Entscheidungsdatum
09.06.2021Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L507 2144522-3/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die BBU, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 27.06.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Am 27.06.2015 erfolgte seine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, am 23.11.2015 wurde er vor dem BFA zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen.
Mit Bescheid des BFA vom 07.12.2016, Zl. XXXX wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).
Gegen diesen Bescheid wurde am 27.12.2016 in Beschwerde erhoben.
Mit hg. Erkenntnis vom 18.11.2019, Zl. L510 2144522-1/10E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt.
Die seitens des Beschwerdeführers gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.02.2020,
Zl. Ra 2020/14/0024-4, zurückgewiesen.
2. Mit Bescheid des BFA vom 19.03.2020, Zl. XXXX wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß §46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen ihn ein zweijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde dem Beschwerdeführer keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
Mangels bekannter Abgabestelle des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid gemäß
§ 25 ZustG am 20.03.2020 durch zweiwöchigen Anschlag an der Amtstafel der Behörde öffentlich bekanntgemacht. Die Zustellung galt mit 03.04.2020 als bewirkt.
Mangels Einbringung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid erwuchs dieser mit 02.06.2020 in Rechtskraft.
3. Am 18.06.2020 stellte der Beschwerdeführer einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des BFA vom 14.08.2020, Zl. XXXX , wurde dieser Folgeantrag des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wurde am 27.08.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben.
Mit hg. Erkenntnis vom 14.09.2020, Zl. L502 2144522-2/2E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
4. Am 10.07.2020 brachte der Beschwerdeführer beim BFA einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ein.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 27.01.2020 [gemeint wohl: 27.01.2021],
Zl. XXXX , gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurückgewiesen.
Dieser Bescheid erwuchs mangels Einbringung einer Beschwerde am 08.04.2021 in Rechtskraft.
5.1. Am 02.04.2021 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 02.04.2021 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er diesen Antrag auf internationalen Schutz deswegen gestellt habe, weil er Vater werde. Seine Verlobte, eine österreichische Staatsangehörige, sei schwanger und sei der Geburtstermin am 21.05.2021. Der Beschwerdeführer lebe seit sechs Jahren in Österreich und habe bisher keine Probleme mit der Polizei gehabt. Sunniten und Schiiten würden sich im Irak bekämpfen. Falls der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr von der Miliz kontrolliert werde, würde er getötet werden.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 04.05.2021 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er in ungefähr einer Woche Vater werde. Er lebe bereits seit sechs Jahren in Österreich. Er habe gelernt und im Juli 2019 einen Gewerbeschein gemacht. Er habe in Österreich eine Wohnung und habe auch hier gearbeitet. Seit seiner illegalen Einreise im Juni 2015 habe er Österreich nicht verlassen. Der Beschwerdeführer verstehe nicht, weshalb ein Einreiseverbot gegen ihn erlassen worden sei. Der Beschwerdeführer kenne sich im Irak aus; es gebe dort keine Sicherheit. Es würden immer neue Milizen entstehen. Im letzten Monat habe sich eine neue Miliz namens „Raballah“ gegründet.
5.2. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 06.05.2021, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, dass er Vater werden würde sowie in Österreich einen Gewerbeschein gemacht und gearbeitet habe, keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe.
5.3. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 06.05.2021 wurde dem Beschwerdeführer von Amts wegen gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
5.4. Gegen den dem Beschwerdeführer am 12.05.2021 zugestellten Bescheid wurde am 26.05.2021 Beschwerde erhoben.
Begründend wurde ausgeführt, dass das BFA ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, eine mangelnde Beweiswürdigung und eine mangelnde Befragung des Beschwerdeführers vorgenommen habe. Das BFA habe das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass Schiiten und Sunniten sich im Irak weiterhin bekämpfen würden und er Angst habe, im Falle einer Rückkehr für die Miliz kämpfen zu müssen, gänzlich außer Acht gelassen.
Zudem wäre das BFA verpflichtet gewesen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Die im angefochtenen Bescheid angeführte Begründung, dass über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung nicht abzusprechen sei, weil gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges zweijähriges Einreiseverbot bestehe, sei dafür nicht ausreichend.
Des Weiteren finden sich in gegenständlicher Beschwerde umfangreiche Ausführungen zur Situation im Irak aufgrund der Corona Pandemie, zu Angriffen der Terrororganisation IS und zur Protestbewegung in Bagdad.
5.5. Die Beschwerdevorlage langte am 28.05.2021 beim BVwG ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , er ist Staatsangehöriger des Irak und wurde am XXXX geboren.
