TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/11 W153 2239205-1

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Veröffentlicht am 11.05.2021
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Entscheidungsdatum

11.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch


W153 2239205-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. China, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.01.2021, Zl. 1218945301-190116167, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III., V. und VI. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben wird und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

„Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen.“

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird insoweit stattgegeben, als das Einreiseverbot auf fünf (5) Jahre herabgesetzt wird.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) ein Staatsangehöriger der VR China reiste am 29.01.2019 von Spanien via Flughafen XXXX nach Österreich ein.

Am 29.01.2019 ordnete die Staatsanwaltschaft die Festnahme des BF wegen § 28a Abs. 1 2. und 3. Fall, Abs. 2 Z 2, Abs. 4 Z 3 SMG (Verbrechen des Suchtgifthandels) an.

Mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 11.07.2019 wurde dem BF mitgeteilt, dass gegen ihn am 04.02.2019 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet worden sei.

Am 24.07.2019 brachte der BF eine Stellungnahme ein. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass seine Ehefrau derzeit in Haft sei. Ein Kind lebe in Italien. Er habe als Koch in einem Chinarestaurant in XXXX gearbeitet und habe keine Wohnadresse in Österreich. Er sei im Besitz eines chinesischen Reisepasses und einer italienischen Aufenthaltsgenehmigung bis 2020. Er habe in Österreich keine sozialen Kontakte und keine Möglichkeit in Österreich auf legale Art und Weise an Geld zu kommen. Auf die Frage, ob er gesund sei oder dauerhaft Medikamente benötige, gab der BF an, eine Magenoperation gehabt zu haben. Er sei als Tourist nach Österreich eingereist.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 13.08.2019 wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Mit Beschluss des Landesgerichtes vom 13.10.2020 wurde der Rest der Freiheitsstrafe von einem Jahr bedingt nachgesehen.

Mit einer erneuten Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme BFA vom 16.10.2020 wurde dem BF mitgeteilt, dass gegen ihn am 04.02.2019 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet worden sei.

Mit Mail vom 16.10.2020 teilte der XXXX der Justizanstalt mit, dass der BF weder Deutsch noch Englisch, sondern eigentlich nur Chinesisch spreche. Es sei ihm nicht möglich eine Stellungnahme abzugeben. Auch könne der XXXX aufgrund der vorhandenen Sprachbarriere nicht mit dem BF kommunizieren. Um Durchführung einer Einvernahme des BF wurde ersucht.

Am 28.12.2020 wurde an das XXXX eine Anfrage hinsichtlich eines aufrechten Aufenthaltstitels des BF in Italien gestellt. Seitens des XXXX bzw. durch die italienischen Behörden wurde mitgeteilt, dass in der italienischen Datenbank eine Eintragung betreffend den BF bestehe und er über keinen Aufenthaltstitel in Italien mehr verfüge. Das letzte „permesso“ sei am 03.08.2016 abgelaufen; es sei keine Verlängerung erfolgt. Weiters wurde mitgeteilt, dass der BF in Italien eine Vormerkung wegen eines Suchtmitteldelikts aufweise.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des BFA wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen (Spruchpunkt II.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach China zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Mit Verfahrensanordnung vom 07.01.2021 wurde dem BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Mit Mail vom 25.01.2021 wurde der Antrag für Unterstützungsleistungen im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr des BF an das BFA übermittelt.

Gegen den Bescheid des BFA vom 07.01.2021 erhob der BF am 28.01.2021 Beschwerde.

Am 29.01.2021 wurde der BF, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, bedingt aus der Haft entlassen.

Am 04.02.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht der Befund über den negativen COVID-19 Test des BF ein.

Mit Mail vom 25.03.2021 übermittelte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Ausreisebestätigung des BF in die VR China. Der BF reiste mittels Flugzeug freiwillig am 05.02.2021 aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der VR China. Seine Identität steht fest. Er ist gesund und arbeitsfähig.

Aus dem Auszug des AJ-WEB Auskunftsverfahrens ergibt sich, dass der BF im Zeitraum von 03.09.2015 bis 31.03.2016 in Österreich als selbstständiger Erwerbstätiger zur Sozialversicherung angemeldet war (AS 29f).

Der BF reiste zuletzt am 29.01.2019 ins Bundesgebiet ein, wo er am selbigen Tag aufgrund eines Festnahmeauftrages der Staatsanwaltschaft festgenommen wurde.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 13.08.2019 wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 2. und 3. Fall, Abs. 2 Z 2 (als Mitglied einer kriminellen Vereinigung) und Abs. 4 Z 3 SMG (das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge) sowie § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Als mildernd wurden der bisher ordentliche Lebenswandel und die noch untergeordnete Rolle in der kriminellen Vereinigung gewertet. Erschwerend war das mehrfache Übersteigen der 25-fachen Grenzmenge.

