TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/18 W255 2120493-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2021
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Entscheidungsdatum

18.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55

Spruch


W255 2120493-2/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch seinen Vater XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, als gesetzlichen Vertreter, dieser vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2019, Zl. 831835105-180539044, nach Durchführung öffentlicher mündlicher Verhandlungen am 04.12.2020 und 10.02.2021, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

1.       Verfahrensgang:

1.1.    Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein minderjähriger afghanischer Staatsangehöriger, reiste gemeinsam mit seinem Vater und zwei seiner vier Brüder unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte – vertreten durch seinen Vater als gesetzlichen Vertreter – am 13.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2.    Am 14.12.2013 fand die Erstbefragung des Vaters des BF, als gesetzlicher Vertreter des BF, vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion XXXX statt.

1.3.    Am 15.04.2014 wurde der Vater des BF, als gesetzlicher Vertreter des BF, vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

1.4.    Mit Bescheid des BFA vom 14.01.2016, Zl. 831835105-1768314, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 34 Abs. 3 AsylG 2005 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt II.) und dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.01.2017 erteilt. Auch die Anträge seines Vaters und seiner beiden Brüder wurden bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und ihnen jeweils der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

1.5.     Gegen Spruchpunkt I. des unter Punkt 1.4. genannten Bescheides des BFA erhob der BF (ebenso wie sein Vater und seine beiden Brüder) fristgerecht Beschwerde.

1.6.    Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.06.2016 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari sowie im Beisein des BF, seines Bruders, seines Vaters, einer rechtsfreundlichen Vertreterin und eines Sachverständigen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

1.7.    Mit Schreiben vom 03.11.2016 beantragte der BF die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

1.8.    Mit Bescheid des BFA vom 15.02.2017, Zl. 831835105-1768314, wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF als subsidiär Schutzberechtigter auf dessen Antrag bis zum 14.01.2019 verlängert.

1.9.    Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120490-1/28E, wurde dem Vater des BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120493-1/24E, wurde dem BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 34 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens zuerkannt.

1.10.   Mit Aktenvermerk des BFA vom 11.06.2018 wurde ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten des BF eingeleitet, da sich Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass der BF ein besonders schweres Verbrechen begangen haben könnte, da er rechtskräftig von einem inländischen Gericht verurteilt worden war.

1.11.   Am 18.06.2018 wurde der BF, im Beisein seines Vaters als gesetzlicher Vertreter, vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF ua an, dass er in Österreich nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sei. Auf Vorhalt entsprechender Anzeigen gegen den BF wegen Raub und Diebstahl, gab der BF an, dass es richtig sei, dass diesbezügliche Anzeigen vorliegen würden. Der BF habe falsche Freunde gehabt, die ihn vom rechten Weg abgeleitet hätten. Außerdem habe er gar nichts genommen, sondern immer nur draußen gewartet. Er werde so etwas aber nicht mehr machen.

Der BF besuche derzeit in Österreich eine Sonderschule. Er habe zunächst die Hauptschule in XXXX besucht, sei aber aufgrund seines Verhaltens – er habe mit einem Afghanen zum Spaß gerungen und mit einem Albaner geboxt – in diese Sonderschule versetzt worden. Er sei nicht Mitglied in einem Verein und gehe keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Sein Vater und zwei seiner vier Brüder würden in Österreich leben, seine Mutter, drei Schwestern und zwei Brüder gemeinsam mit der Großmutter väterlicherseits des BF in Afghanistan. In Afghanistan würde die Familie von der Landwirtschaft leben. Der BF stehe in Kontakt mit seiner Mutter.

1.12.   Am 27.06.2019 wurde der BF im Beisein seines Vaters als gesetzlicher Vertreter neuerlich vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der Einvernahme wurde dem BF vorgehalten, dass er wegen gefährlicher Drohung gemäß § 107 StGB, wegen Raubes gemäß § 142 StGB und wegen Körperverletzung gemäß § 83 StGB verurteilt worden sei. Der BF machte hierzu zunächst keine Angaben und gab sodann an, so etwas nicht mehr zu machen. Im weiteren Verlauf der Einvernahme gab er an, das Mädchen in Zusammenhang mit dem Raub nicht geschlagen zu haben. Er würde nie ein Mädchen schlagen, wenn, dann einen Jungen oder einen Mann, aber kein Mädchen.

