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L82301 Abwasser Kanalisation BurgenlandNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des R R, vertreten durch die Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in 7000 Eisenstadt, Hauptstraße 27, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 29. April 2021, E G02/09/2020.001/004, betreffend eine Angelegenheit nach dem Burgenländischen Kanalanschlussgesetz 1989 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Marktgemeinde Raiding), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Der Revisionswerber beantragte mit Schriftsatz vom 10. April 2019, die Marktgemeinde R. möge die Versickerung und Verrieselung von Oberflächenwasser auf dem unmittelbar an seine Liegenschaft angrenzenden Liegenschaften, auf denen sich ein Wohnhaus samt Wirtschaftsgebäude sowie ein Weingarten befinden und die im Eigentum der Familie W. stehen, mit Bescheid untersagen und die Anschlusspflicht an die öffentliche Kanalisation verfügen, weil durch den nicht ausreichenden Anschluss an das öffentliche Kanalsystem eine Vernässung und/oder Unterwaschung seines Grundstückes auftrete.
5 Nachdem der Bürgermeister der Marktgemeinde R. keine Entscheidung getroffen hatte, stellte der Revisionswerber am 20. Oktober 2019 zunächst einen Devolutionsantrag und - aufgrund der Untätigkeit des Gemeinderates der Marktgemeinde R. - eine mit 17. August 2020 datierte Säumnisbeschwerde.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG) den Antrag des Revisionswerbers vom 10. April 2019 gemäß § 2 Abs. 4 Burgenländisches Kanalanschlussgesetz 1989 (Bgld. KanalanschlussG) als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.) und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig (Spruchpunkt II.).
In der Begründung bejahte das LVwG zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde. Der vorliegende Antrag auf Einleitung eines Verfahrens gemäß § 2 Abs. 4 Bgld. KanalanschlussG sei jedoch zurückzuweisen, weil dem Nachbarn in einem Verfahren nach dieser Bestimmung zwar Parteistellung zukomme, sobald das Verfahren eingeleitet worden sei und er nachteilige Einwirkungen behaupte; ein Antragsrecht komme dem Nachbarn jedoch nicht zu. Die Behörde habe nämlich zunächst selbst zu beurteilen, ob die Gefahr einer nachteiligen Auswirkung bestehe und habe - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - von Amts wegen ein Überprüfungsverfahren durchzuführen. In diesem Verfahren komme dem Nachbarn Parteistellung zu. Im vorliegenden Fall sei jedoch kein Verfahren von der Behörde amtswegig eingeleitet worden.
7 In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber vor, das LVwG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Nachbar in einem Verfahren nach § 2 Abs. 4 Bgld. KanalanschlussG zwar Parteistellung, aber kein Antragsrecht habe. Dazu fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt dann, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erging (vgl. VwGH 23.12.2020, Ra 2019/06/0164, mwN).
9 Das ist hier der Fall: Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 4 Bgld. KanalanschlussG ergibt sich, dass die Behörde ein Überprüfungsverfahren von Amts wegen durchzuführen hat, wenn die Gefahr einer nachteiligen Auswirkung einer Versickerung oder Verrieselung nach § 2 Abs. 2 Z 2 oder 3 Bgld. KanalanschlussG besteht. Ein Antragsrecht eines Nachbarn auf Einleitung eines Verfahrens nach § 2 Abs. 4 Bgld. KanalanschlussG ist dieser Bestimmung nicht zu entnehmen. Auch aus dem Umstand, dass einem Nachbarn, der eine nachteilige Einwirkung auf sein Eigentum behauptet, in dem von der Behörde amtswegig eingeleiteten Überprüfungsverfahren Parteistellung zukommt, ist für den Revisionswerber nichts zu gewinnen. Entgegen der vom Revisionswerber offenbar vertretenen, aber nicht näher begründeten Rechtsansicht ist es nämlich durchaus möglich, dass eine Person in einem Verfahren zwar Parteistellung, aber kein Antragsrecht hat (vgl. etwa das vom Revisionswerber in der Beschwerde selbst zitierte Erkenntnis VwGH 8.6.1988, 88/03/0004, zum Kärntner Jagdgesetz; oder aktueller VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0007, Pkt. 2.2., mwN, zum Eisenbahngesetz 1957).
10 Angesichts der klaren Rechtslage wird in der Revision keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. September 2021
Schlagworte
Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060112.L00Im RIS seit
08.10.2021Zuletzt aktualisiert am
12.10.2021