Der Beschwerdeführer stammt aus Bagdad. Dort leben seine Eltern in einem eigenen Haus. Seine Schwester ist verheiratet und wohnt ebenfalls in einem eigenen Haus in Bagdad. Weder sein Vater noch seine Mutter haben ihren Wohnort geändert. Seine Mutter war Lehrerin und bezieht eine Pension. Sein Vater arbeitet weiterhin in seinem eigenen Geschäft, in welchem er Säfte verkauft. Vor der Ausreise hat der Beschwerdeführer seinem Vater im Geschäft geholfen. Zudem verfügt er über eine Ausbildung als Elektriker. Er steht mit seiner Familie im Irak nach wie vor in regelmäßigem Kontakt.
Der Beschwerdeführer verließ den Irak ausgehend von Bagdad auf legale Weise unter Verwendung seines irakischen Reisepasses. Im Gefolge seiner unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet wurde er von den hiesigen Sicherheitskräften aufgegriffen, woraufhin er am 27.06.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er hält sich seither in Österreich auf. Zwischen Juni 2015 und November 2019 kam ihm als Asylwerber ein vorläufiges Aufenthaltsrecht zu. Seither ist er unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Seit Juni 2020 führt der Beschwerdeführer eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsangehörigen, mit der er sich verlobt hat. Der Beschwerdeführer hat vor dem Magistrat der Stadt XXXX die Vaterschaft zu der am XXXX geborenen XXXX anerkannt. Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Verlobten und seiner Tochter in keinem gemeinsamen Haushalt.
Der Beschwerdeführer spricht Arabisch auf muttersprachlichem Niveau und verfügt über sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache. Er leidet an keinen gravierenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist voll erwerbsfähig.
1.2. Für das erkennende Gericht war nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak von nicht näher bezeichneten Milizen bedroht, getötet oder zur Zusammenarbeit gezwungen oder rekrutiert werden würde.
1.3. Zur aktuellen Lage im Irak werden die bereits von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen länderkundlichen Feststellungen auch der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt.
Der Beschwerdeführer unterliegt auch im Hinblick auf die aktuelle allgemeine Lage im Herkunftsstaat, insbesondere was die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie angeht, keiner maßgeblichen individuellen Gefährdung.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte des BFA unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes, durch Einsichtnahme in die Entscheidung des BVwG im ersten und zweiten Verfahrensgang sowie durch die Einholung aktueller Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister und dem Strafregister. Weiters durch Einsichtnahme in die Verfahren betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes gegen den Beschwerdeführer sowie in die diesbezüglich in Rechtskraft erwachsenen Bescheide des BFA vom XXXX XXXX XXXX XXXX .
2.2. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers waren aufgrund der Eintragungen in seinem am XXXX in Bagdad ausgestellten irakischen Reisepass zutreffen (AS 125).
Die Feststellungen zur Vaterschaft des Beschwerdeführers zu seiner minderjährigen Tochter stützen sich auf die Beurkundung des Magistrates der Stadt XXXX .
Dass der Beschwerdeführer mit seiner Verlobten und seiner minderjährigen Tochter in keinem gemeinsamen Haushalt lebt stützt sich auf die Eintragungen im Zentralen Melderegister.
Die übrigen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers waren aufgrund seiner diesbezüglich glaubwürdigen Angaben zu treffen.
Ebenso wenig kann aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er nunmehr Vater einer Tochter sei, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, eine asylrelevante Verfolgung der Person des Beschwerdeführers abgeleitet werden. Auch bildet dieses Vorbringen keine Grundlage dafür, dass dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden könnte.
2.3. Die Feststellung unter 1.2. stützt sich auf folgende Erwägungen:
Im ersten Verfahrensgang brachte der Beschwerdeführer vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 27.06.2015 vor, es gebe zwei Probleme für ihn im Irak, nämlich den Krieg und den IS. Zudem gehöre er zur Volksgruppe der Sunniten. Es könne sein, dass er aufgrund seines Namens „jederzeit erschossen werden kann“.
