TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/7 L511 2237441-1

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Veröffentlicht am 07.07.2021
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Entscheidungsdatum

07.07.2021

Norm

ASVG §113
ASVG §33
ASVG §4 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch


L511 2237441–1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde des Vereins XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. AFLENZER, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse Landesstelle Oberösterreich vom 03.07.2020, Zahl: XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 29.09.2020, Zahl: XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse Landesstelle Oberösterreich vom 29.09.2020, GZ XXXX , gemäß § 28 Abs. 2 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Verfahren vor der Gesundheitskasse [ÖGK]

1.1.    Gegenständliches Verfahren wurde durch Anzeige der Finanzpolizei an die Österreichische Gesundheitskasse Landesstelle Oberösterreich [ÖGK] eingeleitet. Beigelegt waren die Kopie des Strafantrages an die BH Linz-Land vom 25.03.2020, FA-GZ XXXX . Demnach seien bei einer Kontrolle am 04.03.2020 um 11:30 Uhr im Lokal „ XXXX [im Folgenden Vereinslokal], Frau XXXX [KC] in der Küche bei der Zubereitung von Speisen, Frau XXXX [LC] in der Küche stehend sowie die Obfrau des beschwerdeführenden Vereins XXXX , Frau XXXX [HV], hinter der Theke angetroffen worden (Aktenzahl des Verwaltungsverfahrensaktes der ÖGK [AZ] 1, 2).

Dem Strafantrag waren 3 Personenblätter samt ZMR, SV-Auszügen und Identitätsnachweisen zu CK (AZ 4-7), VH (AZ 8-11) und CL (AZ 16) sowie ein Vereinsregisterauszug des beschwerdeführenden Vereins, Gewerberegisterauszüge (12-14), Fotos (AZ 15), ein Lieferschein (AZ 17) und ein Aktenvermerk über die Betretung (AZ 3, 18) beigelegt.

KC gab an jeden Mittwoch für den Pensionistenverein „ XXXX “ das Mittagsmenü zu kochen. Die Mittagsmenüs kosten zwischen EUR 7,90 und 10,90 und werde vom Verein kassiert. Sie erhalte kein Entgelt. Sie könne zwar bonieren, aber keinen Tagesabschluss machen. Frau LC habe den „Chefschlüssel“ (AZ 2, 3)

1.2.    Ein weiteres Verfahren wurde durch eine weitere Anzeige der Finanzpolizei eingeleitet. Der mitübermittelten Kopie des Strafantrages vom 27.03.2020, FA-GZ XXXX , ist zu entnehmen, dass bei einer Kontrolle am 06.03.2020 um 19:20 Uhr im Lokal „ XXXX Frau XXXX hinter der Theke und Frau XXXX (nunmehr XXXX ) [DG] beim Servieren von Getränken angetroffen worden sind (hg. GZ 2237444; AZ 35-36).

1.3.    Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde dem Verein Parteiengehör zu den Unterlagen gewährt (AZ 19-22) und dieser führte in einer Stellungnahme am 02.07.2021 (AZ 23 [=45]) aus, dass weder KC (hg. GZ 2237441) noch DG (hg. GZ 2237444) für den Verein in einem Dienstverhältnis tätig waren und gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 28.04.2020 eine Beschwerde eingebracht worden sei.

1.4.    Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 03.07.2020, GZ: XXXX , verpflichtete die ÖGK den beschwerdeführenden Verein als Dienstgeber aufgrund der Meldepflichtverletzung betreffend die Beschäftigung von KC am 04.03.2020 gemäß § 113 ASVG einen Beitragszuschlag in der gesetzlich festgelegten Höhe von EUR 1.000,00 umgehend an die OÖGKK zu entrichten. Rechtsgrundlagen dafür seien §§ 4, 33, 35, 113, 360 Abs. 7 und 410 Abs. 1 Z5 ASVG (AZ 24).

Begründend wurde ausgeführt, die im Strafantrag der Finanzpolizei getroffenen Feststellungen würden zum Sachverhalt erklärt und dieser stehe unstrittig fest. Es handle sich um den ersten Meldeverstoß des Vereins.

1.5.    Mit weiterem Bescheid vom 03.07.2020, GZ: VP22043, verpflichtete die ÖGK den beschwerdeführenden Verein als Dienstgeber aufgrund der Meldepflichtverletzung betreffend die Beschäftigung von DG am 06.03.2020 gemäß § 113 ASVG einen Beitragszuschlag in der gesetzlich festgelegten Höhe von EUR 1.000,00 umgehend an die OÖGKK zu entrichten. Rechtsgrundlagen dafür seien §§ 4, 33, 35, 113, 360 Abs. 7 und 410 Abs. 1 Z5 ASVG (AZ 46; hg GZ 2237444).