Mit Beschluss des Landesgerichtes vom 13.10.2020, wurde gemäß § 46 Abs. 1 StGB iVm § 152 Abs. 1 Z 2 StVG der Rest der Freiheitsstrafe von einem Jahr bedingt nachgesehen. Am 29.01.2021 wurde der BF, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, bedingt aus der Haft entlassen.

Der BF reiste mittels Flugzeug am 05.02.2021 freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.

In seiner Stellungnahme vom 11.07.2019 führte der BF aus, verheiratet zu sein und ein Kind in Italien zu haben. In seiner Beschwerde gab er zunächst an, einen Sohn in Deutschland zu haben. Zwei weitere Kinder seien in Deutschland bzw. Italien verstorben. Später führte er aus, einen Sohn in Italien zu haben, der dort seinen Lebensmittelpunkt habe.

Eine Schwester des BF lebt in England, zwei weitere Schwestern und ein Bruder leben in Italien.

Eine Nichte des BF lebt in Österreich, jedoch liegt zu dieser kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis vor. Der BF verfügt in Österreich auch über keine sonstigen familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen.

Die Lebensgefährtin des BF und der Lebensgefährte der in Österreich aufhältigen Nichte des BF wurden ebenfalls mit Urteil des Landesgerichtes vom 13.08.2019 verurteilt und haben beide mittlerweile Österreich freiwillig in die VR China verlassen.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der BF war in Österreich – mit Ausnahme der Zeiten seiner Haft – nie aufrecht gemeldet.

Der BF führte in seiner Stellungnahme vom 11.07.2019 aus, er habe in einem Chinarestaurant in XXXX als Koch gearbeitet und sei im Besitz einer italienischen Aufenthaltsberechtigung bis 2020. Laut dem Urteil des Landesgerichtes vom 13.08.2019 war der BF zuletzt in XXXX aufhältig. Laut Auskunft des XXXX bzw. der italienischen Behörden verfügt der BF über keinen Aufenthaltstitel in Italien mehr; das letzte „permesso“ ist am 03.08.2016 abgelaufen.

Der BF war zuletzt als Koch erwerbstätig, hat Schulden iHv XXXX ,- und kein sonstiges Vermögen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über legale Einnahmen bzw. Geldquellen oder einen Rechtsanspruch auf konkrete Geldleistungen in Österreich verfügt.

Der BF verfügt(e) über keinen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet und keinen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedsstaates der EU und war in Österreich nicht zum Aufenthalt berechtigt. Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet erfolgte ausschließlich zum Zweck der Begehung von Suchtgiftdelikten. Anknüpfungspunkte sozialer oder wirtschaftlicher Natur im Bundesgebiet hat der BF nicht konkret dargetan. Der BF ist aufgrund der Schwere der von ihm begangenen Straftaten und seines Persönlichkeitsbildes als schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit anzusehen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen bezüglich der Identität sowie der Staatsangehörigkeit des BF ergaben sich insbesondere aus dem vorgelegten chinesischen Reisepass und auf die im Verfahren vor dem Landesgericht geführten Personalien.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF, den dieser zugrunde gelegenen Tathandlungen und der getroffenen Gefährdungsprognose ergeben sich aus der im Akt befindlichen Urteilsausfertigung und einem aktuellen Strafregisterauszug.

Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass aufgrund der Gefährlichkeit von Suchtgiftdelikten im Allgemeinen und der übergroßen Menge an ein- und ausgeführtem Cannabiskraut betreffend den BF und seiner Lebensgefährtin jedenfalls eine unbedingte Freiheitsstrafe zu verhängen gewesen sei, um ihnen das Unrecht ihrer Tat zu verdeutlichen sowie der Begehung gleichartiger strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Zudem sei aufgrund der wiederholten Ein- und Ausfuhr von Suchtgiftpaketen in übergroßen Mengen und dem Umstand, dass der BF und seine Lebensgefährtin im Rahmen einer kriminellen Vereinigung agierten die von § 43a Abs. 4 StGB geforderte besonders günstige spezialpräventive Prognose für beide ausgeschlossen. Die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht wäre im vorliegenden Fall außerdem geeignet, die Hemmschwelle für die Begehung von Suchtmittelhandel im großen Stil allgemein zu senken, sodass schon aus generalpräventiven Erwägungen eine gänzlich unbedingte Freiheitsstrafe zu verhängen gewesen sei.

Aspekte, welche für einen allfälligen Gesinnungswandel des BF und ein künftiges Wohlverhalten sprechen würden, wurden im Verfahren nicht vorgebracht.