Der Vater des BF gab an, dass sein Sohn psychisch krank sei und nicht zwischen gut und schlecht unterscheiden könne. Er könne nicht einmal gescheit denken. Er habe einen Diebstahl begangen, die Polizei habe ihn freilassen und er habe nicht gewusst, dass seine Tat falsch gewesen sei. Erst im Gefängnis habe er die Lehre bekommen. Sein Sohn kapiere nicht, dass der Schutz in Österreich mehr wert sei, als 100 Millionen. Seitdem der BF im Gefängnis gewesen sei, sage der BF zu seinem Vater, dass er so etwas nicht mehr machen und die Schule besuchen werde. Der Vater wolle sich für seinen Sohn entschuldigen.

1.13.    Mit Bescheid des BFA vom 11.07.2019, Zl. 831835105-180539044, wurde der dem BF mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120493-1/24E, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Dem BF wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG iVm. 52 Abs. 2 Z 3 FPG 2005 gegen den BF erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise des BF wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

1.14.   Gegen den unter Punkt 1.13. genannten Bescheid des BFA richtet sich die vom BF fristgerechte erhobene Beschwerde vom 31.07.2019.

1.15.   Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 08.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurden der Gerichtsabteilung W266 des Bundesverwaltungsgerichts zugeteilt.

1.16.   Auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W266 des Bundesverwaltungsgerichts abgenommen und am 11.05.2020 der Gerichtsabteilung W255 des Bundesverwaltungsgerichts neu zugewiesen.

1.17.   Mit Schreiben vom 19.10.2020 wurden dem BF vom Bundesverwaltungsgericht aktuelle Länderfeststellungen betreffend Afghanistan übermittelt.

1.18.   Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.12.2020 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari sowie im Beisein des BF, seiner rechtsfreundlichen Vertreterin und seines Vaters eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Im Zuge der Verhandlung wurde auch einer der Brüder des BF ( XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan) einvernommen. Dabei gab der BF an, dass er gesund sei. Er sei in der Stadt XXXX aufgewachsen. Seine Mutter und ein Teil seiner Geschwister wären nach der Ausreise des BF aus Afghanistan in Afghanistan geblieben. Der BF habe keine Verwandten in Afghanistan. Seine vier Onkel mütterlicherseits hätten in Afghanistan gelebt, er stehe derzeit nicht mit ihnen in Kontakt. Der BF habe zwar gar keinen oder nicht so oft Kontakt mit seiner Mutter gehabt, als diese (noch) in Afghanistan gelebt habe, sie habe ihm aber erzählt, dass die Taliban drei- bis viermal bei ihr eingebrochen hätten.

Der Vater des BF habe in Österreich in Vergangenheit für XXXX gearbeitet, gehe derzeit aber nicht arbeiten. Der BF besuche die 9. Schulstufe der Sonderschule XXXX in XXXX . Er habe in Österreich nie regelmäßig gearbeitet, nur einmal geschnuppert. Er helfe einer Frau beim Rasen mähen und bekomme dafür EUR 10,- pro Stunde. Er sei Mitglied in einem Box-Club gewesen, sei jetzt aber kein Mitglied mehr.

Der BF habe in Österreich strafbare Handlungen verübt. Er habe „geschlägert“, Körperverletzungen begangen, Diebstahl „und so weiter“. Seit er vor eineinhalb Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden sei, habe er nichts mehr gemacht. Er sei früher mit falschen Freunden unterwegs gewesen. Der BF sei genauso wie sein Bruder XXXX Mitglied der Gruppe/Bande „ XXXX “ gewesen. Er sei damals verrückt gewesen, mittlerweile aber „gescheit“. In der Zwischenzeit sei auch seine Mutter von Afghanistan nach Österreich gekommen. Bei jenem 11jährigen Mädchen, das der BF gemeinsam mit anderen Mittätern an zwei unterschiedlichen Tagen unter Gewaltanwendung beraubt hat, habe sich der BF nicht entschuldigt. Er habe sich zwar entschuldigen wollen, das Mädchen bei Gericht aber nicht gesehen.


