Entscheidungsdatum
07.07.2021Norm
ASVG §113Spruch
L511 2237444–1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde des Vereins XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. AFLENZER, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse Landesstelle Oberösterreich vom 03.07.2020, Zahl: XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 29.09.2020, Zahl: XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse Landesstelle Oberösterreich vom 29.09.2020, GZ XXXX , gemäß § 28 Abs. 2 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Verfahren vor der Gesundheitskasse [ÖGK]
1.1. Gegenständliches Verfahren wurde durch Anzeige der Finanzpolizei an die Österreichische Gesundheitskasse Landesstelle Oberösterreich [ÖGK] eingeleitet. Beigelegt waren die Kopie des Strafantrages an die BH Linz-Land vom 27.03.2020, FA-GZ XXXX , ist zu entnehmen, dass bei einer Kontrolle am 06.03.2020 um 19:20 Uhr im Lokal „ XXXX Frau XXXX hinter der Theke und Frau XXXX (nunmehr XXXX ) [DG] beim Servieren von Getränken angetroffen worden sind (Aktenzahl des Verwaltungsverfahrensaktes der ÖGK [AZ] 35-36).
Dem Strafantrag war 1 Personalblatt samt ZMR und SV-Auszügen und Identitätsnachweisen zu DG (AZ 39-43) sowie Fotos (AZ 44), und Aktenvermerke über die Betretung (AZ 37-38) beigelegt.
DG gab an gelegentlich auszuhelfen und gewährte in ihren Handykalender Einsicht, wonach sie von 02.03.2020 bis 06.03.2020 jeweils ab 17 Uhr zu arbeiten begonnen habe und jeweils 2 bis 4 Stunden gearbeitet habe. Sie arbeite als Kellnerin und Putzfrau und erhalte als Entlohnung Essen und Trinken (AZ 37-39).
1.2. Ein weiteres Verfahren wurde durch eine weitere Anzeige der Finanzpolizei eingeleitet. Der mitübermittelten Kopie des Strafantrages vom 25.03.2020, FA-GZ 046/10244/31/4020, ist zu entnehmen, dass bei einer Kontrolle am 04.03.2020 um 11:30 Uhr im Lokal „ XXXX [im Folgenden Vereinslokal], Frau XXXX [KC] in der Küche bei der Zubereitung von Speisen, Frau XXXX [LC] in der Küche stehend sowie die Obfrau des beschwerdeführenden Vereins XXXX , Frau XXXX [HV], hinter der Theke angetroffen worden seien (AZ 1, 2; hg. GZ 2237441).
1.3. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde dem Verein Parteiengehör zu den Unterlagen gewährt (AZ 19-22) und dieser führte in einer Stellungnahme am 02.07.2021 (AZ 23 [=45]) aus, dass weder KC (hg. GZ 2237441) noch DG (hg. GZ 2237444) für den Verein in einem Dienstverhältnis tätig waren und gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 28.04.2020 eine Beschwerde eingebracht worden sei.
1.4. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 03.07.2020, GZ: XXXX , verpflichtete die ÖGK den beschwerdeführenden Verein als Dienstgeber aufgrund der Meldepflichtverletzung betreffend die Beschäftigung von DG am 06.03.2020 gemäß § 113 ASVG einen Beitragszuschlag in der gesetzlich festgelegten Höhe von EUR 1.000,00 umgehend an die OÖGKK zu entrichten. Rechtsgrundlagen dafür seien §§ 4, 33, 35, 113, 360 Abs. 7 und 410 Abs. 1 Z5 ASVG (AZ 46).
Begründend wurde ausgeführt, die im Strafantrag der Finanzpolizei getroffenen Feststellungen würden zum Sachverhalt erklärt und dieser stehe unstrittig fest. Es handle sich um den zweiten Meldeverstoß des Vereins.