Die Feststellung über die Zeiten der Inhaftierung ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister sowie die im Akt einliegenden Bestätigungen über die Anhaltungen des BF in Untersuchungs- und Strafhaft. Dem Zentralen Melderegister lässt sich entnehmen, dass der BF – abgesehen vom Zeitraum seiner Inhaftierung – nie eine behördliche Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet besessen hat.

Dass der BF nie über einen Aufenthaltstitel verfügt hat, welcher ihn zum längerfristigen Aufenthalt in Österreich berechtigte, lässt sich einer personenbezogenen Abfrage im Zentralen Fremdenregister entnehmen.

Dass der BF in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht, ergibt sich aus einem im Akt enthaltenen Speicherauszug aus dem Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger.

Die freiwillige Ausreise des BF aus dem Bundesgebiet ergibt sich aus der vorgelegten Ausreisebestätigung.

Die Feststellungen über die privaten und familiären Verhältnisse des BF in Österreich beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid und den Ausführungen des BF in der Beschwerde.

Dem Einwand in der Beschwerde, wonach die persönlichen Verhältnisse des BF und dessen Integration unzureichend ermittelt worden wären, ist entgegenzuhalten, dass der BF von der ihm im Verfahren vor dem BFA eingeräumten Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zu seinen persönlichen Verhältnissen Gebrauch gemacht. Im Übrigen hat auch die Beschwerde keine Anknüpfungspunkte des BF im Bundesgebiet in familiärer, privater oder wirtschaftlicher Hinsicht genannt, sodass auch nicht zu erkennen ist, in wie weit die Durchführung einer Einvernahme geeignet gewesen wäre, Sachverhalte festzustellen, welche nicht bereits dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden sind. Das vom BF gesetzte strafrechtswidrige Verhalten, auf welches die Gefährdungsprognose gestützt wurde, blieb, ebenso wie die fehlende soziale oder wirtschaftliche Verankerung im Bundesgebiet, unbestritten und es wurden keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme eines Wegfalls der von seiner Person ausgehenden Gefährdung genannt. Selbst wenn man jedoch von vorhandenen persönlichen Bindungen im Gebiet der Mitgliedstaaten ausginge, wäre zu berücksichtigen, dass der BF bereits in der Vergangenheit nicht zum dauernden Aufenthalt im Gebiet der Mitgliedstaaten berechtigt gewesen ist und allfällige Bindungen den BF nicht von den dargestellten strafbaren Handlungen abzuhalten vermochten.

Ein intensiver und nachhaltiger Kontakt zu Österreichern konnte nicht festgestellt werden. So gab der BF selbst an, in Österreich keine sozialen Kontakte zu pflegen und weder Mitglied in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation zu sein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen

§ 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 lautet:

„Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.“

§ 57 AsylG 2005 lautet auszugsweise:

„Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.“

Der im angefochtenen Bescheid getroffene Ausspruch in Bezug auf § 57 AsylG 2005 hatte seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005, wonach das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt.

Da der BF bereits freiwillig aus dem Bundesgebiet in die VR China ausgereist ist und sich zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nicht im Bundesgebiet aufhält, war aufgrund des Wegfalles der Voraussetzung für eine amtswegige Prüfung iSd § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG (unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet), verfahrensgegenständlich ein Abspruch über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der diesbezüglichen Aufenthaltstatbestände iSd § 57 AsylG nicht vorzunehmen (VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).

Die in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 war daher zu beheben (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 24).

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides - Rückkehrentscheidung

§ 10 Abs. 2 AsylG lautet:

„Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.“

§ 52 FPG lautet auszugsweise:

„Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.“

Das BFA hat sich in Spruchpunkt II. zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt, da der BF im Zeitpunkt der Entscheidung des BFA über keinen gültigen Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfügte und somit zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war.

Der BF reiste jedoch am 05.02.2021 freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet in die VR China aus. Zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt befindet er sich somit nicht mehr im Bundesgebiet.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann es schon im Hinblick auf die ausdrückliche Zielsetzung des Gesetzgebers nicht zweifelhaft sein, dass auch eine erst nach Erlassung einer Rückkehrentscheidung durch das BFA (mit oder ohne Einreiseverbot) während des Verfahrens über eine dagegen erhobene Beschwerde erfolgte Ausreise grundsätzlich unerheblich sein muss. Das zur Entscheidung über die Beschwerde berufene Bundesverwaltungsgericht darf – und muss – den Fall dann seinerseits erstmals unter dem Blickwinkel des § 52 Abs. 1 Z 2 FPG beurteilen und allenfalls die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abweisen. Das stellt angesichts der einheitlichen Wirkungen einer Rückkehrentscheidung keine Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens dar (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234N, mit Verweis auf den vom Verwaltungsgerichtshof bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht beanstandeten „Umstieg“ von § 52 Abs. 1 Z 1 FPG auf § 52 Abs. 4 Z 4 FPG in VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rz 7, oder von § 52 Abs. 4 Z 4 FPG auf § 52 Abs. 5 FPG in VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0120, Rz 8 (iVm Rz 3)).

