Entscheidungsdatum
21.06.2021Norm
ASVG §410Spruch
L511 2234256–1/15E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde der nunmehr gelöschten XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. SCHÖPF & MAURER, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse vom 26.05.2020, Zahl: XXXX :
A)
Das Beschwerdeverfahren wird mit Ausnahme des abgesonderten Verfahrens von XXXX , gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 40 Firmenbuchgesetz (FBG) eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt:
1.1. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 26.05.2020, Zahl: XXXX , stellte die Österreichische Gesundheitskasse [ÖGK] in Spruchpunkt 1 und 1.2 fest, dass die in der Anlage I und II zum angefochtenen Bescheid angeführten Personen sowie zu den ebendort angeführten Zeiten auf Grund der für den Betrieb der XXXX [F GmbH] in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit.a AlVG unterlagen. In Spruchpunkt 1.1 und 1.3 stellte die ÖGK fest, dass die in der Anlage Ia und III zum angefochtenen Bescheid angeführten Personen zu den ebendort angeführten Zeiten auf Grund der für den Betrieb der F GmbH in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Teil)versicherung in der Unfallversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG unterlagen (hg. GZ 2234256-1).
1.2. Mit weiterem Bescheid vom 26.05.2020, Zahl: XXXX , verpflichtete die ÖGK die F GmbH als Dienstgeberin iSd § 35 Abs. 1 ASVG zur Entrichtung von nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträgen in der Höhe von [idHv] EUR 541.560,98 an die ÖGK (hg. GZ 2234257-1).
1.3. Mit Schreiben vom 29.06.2020 erhob die F GmbH gegen beide Bescheide der ÖGK fristgerecht Beschwerde [Bsw].
1.4. Mit Schreiben vom 24.06.2020 erhob der Mitbeteiligte XXXX [RE], geb. XXXX fristgerecht Beschwerde gegen den ihn betreffenden Teil des Versicherungspflichtbescheides der ÖGK, Zahl: XXXX (hg. GZ 2234256-2).
2. Die ÖGK legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 21.08.2020 die Beschwerden samt nicht durchnummerierten Auszügen aus dem Verwaltungsakt in eingescannter Form vor (Ordnungszahl des hg. Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1-5).
2.1. Das BVwG erlangte am 09.03.2021 davon Kenntnis, dass die F GmbH infolge Vermögenslosigkeit am 08.10.2020 amtswegig im Firmenbuch endgültig gelöscht wurde (OZ 7) und stellte an die ÖGK eine Anfrage im Hinblick auf eventuell bereits erfolgte Zahlungen der F GmbH (OZ 8).
2.2. Mit Schreiben vom 17.03.2021 erklärte die ÖGK, dass bislang keine Zahlungen auf die strittige Beitragsschuld erfolgt seien, jedoch vom Masseverwalter eine Quote sichergestellt worden sei (OZ 9).
2.3. Über Ersuchen des BVwG teilte der ehemalige Masseverwalter im Konkursverfahren der beschwerdeführenden Partei mit, dass eine Quote in Höhe von 0,067158 % ausbezahlt wurde und für die ÖGK österreichweit ein Betrag von insgesamt EUR 832,33 sichergestellt worden sei. Im Falle des Nichtbestehens der Forderungen der ÖGK würde dieser Betrag im Wege einer Nachtragsverteilung gemäß § 138 IO an die Gläubiger des Konkursverfahrens, nicht jedoch an die Gesellschaft ausbezahlt werden (OZ 12-13).
2.4. Mit verfahrensleitendem Beschluss vom 06.04.2021 (OZ 14) wurden die seitens der ÖGK gemäß § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren getrennt, und das Verfahren von RE von den noch verfahrensgegenständlichen Verfahren abgesondert (hg. GZ 2234256-2). Begründend wurde ausgeführt, dass auf Grund der erhobenen Beschwerde im Hinblick auf die genannten Verfahren im Gegensatz zu den hier verfahrensgegenständlichen noch keine Spruchreife vorliegt.
II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. entscheidungswesentliche Feststellungen
1.1. Mit Beschluss des LG Salzburg vom 11.06.2019, XXXX , wurde der Konkurs über die F GmbH eröffnet und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Mit Beschluss vom 23.06.2020 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben und die Firma am 08.10.2020 gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht (OZ 7).
1.2. Auf die strittige Beitragsschuld sind keine Zahlungen erfolgt, die sichergestellte Quote für die verfahrensgegenständlich betroffenen Beiträge gelangt im Falle des Nichtbestehens der Forderung zur Nachtragsverteilung gemäß § 138 IO (OZ 10, 13)
1.3. Der verfahrensgegenständliche Bescheid der ÖGK wurde allen Verfahrensparteien, ordnungsgemäß zugestellt. Eine Beschwerde gegen die verfahrensgegenständlichen Teile des Bescheides wurde ausschließlich von der nunmehr amtswegig gelöschten F GmbH erhoben (OZ 1, 14).
2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung
2.1. Die Beweisaufnahme, aus der sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt, erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen
? Auszug aus dem Firmenbuch vom 09.03.2021 (OZ 7)
? Auskunft der ÖGK vom 17.03.2021 (OZ 10)
? Auskunft des ehemaligen Masseverwalters im Konkursverfahren (OZ 13)
2.2. Beweiswürdigung
2.2.1. Die Feststellungen zur bereits erfolgten Auflösung der F GmbH ergeben sich aus dem österreichischen Firmenbuch, einem behördlich geführten Datenregister. Es bestand kein Anlass an der Richtigkeit der Unterlagen zu zweifeln (OZ 7).