1.6.    Mit Schreiben vom 03.08.2020 wurde gegen beide am 06.07.2020 zugestellten Bescheide fristgerecht Beschwerde erhoben (AZ 25 [=47]).

Darin wird ausgeführt weder CK noch GT seien in einem sozialversicherungspflichtigen Verhältnis beschäftigt gewesen. Beantragt wurde die zeugenschaftliche Einvernahme der betroffenen CK und GT, sowie die Einvernahme der Obfrau VH.

1.7.    Im weitergeführten Ermittlungsverfahren holte die ÖGK die Straferkenntnisse der BH Linz-Land zur Beschäftigung von CK und GT sowie die dagegen erhobenen Beschwerden (AZ 26; 48) ein und nahm Einsicht in das GISA, das Vereinsregister, das Firmenbuch und die Datenbank der Sozialversicherung (AZ 27-32, 49).

1.8.    Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.09.2020, Zahl: XXXX , zugestellt am 05.10.2020, wies die ÖGK die am 05.08.2020 eingelangte Beschwerde zur Beschäftigung von CK ab (AZ 33 hg. GZ 2237441).

Begründend wurde ausgeführt CK sei in der Küche beim Zubereiten von Speisen angetroffen worden und habe regelmäßig zumindest seit 20.02.2019 mittwochs Essen für „ XXXX “ gekocht. Eine Einvernahme konnte auf Grund der eigenhändig ausgefüllten Personalblätter am Tag der Betretung und dem Aktenvermerk über die Einvernahme durch die Finanzpolizei unterbleiben, zumal dem Verein Parteiengehör zu den Unterlagen gewährt worden sei. Das Vereinslokal werde vom Verein betrieben, eine Anmeldung zur Sozialversicherung sei nicht erfolgt. Es liege ein Meldeverstoß vor, da CK auch nicht nachgemeldet wurde; der Beitragszuschlag sei somit in der vollen Höhe zu verhängen.

1.9.    Mit weiterer Beschwerdevorentscheidung vom 29.09.2020, Zahl: XXXX , zugestellt am 05.10.2020, wies die ÖGK die am 05.08.2020 eingelangte Beschwerde zur Beschäftigung von GT ab (AZ 50 hg. GZ 2237444).

1.10.   Mit Vorlageanträgen vom 14.10.2020 beantragte der Verein fristgerecht die Vorlage der Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht (AZ 34, 51).

Das gegenständliche Verfahren betreffend wurde ausgeführt, dass es unstrittig sei, dass CK gekocht habe, dies jedoch freiwillig für ihre Freunde vom Pensionistenverein „ XXXX “, was kein Dienstverhältnis zum Verein darstelle (AZ 34).

Erneut wurde die Einvernahme der betroffenen Personen beantragt (AZ 34, 51).

2.       Die ÖGK legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 03.12.2020 die Beschwerden samt durchnummerierten Auszügen aus dem Verwaltungsakt vor (Ordnungszahl der hg. Gerichtsakten [im Folgenden:] OZ 1 [AZ 1-52]).

2.1.    Das BVwG holte Auszüge aus dem österreichischen Gewerberegister [GISA] und dem Vereinsregister [ZVR], aus dem elektronischen Datensystem des Dachverbandes der Sozialversicherung [DV] sowie Auskünfte betreffend das Verwaltungsstrafverfahren nach §111 ASVG ein (OZ 4-6).

2.2.    Am 31.05.2021 führte das BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der alle Parteien teilnahmen und alle beantragten Zeuginnen einvernommen wurden (OZ 6).

II.      ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1      Anlässlich einer Kontrolle durch Prüforgane der Abgabenbehörden des Bundes am 04.03.2020 um 11:30 Uhr wurde Frau XXXX [KC] in der Küche des Lokals „ XXXX , bei der Zubereitung von Speisen, Frau XXXX [LC] in der Küche stehend, sowie die Obfrau des beschwerdeführenden Vereins XXXX , Frau XXXX [HV] hinter der Theke angetroffen (AZ 1, 2).

1.2      Der im Vereinsregister eingetragene Verein XXXX , ZVR-Zahl XXXX , hat seinen Sitz in Traun, Obfrau war zumindest von 02.11.2019 bis 19.03.2021, somit auch zum Betretungszeitpunkt XXXX . Von 14.03.2020 bis 19.03.2021 war die am Betretungstag 04.03.2020 angetroffene XXXX Obfrau-Stellvertreterin. Die Zustellanschrift des Vereins war zum Betretungszeitpunkt in XXXX , seit 20.03.2021 ist der Betretungsort XXXX auch Zustellanschrift (OZ 3 ZVR).