1.5. Mit weiterem Bescheid vom 03.07.2020, GZ: XXXX , verpflichtete die ÖGK den beschwerdeführenden Verein als Dienstgeber aufgrund der Meldepflichtverletzung betreffend die Beschäftigung von KC am 04.03.2020 gemäß § 113 ASVG einen Beitragszuschlag in der gesetzlich festgelegten Höhe von EUR 1.000,00 umgehend an die OÖGKK zu entrichten. Rechtsgrundlagen dafür seien §§ 4, 33, 35, 113, 360 Abs. 7 und 410 Abs. 1 Z5 ASVG (AZ 24; hg GZ 2237441).
1.6. Mit Schreiben vom 03.08.2020 wurde gegen beide am 06.07.2020 zugestellten Bescheide fristgerecht Beschwerde erhoben (AZ 25 [=47]).
Darin wird ausgeführt weder CK noch GT seien in einem sozialversicherungspflichtigen Verhältnis beschäftigt gewesen. Beantragt wurde die zeugenschaftliche Einvernahme der betroffenen CK und GT, sowie die Einvernahme der Obfrau VH.
1.7. Im weitergeführten Ermittlungsverfahren holte die ÖGK die Straferkenntnisse der BH Linz-Land zur Beschäftigung von CK und GT sowie die dagegen erhobenen Beschwerden (AZ 26; 48) ein und nahm Einsicht in das GISA, das Vereinsregister, das Firmenbuch und die Datenbank der Sozialversicherung (AZ 27-32, 49).
1.8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.09.2020, Zahl: XXXX , zugestellt am 05.10.2020, wies die ÖGK die am 05.08.2020 eingelangte Beschwerde zur Beschäftigung von GT ab (AZ 50 hg. GZ 2237444).
Begründend wurde ausgeführt DG sei beim Servieren von Getränken angetroffen worden. Aus dem vorgelegten Kalender habe sich ergeben, dass sie zumindest seit 02.03.2020 beschäftigt gewesenen sei. Eine Einvernahme konnte auf Grund der eigenhändig ausgefüllten Personalblätter am Tag der Betretung und dem Aktenvermerk über die Einvernahme durch die Finanzpolizei unterbleiben, zumal dem Verein Parteiengehör zu den Unterlagen gewährt worden sei. Das Vereinslokal werde vom Verein betrieben, eine Anmeldung zur Sozialversicherung sei nicht erfolgt. Es habe sich bereits um den zweiten Meldeverstoß gehandelt, so dass der Beitragszuschlag in der vollen Höhe zu verhängen sei.
1.9. Mit weiterer Beschwerdevorentscheidung vom 29.09.2020, Zahl: XXXX , zugestellt am 05.10.2020, wies die ÖGK die am 05.08.2020 eingelangte Beschwerde zur Beschäftigung von CK ab (AZ 33 hg. GZ 2237441).
1.10. Mit Vorlageanträgen vom 14.10.2020 beantragte der Verein fristgerecht die Vorlage der Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht (AZ 34, 51).
Das gegenständliche Verfahren betreffend wurde ausgeführt, GT habe gelegentlich beim Treffpunkt ausgeholfen, nicht jedoch beim Verein. Der Verein sei nicht ident mit dem Vereinslokal (AZ 51).
Erneut wurde die Einvernahme der betroffenen Personen beantragt (AZ 34, 51).
2. Die ÖGK legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 03.12.2020 die Beschwerden samt durchnummerierten Auszügen aus dem Verwaltungsakt vor (Ordnungszahl der hg. Gerichtsakten [im Folgenden:] OZ 1 [AZ 1-52]).
2.1. Das BVwG holte Auszüge aus dem österreichischen Gewerberegister [GISA] und dem Vereinsregister [ZVR], dem elektronischen Datensystem des Dachverbandes der Sozialversicherung [DV] sowie Auskünfte betreffend das Verwaltungsstrafverfahren nach §111 ASVG ein (OZ 4-6).
2.2. Am 31.05.2021 führte das BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der alle Parteien teilnahmen und alle beantragten Zeuginnen einvernommen wurden (OZ 7).
