TE Bvwg Beschluss 2021/9/6 W195 2244995-1

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Veröffentlicht am 06.09.2021
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Entscheidungsdatum

06.09.2021

Norm

AVG §53a Abs2
B-VG Art133 Abs4
GebAG §34 Abs1
GebAG §43 Abs1 Z1 litd
GebAG §49 Abs2
VwGVG §17

Spruch


W195 2244995-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 31.05.2021 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Sachverständigen XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG mit

€ 809,00 (exkl. USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.04.2021, XXXX wurde der Antragsteller von der Leiterin der Gerichtsabteilung XXXX in der Beschwerdesache des XXXX , gemäß § 52 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG zum Sachverständigen auf dem Fachgebiet der gynäkologischen Onkologie bestellt und ihm die Beantwortung von Fragen in einem Gutachten aufgetragen. Das Gutachten war schriftlich und ohne vorangegangene Untersuchung, d.h. ausschließlich aufgrund der Aktenlage, zu erstatten.

2 Am 31.05.2021 langte postalisch das Gutachten samt dazugehöriger Honorarnote beim Bundesverwaltungsgericht – wie folgt – ein:

Gebührennote

 

 

 

1. Aktenstudium § 36

EUR 44,90

2. Mühewaltung § 34

 

4 Std. à € 300,00

EUR 1.200,00

3. Schreibgebühren § 31

 

a. Urschrift 9 Seiten à € 2,00

EUR 18,00

b. Durchschrift 27 Seiten à € 0,60

EUR 16,20

4. Postgebühren § 31

EUR 10,00

5. Zeitversäumnis § 32

 

2 begonnene Stunden à € 22,70

EUR 45,40

Summe

EUR 1.334,50

Ich besitze keine UID Nummer, Geburtsdatum: XXXX

Ich ersuche um Überweisung des Betrages: 1334,- EUR auf folgendes Konto:
XXXX

3. Mit E-Mail der Verrechnungsstelle vom 23.07.2021 wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Gebühr für Mühewaltung in Bezug auf die Sachverständigengruppe der „Ärzte“ gemäß § 43 Abs. 1 GebAG nach Tarif zu erfolgen habe und für die Übermittlung des Gutachtens samt Gebührennote mittels Post lediglich eine begonnene Stunde Zeitversäumnis für den Postweg nachvollziehbar erscheine. Darüber hinaus wurde er ersucht, seine Honorarnote iSd in § 11 UStG vorgesehenen Rechnungsmerkmale zu verbessern sowie die (korrigierte) Honorarnote gemäß § 89c Abs. 5a GOG im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs zu übermitteln.

4. Am 26.07.2021 langte nachstehende korrigierte Honorarnote im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs ein:

Gebührennote 2/2021

(Korrektur der Gebührennote vom 25.5.2021)

 

Für die Erstellung des Gutachtens in o.g. Rechtssache habe ich am 25.5.2021 eine Gebührennote gestellt, welche zu Einwänden seitens der GB Verrechnungsstelle ( XXXX ) führte.

Zu Punkt 1) möchte ich ausführen, dass im gegenständlichen Fall die Aufarbeitung der komplexen medizinischen Fragestellung von hohem zeitlichem Aufwand und besonderer fachlicher Expertise gekennzeichnet war und den Aufwand im Vergleich zur Pauschalabgeltung lt. § 43 in ungewöhnlicher Weise überstieg. Zudem wurde laut Auftragsbeschluss von einer körperlichen Untersuchung Abstand genommen. Somit verrechne ich, lt. § 49 Abs.2 GebAG, aufgrund der Erfordernis der hohen wissenschaftlichen Leistung des Gutachtens, die Mühewaltung nach § 34 Abs.2 GebAG. Dazu muss ich ergänzen, dass ich dem Gericht bereits insofern entgegengekommen bin, als ich als Wahlarzt einen Stundentarif von 340 Euro verdiene (Honorar für 30 Minuten-Termine: 170 Euro), ich jedoch in der Gebührennote nur einen Stundensatz von 300 Euro angegeben habe (entsprechend der Ärztekammerempfehlung aus dem Jahr 2010!).

