TE Vwgh Beschluss 2021/9/10 Ra 2021/02/0165

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Veröffentlicht am 10.09.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs6 Z1
StVO 1960 §52 lita Z10a
StVO 1960 §99 Abs3 lita
VwGG §25a Abs4
VwGG §25a Abs4 Z1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des K in H, vertreten durch Dr. Meinrad Einsle, Dr. Rupert Manhart und Dr. Susanne Manhart, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 1. Juni 2021, 1. LVwG-1-151/2020-R10, 2. LVwG-1-152/2020-R10 und 3. LVwG-1-153/2020-R10, betreffend Übertretungen der StVO, des KFG und des FSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 26. März 2020 wurde dem Revisionswerber als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten „Kleinkraftrades (Mofa)“ vorgeworfen, am 19. August 2019 um 17:40 Uhr bzw. um 18:00 Uhr an näher bestimmten Orten zehn jeweils näher umschriebene Übertretungen der 1. § 52 lit. a Z 10a StVO, 2. § 102 Abs. 1 iVm § 36 lit. a KFG, 3. § 98 Abs. 1 KFG iVm § 58 Abs. 2 KDV, 4. § 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 3 FSG, 5. bis 8. § 102 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 2 KFG, 9. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 15 Abs. 1 Z 4 KFG idF BGBl. I Nr. 87/2014 vom 16. Dezember 2014 und 10. § 102 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 2 KFG, begangen zu haben, weshalb über ihn nach näheren Bestimmungen zu den Spruchpunkten 1., 5. bis 7. und 10. Geld- sowie Ersatzfreiheitsstrafen verhängt, zu den Spruchpunkten 2. bis 4. und 8. bis 9. Ermahnungen erteilt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens festgesetzt wurden.

2        Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hinsichtlich Spruchpunkt 5. des Straferkenntnisses Folge, behob das Straferkenntnis in diesem Punkt und stellte das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ein. Hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte sprach das LVwG mit - für das vorliegende Revisionsverfahren nicht wesentlichen - Maßgaben aus, dass „der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis (...) bestätigt“ werde. Weiters setzte das LVwG den Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens herab, verpflichtete den Revisionswerber zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und erklärte gemäß § 25a VwGG „eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof“ für unzulässig.

3        Begründend führte das LVwG aus, der Revisionswerber habe sein Kleinkraftrad am Tatort zur Tatzeit gelenkt; aufgrund des lauten Motorengeräusches sei ein Polizist aufmerksam geworden und in einem Bereich, in dem durch Straßenverkehrszeichen eine kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h gelte, hinter dem auf der Busspur mit 115 km/h fahrenden Revisionswerber hergefahren. Das Fahrzeug des Revisionswerbers habe nähere Mängel aufgewiesen, die zu einer Gefährdung des Lenkers und anderer Verkehrsteilnehmer führten. Es könne nach der durchgeführten Geschwindigkeitsmessung auf dem Rolltester jedoch nicht festgestellt werden, dass der Revisionswerber das Kraftfahrzeug tatsächlich manipuliert habe. Der Revisionswerber verfüge nicht über eine Lenkberechtigung für die Klasse A1. Das LVwG begründete seine Beweiswürdigung, die rechtlichen Erwägungen und traf Ausführungen zum Verschulden des Revisionswerbers an den angelasteten Verwaltungsübertretungen sowie zur Strafbemessung.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit den Anträgen, die Revision zuzulassen und das Erkenntnis in Stattgebung der außerordentlichen Revision unter Kostenzuspruch wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

5        Die Revision erweist sich als unzulässig:

6        Das vom Revisionswerber angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde enthielt den Vorwurf, zehn verschiedene Verwaltungsübertretungen begangen zu haben, mithin zehn voneinander unabhängige Spruchpunkte. Auch das LVwG hat hinsichtlich der zehn angelasteten Verwaltungsübertretungen mit der Aufhebung des Spruchpunktes 5. des in Beschwerde gezogenen Bescheides und der diesbezüglichen Einstellung des Verfahrens sowie mit der Übernahme der übrigen Spruchpunkte des Straferkenntnisses infolge ihrer Bestätigung getrennte Absprüche getroffen (vgl. VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0109).

7        Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. VwGH 11.5.2021, Ra 2021/02/0105, mwN).

8        Soweit sich die Revision gegen den Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses richtet, erweist sie sich als absolut unzulässig:

9        Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu € 750,-- und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu € 400,-- verhängt wurde.

