TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/14 W159 2218646-1

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Veröffentlicht am 14.05.2021
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Entscheidungsdatum

14.05.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53

Spruch


W159 2218646-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. BOSNIEN UND HERZEGOWINA, gegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsangehöriger, wurde am 16.04.2019 von der Finanzpolizei XXXX , bei Fassadenarbeiten im Auftrage der Firma XXXX angetroffen, ohne im Besitz von arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen zu sein.  
Am 23.04.2019 folgte eine niederschriftliche Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, zur Klärung fremdenpolizeilicher Sicherheitsmaßnahmen. Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst an, dass er für eine slowenische Firma gearbeitet habe und einen Entsendungsauftrag gehabt habe, wobei ihm vorgehalten wurde, dass dieser für eine andere Firma gelte. In Österreich habe er keine Familienangehörigen und sei auch nicht gemeldet und verfüge über kein Aufenthaltsrecht.         
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 23.04.2019 wurde unter Spruchteil I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchpunkt II. festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien (?) zulässig sei, unter Spruchpunkt III. ein auf die Dauer von ein Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen und unter Spruchpunkt IV. einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Beschwerdeführer hat den Bescheid noch am selben Tag übernommen und wurde am 27.04.2019 auf dem Luftweg nach Sarajewo abgeschoben.

Der Beschwerdeführer erhob jedoch, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt III. Beschwerde, worin vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer über einen Daueraufenthalt in Slowenien verfüge, außerdem habe er in Österreich eine Wohnung gemietet und sei in XXXX , gemeldet gewesen. Bei der Bemessung des Einreiseverbotes sei weiters zu berücksichtigen gewesen, dass der Beschwerdeführer davon ausgegangen sei, dass sich sein Arbeitgeber um den Entsendungsauftrag kümmere, ein Einreiseverbot von einem Jahr sei daher nicht gerechtfertigt.

Der Verfahrensakt wurde am 23.03.2021 der seinerzeit zuständigen Richterin abgenommen und am 25.03.2021 dem nunmehr zuständigen Einzelrichter zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von BOSNIEN UND HERZEGOWINA und wurde am XXXX geboren. Der Zeitpunkt der Einreise nach Österreich ist nicht feststellbar. Er wurde laut Anzeige der Finanzpolizei vom 16.04.2019 an diesem Tag bei „Schwarzarbeit“ in XXXX , im Auftrag der Firma XXXX betreten. Er hatte zu diesem Zeitpunkt weder die erforderliche ausländerbeschäftigungsrechtliche Genehmigung, noch war er im Bundesgebiet gemeldet, noch hatte er einen Aufenthaltstitel. Er hatte allerdings einen Aufenthaltstitel für den EU-Staat Slowenien. Ein Privat- und Familienleben in Österreich hat nicht festgestellt werden können.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, Zl. XXXX , wurde unter Spruchteil I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchpunkt II. die Abschiebung nach Serbien (?) für zulässig erklärt, unter Spruchpunkt III. ein auf die Dauer von ein Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen und unter Spruchpunkt IV. der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Beschwerdeführer wurde am 27.04.2019 auf dem Luftweg nach BOSNIEN UND HERZEGOWINA abgeschoben. Er erhob ausschließlich gegen Spruchpunkt III. des erwähnten Bescheides Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Das Einreiseverbot ist am 28.04.2020 abgelaufen.

In Anbetracht des Umstandes, dass keinerlei Verfolgung oder Bedrohung im Herkunftsstaat vorgebracht wurde, war es auch nicht erforderlich, eigene Länderfeststellungen zu treffen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zur IFA-Zahl XXXX , insbesondere die Anzeige der Finanzpolizei XXXX vom 16.04.2019, die niederschriftliche Einvernahme des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich vom 23.04.2019, der Abschiebebericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 27.04.2019 sowie Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. 
Die Feststellungen ergeben sich insbesondere aus dem Verfahrensakt, der erwähnten niederschriftlichen Einvernahme sowie der Abschiebebestätigung und der Einsichtnahme in das zentrale Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Vorausgeschickt wird, dass die Spruchteile I. (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung), II. (Zulässigkeit der Abschiebung) und IV. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) nicht bekämpft wurden und daher in Rechtskraft erwachsen sind.  

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

Aufgrund der Abschiebung des Beschwerdeführers am 27.04.2019 ist das Einreiseverbot in der Dauer eines Jahres gemäß § 53 Abs. 4 FPG am 28.04.2020 abgelaufen.  
Die Rechtsmittelbehörde hat ihre Entscheidung jenen Sachverhalt zugrunde zu legen, der im Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidung vorliegt (VwSlg 9315A 1977, verstärkter Senat, VwGH vom 18.11.2003, 2001/5/0331). Ändert sich der Sachverhalt nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, hat die Rechtsmittelbehörde die zwischenzeitige Änderung der Sachlage wahrzunehmen (VwGH vom 29.03.2000, 98/08/0116, Walter/MAYER, Rz 540, Hengstschläger-Leeb-AVG, 3. Teilband, Rz 80). Dies gilt auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (VwGH vom 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwGH vom 25.09.2018, Ra 2018/05/0216).          
Der Beschwerdeführer ist durch den zwischenzeitigen Ablauf der Frist für das verhängte Einreiseverbot nicht mehr beschwert. Beschwer ist jedoch eine Prozessvoraussetzung, welche vorliegt, wenn der angefochtene Bescheid vom Antrag des Beschwerdeführers abweicht. Eine Beschwer ist jedoch dann nicht gegeben, wenn es für die Rechtstellung eines Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrechtbleibt oder aufgehoben wird bzw. die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen mehr hat (VwGH vom 27.10.2014, 2012/04/0143, VwGH vom 13.12.2017, Ra 2017/18/0284, VwGH vom 06.08.2020, Ro 2020/18/0002).

Die Beschwerde war daher mangels Beschwer abzuweisen, ohne dass auf allfällige Verfahrensmängel des vorliegenden Verfahrens näher einzugehen war.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018 9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungs-gerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im vorliegenden Fall war die Sach- und Rechtslage aufgrund des Verfahrensaktes ausreichend geklärt und daher nicht erforderlich eine mündliche Verhandlung im Beisein der Beschwerdeführerin durchzuführen. Außerdem wurde die Abhaltung einer Beschwerdeverhandlung nicht ausdrücklich beantragt.

Es ist daher festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer derartigen Rechtsprechung und ist auch die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen, auch liegen keine sonstigen Hinweise auf die grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich vielmehr in allen erheblichen Rechtsfragen an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und diese, soweit erforderlich, auch zitiert. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Dauer Einreiseverbot Fristablauf illegale Beschäftigung mangelnde Beschwer Rechtsschutzinteresse Schwarzarbeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W159.2218646.1.00

Im RIS seit

07.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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