Entscheidungsdatum
01.10.2021Norm
FrPolG 2005 §120 Abs1bText
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Wachter, LL.M., über die Beschwerde des M M A S, L, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH, Bregenz, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Vorarlberg vom 10.06.2021 betreffend eine Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz (FPG) - nach Durchführung einer mündlicher Verhandlung - zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der über ihn verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro zu bezahlen. Daher ergibt sich ein Kostenbeitrag von 200 Euro. Dieser Betrag ist zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens an die L Vorarlberg zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er sei in der Zeit zwischen 06.02.2021 bis zumindest 09.02.2021 aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht unverzüglich seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachgekommen, nachdem eine gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung rechtskräftig und durchsetzbar geworden sei, und ein Rückkehrberatungsgespräch gemäß § 52a Abs 2 BFA-VG in Anspruch genommen worden sei. Am 18.12.2020 sei die Rückkehrentscheidung rechtskräftig und durchsetzbar geworden. Das Rückkehrberatungsgespräch sei am 04.02.2021 in Anspruch genommen worden. Der letzte bekannte Aufenthaltsort sei in L, Mstraße gewesen. Die Landespolizeidirektion Vorarlberg erblickte hierin eine Übertretung des § 120 Abs 1b Fremdenpolizeigesetz iVm §§ 52, 52a Abs 2 BFA-VG. Es wurde eine Geldstrafe von 1.000 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und 19 Stunden festgesetzt.
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, dass gemäß § 120 Abs 1b FPG die nicht erfolgte Ausreise iVm oder ohne Nichtinanspruchnahme eines Rückkehrberatungsgesprächs „aus von ihm zu vertretenden Gründen“ mit Geldstrafe von 5.000 bis 15.000 Euro zu bestrafen sei. Die absurden Strafbestimmungen des § 120 FPG seien bereits mehrfach vom Verfassungsgerichtshof kassiert und eine Verwaltungsstrafbestimmung mit einer Mindeststrafe von 5.000 Euro sei unions- und verfassungsrechtswidrig, dies insbesondere, wenn sie sich gegen Personen richten würde, die aufgrund fehlender Einkunftsmöglichkeiten eine Verwaltungsstrafe von mindestens 5.000 Euro niemals bezahlen könnten. Tatsächlich handle es sich also um eine Verwaltungsstrafbestimmung, die aufgrund in allen erdenkbaren Fällen fehlender Möglichkeit der Bezahlung faktisch eine primäre Freiheitsstrafe verhänge. Es sei auch unsachlich, Nichtausreise ohne und mit Inanspruchnahme einer Rückkehrentscheidung gleich streng zu bestrafen. Der Strafrahmen sei auch im Hinblick auf die Strafbestimmung der § 120 Abs 1 und 1a FPG verfassungswidrig. Weshalb eine Nichtausreise aus dem Bundesgebiet mit einer Mindestgeldstrafe, die um den Faktor 50 höher sei als die rechtswidrige Einreise und um den Faktor 10 als der rechtswidrige Aufenthalt bestraft werde, sei in keiner Weise sachlich gerechtfertigt oder nachvollziehbar. Eine Bestrafung des Beschuldigten sei daher bereits aufgrund verfassungswidriger Rechtslage denkunmöglich. Der Beschuldigte habe im Tatzeitraum 06.02. bis 09.02.2021 auch faktisch nicht aus dem Bundesgebiet ausreisen können. Aufgrund des COVID-19 bedingten Lockdowns sei eine Ausreise in den Irak faktisch nicht möglich. Der Flugverkehr sei gesperrt, es habe keine Flüge aus Österreich hinaus und es waren im Irak auch keine Landungen möglich.