1.3      Der Verein XXXX betreibt am Betretungsort XXXX das Vereinslokal „ XXXX “ (VHS/Beilage ZHV).

1.4      Zum Betretungszeitpunkt kochte KC bereits seit ca. einem Jahr immer mittwochs im Vereinslokal (AZ 1-3; VHS/ZKC). Zum Zeitpunkt der Betretung war KC nicht als Dienstnehmerin des Vereins zur Sozialversicherung angemeldet (OZ 1, 4-5). Es handelt sich um die erste Betretung einer nicht zur Sozialversicherung angemeldeten Person im Vereinslokal (AZ 24).

1.5      KC kochte einmal wöchentlich immer mittwochs im Vereinslokal für den Freundeskreises „ XXXX “ [im Folgenden: Freundeskreis]. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von ca. 20 Personen, die sich gerne treffen, aber nicht in einer Vereinsstruktur organisiert sind. KC kochte ausschließlich für den Freundeskreis. Der Freundeskreis vereinbarte mit dem vor dem zum Betretungszeitpunkt aktiven Obmann des Vereines, dass der Freundeskreis immer mittwochs die Küche benützen dürfe. KC organisierte die Lebensmittel, rechnete diese mit dem Verein ab, und der Verein kassierte den Menüpreis bei den Personen des Freundeskreises ab. Die konsumierten Getränke wurden vom Verein ausgeschenkt und abkassiert. Der Freundeskreis musste für die Küchenbenutzung keine gesonderte Miete an den Verein bezahlen. Die jeweils zwei Menüs pro Mittwoch wurden von KC ausgesucht und dem Freundeskreis via Whatsapp-Gruppe vorab verschickt. Gekocht wurde nur für den Freundeskreis, übriggebliebene Portionen verblieben beim Verein und wurden entweder anwesenden Vereinsmitgliedern verkauft, oder dem Personal gegeben. Der Preis für das Essen betrug zwischen EUR 7,90 und EUR 10,90 für ein Menü (VHS/ZKC, AZ 115).

KC kochte gelegentlich auch freitags. An diesem Tag traf sich der Sparverein, dem sie ebenfalls angehörte und dem auch einige Personen des Freundeskreises angehörten. Dies jedoch nur zu besonderen Anlässen (VHS/ZKC). Dabei gab es etwa Entenessen oder Grillabende (AZ 15).

KC ist leidenschaftliche Köchin, kann selbst jedoch aus gesundheitlichen Gründen nur Suppen zu sich nehmen. Sie kochte freiwillig und unentgeltlich für den Freundeskreis, um neben ihrer Kochleidenschaft auch das gesellschaftliche Zusammensein für den Freundeskreis zu fördern.

Für das Kochen wurde KC weder vom Freundeskreis, noch vom Verein bezahlt. Im Gegenteil, setzte sie sich nach dem Kochen und Aufräumen der Küche zum Freundeskreis dazu und bezahlte bis auf ein „Kochbier“ auch alle ihre konsumierten Getränke.

2.       Beweiswürdigung und Beweisaufnahme

2.1      Die Beweisaufnahme, aus der sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt, erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen

?        Bescheid und Beschwerdevorentscheidung betreffend KC (AZ 24, 33)

?        Stellungnahme, Beschwerde und Vorlageanträge (AZ 23, 25, 34, 51)

?        Anzeigen der Finanzpolizei samt Unterlagen (AZ 1-18; 35-43)

?        Datenregisterauszüge aus dem ZMR, GISA, Vereinsregister, dem elektronischen Datensystem der SV (AZ 12-14, 21, 27-38, 49)

?        Straferkenntnisse der BH (AZ 26, 48)

?        Auskunft aus dem Zentralen Vereinsregister [ZVR], dem österreichischen Gewerberegister [GISA] und aus dem elektronischen Datensystem des Dachverbandes der Sozialversicherung [DV] (OZ 3, 6)

?        Erkenntnis des LVwG und VHS des LVwG zur Tätigkeit von KC (OZ 4, 5)

?        Verhandlungsschrift vom 31.05.2021 (OZ 6)

2.2      Beweiswürdigung

2.2.1   Die Feststellungen zur Betretung, zur Nichtmeldung zur Sozialversicherung und der Anzahl der Betretungen der letzten 12 Monate ergeben sich unmittelbar ohne weitere Interpretation aus den vorliegenden jeweils angeführten Aktenteilen, wurden in der Verhandlung erörtert, und sind zwischen den Verfahrensparteien unstrittig.