In der Entscheidung vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, traf der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf den relevanten Prüfumfang bei Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 1 FPG 2005 bei zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vorliegendem Inhaltsaufenthalt des Fremden weiters folgende maßgebliche Ausführungen:

„Es entspricht allgemeinen Grundsätzen, dass das BVwG im Beschwerdeverfahren bei Erlassung seines Erkenntnisses von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszugehen hat (siehe nur VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwSlg. 18.953A, Punkt IV. B. 5.1. der Entscheidungsgründe; siehe aus jüngerer Zeit, auf das genannte Erkenntnis verweisend, auch VwGH 19.9.2017, Ra 2016/18/0381, Rn. 9;).

§ 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG sieht das ausdrücklich ‚auch‘ für den Fall einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vor, wenn sich der Drittstaatsangehörige zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält; auch dann sei nämlich § 28 Abs. 2 VwGVG anzuwenden, was hier nur in dem eben erwähnten Sinn (Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt) verstanden werden kann.

Die Sinnhaftigkeit dieser auf den ersten Blick ohnehin nur Selbstverständliches anordnenden Regelung erschließt sich mit Blick auf § 21 Abs. 5 BFA-VG. Darin wird angeordnet:

‚(5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.‘

Damit wird für Fälle, in denen sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, eine verfahrensrechtliche Ausnahme konstituiert. Nicht die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt des BVwG soll maßgeblich sein, sondern jene, die bei Bescheiderlassung seitens des BFA vorlag; die Prüfungskompetenz des BVwG wird also auf eine vergangenheitsbezogene Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt.

Telos dieser dem Wortlaut nach alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfassenden Anordnung ist es, dem Fremden die Möglichkeit zu nehmen, diese Maßnahmen (bzw. die daran anknüpfenden Wirkungen) letztlich dadurch zu konterkarieren, dass er durch ein bloßes Verlassen des Bundesgebietes die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen ihrer Erlassung beseitigt (in diesem Sinn ausdrücklich die ErläutRV zur ersten Vorgängerregelung, nämlich zu § 57 FPG in der Stammfassung, 952 BlgNR 22. GP 99; siehe zu nachfolgenden Vorgängerregelungen auch zusammenfassend VwGH 28.2.2013, 2012/21/0127, Punkte 4.2.3. und 4.3.2. der Entscheidungsgründe). Im hier maßgeblichen Zusammenhang bedarf es einer dieses Ergebnis sicherstellenden verfahrensrechtlichen Sonderregelung aber nicht. Es wird nämlich ohnehin durch den Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erreicht, dessen Schaffung auch ausdrücklich diesem Zweck diente (siehe oben Rn. 11). Von daher verbietet sich schon aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 136 Abs. 2 B-VG) eine Erstreckung der Anordnung des § 21 Abs. 5 BFA-VG auf Entscheidungen über Beschwerden gegen eine Rückkehrentscheidung (jedenfalls nach § 52 Abs. 1 FPG). Die genannte Vorschrift ist daher trotz ihres demnach überschießenden Wortlauts, indem sie alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfasst, eingeschränkt zu verstehen, was dann auch durch die Anordnung des § 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG zum Ausdruck gebracht wird. In diesem Sinne bleibt es also trotz § 21 Abs. 5 BFA-VG in einem Fall wie dem vorliegenden dabei, dass das BVwG entsprechend allgemeinen Grundsätzen ‚in der Sache selbst‘, auf Grundlage der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage, über die gegen die Rückkehrentscheidung erhobene Beschwerde zu erkennen hat. Dem hat das BVwG hier, wie schon erwähnt, entsprochen.“

Demnach ist die Rechtmäßigkeit der vom BFA während aufrechten Aufenthaltes des BF in Österreich im Grunde zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützte Rückkehrentscheidung nunmehr gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG, unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechts- und Sachlage, zu prüfen, zumal das Rückkehrentscheidungsverfahren schon davor und somit jedenfalls vor Ablauf der in § 52 Abs. 1 Z 2 FPG vorgesehenen Frist eingeleitet wurde.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen, die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen.

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien vorzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR vom 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR vom 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH vom 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14).

Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Bei der Beurteilung der Frage, ob der BF in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt zudem die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu.

Eine Nichte des BF ist in Österreich aufhältig. Ein Abhängigkeitsverhältnis zu dieser wurde vom BF nicht vorgebracht. Der BF hat ansonsten weder Verwandte, noch Familienangehörigen im Bundesgebiet. Auch zu den anderen in der EU und in Großbritannien aufhältigen Angehörigen wurde kein Abhängigkeitsverhältnis dargetan. Ein Eingriff in sein Recht auf Familienleben iSd Art. 8 EMRK ist daher auszuschließen. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls in das Privatleben des BF eingreifen.