II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. entscheidungswesentliche Feststellungen
1.1 Anlässlich einer Kontrolle durch Prüforgane der Abgabenbehörden des Bundes am 06.03.2020 um 19:20 Uhr wurde im Lokal „ XXXX , die Obfrau des beschwerdeführenden Vereins XXXX , Frau XXXX [HV], hinter der Theke und Frau XXXX (nunmehr XXXX ) [DG] mit einem Glas in der Hand, welches sie zu einem Tisch brachte, angetroffen (AZ 35-36; 39/2).
1.2 Der im Vereinsregister eingetragene Verein XXXX , ZVR-Zahl XXXX , hat seinen Sitz in Traun, Obfrau war zumindest von 02.11.2019 bis 19.03.2021, somit auch zum Betretungszeitpunkt XXXX . Von 14.03.2020 bis 19.03.2021 war die am Betretungstag 04.03.2020 angetroffene XXXX Obfrau-Stellvertreterin. Die Zustellanschrift des Vereins war zum Betretungszeitpunkt in XXXX , seit 20.03.2021 ist der Betretungsort Angererhofweg 16, 4030 Linz auch Zustellanschrift (OZ 3 ZVR).
1.3 Der Verein XXXX betreibt am Betretungsort XXXX das Vereinslokal „ XXXX “ (VHS/Beilage ZHV).
1.4 Zum Zeitpunkt der Betretung war DG nicht als Dienstnehmerin des Vereins zur Sozialversicherung angemeldet (OZ 1, 6). Eine Arbeitsbewilligung lag zum Betretungszeitpunkt ebenfalls nicht vor (AZ 35). Es handelte sich um die zweite Betretung einer nicht zur Sozialversicherung angemeldeten Person binnen 12 Monaten im Vereinslokal.
Das BVwG hat jedoch im behebenden Erkenntnis im Verfahren die erste Betretung vom 04.03.2020 betreffend festgestellt, dass zwischen dem Verein und der am 04.03.2020 in der Küche angetroffenen KC kein Dienstverhältnis vorgelegen war (hg. GZ 2237441).
1.5 DG ist bosnische Staatsangehörige und war zum Betretungszeitpunkt in Österreich bei ihrer Freundin und nunmehrigen Schwägerin HV, der damaligen Obfrau des beschwerdeführenden Vereins, aufhältig und auch mit einem Nebenwohnsitz angemeldet. Sie war zum damaligen Zeitpunkt Vereinsmitglied (OZ 8) und regelmäßig mit ihrer Schwägerin, welche als Obfrau fast täglich im Vereinslokal war, im Vereinslokal um sich die Zeit zu vertreiben (VHS / ZDG; ./ZHV).
1.6 Im Vereinslokal war es üblich, dass eine Person, die den Schlüssel hatte, das Vereinslokal aufsperrte und der / die Letzte das Vereinslokal zusperrte. Fixe Öffnungszeiten gab es nicht. Häufig war die Obfrau HV hinter der Theke, oft aber auch andere Vereinsmitglieder. Vereinsmitglieder holten sich auch Getränke selbst und führten eine Liste der konsumierten Getränke. Zugänglich war das Vereinslokal nur Vereinsmitgliedern und anderen „Vereinen“, etwa dem Sparverein, Kegelverein oder dem Freundeskreis „ XXXX “. (VHS/ZDG; ./ZHV; ./ZKC; ./ZLC).
1.7 DG hat, wenn sie sah, dass etwas im Vereinslokal zu erledigen war, etwa einen Tisch abwischen, einen Aschenbecher ausleeren oder Gläser spülen, dies auch gemacht. Eine Verpflichtung dazu bestand jedoch zu keinem Zeitpunkt und sie erhielt dafür auch kein Entgelt (VHS/ZDG).