Punkt 2) habe ich korrigiert

Punkt 3) habe ich ergänzt

Punkt 4) habe ich umgesetzt

 

1. Aktenstudium § 36

EUR 44,90

2. Mühewaltung § 34

 

4 Std. à € 300,00

EUR 1.200,00

3. Schreibgebühren § 31

 

a. Urschrift 9 Seiten à € 2,00

EUR 18,00

b. Durchschrift 27 Seiten à € 0,60

EUR 16,20

4. Postgebühren § 31

EUR 10,00

5. Zeitversäumnis § 32

 

1 begonnene Stunde à € 22,70

EUR 22,70

Summe

EUR 1.311,80

Ich besitze keine UID Nummer, XXXX

Ich ersuche um Überweisung des Betrages: 1311,- EUR auf folgendes Konto:
XXXX


5. Mit E-Mail der Verrechnungsstelle vom 03.08.2021 wurde der Antragsteller darauf aufmerksam gemacht, dass seine Gebühren aus Amtsgeldern bezahlt werden (siehe hiezu § 34 Abs. 2 GebAG) und er sohin zu einer Verrechnung nach Tarif iSd § 43 Abs. 1 GebAG verpflichtet sei. Mit E-Mail vom selben Tag ersuchte er um Bestimmung der Gebühren mittels Beschluss.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 16.08.2021, nachweislich zugestellt am 19.08.2021, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass das von ihm erstattete Gutachten keine wissenschaftliche Leistung iSd § 49 GebAG aufweise und er daher zu einer Verrechnung der Gebühr für Mühewaltung nach den Tarifen des § 43 GebAG verpflichtet sei.

7. In weiterer Folge langte keine Stellungnahme oder korrigierte Honorarnote seitens des Antragstellers ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller im Rahmen des Verfahrens XXXX als Sachverständiger auf dem Fachgebiet der gynäkologischen Onkologie bestellt wurde und dabei aufgrund der Aktenlage, unter Beantwortung der ihm im Beschluss vom 19.04.2021 auferlegten Fragen, ein schriftliches Gutachten zu erstatten hatte. Das Gutachten samt Honorarnote wurde am 31.05.2021 postalisch, die Korrektur der Gebührennote am 26.07.2021 im Wege des ERV eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren XXXX 1, dem Bestellungsbeschluss vom 19.04.2021, XXXX , dem Gebührenantrag vom 31.05.2021 sowie dessen Korrektur vom 26.07.2021, der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16.08.2021, XXXX , und dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53a Abs. 1 AVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren im Umfang der sinngemäß anzuwendenden §§ 24 bis 37 und 43 bis 49 und 51 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen

1.       den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2.       den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;

3.       die Entschädigung für Zeitversäumnis;

4.       die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.


Zu A)

Zur geltend gemachten Mühewaltungsgebühr gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 49 Abs. 2 GebAG

Gemäß § 34 Abs. 1 und 2 GebAG steht die Gebühr für Mühewaltung den Sachverständigen für die Aufnahme des Befundes und die Erstattung des Gutachtens zu und deckt alle damit im Zusammenhang entstandenen Kosten, soweit dafür nicht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ein gesonderter Ersatz vorgesehen ist. Insoweit in anderen Vorschriften auf die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verwiesen wird, ist die Gebühr für Mühewaltung nach den Tarifen (§ 43 ff GebAG) dieses Bundesgesetzes zu bestimmen.

Im, für das gegenständliche Verfahren gemäß § 17 VwGVG anwendbaren § 53a Abs. 1 AVG, wird auf die Bestimmungen des GebAG dahingehend verwiesen, dass nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren haben, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 49 Abs. 2 GebAG gilt § 43 GebAG nur dann nicht, wenn es sich um eine wissenschaftliche Leistung handelt. In diesem Fall ist die Bestimmung der Gebühr in der vollen Höhe der außergerichtlichen Einkünfte (§ 34 Abs. 1) zulässig.

Unter einer wissenschaftlichen Leistung im Sinne des § 49 Abs. 2 GebAG sind besonders schwierige, arbeitsintensive und umfangreiche Gutachten zu verstehen, die nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden erarbeitet wurden und besonders ausführlich begründet sind (vgl. LG Salzburg, SV 2008/4, 205; OLG Wien, SV 2008/4, 200; OGH 4.9.1997, 2 Ob 236/97p, 237/97k, 238/97g, 253/97p SV 1997/4, 44; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 16 zu § 49 GebAG).

Eine wissenschaftliche Leistung erfordert eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lehrmeinungen, die Findung einer neuen Lösung, nicht aber bloß die Beurteilung auf Grund logischer Schlussfolgerungen unter Heranziehung langjähriger Erfahrungen aus einer höchst qualifizierten Tätigkeit als Sachverständiger (vgl. OLG Wien 30.3.1981, 17 R 57/8; OLG Linz 23.12.1993, 2 R 226/93 SV 1994/1, 35; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 29 zu § 49 GebAG). Dabei muss es notwendig sein, das Gutachten unter Zitierung von Lehrmeinungen oder Literaturhinweisen ausführlichst zu begründen (vgl. OLG Wien 14.2.1979, 34 R 34/79).