Im gegenständlichen Fall ist der BF zuletzt am 29.01.2019 in das Bundesgebiet eingereist. Er war im Bundesgebiet (mit Ausnahme der Zeiten seiner Inhaftierung) nie mit einem Wohnsitz gemeldet, verfügt hier über keine engen sozialen Bindungen, hat sich keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse angeeignet oder sonstige Ausbildungen absolviert. Es wurden im gesamten Verfahren keine Aspekte einer Integration des BF in gesellschaftlicher, sozialer oder wirtschaftlicher Hinsicht ersichtlich, sodass sein Aufenthalt im Bundesgebiet offensichtlich ausschließlich den Zweck hatte, Suchtgiftdelikte zu begehen.

Wie an anderer Stelle dargelegt, hat der BF kein konkretes Vorbringen hinsichtlich im Gebiet der Mitgliedstaaten bestehender sozialer Bindungen erstattet. Selbst unter der hypothetischen Annahme von sozialen Bezugspunkten würde die durch die aufenthaltsbeendende Maßnahme sowie das Einreiseverbot bewirkte vorübergehend verwehrte Möglichkeit von besuchsweisen Aufenthalten des BF im Gebiet der Mitgliedstaaten zu keinem maßgeblichen Eingriff führen. Etwaigen Bezugspersonen wäre es nämlich weiterhin möglich, den BF im Herkunftsstaat oder in Drittstaaten zu besuchen und im Übrigen über das Telefon und Internet in Verbindung zu bleiben. Im Übrigen hätte dem BF bereits im Vorfeld klar sein müssen, dass allfällige soziale Bindungen durch Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz angesichts der drohenden Haftstrafen und aufenthaltsbeendenden Maßnahmen eine maßgebliche Einschränkung erfahren würden.

Demgegenüber wird es dem BF als volljährigem gesundem Mann ohne besonderen Schutzbedarf problemlos möglich sein, wieder im Herkunftsstaat Fuß zu fassen.

Zu Lasten des BF ist insbesondere sein straffälliges Verhalten, die damit zum Ausdruck gebrachte Missachtung der österreichischen Rechtsordnung und die daraus resultierende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen zu berücksichtigen.

Allfälligen privaten Interessen des BF an einem Aufenthalt in Österreich und anderen Mitgliedstaaten standen im Übrigen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen sowie an der Verhinderung von strafbaren Handlungen im Bereich der Suchtgiftkriminalität gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251), ebenso besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität (vgl. etwa VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554; 30.08.2017, Ra 2017/18/0155; 01.04.2019, Ra 2018/19/0643).

Es ist auch nach wie vor von einer engen Bindung des BF in der VR China auszugehen, zumal er dort geboren wurde und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat. Er wurde in der VR China sozialisiert und spricht auch Chinesisch als Muttersprache. Hinzu kommt, dass er dort Anknüpfungspunkte, in Form seiner Lebensgefährtin und des Lebensgefährten seiner Nichte hat.

Den privaten Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber.

Bei Gesamtbetrachtung all der oben behandelten Umstände und der Abwägung dieser im Sinne des § 9 BFA-VG ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des BF in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden oder die die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG erforderlich machen würden.

Die Erlassung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig.

Da der BF zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts Österreich bereits verlassen hat, war nunmehr die Rückkehrentscheidung der Behörde gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG zu bestätigen.

Die Beschwerde ist zu diesem Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides daher mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass sich die Rückehrentscheidung nunmehr auf § 52 Abs. 1 Z 2 FPG stützt.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides – Zulässigkeit der Abschiebung

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entgegensteht.

Im gegenständlichen Fall ist die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in seinen Heimatstaat gegeben, weil aus den Feststellungen im Bescheid und aus den obigen Erwägungen keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 Abs. 1 und 2 FPG ergeben würde.

Es besteht auch keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, welche eine Abschiebung in die VR China für unzulässig erklärt. Eine Abschiebung des BF in die VR China ist daher zulässig.

Die Beschwerde zu diesem Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides – Einreiseverbot

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 1).

Das BFA hat das gegenständliche Einreiseverbot zutreffend auf den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG gestützt und mit dem Umstand begründet, dass der BF auf Grund der von ihm begangenen Straftaten und seines bisherigen Fehlverhaltens eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

Bei der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289; 24.03.2015, Ra 2014/21/0049).

Bei der Entscheidung betreffend die Verhängung eines Einreiseverbots ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Fremden - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen, wobei im Allgemeinen auch der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt (VwGH 16.10.2014, Ra 2014/21/0039).