2. Beweiswürdigung und Beweisaufnahme
2.1 Die Beweisaufnahme, aus der sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt, erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen
? Bescheid und Beschwerdevorentscheidung betreffend DG (AZ 46, 50)
? Stellungnahme, Beschwerde und Vorlageanträge (AZ 23, 25, 34, 51)
? Anzeigen der Finanzpolizei samt Unterlagen (AZ 1-18; 35-43)
? Datenregisterauszüge aus dem ZMR, GISA, Vereinsregister, dem elektronischen Datensystem der SV (AZ 12-14, 21, 27-38, 49)
? Straferkenntnisse der BH (AZ 26, 48)
? Auskunft aus dem Zentralen Vereinsregister [ZVR], dem österreichischen Gewerberegister [GISA] und aus dem elektronischen Datensystem des Dachverbandes der Sozialversicherung [DV] (OZ 3, 6)
? Auskünfte aus dem Verwaltungsstrafverfahren zur Tätigkeit von DG (OZ 4,5)
? Verhandlungsschrift vom 31.05.2021 (OZ 7)
2.2 Beweiswürdigung
2.2.1 Die Feststellungen zur Betretung, zur Nichtmeldung zur Sozialversicherung und der Anzahl der Betretungen der letzten 12 Monate ergeben sich unmittelbar ohne weitere Interpretation aus den vorliegenden jeweils angeführten Aktenteilen, wurden in der Verhandlung erörtert, und sind zwischen den Verfahrensparteien unstrittig.
2.2.2 Dass DG Vereinsmitglied war und mit ihrer Freundin, der Obfrau des Vereines, viel Zeit im Vereinslokal verbrachte, ergibt sich aus den Aussagen dieser beiden Zeuginnen, welche lebensnah geschildert waren. Die Vereinsmitgliedschaft wurde darüber hinaus durch bezahlte Mitgliedsbeiträge nachgewiesen (OZ 8).
2.2.3 Die Feststellungen zum Alltag im Vereinslokal ergeben sich aus den Aussagen der vier Zeuginnen. Diese schilderten die Gegebenheiten im Vereinslokal jeweils aus der eigenen Perspektive, welche jedoch ein stimmiges Gesamtbild des Alltags im Vereinslokal ergaben. Es besteht auch kein Grund an diesen Schilderungen zu zweifeln, zumal es gerade in kleinen Vereinen, in denen jeder jeden kennt, nicht unüblich erscheint, dass der Schlüssel zum Vereinslokal bei jenen verbleibt, die noch gerne länger bleiben. Auch dass Vereinsmitglieder „Stricherllisten“ über Getränke führen und diese zu einem späteren Zeitpunkt abrechnen ist nicht unüblich. Dass man sich als Vereinsmitglied auch einmal selbst bedient im Vereinslokal und anderen am Tisch etwas mitbringt, oder in einem Vereinslokal einen Tisch abwischt und beim Gläser spülen behilflich ist, ist aus Sicht der Richterin ebenso nachvollziehbar.
2.2.4 Im Hinblick auf den sich ergebenden Widerspruch zum ausgefüllten Formular vor der Finanzpolizei, wo im Formular Arbeitszeiten ausgefüllt wurden und als Tätigkeit: „Kellner, Putzen“ ausgefüllt wurde, ist festzuhalten, dass DG erstmalig vom BVwG mit Dolmetscher und darüber hinaus unter Wahrheitserinnerung und Hinweis auf die Folgen einer Falschaussage einvernommen wurde. Das Formular wurde hingegen im Auto der Finanzpolizei unter dem Hinweis, sie müsse alle Felder im Formular ausfüllen, ohne Dolmetscher*in ausgefüllt. Das BVwG erachtet daher die Aussage von DG vor dem BVwG, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der übereinstimmenden und lebensnahen Schilderungen des Alltags im Vereinslokal von unter Wahrheitspflicht stehenden Zeuginnen, als glaubhaft.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1.1 Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die GKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).
3.1.2 Die Beschwerde und der Vorlageantrag sind rechtzeitig und auch sonst zulässig (§ 7, § 9 VwGVG).
3.2 Zur Vorfrage des Vorliegens einer Dienstnehmereigenschaft
3.2.1 Die Vorschreibung von Beitragszuschlägen nach § 113 Abs. 1 ASVG setzt voraus, dass eine Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. Die Behörde hat, soweit über diese Frage nicht bereits eine bindende Entscheidung vorliegt, diesen Umstand als Vorfrage zu klären (VwGH 29.01.2014, 2014/08/0004 mwN; 14.02.2013, 2010/08/0010).