Aufgrund der Aktenlage waren im Wesentlichen die Brustkrebsdiagnose und dadurch zu erwartenden Beeinträchtigungen der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers sowie die üblichen Behandlungsmethoden und Heilungschancen bei Brustkrebs zu erläutern. Eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lehrmeinungen oder gar Findung einer neuen Lösung waren hingegen nicht ersichtlich.

Eine wissenschaftliche Leistung liegt nur dann vor, wenn nach dem gerichtlichen Auftrag unter anderem wissenschaftliche Literatur im großen Umfang zu verwerten war, oder unter Auseinandersetzung unterschiedlicher Lehrmeinungen eine neue Lösung zu finden war. Auch ein fachlich besonders schwieriges psychiatrisches Gutachten eines höchst qualifizierten Sachverständigen, welches aber keine wissenschaftliche Leistung darstellt, bleibt eine in den Tarifen des § 43 genannte Leistung und ist daher zwingend und ausschließlich nach diesen Tarifen zu entlohnen (vgl. hiezu OLG Wien 8 Rs 3/09 SVSlg 59.979; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 31 zu § 49 GebAG).

Die Erstellung eines Aktengutachtens ist eine Leistung, die den in § 43 Abs. 1 Z 1 angeführten Leistungsbeschreibungen ähnlich ist (§ 49 Abs. 1), auch wenn die sonst in § 43 Abs. 1 Z 1 geforderte körperliche Untersuchung nicht durchgeführt wurde, weil sie nach Ansicht des SV nicht erforderlich war (LGZ Wien 48 R 356/11z EFSlg 136.652; vgl. hiezu auch Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG4, E7 zu § 49).

Es ist daher bei dem vom Antragsteller erstellten Aktengutachten – ungeachtet seiner zweifelsfrei gegebenen Fachexpertise – von einer vergleichbaren Leistung auszugehen, da weder eine besonders ausführliche Begründung, noch die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lehrmeinungen erforderlich waren und daher nicht von einer wissenschaftlichen Leistung im Sinne des § 49 Abs. 2 GebAG auszugehen ist. Somit gelangt der Tarif des § 43 GebAG zur Anwendung.

Für die Sachverständigengruppe „Ärzte“ ist in § 43 GebAG ein Tarif vorgesehen worden, welcher als Pauschalabgeltung für – wie im gegenständlichen Fall – Befund und Gutachten, Mühewaltungsgesamtgebühren für dort beschriebene Leistungskataloge vorsieht.

§ 43 Abs. 1 GebAG normiert in diesem Zusammenhang Folgendes:

„§ 43 (1) Die Gebühr für Mühewaltung beträgt
1.         für die Untersuchung samt Befund und Gutachten
a) bis c) [….]

d)       bei einer besonders zeitaufwändigen körperlichen, neurologischen, psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, je mit eingehender Begründung des Gutachtens            116,20 Euro;

e)       bei einer besonders zeitaufwändigen körperlichen, neurologischen, psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, je mit besonders eingehender, sich mit widersprüchlichen Ergebnissen von Befundaufnahmen ausführlich auseinandersetzender oder besonders ausführlicher und außergewöhnliche Kenntnisse auf dem Fachgebiet des Sachverständigen voraussetzender Begründung des Gutachtens               195,40 Euro

[…]“

Ein einheitlich in Auftrag gegebenes Gutachten ist nach § 43 Abs. 1 GebAG dann mehrfach zu honorieren, wenn nach dem erteilten Auftrag in Wahrheit mehrere Gutachten zu erstatten sind, die unabhängig voneinander bestehen können (vgl. OLG Graz SV 2010/4, 222).

Voraussetzung für eine mehrfache Honorierung ist dabei nach überwiegender Rechtsprechung, dass für die Begutachtung jeder Frage die dem Sachverständigen eigenen Fachkenntnisse erforderlich sind, ein weitergehender Befund notwendig war und durch die Beantwortung der einen Frage nicht die weiteren vom Richter selbst gelöst werden können (LG Salzburg SV 2010/2, 91; LG Feldkirch SV 2010/4, 220; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 130f, 133f zu § 43 GebAG; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4, Rz 7 und 9 zu § 43 GebAG).