2.2.2. Dass auf die strittige Beitragsschuld keine Zahlungen erfolgt sind, ergibt sich aus der Auskunft der ÖGK (OZ 10), der Verbleib der sichergestellten Quote aus dem Schreiben des ehemaligen Masseverwalters im Konkursverfahren (OZ 13).
2.2.3. Dass in den verfahrensgegenständlichen Verfahren ausschließlich die F GmbH Beschwerde erhoben hat, ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsverfahrensakt sowie der Beschwerdevorlage der ÖGK (OZ 1).
3. Rechtliche Beurteilung
3.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SVA im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).
3.2. Einstellung des Beschwerdeverfahrens
3.2.1. Gemäß §28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. In § 28 Abs. 1 VwGVG ist nicht festgelegt, in welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, sodass insoweit auf die diese Frage regelnden Vorschriften (unter Bedachtnahme auf die dazu ergangene Rechtsprechung) abzustellen ist (VwGH 03.05.2018, Ra2018/19/0020). Eine Einstellung mit Beschluss hat (ua) dann zu erfolgen, wenn die einzige beschwerdeführende Partei untergeht und kein Rechtsträger die Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren fortsetzt (vgl. dazu explizit VwGH 26.02.2003, 98/17/0185, sowie Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG(Stand 15.2.2017, rdb.at), §28 VwGVG RZ 22 mHa VwGH 28.10.2014, Ro2014/13/0035, VfGH 08.03.2016, E 1477/2015; sowie Fister/Fuchs/Sachs, VwGVG § 28 Anm 5).
3.2.2. Die gegenständliche Beschwerde wurde ausschließlich von einer zwischenzeitlich im Firmenbuch bereits gelöschten GmbH erhoben.
3.2.3. Eine GmbH gilt (erst) dann als beendet, wenn kein ihr zurechenbares Vermögen mehr vorhanden und die Löschung im Firmenbuch eingetragen worden ist. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Lehre vom Doppeltatbestand (Haberer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG §93 Rz25 [Stand 1.10.2016, rdb.at] unter Zitierung von Koppensteiner/Rüffler3 § 93 Rz 9; Gellis/Feil7 § 93 Rz 3; Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht Rz 4/546; Umfahrer6 Rz 809 f).
3.2.3.1. Die Löschung einer GmbH im Firmenbuch ist (nur) insofern deklarativ, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist. Der Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH wird daher solange bejaht, solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht (VwGH 28.10.2014, Ro2014/13/0035 mwN).
3.2.3.2. Gegenständlich wurde die F GmbH infolge Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht. Es liegen gegenständlich keine Hinweise darauf vor, dass die GmbH gelöscht worden wäre, obwohl sie noch über verwertbares Vermögen verfügt hätte, welches noch nicht berücksichtigt wurde (vgl. dazu insbesondere OGH 22.04.2014, 7Ob 55/14k, sowie Haberer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 93 RZ 33 [Stand 1.10.2016, rdb.at]).
3.2.3.3. Da bis dato keine aus dem gegenständlichen Verfahren resultierende Zahlungen (auf die strittige Beitragsschuld) an die ÖGK erfolgt sind, und die vom Masseverwalter sichergestellte Quote (im Falle des Nichtbestehens der strittige Beitragsschuld) im Wege der Nachtragsverteilung an die übrigen Gläubiger auszuzahlen wäre, kann selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde zu keinem Vermögen der gelöschten F GmbH führen, und es ist von der Vollbeendigung der F GmbH im Sinne der OGH-Judikatur auszugehen.
3.2.4. Da somit beide Tatbestände der Beendigung einer GmbH – kein Vorhandensein von der GmbH zurechenbarem Vermögen und im Firmenbuch eingetragene Löschung – kumulativ vorliegen, ist die Rechtspersönlichkeit der F GmbH seit 08.10.2020 beendet und es kommt ihr keine Parteistellung im gegenständlichen Verfahren mehr zu (vgl. dazu etwa VwGH 12.05.1998, 98/08/0013).
Zumal auch keine Rechtsnachfolge vorliegt, ist die ursprünglich zulässige Beschwerde somit gegenstandslos geworden.
3.2.5. Das Beschwerdeverfahren ist daher (zumal von den übrigen Verfahrensparteien keine Beschwerde erhoben wurde), spruchgemäß einzustellen, mit der Wirkung, dass damit die Rechtskraft des Ausgangsbescheides festgestellt wird (vgl. dazu VwGH 17.12.2015, 2015/08/0026 mHa 26.06.2014, Ro2014/10/0068).
3.3. Aufgrund der des Wegfalls der beschwerdeführenden Partei konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
III. ad B) Unzulässigkeit der Revision
Die gegenständliche Beurteilung der fehlenden Parteifähigkeit nimmt auf die diesbezügliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 12.05.1998, 98/08/0013 Bezug. Zur Beendigung der Rechtspersönlichkeit einer GmbH siehe insbesondere VwGH 28.10.2014, Ro2014/13/0035 mwN, sowie die diesbezügliche Literatur in Haberer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 93 insbesondere RZ 25 und RZ 33 [Stand 1.10.2016, rdb.at].
Der Entfall der mündlichen Verhandlung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und es ergeben sich gegenständlich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, weshalb so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.
Schlagworte
Firmenbuch - Löschung Gegenstandslosigkeit GmbH Rechtspersönlichkeit Verfahrenseinstellung VermögensverhältnisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L511.2234256.1.00Im RIS seit
07.10.2021Zuletzt aktualisiert am
07.10.2021