In diesem Zusammenhang ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass die verwaltungsrechtliche Gefährdungsprognose unabhängig von den das Strafgericht für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs leitenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. VwGH 15.04.2020, Ra 2020/19/0003, VwGH 06.07.2010, 2010/22/0096). Die Fremdenpolizeibehörde und somit auch das Bundesverwaltungsgericht hat das Fehlverhalten eines Fremden und die daraus abzuleitende Gefährlichkeit aber nach der Rechtsprechung aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts, also unabhängig von gerichtlichen Erwägungen über eine bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug zu beurteilen (VwGH 18.02.2009, 2008/21/0441). Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. VwGH vom 08.07.2004, 2001/21/0119).

Die gegenständlich erfolge bedingte Entlassung des BF aus der Strafhaft ändert somit nichts an der getroffenen Prognose.

Den Ausführungen des BF in seiner Beschwerde, wonach das BFA die bedingte Nachsicht eines Teils der Freiheitsstrafe bei der Bemessung des Einreiseverbotes nicht miteinbezogen habe, ist entgegenzuhalten, dass das BFA diesbezüglich sehr wohl ausgeführt hat, dass sich aus der teilweise bedingten Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe nichts gewinnen lasse, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Fehlverhalten eines Fremden und die daraus abzuleitenden Gefährlichkeit ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes, also unabhängig von gerichtlichen Erwägungen über bedingte Strafnachsichten oder eine bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug zu beurteilen sei (vgl. Seite 96 des angefochtenen Bescheides).

Weiters ist bei der Entscheidung über die Dauer des Einreiseverbots auch auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002; vgl. auch Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 53 FPG, K12).

Schließlich darf bei der Verhängung eines Einreiseverbots das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002 mwH).

Der BF wurde – wie oben bereits festgestellt – mit Urteil des Landesgerichtes vom 13.08.2019 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 2. und 3. Fall, Abs. 2 Z 2 (als Mitglied einer kriminellen Vereinigung) und Abs. 4 Z 3 SMG (das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge) sowie § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Als mildernd wurden der bisher ordentliche Lebenswandel und die noch untergeordnete Rolle in der kriminellen Vereinigung gewertet. Erschwerend war das mehrfache Übersteigen der 25-fachen Grenzmenge.

Da der BF wegen Verbrechen gegen das Suchtmittelgesetz von einem ordentlichen Gericht rechtskräftig verurteilt wurde, ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes im gegenständlichen Verfahren der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG eindeutig erfüllt ist. Schon deshalb ist dem Hauptantrag des BF, den Bescheid im Hinblick auf Spruchpunkt IV. ersatzlos zu beheben, nicht Folge zu geben.

Die vom BF begangenen Delikte stellen ohne Zweifel eine die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdende und beeinträchtigende Form von Fehlverhalten dar (vgl. VwGH 23.03.1992, 92/18/0044; 22.02.2011, 2010/18/0417). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) darstellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554; 30.08.2017, Ra 2017/18/0155; 01.04.2019, Ra 2018/19/0643).

Die besondere Gefährlichkeit des BF wird auch durch den Umstand untermauert, dass er offensichtlich ausschließlich zwecks Handels mit Suchtgiften, genauer gesagt mit Cannabiskraut, ins Bundesgebiet eingereist ist, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung in (wenn auch noch untergeordneter) organisierender Rolle agiert hat und dazu beigetragen hat, eine hohe Menge an Suchtgiften ins Bundesgebiet ein- bzw. wieder auszuführen. Demnach wurde auch im Rahmen der Strafzumessung durch das Landesgericht als erschwerend das mehrfache Übersteigen der 25-fachen Grenzmenge des § 28b SMG gewertet. Angesichts der Schwere der konkreten Tathandlung ergibt sich fallgegenständlich eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

Festzuhalten ist, dass der bei der Strafbemessung des Landesgerichts als mildernd gewertete bisher ordentliche Lebenswandel und die noch untergeordnete Rolle in der kriminellen Vereinigung keine maßgebliche Relativierung der vom BF ausgehenden Gefahr erkennen lässt, zumal dessen Einreise in das Bundesgebiet offensichtlich ausschließlich zum Zweck der Begehung von Suchtmitteldelikten erfolgt ist, und demnach sein Aufenthalt im Bundesgebiet durch die Begehung der genannten Straftaten gekennzeichnet war.

