TE Vwgh Beschluss 2021/9/15 Ra 2021/06/0138

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Veröffentlicht am 15.09.2021
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Vorarlberg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
RPG Vlbg 1996 §16 idF 2015/022
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/06/0139

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache 1. des F W und 2. der I W, beide in L, beide vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 4. Dezember 2020, LVwG-302-14/2020-R18, betreffend Anträge gemäß § 16 Raumplanungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevertretung der Gemeinde Lech; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde L. vom 22. Juni 2020, mit welchem in Bezug auf ein auf einem näher bezeichneten Grundstück befindliches Gebäude ihre auf § 16 Abs. 4 Raumplanungsgesetz - RPG, in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/2015, gestützten Anträge auf Erteilung einer Ferienwohnungsbewilligung als unzulässig zurückgewiesen sowie ihr Antrag auf Ferienwohnungsbewilligung gemäß § 16 Abs. 4 lit. b RPG zurückgewiesen und ihr Antrag auf Ferienwohnungsbewilligung gemäß § 16 Abs. 4 lit. c RPG als unbegründet abgewiesen worden waren, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

5        Begründend stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass die revisionswerbenden Parteien österreichische Staatsbürger und grundbücherliche Eigentümer des gegenständlichen Grundstückes, welches die Widmung „Baufläche Wohngebiet“ aufweise und auf welchem sich ein im Wesentlichen als Beherbergungsbetrieb genutztes Gebäude befinde, seien. Weiters hielt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, dass der Bewilligungstatbestand nach § 16 Abs. 4 und 4a RPG, in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/2015, auf welchen sich die gegenständlichen Anträge ausdrücklich stützten, mit Inkrafttreten der besagten Novelle ersatzlos entfallen sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei auch bei Anträgen auf Ferienwohnungsbewilligung nach § 16 RPG der Grundsatz anwendbar, wonach das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen habe, zumal nach dieser Judikatur auch keine unionsrechtlichen Gründe für ein Abweichen von diesem Grundsatz bestünden. Die auf § 16 RPG, in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/2015, gestützten Anträge seien durch die Änderung der Rechtslage somit unzulässig geworden und damit zurückzuweisen gewesen. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren nicht ergeben, dass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 lit. b RPG vorlägen, zumal die revisionswerbenden Parteien dem ihnen diesbezüglich erteilten Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen seien. Zudem habe die Gemeinde L. von der Verordnungsermächtigung gemäß § 16 Abs. 8 RPG Gebrauch gemacht und den gesetzlich vorgesehenen Spielraum vollständig ausgenutzt, weshalb der auf § 16 Abs. 4 lit. c RPG gestützte Antrag zu Recht abzuweisen gewesen sei. Da fallbezogen kein unionsrechtlich relevanter Sachverhalt vorliege, sehe sich das Verwaltungsgericht auch nicht veranlasst, ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten.

6        Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 8. Juni 2021, E 168/2021-5, deren Behandlung ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Begründend hielt der Verfassungsgerichtshof unter anderem fest, dass für ihn nicht erkennbar sei, dass die Bestimmungen des § 16 RPG und die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde L. vom 13. Juli 2015 gemäß § 16 Abs. 8 RPG - soweit diese im vorliegenden Fall präjudiziell seien - gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten verstießen, weswegen eine verfassungsrechtlich unzulässige Inländerdiskriminierung von vornherein nicht vorliegen könne.

7        Zum Vorbringen der revisionswerbenden Parteien in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision betreffend die im Revisionsfall anzuwendende Fassung des RPG ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Frage, welche Rechtslage nach dem Inkrafttreten der in Rede stehenden Novelle LGBl. Nr. 22/2015 zum RPG auch in vor diesem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren anzuwenden ist, bereits geklärt hat; dazu wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Beschlüsse VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0003, und VwGH 25.1.2018, Ra 2017/06/0251, verwiesen. Dass das Verwaltungsgericht von dieser hg. Judikatur abgewichen sei, legt die Revision nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.

8        Im Übrigen ergeben sich weder aus dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt noch aus der Zulässigkeitsbegründung Anhaltspunkte dafür, dass fallbezogen ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, weshalb die revisionswerbenden Parteien mit ihrer Argumentation zu europarechtlichen Grundfreiheiten und zu einer daraus abzuleitenden Unzulässigkeit des erteilten Verbesserungsauftrages keine Rechtsfrage aufzeigen, die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevant sein könnte (vgl. etwa neuerlich VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0003, mwN; zur behaupteten Inländerdiskriminierung vgl. auch den oben zitierten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes). Selbst wenn Nutzungsbeschränkungen für Ferienwohnungen die Dienstleistungsfreiheit berühren sollten, wurde fallbezogen allein mit dem Hinweis darauf, dass sich das gegenständliche Grundstück in einer Randlage der betreffenden Gemeinde befinde, nicht dargelegt, dass § 16 RPG in der Fassung LBGl. Nr. 22/2015 im Sinn der Judikatur des EuGH (vgl. dazu auch das von den revisionswerbenden Parteien zitierte Urteil des EuGH vom 22. September 2020, C-724/18) nicht legitimiert und nicht verhältnismäßig sei. Daher wurde auch mit der in der Revision behaupteten Verpflichtung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens unter Hinweis auf Art. 267 AEUV keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. zum Ganzen VwGH 25.1.2018, Ra 2017/06/0251).

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 15. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060138.L00

Im RIS seit

08.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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