Maßgeblich für die Frage, ob mehrere gutachterliche Stellungnahmen vorliegen, ist nicht rein formell danach zu beurteilen, wie viele Fragen der Gutachtensauftrag enthält bzw. in wie viele Fragestellungen der Sachverständige den Auftrag zerlegt, sondern zu wie vielen selbstständigen Themenkreisen der Sachverständige nach dem Inhalt des Gutachtensauftrags gutachterliche Aussagen zu machen hat (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 134 zu § 43 GebAG; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4, Rz 10 zu § 43 GebAG).

Laut Bestellungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.04.2021, GZ. XXXX , waren folgende Fragen vom Antragsteller zu beantworten bzw. folgende Punkte näher zu erörtern:

1.       Woran leidet die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers konkret?

2.       Wie stehen die Heilungschancen für diese Erkrankung durchschnittlich bzw. welches Ausmaß an Gesundheit kann durch die Behandlung wahrscheinlich erreicht werden?

3.       Welcher Behandlungen bedarf die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, werden diese idR ambulant oder stationär durchgeführt und wie lange dauern die stationären Aufenthalte?

4.       Wie lange dauert die Behandlung einer solchen Krankheit durchschnittlich?

5.       Wie wirkt sich eine solche Behandlung generell auf die Patientin aus – insbesondere im Hinblick auf die Fähigkeiten, sich selbst zu pflegen und zu versorgen, den Haushalt zu führen und die Kinder zu pflegen und zu erziehen?

6.       Wenn die Patientin während der Behandlung bei der Besorgung dieser Tätigkeiten auf Hilfe angewiesen ist: Wie lange sind Patientinnen auch noch nach einer solchen Behandlung durchschnittlich auf Hilfe bei der Besorgung dieser Tätigkeiten angewiesen?

In Zusammenschau mit dem von Ihnen erstatteten Gutachten und den darin behandelten Themen ergeben sich aus der Fragestellung der Gerichtsabteilung XXXX insgesamt sechs Fragen- bzw. Themenkomplexe, die von Ihnen im erstatteten Gutachten vom 25.05.2021 beantwortet wurden, sodass eine sechsfache Honorierung der Mühewaltung nach dem Tarif des § 43 GebAG zulässig ist.

Eine „eingehende“ Begründung liegt vor, wenn das Gutachten in allen Einzelheiten sorgfältig und ausführlich (über den Durchschnitt liegend) begründet wird (OLG Wien 23 Bs 137/13k SV 2014/1, 39; OLG Wien 18 Bs 35/15a DAG 2015/20; OLG Wien 19 Bs 164/15d SV 2015/3, 158; OLG Wien 19 Bs 290/15h SV 2016/1, 47 (Krammer) mwN; vgl. hiezu auch Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 29 zu § 43 GebAG).

Für eine „eingehende“ Begründung kommt es nicht auf die Länge des Gutachtens an, sondern auf dessen Aussage und Gehalt (LGZ Wien 42 R 495/03k EFSlg 106.432; LGZ Wien 45 R 645/05v EFSlg 115.705). Eine eingehende Begründung liegt daher vor, wenn die Schlüsse aus dem Befund zwar kurz, aber dennoch schlüssig und nachvollziehbar sind und das Gutachten alle für die Beurteilung der offenen Fragen erforderlichen Angaben enthält. Derartige Gutachten sind nach § 43 Abs. 1 Z 1 lit d zu honorieren (LG Wels 21 R 174/98g SV1998/3, 28 (Krammer); OLG Wien 17 Bs 35/08h; LG Korneuburg 25 R 235/02i SV 2003/1, 44 (Krammer); OLG Innsbruck 5 R 22/12t SV 2014/4, 22; vgl. hiezu auch Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 30 zu § 43 GebAG).


Die Beantwortung der insgesamt sechs Fragen- bzw. Themenkomplexe ist daher nach dem Tarif des § 43 Abs. 1 Z 1 lit d GebAG zu vergüten.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

 

EURO

Zeitversäumnis § 32 GebAG

 

eine begonnene Stunde à € 22,70

22,70

Mühewaltung gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 GebAG (Befund und Gutachten)

 

sechs Fragen-/Themenkomplexe gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 lit d

697,20

Aktenstudium gemäß § 36 GebAG

44,90

Schreibgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Z 3 GebAG

 

Urschrift neun Seiten à € 2,00

18,00

Durchschrift 27 Seiten à € 0,60

16,20

Sonstige Kosten § 31 – Portospesen

10,00

Zwischensumme

809,00

Steuerbefreit laut UStG

0,00

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

809,00

Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 809,00 (exkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.


Schlagworte

Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Gebührensätze Mehrbegehren mehrfache Honorierung Mühewaltung Sachverständigengebühr Sachverständigengutachten Sachverständiger Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2244995.1.00

Im RIS seit

07.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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