2.2.2   Die getroffenen Feststellungen zur Tätigkeit von KC ergeben sich im Wesentlichen aus ihrer Aussage in der Verhandlung. Das BVwG hat keinen Anlass an den Aussagen der Zeugin zu zweifeln. Die Schilderung erfolgte lebensnah, die Zeugin konnte auch nach jeder nachfragenden Unterbrechung der Richterin ihre Schilderung wieder aufnehmen, wie dies bei selbst Erinnertem (nicht auswendig Gelerntem) zu erwarten ist. Die Aussagen stimmen mit jenen aus der kurzen Einvernahme durch die Finanzpolizei überein und auch die ÖGK ist diesen in der Verhandlung nicht entgegengetreten.

2.2.3   Insbesondere, dass KC für das Kochen weder vom Verein noch vom Freundeskreis bezahlt wurde, wurde von KC glaubhaft geschildert und auch von der ÖGK nicht in Zweifel gezogen.

3.       Rechtliche Beurteilung

3.1.1   Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die GKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

3.1.2   Die Beschwerde und der Vorlageantrag sind rechtzeitig und auch sonst zulässig (§ 7, § 9 VwGVG).

3.2      Zur Vorfrage des Vorliegens einer Dienstnehmereigenschaft

3.2.1   Die Vorschreibung von Beitragszuschlägen nach § 113 Abs. 1 ASVG setzt voraus, dass eine Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. Die Behörde hat, soweit über diese Frage nicht bereits eine bindende Entscheidung vorliegt, diesen Umstand als Vorfrage zu klären (VwGH 29.01.2014, 2014/08/0004 mwN; 14.02.2013, 2010/08/0010).

3.2.2   Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

3.2.3   Fallbezogen erhielt KC weder ein Entgelt vom Verein (noch vom Freundeskreis).

3.2.3.1 Die Unentgeltlichkeit einer Verwendung (bzw. ein Gefälligkeitsdienst) ist nicht schon bei bloßem Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten. Die Unentgeltlichkeit muss vielmehr, wenigstens den Umständen nach konkludent, vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten. Eine derartige sachliche Rechtfertigung könnte in persönlichen Beziehungen, in bestimmten wirtschaftlichen Interessen, aber auch in einer idealistischen Einstellung begründet sein (VwGH 04.09.2013, 2011/08/0318).

3.2.3.2 Fallbezogen bestehen an der Unentgeltlichkeit keine Zweifel. Hinzu kommt, dass es keine Verpflichtung von KC gab, für den Verein zu kochen. Es wurde nur für den Freundeskreis gekocht, nicht für andere Gäste des Vereinslokals. Es gab auch weder Weisungen des Vereins im Hinblick darauf, was mittwochs zu kochen sei, noch, dass KC für andere Gäste auch kochen solle. Die Motivation von KC lag ausschließlich in ihrer Kochleidenschaft sowie im geselligen Zusammensein mit dem Freundeskreis, was nachvollziehbar und glaubwürdig geschildert wurde.

3.2.3.3 Es ergab sich im Verfahren auch sonst keine weitere Einbindung von KC in die Organisation des Vereines bis zum Zeitpunkt der Betretung.

3.2.3.4 Zwischen dem beschwerdeführenden Verein und KC lag somit zu keinem Zeitpunkt ein Dienstverhältnis vor.

3.3      zum Beitragszuschlag nach § 113 ASVG

3.3.1   Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 ASVG setzt voraus, dass die zu beurteilende Tätigkeit eine im Sinne des § 33 Abs. 1 ASVG anzumeldende Pflichtversicherung begründet hat.

3.3.2   Da zum Betretungszeitpunkt am 04.03.2020 kein entgeltliches Dienstverhältnis zwischen KC und dem beschwerdeführenden Verein vorlag, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 ASVG nicht vor, weshalb der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid spruchgemäß zu beheben ist.

3.3.3   Gegenständlich ist (ausschließlich) die Beschwerdevorentscheidung zu beheben, da diese dem Ausgangsbescheid endgültig derogiert hat (siehe dazu VwGH 09.09.2019, Ro2016/08/0009; sowie im Detail VwGH 17.12.2015, Ro2015/08/0026).

III.    ad B) Unzulässigkeit der Revision

Sowohl die gegenständliche Beurteilung der Vorfrage des Vorliegens eines Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs. 2 ASVG als auch die Beurteilung der Vorschreibung des Beitragszuschlages gemäß § 113 ASVG erfolgte anhand der jeweils wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Beitragszuschlag Dienstverhältnis ersatzlose Behebung Gefälligkeitsdienst Sozialversicherung Unentgeltlichkeit Verein Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L511.2237441.1.00

Im RIS seit

07.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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