Der BF wolle nicht nach Afghanistan zurückkehren, da er dort niemanden habe. Die Taliban würden ihn töten. Das passiere immer in Afghanistan. In Afghanistan gebe es seit 50 Jahren Krieg und die Taliban hätten erst vor ein paar Tagen Schüler getötet.

Der Vater des BF gab als Zeuge befragt an, dass seine Ehegattin bzw. Mutter des BF im November 2019 gemeinsam mit drei Schwestern und zwei Brüdern des BF in Österreich angekommen sei und nun hier lebe. Die Mutter, die drei Schwestern und zwei Brüder des BF hätten nach der Ausreise des BF aus Afghanistan 2013 gemeinsam mit der Großmutter väterlicherseits des BF im Elternhaus des Vaters des BF in XXXX gelebt. Die Großmutter väterlicherseits des BF habe Geld gehabt und für den Lebensunterhalt der Mutter und der fünf Geschwister des BF gesorgt. Es habe sich um Einkünfte aus der Landwirtschaft und um Pensionsgeld vom Großvater väterlicherseits des BF gehandelt. Die Großeltern mütterlicherseits des BF würden auch noch in XXXX leben. Die Mutter des BF habe in Afghanistan nie gearbeitet. Der Vater des BF habe von Österreich aus nie Geld nach Afghanistan geschickt.

Die Mutter des BF sei gemeinsam mit den drei Schwestern und zwei Brüdern des BF sowie mit der Unterstützung des Onkels mütterlicherseits des BF zweimal zur Österreichischen Botschaft in XXXX gefahren, um einen Antrag auf Familienzusammenführung im Rahmen des Asylverfahrens des Vaters des BF zu stellen. Dann sei sie mit dem Auto nach XXXX und von dort mit dem Flugzeug nach Österreich gereist.

Der BF würde derzeit gemeinsam mit seinem Vater, seiner Mutter, zwei Schwestern und drei Brüdern in einer 120m² großen Wohnung in XXXX leben. Einer seiner Brüder befinde sich derzeit im Gefängnis. Eine Schwester habe geheiratet und lebe mit ihrem Ehegatten in XXXX . Die Mutter des BF sei schwanger und erwarte am XXXX ihr neuntes Kind. Die Familie des BF lebe in Österreich von der Unterstützung durch das AMS, das Finanzamt und das Rathaus.

1.19.   Das Bundesverwaltungsgericht führte am 10.02.2021 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari sowie im Beisein des BF, seines rechtsfreundlichen Vertreters und seines Vaters eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Im Zuge der Verhandlung wurde die Mutter des BF als Zeugin einvernommen. Diese gab ua an, nach der Ausreise des BF mit seinem Vater und zwei Brüdern im Mai 2013 weiterhin – gemeinsam mit den fünf anderen Geschwistern des BF – in Afghanistan geblieben zu sein. Sie habe teils im Dorf XXXX , teils im Dorf XXXX gelebt. Die Mutter habe in Afghanistan nicht gearbeitet. Sie habe vom Verkaufserlös eines Grundstückes und von Hausgegenständen sowie vom Pensionsgeld ihres Schwiegervaters gelebt. Im Heimatdistrikt des BF würden nach wie vor drei ihrer Brüder mit ihren Familien, ihre Eltern und ihr Schwiegervater leben. Die Mutter des BF habe seit der Ausreise des BF aus Afghanistan keinen Kontakt mit den Taliban gehabt. Diese seien „nur“ vor der Ausreise des BF gekommen.

Im Zuge der Verhandlung wurde der Vater des BF als Zeuge einvernommen. Dieser bestätigte ua, dass die Taliban während seines Aufenthaltes in Afghanistan zum Elternhaus gekommen wären, jedoch nicht mehr nach seiner Ausreise aus Afghanistan. In XXXX , wo er gearbeitet habe, sei er von den Taliban (auch vor seiner Ausreise) nicht bedroht worden.

