TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/16 W122 2232003-1

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Veröffentlicht am 16.07.2021
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Entscheidungsdatum

16.07.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1
WG 2001 §19
WG 2001 §23a

Spruch


W122 2232003-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ERNSTBRUNNER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , wohnhaft in XXXX gegen den Bescheid des Militärkommandos Kärnten vom 24.03.2020, GZ P1506883/3-MilKdo K/Kdo/ErgAbt/2020 (1), in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 20.05.2020, GZ P1506883/4-MilKdo K/Kdo/ErgAbt/2020 (1) betreffend Aufhebung eines Einberufungsbefehls zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 19 und 23a WG 2001 iVm § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer wurde mit Einberufungsbefehl, zugestellt am 13.03.2019, zur Leistung seines Grundwehrdienstes in der Zeit vom 01.10.2019 bis 31.03.2020 einberufen und leistete diesen ordnungsgemäß. Mit Einberufungsbefehl vom 11.03.2020 wurde er zu einer freiwilligen Waffenübung in der Zeit vom 01.04.2020 bis 25.06.2020 einberufen.

2. Im Hinblick auf die Verfügung der Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend den vorläufigen Aufschub der Entlassung von Wehrpflichtigen aus dem Grundwehrdienst, BGBl. II Nr. 101/2020, erließ die belangte Behörde den nunmehr bekämpften Bescheid, mit dem der Einberufungsbefehl zur freiwilligen Waffenübung von Amts wegen aufgehoben wurde.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Besitz eines Einberufungsbefehles zur Leistung einer freiwilligen Waffenübung vom 01.04.2020 bis 25.06.2020 sei, der ihm am 12.03.2020 rechtswirksam zugestellt worden sei.

Aufgrund der COVID-19-Situation und damit verbundener militärischer Notwendigkeiten sei die Entlassung der Wehrpflichtigen, die zu einem Termin im Oktober 2019 zum Grundwehrdienst einberufen worden seien, nach Beendigung des Grundwehrdienstes gemäß § 23a Abs. 2 WG 2001 vorläufig aufgeschoben worden, weshalb der erlassene Einberufungsbefehl aufzuheben sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Dabei führte er aus, dass er mittels Einberufungsbefehl des Militärkommandos Kärnten zur Leistung einer freiwilligen Waffenübung vom 01.04.2020 bis 25.06.2020 einberufen worden sei. Die belangte Behörde habe den nunmehr angefochtenen Aufhebungsbescheid noch vor Ablauf der Rechtmittelfrist des damit behobenen Bescheides erlassen. Da § 68 Abs. 2 bis 4 AVG nur nach Eintritt der formellen Rechtskraft in Frage kämen, sei die herangezogene Bestimmung des § 68 Abs. 2 AVG nicht anwendbar gewesen. Daher sei der Bescheid ohne Rechtsgrundlage und somit zu Unrecht erlassen worden.

4. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge die nun bekämpfte Beschwerdevorentscheidung vom 20.05.2020 und wies die Beschwerde ab. Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensgangs unter Hinweis auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Aufhebung der Einberufung des Beschwerdeführers zu einer freiwilligen Waffenübung im Zeitraum 01.04.2020 bis 01.07.2020 mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht erfolgt sei, auch wenn ihm aus dem Einberufungsbefehl Rechte erwachsen wären. Als Grundvoraussetzung zum Wirksamwerden der heranstehenden Einberufung zu einer anderen Präsenzdienstart als dem Grundwehrdienst mit 01.04.2020 gelte, dass der Beschwerdeführer seinen Grundwehrdienst, wie im Einberufungsbefehl zum Einberufungstermin 01.10.2019 vorgesehen, mit 31.03.2020 ordnungsgemäß nach sechs Monaten beendet und aus diesem mit Ablauf desselben Tages entlassen worden wäre. Mit der o.a. Verfügung der Bundesministerin für Landesverteidigung vom 18.03.2020 aufgrund der aktuellen Lage im Zusammenhang mit dem Corona Virus (COVID-19) sei jedoch der vorläufige Aufschub der Entlassung aus dem Grundwehrdienst für den Einberufungstermin Oktober 2019 verfügt worden. Damit sei die zeitgleiche Einberufung zu einem weiteren Präsenzdienst – im vorliegenden Fall zu einer freiwilligen Waffenübung – denkunmöglich und rechtlich nicht zulässig, weil gem. § 19 Abs. 1 WG 2001 der Präsenzdienst nur in einer Präsenzdienstart (konkret als freiwillige Waffenübung oder als Aufschubpräsenzdienst) geleistet werden könne. Mit Beginn des auf die Beendigung des regulären Grundwehrdienstes folgenden Tages (01.04.2020) sei der Beschwerdeführer nämlich unmittelbar ex lege auf Grund der o.a. Verfügung, der jedenfalls der Vorrang gegenüber der Einberufung zu einer freiwilligen Waffenübung einzuräumen sei, in den Aufschubpräsenzdienst übergetreten.