3.2.2 Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer nach dem ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. [...].
3.2.3 Im gegenständlichen Fall wurde das Vereinsmitglied DG mit einem Glas in der Hand, welches sie zu einem Tisch brachte angetroffen.
3.2.3.1 Es kann dahin gestellt bleiben, ob DG das Glas für sich oder einen anderen Gast an den Tisch brachte, da sich aus den Feststellungen keinerlei rechtliche Verpflichtung zum Servieren von Getränken ableiten lässt. Vielmehr handelte es sich um ein übliches Vereinsleben in einem Vereinslokal. Es lässt sich daher weder eine Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung noch überhaupt eine Pflicht zum Tätigwerden erkennen (vgl. VwGH 02.04.2008, 2007/08/0107 sowie Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm, rdb.at, §4 Rz188).
3.2.3.2 Die Vereinsrichtlinien 2001 sehen in Rz766 diesbezüglich vor, dass wenn für die für den Rechtsträger tätig werdende Person nicht die Erzielung von Einkünften, sondern die Betätigung für den Rechtsträger und dessen begünstigten Zweck im Vordergrund steht, das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zu verneinen sein wird. Dies wird dann zutreffen, wenn mangels Abschlusses eines Vertrages, mangels Leistungsverpflichtung und mangels Vereinbarung einer festen Arbeitszeit und einer wesentlich über den Ersatz der tatsächlich anfallenden Kosten hinausgehenden Vergütung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine Abhängigkeit der für den Rechtsträger tätigen Person, eine Eingliederung in den Organismus des Rechtsträgers und ein Schulden der Arbeitskraft nicht unterstellt werden kann. Ein Dienstverhältnis liegt regelmäßig nicht vor, wenn die monatlichen Einnahmen unter Außerachtlassung von Fahrtkosten- und Reisekostenersätzen nicht höher sind, als der für den Eintritt in die Vollversicherungspflicht nach dem ASVG gemäß § 5 Abs. 2 ASVG maßgebliche Höchstbetrag.
3.2.3.3 Fallbezogen konnte ein Entgelt oder ein Aufwandsersatz gar nicht festgestellt werden, so dass zusammenfassend kein Dienstverhältnis zwischen dem beschwerdeführenden Verein und dem Vereinsmitglied DG zum Betretungszeitpunkt vorlag.
3.3 zum Beitragszuschlag nach § 113 ASVG
3.3.1 Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 ASVG setzt voraus, dass die zu beurteilende Tätigkeit eine im Sinne des § 33 Abs. 1 ASVG anzumeldende Pflichtversicherung begründet hat.
3.3.2 Da zum Betretungszeitpunkt am 04.03.2020 kein entgeltliches Dienstverhältnis zwischen DG und dem beschwerdeführenden Verein vorlag, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 ASVG nicht vor, weshalb der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid spruchgemäß zu beheben ist.
3.3.3 Gegenständlich ist (ausschließlich) die Beschwerdevorentscheidung zu beheben, da diese dem Ausgangsbescheid endgültig derogiert hat (siehe dazu VwGH 09.09.2019, Ro2016/08/0009; sowie im Detail VwGH 17.12.2015, Ro2015/08/0026).
III. ad B) Unzulässigkeit der Revision
Sowohl die gegenständliche Beurteilung der Vorfrage des Vorliegens eines Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs. 2 ASVG als auch die Beurteilung der Vorschreibung des Beitragszuschlages gemäß § 113 ASVG erfolgte anhand der jeweils wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.
Schlagworte
Beitragszuschlag Dienstverhältnis ersatzlose Behebung Sozialversicherung Unentgeltlichkeit Verein VorfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L511.2237444.1.00Im RIS seit
07.10.2021Zuletzt aktualisiert am
07.10.2021