10       Diese Voraussetzungen treffen für den Abspruch des LVwG zu Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses zu. Über den Revisionswerber wurde wegen Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage und 18 Stunden) verhängt, wobei der Strafrahmen der anzuwendenden Strafnorm € 726,-- beträgt.

11       Bei der im Sinne des § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG in der Strafdrohung vorgesehenen „Freiheitsstrafe“ muss es sich um eine primäre Freiheitsstrafe handeln (vgl. VwGH 5.1.2021, Ra 2020/02/0279, mwN). Eine solche ist hinsichtlich der vorgenannten Übertretung der StVO jedoch nicht vorgesehen.

12       Die Revision erweist sich daher, soweit das LVwG über die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses entschieden hat, gemäß § 25a Abs. 4 VwGG als absolut unzulässig.

13       Soweit sich die Revision gegen das angefochtene Erkenntnis betreffend die übrigen Spruchpunkte des Straferkenntnisses richtet, ist Folgendes auszuführen:

14       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

16       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

17       Zur Begründung ihrer Zulässigkeit hinsichtlich der Bestätigung der übrigen Spruchpunkte des Straferkenntnisses durch das LVwG macht die Revision unter Aufzählung der dem Revisionswerber im Straferkenntnis angelasteten Verwaltungsübertretungen ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend. Das „Straferkenntnis“ verstoße in den angefochtenen Spruchpunkten gegen das Doppelbestrafungsverbot. Ein und derselbe Sachverhalt könne bei einem einheitlichen Tatvorsatz nicht zu einer mehrfachen Bestrafung führen. Dem Revisionswerber werde in sämtlichen angefochtenen Spruchpunkten vorgeworfen, ein Motorrad manipuliert zu haben, wodurch es möglich gewesen sei, mit diesem eine höhere Geschwindigkeit als die festgesetzte Bauartgeschwindigkeit von 45 km/h zu fahren. „Dementsprechend“ seien dem „Beschwerdeführer“ die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit, das Fahren ohne Lenkberechtigung, das Fahren mit einem Motorrad, welches nicht richtig zum Verkehr zugelassen sei, das Verbauen eines Zubehörauspuffes sowie das Entfernen einer Auspuffdrossel jeweils mit gesonderten Strafvorwürfen und Strafen bzw. Ermahnungen vorgeworfen worden. Selbst wenn der Revisionswerber tatsächlich mit einem Motorfahrrad gefahren wäre, welches die zulässige Bauartgeschwindigkeit habe überschreiten können, könne dem Revisionswerber nicht ein und derselbe Sachverhalt mehrfach zum Vorwurf gemacht werden; überdies hätte der Revisionswerber in diesem Falle mit einheitlichem Tatvorsatz gehandelt, was eine Mehrfachbestrafung ausschließe.

18       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Daher ist der Verwaltungsgerichtshof weder verpflichtet, Zulässigkeitsgründe anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 9.12.2019, Ra 2019/02/0224, mwN).

19       Insoweit der Revisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass mit der bloßen Behauptung, eine bestimmte Auffassung des Verwaltungsgerichtes widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die Begründung für die Zulässigkeit der Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt wird, weil nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sein soll (vgl. etwa VwGH 12.9.2017, Ra 2017/02/0100).

20       Wird nämlich eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 7.9.2020, Ra 2020/20/0222, mwN).

21       Die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision beanstandet zunächst lediglich pauschal einen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot unter abstraktem Verweis auf ein Abweichen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und bloßer Wiederholung der dem Revisionswerber in den angeführten Spruchpunkten des Straferkenntnisses angelasteten Tathandlungen, ohne konkret darzulegen, von welcher Rechtsprechung das LVwG in welchen Punkten abgewichen sein soll. Insofern wird die vorliegende Revision den zitierten Anforderungen an die Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht.

22       Entgegen dem weiteren Vorbringen, wonach ein einheitlicher Tatvorsatz eine Mehrfachbestrafung ausschließe, kann dem angefochtenen Erkenntnis auch nicht entnommen werden, dass das LVwG das Vorliegen eines solchen annahm, zumal es im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt 1., 6. und 7. des Straferkenntnisses von einer (zumindest) fahrlässigen Tatbegehung ausging.

23       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 10. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020165.L00

Im RIS seit

07.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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