Bis heute würden neben dem österreichischen Außenministerium auch das Deutsche Auswärtige Amt vor allen Reisen in den Irak warnen. Der Irak gelte nach der WHO auch als Corona-Hochrisikogebiet und bestehe für Reisende aus Europa eine Einreisesperre. Die österreichische Botschaft im Irak sei aus Sicherheitsgründen geschlossen und könne nicht einmal in Not geratene Österreicher eine konsularische Hilfestellung leisten. Es sei die höchste Sicherheitsstufe 6 verhängt worden und es sei dies auch bereits im Tatzeitraum so gewesen. Eine Ausreise sei daher weder möglich noch zumutbar gewesen. Die Voraussetzungen für eine Bestrafung des Beschwerdeführers würden sohin nicht vorliegen. Er habe das vorgeworfene Delikt weder objektiv noch subjektiv verwirklicht.
3. Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der Beschuldigte sowie sein Vertreter nicht erschien sind. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Beschuldigte, welcher am XX.XX.XXXX geboren ist, ist irakischer Staatsangehöriger.
Der Beschuldigte ist in der Zeit vom 06.02.2021 bis 09.02.2021 aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht unverzüglich seiner Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachgekommen. Sein letzter bekannter Aufenthaltsort war L, Mstraße. Im Tatzeitraum 06.02.2021 bis 09.02.2021 war die Einreise in den der Irak für irakische Staatsangehörige möglich. Bei Einreise in den Irak war die Vorlage eines negativen PCR-Tests notwendig. Der Flugverkehr war nicht gesperrt und es gab auch Flugverbindungen in den Irak.
Die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung (Erk des BVwG vom 17.12.2020 ist am 18.12.2020 rechtskräftig und durchsetzbar geworden. Das verpflichtende Rückkehrberatungsgesprächs hat am 04.02.2021 bei einem Berater der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen stattgefunden. Dem Beschuldigten war daher sein illegaler Aufenthalt bewusst und er war nicht rückkehrwillig.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 24.02.2021 die Behandlung der Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.12.2020 abgelehnt. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.05.2021 wurde die Revision des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.12.2020 zurückgewiesen.
4. Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der Einsicht in den verwaltungsbehördlichen Akt sowie des E-Mails des Behördenvertreters vom 03.08.2021 samt Anhang (Anlage A), der Sachverhaltsmitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2021 samt Anlagen (Sachverhaltsmitteilung [Beilage B], Protokoll zur Rückkehrberatung [Beilage C], Länderinformationen [Beilage D] sowie Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.12.2020 [Beilage E]), als erwiesen angenommen. Er wird vom Beschwerdeführer auch nicht substantiiert bestritten. Zur Verhandlung ist weder der Beschwerdeführer noch sein Vertreter erschienen.
Dass der Beschuldigte aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht unverzüglich seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachkam, ergibt sich aus der lebensnahen Betrachtungsweise des objektiven Sachverhaltes. Im Rahmen des Rückkehrberatungsgesprächs am 04.02.2021 war der Beschuldigte nicht rückkehrwillig (was sich aus dem unbedenklichen Protokoll ergibt) und war ihm damit sein illegaler Aufenthalt bewusst. Rechtserhebliche Gründe, die den Beschuldigten an der Ausreise gehindert haben, sind nicht zu erkennen und sind im Beweisverfahren bzw in der Verhandlung, an der der Beschuldigte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht teilnahm, auch nicht hervorgekommen. Dafür, dass es dem Beschuldigten unverschuldet nicht möglich gewesen sein soll, einen Flug bzw seine Ausreise zu organisieren, gibt es keine Anhaltspunkte, zumal das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seiner Stellungnahme vom 04.08.2021 Flüge auflistet, mit denen der Beschuldigte im Tatzeitraum reisen hätte können.
Die Feststellungen zur Möglichkeit der Einreise in den Irak für irakische Staatsbürger konnte aufgrund der unbedenklichen Auszüge aus der der Homepage des Auswärtigen Amtes in Deutschland getroffen werden. Dass der Flugverkehr nicht gesperrt war und es auch Flugverbindungen in den Irak gab, ergibt sich aus der schlüssigen Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, in der konkrete Flüge aufgelistet werden. Gegenteilige Beweisergebnisse liegen auch nicht vor.