Darüber hinaus derogiere nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 16.09.1994, 94/17/0159) dann, wenn zwei rechtswirksame Bescheide im Widerspruch stehen, der später erlassene Bescheid dem früher erlassenen Bescheid. Identität der Sache vorausgesetzt, trete der spätere Bescheid zur Gänze an die Stelle des früheren. Umso mehr müsse dies auch für die aus der folgenden Verfügung ex lege eintretenden Einberufung zum Aufschubpräsenzdienst gelten.

5. Der Beschwerdeführer stellte hierauf mit Schreiben vom 29.05.2020 fristgerecht einen Vorlageantrag, wobei er im Wesentlichen sein Beschwerdevorbringen wiederholte.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer wurde mit Einberufungsbefehl, zugestellt am 13.03.2019, zur Leistung seines Grundwehrdienstes in der Zeit vom 01.10.2019 bis 31.03.2020 einberufen und leistete diesen ordnungsgemäß.

Mit Einberufungsbefehl vom 11.03.2020 wurde er zu einer freiwilligen Waffenübung in der Zeit vom 01.04.2020 bis 25.06.2020 einberufen.

Am 18.03.2020 wurde von der Bundesministerin für Landesverteidigung gemäß § 23a Abs. 2 WG 2001 der vorläufige Aufschub der Entlassung aus dem Grundwehrdienst, betreffend alle Wehrpflichtigen, die zum Termin im Oktober 2019 zum Grundwehrdienst einberufen wurden, verfügt.

Im Hinblick auf die Verfügung der Bundesministerin für Landesverteidigung erließ die belangte Behörde einen Bescheid, mit dem der Einberufungsbefehl zur freiwilligen Waffenübung von Amts wegen aufgehoben wurde.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit – mangels derartiger gesetzlicher Bestimmungen - Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt - ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Eine solche Konstellation liegt im gegenständlichen Fall vor.

Zu A.)

§§ 19 und 23a WG 2001 lauten (auszugsweise):

„Präsenzdienstarten

§ 19. (1) Der Präsenzdienst ist zu leisten als

1. Grundwehrdienst oder

2. Milizübungen oder

3. freiwillige Waffenübungen und Funktionsdienste oder

4. Wehrdienst als Zeitsoldat oder

5. Präsenzdienst auf Grund einer Verfügung nach § 23a Abs. 1 im Falle eines Einsatzes nach § 2 Abs. 1 lit. a bis c (Einsatzpräsenzdienst) oder

6. Präsenzdienst im Falle eines vorläufigen Aufschubes der Entlassung nach § 23a Abs. 2 (Aufschubpräsenzdienst) oder

7. außerordentliche Übungen oder

8. Präsenzdienst im Auslandseinsatz (Auslandseinsatzpräsenzdienst).

(2) Die Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes wird, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, durch die Leistung eines anderen Präsenzdienstes nicht berührt.

Einsatz- und Aufschubpräsenzdienst sowie außerordentliche Übungen

§ 23a. (1) Die Heranziehung von Wehrpflichtigen des Miliz- und des Reservestandes zum Einsatzpräsenzdienst verfügt bis zu einer Gesamtzahl von 5 000 Wehrpflichtigen nach den Vorschriften des Abs. 3 und innerhalb der ihm von der Bundesregierung erteilten Ermächtigung der Bundesminister für Landesverteidigung, darüber hinaus der Bundespräsident. Hält der Bundesminister für Landesverteidigung eine solche Verfügung für erforderlich, so hat er dem Bundespräsidenten und der Bundesregierung hierüber unverzüglich zu berichten. Sofern eine solche Heranziehung ausschließlich Wehrpflichtige betrifft, die der Meldepflicht nach § 11 Abs. 6 unterliegen, verfügt sie jedenfalls der Bundesminister für Landesverteidigung innerhalb der ihm von der Bundesregierung erteilten Ermächtigung.