2.       Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrages auf internationalen Schutz des BF vom 13.12.2013, der Erstbefragung und der Einvernahmen des BF und seines Vaters (als gesetzlichen Vertreter) durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Bescheide des BFA, der Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120493-1/24E (betreffend den BF), W151 2120490-1/28E (betreffend den Vater des BF), W151 2120494-1/24E (betreffend den Bruder des BF) und W151 2120491-1/25E (betreffend den Bruder des BF), der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 04.12.2020 und 10.02.2021, der Länderberichte zu Afghanistan sowie der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakte des Bundesverwaltungsgerichts betreffend den BF, seinen Bruder XXXX (GZ W255 2120491-2) und seinen Vater XXXX (GZ W151 2120490) sowie die Einsichtnahme in die zur

GZ 8 St 137/16g seitens der Staatsanwaltschaft XXXX ,

GZ 18 St 314/16k seitens der Staatsanwaltschaft XXXX ,

GZ 16 St 140/17h seitens der Staatsanwaltschaft XXXX ,

GZ 55 BAZ 726/17x seitens der Staatsanwaltschaft XXXX ,

GZ 43 BAZ 685/18f seitens der Staatsanwaltschaft XXXX ,

GZ 18 St 305/17p seitens der Staatsanwaltschaft XXXX ,

GZ 31 U 11/19i seitens des Bezirksgerichts XXXX ,

GZ 26 Hv 44/2018t seitens des Landesgerichts XXXX und

GZ 33 Hv 18/19x seitens des Landesgerichts XXXX ,

geführten Strafakte, der Einsichtnahme in diverse (unter Punkt 2.3.17 näher genannte) Verwaltungsstrafakte des Magistrats XXXX , das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

2.1.    Zur Person des BF:

2.1.1.    Der BF führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX .

2.1.2.  Der BF ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und sunnitischer Muslim. Die Muttersprache des BF ist Dari.

2.1.3.  Der BF wurde im Dorf XXXX , im Distrikt XXXX , in der Provinz XXXX , geboren und ist gemeinsam mit seinen Eltern ( XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX ), vier Brüdern ( XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX ) und drei Schwestern ( XXXX , ca. 21 Jahre alt, XXXX , geb XXXX und XXXX , geb. XXXX ) in den Dörfern XXXX und XXXX aufgewachsen. Diese Dörfer liegen ca. 30km von der Stadt XXXX entfernt, im Distrikt XXXX , in der Provinz XXXX . Sie liegen ca. eine halbe Stunde Autofahrt voneinander entfernt. In beiden Dörfern existieren zum Entscheidungszeitpunkt Schulen, die geöffnet sind.

2.1.4.  Der BF hat in Afghanistan drei Jahre die Schule besucht. Der BF war in Afghanistan nicht erwerbstätig.

2.1.5.  Der Lebensunterhalt der Familie des BF wurde während seines Aufenthaltes in Afghanistan durch die familieneigene Landwirtschaft sowie durch das Einkommen seines Vaters als KFZ-Fahrer gesichert. Der Vater des BF war beruflich in XXXX tätig und ist regelmäßig in das Elternhaus des BF gekommen, um Zeit mit seiner Familie zu verbringen (siehe auch Punkt 2.1.11.).

2.1.6.  Der BF hat Afghanistan gemeinsam mit seinem Vater und seinen Brüdern XXXX und XXXX im Mai 2013 verlassen. Der BF ist gemeinsam mit seinem Vater und seinen Brüdern XXXX und XXXX im Dezember 2013 unrechtmäßig in Österreich eingereist und hat am 13.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2.1.7.  Die Mutter, die Brüder XXXX , und XXXX , sowie die Schwestern XXXX , XXXX , und XXXX , blieben im Zeitraum Mai 2013 bis November 2019 im selben Distrikt, in der Provinz XXXX und lebten dort teils im Dorf XXXX gemeinsam mit den Großeltern mütterlicherseits des BF und teils im Dorf XXXX , gemeinsam mit den Großeltern väterlicherseits des BF. Der Lebensunterhalt der Mutter, der beiden Brüder und der drei Schwestern des BF wurde im Zeitraum Mai 2013 bis November 2019 durch Erträge aus der familieneigenen Landwirtschaft sowie durch finanzielle Unterstützung der Großeltern väterlicherseits gesichert. Die Großeltern väterlicherseits des BF verfügen über Geld, das von der Pension des Großvaters väterlicherseits des BF stammt. Dieser war vor seiner Pensionierung Ende 2016 als Offizier für die Regierung in der Provinz XXXX tätig. Die Mutter, die Brüder XXXX , und XXXX , sowie die Schwestern XXXX , XXXX , und XXXX , haben im Zeitraum Mai 2013 bis November 2019 in Afghanistan nie gearbeitet. Der Vater des BF hat seit seiner Einreise in Österreich im Dezember 2013 nie Geld nach Afghanistan geschickt, um die dort lebenden Verwandten zu unterstützen.