Auch hat sich der BF im erst kurz zurückliegenden Strafverfahren nicht geständig gezeigt und wurde demnach auch bei der Strafzumessung eine (reumütige) geständige Verantwortung nicht als mildernd gewertet. Dass der BF seine Taten bereue wurde in der Beschwerde nicht vorgebracht. Es wurde lediglich ausgeführt, dass aufgrund des verspürten Haftübels nicht mehr anzunehmen sei, dass der BF weitere Straftaten begehen werde. Mit diesem Vorbringen konnte der BF der Feststellung einer von diesem aktuell ausgehenden schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht entgegentreten. Zudem ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu hinzuweisen, wonach ein Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat, wobei dieser Zeitraum umso länger anzusetzen ist, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (vgl. zuletzt VwGH 12.01.2021, Ra 2020/18/0507-6, mwN).

Da der BF erst am 29.01.2021 bedingt aus der Strafhaft entlassen und am 05.02.2021 in den Herkunftsstaat ausgereist ist, liegt kein ausreichendes Wohlverhalten in Freiheit vor, anhand dessen ein allfälliger Gesinnungswandel zu beurteilen wäre (vgl. VwGH 28.01.2016, Ra 2016/21/0013 mwN).

Der BF hat durch sein strafrechtliche Rechtsnormen negierendes Verhalten massiv seinen Unwillen unter Beweis gestellt, in Österreich geltende Grundinteressen der Gesellschaft zu achten, weshalb in Zusammenschau des Verhaltens des BF von einer für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehenden Gefährdung auszugehen und eine Rückfälligkeit in strafrechtswidriges Verhalten seitens des BF naheliegend ist, zumal er im Bundesgebiet weder sozial noch wirtschaftlich verankert ist. Das sich aus der Verurteilung ergebende Persönlichkeitsbild lässt keinen Schluss zu, dass der BF sich in Zukunft wohlverhalten werde.

Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt, sind die familiären und privaten Anknüpfungspunkte des BF in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Der BF ist, wie an anderer Stelle dargelegt, offensichtlich zwecks Begehung von Suchtgiftdelikten in das Gebiet der Mitgliedstaaten eingereist, sodass durch das ausgesprochene Einreiseverbot angesichts der hohen öffentlichen Interessen an der Verhinderung von gewerbsmäßiger Suchtgiftkriminalität kein unverhältnismäßiger Eingriff in private oder familiäre Interessen des BF begründet wird. Auch hätte dem BF bereits im Vorfeld klar sein müssen, dass er im Falle der geschilderten Deliktsbegehung die allfällige Möglichkeit zur Pflege sozialer Kontakte im Gebiet der Mitgliedstaaten angesichts der drohenden Haftstrafen und aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verlieren würde. Die mit dem Einreiseverbot einhergehende zeitweilige Unmöglichkeit, Bezugspersonen in einem vom Einreiseverbot umfassten Staat zu besuchen und hier wirtschaftlich tätig zu sein, ist im öffentlichen Interesse an der Verhinderung von schweren Suchtgiftdelikten und einem geordneten Fremdenwesen in Kauf zu nehmen.

Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen. Selbst unter der Annahme von familiären/privaten Anknüpfungspunkten iSd Art. 8 EMRK im Gebiet der Mitgliedstaaten, müssten diese Umstände aufgrund der massiven Straffälligkeit des BF eine Relativierung hinnehmen. Letztlich ist auf die Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach der BF mögliche Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in seinem Heimatland im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen hat (vgl. VwGH 09.07.2009, 2008/22/0932; 22.02.2011, 2010/18/0417).

Den insoweit nur überaus schwach ausgeprägten persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib im Gebiet der Mitgliedstaaten steht sohin die aufgrund seines in schwerwiegenden Straftaten gipfelnden Verhaltens resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber, wobei dem BF ein, im Lichte des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität (vgl. nochmals VwGH 01.04.2019, Ra 2018/19/0643 mwN), den Interessen der österreichischen Gesellschaft zuwiderlaufendes, schwer verwerfliches Fehlverhalten zur Last liegt. Die Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen führt sohin zum Ergebnis, dass die Erlassung des Einreiseverbotes zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die Interessen des BF überwiegt.

Daher ist das BFA zu Recht von der Rechtmäßigkeit der Verhängung eines Einreiseverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf den BF als erforderlich, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs berührt die aus der Begehung eines Suchtgiftdeliktes abzuleitende Gefahr eines BF für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (insbesondere die Gesundheit Dritter) wegen der besonderen Gefährlichkeit der Suchtmittelkriminalität ein Grundinteresse der Gesellschaft und es könne im Hinblick darauf selbst die Gründung einer Familie sowie die berufliche und soziale Integration des BF keinen ausreichenden Anlass dafür bieten, von einem Wegfall der Gründe auszugehen, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben (VwGH vom 22.05.2007, Zl. 2006/21/0115). In Hinblick auf die "verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen" gab auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirken, zum Ausdruck (vgl. EGMR, 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974; EGMR vom 30.11.1999, Baghli gegen Frankreich, Nr. 34374/97).

Das vom BFA angeordnete Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG erweist sich somit dem Grunde nach als gerechtfertigt.

Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die vom BFA verhängte zehnjährige Dauer des Einreiseverbotes als nicht angemessen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Fremden - eine Abwägung zu treffen, wie lange die vom Fremden ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (VwGH 16.10.2014, Ra 2014/21/0039).

Das dargestellte Verhalten des BF ist unbestritten den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwidergelaufen. Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Erlassung eines Einreiseverbots in der Dauer von zehn Jahren im gegenständlichen Fall in jenen Fällen kaum noch Spielraum lassen würde, in denen eine Person eine größere Anzahl von Delikten begeht.

Betrachtet man die vom BF begangenen Straftaten nach dem Strafgesetzbuch, für die er verurteilt wurde, so sehen die für die Bestimmung des Strafrahmens maßgeblichen Bestimmungen einen Strafrahmen bis zu fünfzehn Jahren vor. Dieser Strafrahmen wurde vom Strafgericht allerdings nicht ausgeschöpft, sondern es hat den BF zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Des Weiteren ist zu bedenken, dass das Strafgericht seinen bisherigen ordentlichen Lebenswandel und die noch untergeordnete Rolle des BF in der kriminellen Vereinigung als mildernd sah.

Demnach ist auch unter Berücksichtigung der getroffenen Gefährlichkeitsprognose des BF eine Dauer des Einreiseverbots für fünf Jahre ausreichend und war unter diesen Prämissen die vom BFA verhängte zehnjährige Dauer des Einreiseverbotes zu hoch angesetzt.

Eine Herabsetzung des Einreiseverbotes auf weniger als fünf Jahre erweist sich im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des Gesamtfehlverhaltens des BF als nicht angemessen.

Daher war in einer Gesamtbetrachtung die Dauer des Einreiseverbots auf fünf Jahre herabzusetzen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides war daher mit der Maßgabe insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf fünf Jahre herabgesetzt wird.

Zu den Spruchpunkten V. und VI. des angefochtenen Bescheides – Frist für die freiwillige Ausreise und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

§ 55 FPG lautet auszugsweise:

„Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.“

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich brächte.

Gemäß § 18 Abs. 6 BFA-VG steht ein Ablauf der Frist nach § 18 Abs. 5 BFA-VG der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof geht bezüglich der Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden in ständiger Rechtsprechung davon aus (vgl. zuletzt VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053-4), dass es in diesem Zusammenhang nicht genüge, auf eine – die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende – Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (vgl. etwa – zum Durchsetzungsaufschub nach § 70 Abs. 3 FPG – VwGH 12.09.2013, 2013/21/0094, mwN; siehe auch – zum Kriterium der Notwendigkeit einer sofortigen Ausreise nach § 52 Abs. 6 FPG – Erkenntnis VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007, Rn 11).

Derartige Umstände, die nicht nur ein öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung begründen, sondern darüber hinaus ihren sofortigen Vollzug erfordern, hat das BFA im angefochtenen Bescheid mit dem Verweis auf das strafgerichtliche Fehlverhalten des BF und die auch zur Begründung des gegen seine Person erlassenen Einreiseverbotes getroffenen Gefährdungsprognose zutreffend aufgezeigt. Gerade die Tendenz des Fremden, sich durch die wiederkehrende Begehung einer strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu sichern, stellt für sich eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (vgl. VwGH 24.05.2005, 2002/18/0289), zumal die Einreise und der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet fallgegenständlich offensichtlich ausschließlich zur Begehung strafbarer Handlungen im Bereich der Suchtgiftkriminalität erfolgten. Eine sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme erwies sich insofern aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich.

Ein die Annahme des Vorliegens der Voraussetzungen iSd § 18 Abs. 5 BFA-VG rechtfertigender Sachverhalt ist weder im Verfahren vor dem BFA noch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren substantiiert vorgebracht worden, noch sonst hervorgekommen.

Auf Grund des Verhaltens des BF ist das BFA somit zu Recht davon ausgegangen, dass das Interesse des BF an einem Aufenthalt in Österreich hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurücktrete, weshalb die sofortige Außerlandesschaffung des BF erforderlich sei.

Somit war die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde durch das BFA nicht zu beanstanden.

Folglich hat das BFA gemäß § 55 Abs. 4 FPG zu Recht von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise Abstand genommen.

Sohin war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte V. und VII. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung – wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist – ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. zum Ganzen VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, sowie dem folgend VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und 27.06.2017, Fr 2017/18/0022).

Ausgehend davon kam dem BF im vorliegenden Fall kein Antragsrecht in Bezug auf die begehrte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu. Der gemeinsam mit der Beschwerde gestellte Antrag war daher zurückzuweisen.

Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst wurden (vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, betreffend die inhaltsgleiche Bestimmung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005): „Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittl

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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