In seiner Einvernahme vor dem BFA am 23.11.2015 führte er aus, dass er im Juni 2014 aus beruflichen Gründen in einen von schiitischen Milizen kontrollierten Stadtteil Bagdads pendeln habe müssen. Er habe bei den von den schiitischen Milizen durchgeführten Personenkontrollen einen gefälschten Ausweis mit schiitischem Namen verwendet, da Sunniten damals aufgrund ihres Namens getötet worden seien. Bei einer dieser Kontrollen sei sein Ausweis genauer begutachtet worden und ein Offizier habe ihm gegenüber geäußert, dass dieser nicht registriert sei, was eine zweijährige Gefängnisstrafe zur Folge haben könne. Der Beamte behielt den Ausweis ein, ließ den Beschwerdeführer jedoch passieren. Seither habe er Angst sich in Bagdad zu bewegen. Zudem nannte der Beschwerdeführer einen Vorfall im Jahr 2007, bei dem er von „uniformierten Personen“, die er als Mitglieder nicht weiter konkretisierter schiitischer Milizen bezeichnete, im Zuge einer Ausweiskontrolle, wegen seines sunnitischen Vornamens mitgenommen, für drei Tage festgehalten und dabei gefoltert worden sei, ehe er durch eine Lösegeldzahlung seines Vaters freigekommen sei. Letztlich gab er an, dass er sich als Sunnit verfolgt fühle, obwohl es keine persönliche Verfolgung oder Bedrohung gegeben habe.
Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 25.10.2019 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er wegen seines Vornamens Schwierigkeiten gehabt hätte, weshalb er einen gefälschten Ausweis verwendet habe. Bei den Checkpoints sei er manchmal gedemütigt und geschlagen worden, weil er aus dem Stadtteil XXXX stamme, in dem vorwiegend Sunniten wohnen würden. Im Übrigen habe es Anschläge und Repressalien gegen Sunniten gegeben.
Im gegenständlichen Verfahren führte der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung vom 02.04.2021 aus, dass der Grund für die neuerliche Antragstellung auf internationale Schutz der sei, dass er Vater werde. Die Verlobte des Beschwerdeführers, eine österreichische Staatsangehörige, sei schwanger, wobei der Geburtstermin des Kindes am 21.05.2021 sei. Der Beschwerdeführer sei bereits seit sechs Jahren in Österreich aufhältig, habe hier keine Probleme mit der Polizei gehabt und habe keine Strafen bekommen. 2019 habe er einen Gewerbeschein gemacht und gearbeitet. Im Mai 2020 habe er gekündigt und sei danach selbstständig erwerbstätig gewesen. Der Beschwerdeführer habe nie Geld von der Grundversorgung bekommen. Er könne nicht in den Irak zurückkehren, weil er seine in Österreich lebende Familie nicht verlassen könne. Im Irak habe er keine Familie. Die Gefährdungslage habe sich im Irak nicht verändert. Es gebe eine neue Miliz namens „der Allah“. Es sei immer gefährlich im Irak. Sunniten und Schiiten würden sich im Irak bekämpfen. Wenn der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak von Milizen kontrolliert werden würde, würde man ihn töten.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor einem Organ des BFA am 04.05.2021 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine Angaben, die er im Rahmen der Erstbefragung machte. Er präzisierte sein Vorbringen lediglich dahingehend, dass es im Irak keine Sicherheit gebe. Es würden sich immer neue Milizen entwickeln. Im letzten Monat habe sich eine neue Miliz namens „Raballah“ gegründet.
Zudem wurde in gegenständlicher Beschwerde erstmals vorgebracht, dass der Beschwerdeführer Angst davor habe im Falle einer Rückkehr für die Miliz kämpfen zu müssen.
Einen neuen Sachverhalt im Vergleich zum Vorbringen im ersten Verfahrensgang stellte zwar die Behauptung des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren dar, dass er befürchte im Falle einer Rückkehr in den Irak für eine Miliz kämpfen zu müssen.
Diesem Vorbringen war jedoch kein glaubhafter Kern zuzubilligen, zumal es lediglich in den Raum gestellt wurde ohne weitere Ausführungen dazu zu tätigen. Es wurde nicht einmal die Miliz, für die der Beschwerdeführer im Falle einer Rück keinen Irak kämpfen müsse, benannt.
Zudem kann aus dem lapidaren und allgemein gehaltenen Vorbringen des Beschwerdeführers, dass sich im Irak immer wieder neue Milizen bilden würden, nicht einmal die Behauptung einer gegen seine Person gerichteten asylrelevanten Verfolgung abgeleitet werden.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren kann somit kein glaubhafter Kern zugemessen werden.
2.4. Dem individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers war im Hinblick auf die Frage einer „neuen“ allgemeinen Lage im Herkunftsstaat bzw. der Herkunftsregion Bagdad keine maßgebliche Veränderung des Sachverhalts im Vergleich zum Ausgangsverfahren zu entnehmen, weil aus dem bloßen Umstand, dass dort nun punktuell Demonstrationen und Massenproteste stattfinden bzw. (mittlerweile) stattgefunden haben, nicht zu gewinnen war, dass sich daraus für den Beschwerdeführer konkrete relevante Auswirkungen ergeben hätten. Den in der Beschwerde angeführten länderkundlichen Informationen waren ebenso keine über die vom BFA herangezogenen Berichte hinausgehenden Informationen zu entnehmen.