5.1. Wer als Fremder aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht unverzüglich seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachkommt, nachdem eine gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung rechtskräftig und durchsetzbar geworden ist, und ein Rückkehrberatungsgespräch gemäß § 52a Abs 2 BFA-VG in Anspruch genommen oder bis zum Eintritt der Rechtskraft und Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht in Anspruch genommen hat, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis 15 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmens möglich ist (§ 120 Abs 1b FPG, BGBl I Nr 100/2005, idF BGBl I Nr 27/2020).
Gemäß § 52a Abs 2 BFA-VG, BGBl I Nr 87/2012, idF BGBl I Nr 145/2020, ist ein Rückkehrberatungsgespräch verpflichtend in Anspruch zu nehmen, wenn
1. gegen einen unrechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung – wenn auch nicht rechtskräftig – erlassen wird,
2. gegen einen rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung durchsetzbar oder rechtskräftig wird,
3. einem Asylwerber eine Mitteilung nach § 29 Abs 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 ausgefolgt wird oder
4. gegen einen Asylwerber eine Rückkehrentscheidung durchführbar oder rechtskräftig wird.
Wenn das Asylverfahren beschleunigt geführt wird (§ 27a AsylG 2005) oder beabsichtigt ist, gegen den Asylwerber oder Fremden eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, so kann eine Rückkehrberatung bereits in einem früheren Verfahrensstadium mit Verfahrensanordnung angeordnet werden. Darüber hinaus sind Rückkehrberatungsstellen ermächtigt, Fremden, gegen die eine Rückkehrentscheidung – wenn auch nicht rechtskräftig – erlassen wurde, weitere Rückkehrberatungsgespräche anzubieten. Fremde sind im Falle eines nachweislich angebotenen Rückkehrberatungsgesprächs verpflichtet, dieses in Anspruch zu nehmen.
Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält (§ 52 Abs 8 FPG, BGBl I Nr 110/2019).
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 10.03.2020, Zl G 163/2019-16 ua, einem Gesetzesprüfungsantrag des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg Folge gegeben und die im § 120 Abs 1b FPG enthaltene Wort- und Ziffernfolge „von 5.000“ als verfassungswidrig aufgehoben. Weiters hat der Verfassungsgerichtshof zu Recht erkannt, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten und die aufgehobene Wort- und Ziffernfolge nicht mehr anzuwenden ist.
5.2. Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Beschuldigte gegen § 120 Abs 1b FPG verstoßen hat; die diesbezüglichen Tatbestandsvoraussetzungen liegen vor: Beim Beschuldigten handelt es sich um einen Fremden im Sinne der Bestimmungen des FPG. Der Beschuldigte ist in dem ihm vorgeworfenen Tatzeitraum nicht unverzüglich seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachgekommen. Eine gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung war zum Tatzeitpunkt rechtskräftig und durchsetzbar.
Somit wird davon ausgegangen, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Tat in objektiver Hinsicht verwirklicht hat.
Da das Fremdenpolizeigesetz über das Verschulden keine Aussage trifft, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG. Bei derartigen Delikten ist dann Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Glaubhaftmachung bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und Beweismittel zum Beleg desselben bekanntzugeben oder vorzulegen. Dies ist ihm nicht gelungen und wurde auch die subjektive Tatseite verwirklicht.
Betreffend das Vorbringen des Beschwerdeführers zur COVID-19-Pandemie ist festzuhalten, dass es das Gericht nicht anzweifelt, dass der internationale Flugverkehr im Tatzeitraum eingeschränkt war. Nach den Feststellungen gab es im Tatzeitraum Flugverbindungen und hat der Beschuldigte auch kein nachvollziehbares Vorbringen erstattet, wieso er diese Flugverbindungen nicht in Anspruch nehmen konnte. Dass er sich entsprechend bemüht hat und etwa die Behörden angefragt hat, wird auch nicht behauptet. Vielmehr geht das Gericht von Schutzbehauptungen aus.
