräuchlich einen Asylfolgeantrag stellte und so seine Abschiebung am 12.11.2021 verhinderte. Auch zeigte sich der BF trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung während seiner bisherigen Haft nicht rückkehrwillig und nicht kooperativ und konnte eine mangelnde Kooperationsbereitschaft gemäß Art. 15 Abs. 6 lit. a RückführungsRL festgestellt werden.
Die gegenständliche Schubhaft kann somit aus derzeitiger Sicht auch über die sechs Monate hinaus fortgesetzt werden.
Da bereits ein konkreter Abschiebetermin feststeht und die Behörde das Verfahren bislang effizient geführt hat, ist die Aufrechterhaltung der Schubhaft auch diesbezüglich verhältnismäßig.
Die Anhaltung in Schubhaft erweist sich somit zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung weiterhin zum Zweck der Sicherung der Abschiebung wegen Fluchtgefahr als notwendig und auch als verhältnismäßig, weshalb gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das
Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:G303.2238629.4.00Im RIS seit
08.10.2021Zuletzt aktualisiert am
08.10.2021