In Bezug auf das neue Beschwerdevorbringen zu den Auswirkungen der sog. Covid-19 Pandemie und die in diesem Zusammenhang in der Beschwerde angeführten länderkundlichen Informationen galt es zunächst festzuhalten, dass die bloße Anführung von länderkundlichen Informationen, ohne diese mit der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung zu bringen, kein substantiiertes Vorbringen darstellt. Den vom BFA getroffenen Feststellungen hierzu war zu entnehmen, dass insbesondere alte Menschen und immungeschwächte Personen von schwerwiegenderen Auswirkungen des Erregers betroffen sind. Weder dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch dem Beschwerdevorbringen waren jedoch Hinweise darauf zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer einem hohen Risiko durch die Pandemiesituation ausgesetzt wäre. Vielmehr handelt es sich beim Beschwerdeführer um einen jungen gesunden Mann, weshalb es an individuellen Merkmalen, die ein näheres Eingehen auf die konkreten Bedrohungen durch die Pandemie erfordert hätten, mangelte. Vor diesem Hintergrund stellten sich die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur Situation im Irak in Bezug auf die sog. Covid-19 Pandemie als ausreichend tragfähig dar und war in dieser Frage keine maßgebliche Veränderung des Sachverhalts im Vergleich zum Ausgangsverfahren festzustellen.
2.5. Insgesamt gesehen stellt das Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren – wie bereits vom BFA im angefochtenen Bescheid richtigerweise ausgeführt – keinen relevanten Sachverhalt dar, an den eine neuerliche Sachentscheidung zur Frage einer individuellen Gefährdung des Beschwerdeführers zu knüpfen gewesen wäre.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A)
3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Entschiedene Sache liegt immer dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben. Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nichts anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; 15.10.1999, 96/21/0097). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).
"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).
3.2.1. Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.06.2015 wurde sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des BVwG vom 18.11.2019 gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.
Maßstab für die Frage der Erfüllung des Tatbestands der "entschiedenen Sache" ist somit der im mit diesem Erkenntnis abgeschlossenen Verfahrensgang behauptete Sachverhalt, dieser in Relation gesetzt zum im nunmehrigen erstinstanzlichen Verfahrensgang hervorgekommenen Sachverhalt.
3.2.2. Wie oben in der Beweiswürdigung dargelegt wurde, gelangte die belangte Behörde zu Recht zum Ergebnis, dass in Ansehung des Vorbringens des Beschwerdeführers keine neue inhaltliche Entscheidung über sein nunmehriges Schutzbegehren zu treffen war, dies sowohl im Hinblick auf die Frage der Zuerkennung des Status des Asyl- wie auch des subsidiär Schutzberechtigten, zumal auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen sind (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).
Die belangte Behörde wies den gegenständlichen Folgeantrag des Beschwerdeführers daher zu Recht wegen entschiedener Sache zurück.
3.3. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid war daher als unbegründet abzuweisen.
3.4.1. § 17 BFA-VG idgF lautet:
(1) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und
1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder
2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht
sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
(2) Über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 oder gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
(3) Bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, ist auch auf die unionsrechtlichen Grundsätze der Art. 26 Abs. 2 und 27 Abs. 1 der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechtes Bedacht zu nehmen.
(4) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
3.4.2. In der Beschwerde wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwar angeregt, eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 3 EMRK war jedoch – wie bereits oben festgehalten – nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, weshalb der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen war.
Im Übrigen hat das BVwG über die Beschwerde mit dem gegenständlichen Erkenntnis innerhalb der in § 17 Abs. 2 BFA-VG normierten Frist ab Beschwerdevorlage vom 28.05.2021 inhaltlich abgesprochen.
3.5. Der Vollständigkeit halber ist unter Bezugnahme auf die Ausführungen in gegenständlicher Beschwerde betreffend die behauptete Verpflichtung der belangten Behörde zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung im Zusammenhang mit einem wegen entschiedener Sache zurückzuweisenden Antrag auf internationalen Schutz auszuführen, dass die Frage der Erlassung einer Rückentscheidung keinen Gegenstand des gegenständlichen Verfahrens bildet, weshalb nicht näher darauf einzugehen war.
3.6. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Folgeantrag glaubhafter Kern Identität der Sache Prozesshindernis der entschiedenen SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L507.2144522.3.00Im RIS seit
07.10.2021Zuletzt aktualisiert am
07.10.2021