Zu den in der Beschwerde angeführten „Reisewarnungen“ ist festzuhalten, dass das Vorliegen entsprechender Reisewarnungen vom Gericht nicht angezweifelt wird. Dazu war zu erwägen, dass diese für Reisen von Inländern in das Ausland bzw Drittstaaten gedacht sind und darin insbesondere vor nicht notwendigen (va auch touristischen) Reisen gewarnt wird. Zur Frage, ob einem zur Ausreise verpflichteten irakischen Staatsbürger die Ausreise in sein Heimatland zumutbar ist, können die „Reise“-Warnungen nicht herangezogen werden und haben diese dafür keine Aussagekraft. Ebenfalls für diese Frage irrelevant ist, ob die österreichische Botschaft im Irak geschlossen ist oder nicht und ob in Not geratenen Österreicher, konsularische Hilfestellung geleistet werden kann oder nicht.
5.3. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.03.2020, G 163/2019-16 ua, hat dieser die Wort- und Ziffernfolge „von 5.000“ in § 120 Abs 1b, FPG, BGBl I Nr 100/2005, idF BGBl I Nr 145/2017, als verfassungswidrig aufgehoben. In Ermangelung einer Mindeststrafe von 5.000 Euro sind die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde für das Landesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar. Vorliegend wurde auch eine Strafe in Höhe von 1.000 Euro verhängt. Es sind dem Gericht keine Bedenken an der Strafnorm des § 120 Abs 1b FPG entstanden (auch, weil ein erhebliches öffentliches Interesse an der Einhaltung der Einreise- und Einwanderungsbestimmungen besteht, s dazu näher unter Punkt 6., was sich auch in der Strafdrohung widerspiegelt).
6. Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften kommt aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Die sanktionslose Duldung des Aufenthaltes von Fremden, die entgegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung illegal im Bundesgebiet verbleiben und somit rechtskräftige Entscheidungen missachten, führt letztlich dazu, dass Fremde, die sich rechtskonform verhalten und ihre - auch im Sinne des Art. 8 EMRK bestehenden – Interessen an einem Aufenthalt in Österreich rechtskonform verfolgen, gegenüber Personen, die sich illegal in Österreich aufhalten und behördliche bzw gerichtliche Entscheidungen ignorieren, benachteiligt wären. Es liegt auf der Hand, dass dadurch die Vollziehung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen erheblich erschwert würde, weshalb gravierende öffentliche Interessen an der Einhaltung der Einreise- und Einwanderungsbestimmungen bestehen. Dem Beschuldigten war sein illegaler Aufenthalt bewusst. Im Hinblick auf das Verschulden wird daher von einem bedingten Vorsatz ausgegangen.
Mildernd war die Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe sind keine erkennbar.
Der Beschuldigte hat in seiner Beschwerde keine Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht. Selbst bei Annahme von ungünstigen persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten erscheint es angesichts des § 120 Abs 1a FPG, der im Falle eines unrechtmäßigen Aufenthalts bereits eine Mindeststrafe von 500 Euro vorsieht, unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit, aber auch im Hinblick auf den in § 120 Abs 1b vorgesehenen erhöhten Strafrahmen (bis zu 15.000 Euro) gerechtfertigt zu sein, im vorliegenden Fall eine Geldstrafe von 1.000 Euro zu verhängen. Die Strafe befindet sich im untersten Bereich der Strafdrohung.
Unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers findet das Landesverwaltungsgericht die von der Behörde festgesetzte Strafe schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.
7. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Fremdenpolizei, Ausreiseverpflichtung aufgrund Rückkehrentscheidung, ReisewarnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2021:LVwG.1.384.2021.R21Zuletzt aktualisiert am
06.10.2021