2.1.8.  Die Mutter, die Brüder XXXX , und XXXX , sowie die Schwestern XXXX , XXXX , und XXXX sind gemeinsam mit einem der Onkel mütterlicherseits des BF zweimal mit einem Auto von ihrem Lebensmittelpunkt (Dörfer XXXX und XXXX , Distrikt XXXX ) zur Österreichischen Botschaft nach XXXX gefahren, um eine Familienzusammenführung im Rahmen des Asylverfahrens zu beantragen. Nach positiver Erledigung ihrer Anträge sind sie im November 2019 mit dem Auto nach XXXX gefahren und von dort mit dem Flugzeug nach Österreich geflogen. Die Familie hatte keine Sicherheits- oder sonstigen Probleme, diese Strecken mit dem Auto zurückzulegen. Seit November 2019 wohnen die Mutter, die Brüder XXXX , und XXXX , sowie die Schwestern XXXX , XXXX , und XXXX in Österreich.

2.1.9.  Die Mutter des BF, seine Brüder XXXX , und XXXX , seine Schwestern XXXX , XXXX , und XXXX und seine Großeltern mütterlicherseits und väterlicherseits hatten im Zeitraum Mai 2013 bis Dezember 2019 keinen persönlichen Kontakt mit den Taliban. Sie wurden von den Taliban weder bedroht noch verfolgt.

2.1.10.  Die Großeltern väterlicherseits des BF und die Großeltern mütterlicherseits des BF leben nach wie vor in jenen Dörfern ( XXXX und XXXX ), in denen der BF aufgewachsen ist und in denen auch die Mutter, drei Schwestern und zwei Brüder des BF von Mai 2013 bis November 2019 gelebt haben. Die Familie des BF besitzt ein Haus und mehrere landwirtschaftliche Grundstücke im Heimatdistrikt des BF. Die Großeltern väterlicherseits des BF verfügen über Geld, das von der Pension des Großvaters väterlicherseits des BF stammt. Die Großeltern väterlicherseits beziehen zudem Einkommen aus den Erträgen aus der Landwirtschaft. Drei Onkel mütterlicherseits des BF leben im Dorf XXXX . Einer dieser Onkel arbeitet als Gemüseverkäufer, einer dieser Onkel ist Schüler eines Metzgers und der dritte Onkel ist nicht erwerbstätig. Die beiden erwerbstätigen Onkel des BF sind verheiratet und haben Kinder. Der arbeitslose Onkel des BF ist verheiratet und hat keine Kinder. Insbesondere dieser Onkel hat die Mutter und Geschwister des BF während ihres Aufenthaltes in Afghanistan im Zeitraum Mai 2013 bis November 2019 im Alltag unterstützt. Ein (vierter) Onkel mütterlicherseits des BF lebt in XXXX und arbeitet in einer Autowerkstatt. Ein Großonkel mütterlicherseits des BF lebt in der Stadt XXXX . Der Vater des BF steht in regelmäßigem Kontakt mit seiner Mutter (= Großmutter väterlicherseits des BF). Die Mutter des BF steht in regelmäßigem Kontakt mit ihren Eltern (= Großeltern mütterlicherseits des BF).

Die Großeltern väterlicherseits des BF würden den BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan in ihrem Haus aufnehmen und finanziell unterstützen.