(2) Bei außergewöhnlichen Verhältnissen kann die Entlassung von Wehrpflichtigen vorläufig aufgeschoben werden bei der Beendigung

1. des Grundwehrdienstes oder

2. eines Wehrdienstes als Zeitsoldat oder

3. einer Milizübung oder

4. einer freiwilligen Waffenübung oder eines Funktionsdienstes.

Die Verfügung des vorläufigen Aufschubes der Entlassung obliegt bis zu einer Gesamtzahl von 5 000 Wehrpflichtigen nach den Vorschriften des Abs. 3 und innerhalb der ihm von der Bundesregierung erteilten Ermächtigung dem Bundesminister für Landesverteidigung, darüber hinaus dem Bundespräsidenten. Hält der Bundesminister für Landesverteidigung eine solche Verfügung für erforderlich, so hat er dem Bundespräsidenten und der Bundesregierung hierüber unverzüglich zu berichten. Mit In-Kraft-Treten dieser Verfügung gelten diese Wehrpflichtigen als zum Aufschubpräsenzdienst einberufen.

(3) Die Gesamtzahl der Personen, die auf Grund einer Verfügung des Bundesministers für Landesverteidigung den Einsatzpräsenzdienst und den Aufschubpräsenzdienst leisten, darf zu keiner Zeit 5 000 übersteigen. In diese Zahl sind Wehrpflichtige, die der Meldepflicht nach § 11 Abs. 6 unterliegen und vom Bundesminister für Landesverteidigung zum Einsatzpräsenzdienst herangezogen werden, nicht einzurechnen.

(4) Bei außergewöhnlichen Verhältnissen kann der Bundesminister für Landesverteidigung innerhalb der ihm von der Bundesregierung erteilten Ermächtigung die Heranziehung von Wehrpflichtigen zu außerordentlichen Übungen als vorsorgliche Maßnahme zur Verstärkung der Verteidigungsbereitschaft verfügen.“

Im vorliegenden Fall ist im Hinblick auf § 23 a Abs. 2 WG 2001 davon auszugehen, dass durch die Verfügung der Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend den vorläufigen Aufschub der Entlassung von Wehrpflichtigen aus dem Grundwehrdienst, BGBl. II Nr. 101/2020, der Grundwehrdienst des Beschwerdeführers über den 31.03.2020 hinaus verlängert wurde. Mangels Beendigung des Grundwehrdienstes konnte der Beschwerdeführer nicht zu einer freiwilligen Waffenübung in der Zeit vom 01.04.2020 bis 25.06.2020 einberufen werden.

Der Präsenzdienst ist gemäß § 19 Abs. 1 WG 2001 in einer der dort genannten Formen - so etwa als Grundwehrdienst oder als freiwillige Waffenübung oder als Aufschubpräsenzdienst nach § 23a Abs. 2 - zu leisten. Aufgrund der Formulierung dieser Bestimmung ist eine zeitgleiche Einberufung zu einem weiteren Präsenzdienst auch rechtlich unmöglich.

Die Frage nach der Anwendbarkeit des § 68 Abs. 2 AVG auf den noch nicht rechtskräftig gewordenen Einberufungsbefehl bzw. eine Erörterung der dem Beschwerdeführer möglicherweise entstandenen Rechte kann dahingestellt bleiben, da der in der Verfügung der Bundesministerin für Landesverteidigung angeordnete vorläufige Aufschub der Entlassung aus dem Grundwehrdienst einer Vollziehung des Einberufungsbefehls vom 11.03.2020 jedenfalls entgegenstand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Wie oben dargestellt wurde, ist die hier zu lösende Rechtsfrage angesichts der klaren Sach- und Rechtslage als geklärt zu betrachten.

Schlagworte

amtswegige Aufhebung Aufschub Einberufungsbefehl Entlassungszeitpunkt - Wehrdienst Grundwehrdienst Pandemie Präsenzdienst Verlängerung Waffenübung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W122.2232003.1.00

Im RIS seit

07.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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