Die Großeltern mütterlicherseits des BF würden den BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan in ihrem Haus aufnehmen und finanziell unterstützen.

Die drei in Afghanistan lebenden Onkel mütterlicherseits des BF würden den BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan unterstützen. Sie würden den BF vom Flughafen in XXXX abholen und in seinen Heimatdistrikt und/oder zu einer Unterkunft in der Stadt XXXX bringen.

2.1.11. Der Vater des BF war bis 2005 in der Landwirtschaft in Afghanistan tätig. Zwischen 2005 und 2013 war er als PKW Lenker bzw. Chauffeur und Verantwortlicher für den Transport von Waren ausländischer Truppen, teils für die Sicherheitsfirma „ XXXX “, teils für Kommandant XXXX tätig. Der BF war hierbei hauptsächlich in XXXX tätig. Er hat in XXXX gearbeitet und gelebt und ist regelmäßig, ca. einmal wöchentlich, in sein Elternhaus in das Dorf XXXX , gekommen, um seine Familie zu sehen. Der Vater des BF verfügt über gute Ortskenntnisse und Kontakte (soziales Netzwerk) in XXXX . Der Vater des BF ist auf Facebook aktiv. Sein Profilname lautet: „ XXXX “. Der Vater des BF ist auf Facebook mit 1.189 Personen „befreundet“. Der Großteil dieser „Freunde“ lebt laut ihren Profilangaben in diversen Gegenden Afghanistans, insbesondere in XXXX und XXXX .

2.1.12. Der BF ist gesund, ledig, anpassungsfähig, arbeitsfähig und im erwerbsfähigen Alter. Der BF hat bei einem Unfall im Schwimmbad seinen Mittelfinger verloren. Dies hindert ihn nicht daran, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, Sport auszuüben und/oder zu Schreiben. Der BF hat keine Kinder.

2.2.    Zu den Fluchtgründen des BF und einer Rückkehr nach Afghanistan:

2.2.1.  Der BF konnte nicht glaubhaft machen, dass er und/oder sein Vater, von dem er den Status des Asylberechtigten abgeleitet hat, in Afghanistan (nach wie vor) einer konkreten Bedrohung und/oder Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt ist/sind oder im Fall der Rückkehr nach Afghanistan (nach wie vor) sein würde(n).

2.2.2.  Der BF wurde in seinem Herkunftsstaat niemals inhaftiert und hatte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder auf Grund seiner Rasse, Nationalität, seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme. Der BF war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Es gibt insgesamt keinen stichhaltigen Hinweis, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

2.2.3.  Dem BF droht im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsdistrikt kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

2.2.4.  Der BF wäre in den Städten Mazar-e Sharif, Herat oder XXXX keiner konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung ausgesetzt.

2.2.5.  Der BF ist gesund, volljährig, anpassungsfähig, mobil, arbeitsfähig und hat keine Kinder. Er verfügt über dreijährige Schulbildung in Afghanistan und sechsjährige Schulbildung in Österreich. Er wuchs in Afghanistan in einem afghanischen Familienverband auf und ist mit den Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates und mit einer in Afghanistan gesprochenen Sprache vertraut. Die Großeltern väterlicherseits des BF und die Großeltern mütterlicherseits des BF sowie drei seiner Onkel mütterlicherseits mit ihren Familien leben nach wie vor im Heimatdistrikt des BF (siehe im Detail unter Punkt 2.1.10). Sie beziehen alle ein regelmäßiges Einkommen und würden dem BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan unterstützen. Der Vater des BF hat viele Jahre in XXXX gearbeitet und gelebt. Er ist auf Facebook aktiv und mit 1.189 Personen „befreundet“. Der Großteil dieser „Freunde“ lebt laut ihren Profilangaben in diversen Gegenden Afghanistans, insbesondere in XXXX und XXXX .

Angesichts seines Geschlechts, seines Alters, seiner Bildung, seiner Sprachkenntnisse, seiner Arbeitsfähigkeit und seines aufrechten familiären Netzwerkes könnte er sich in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und XXXX eine Existenz aufbauen und diese – zumindest anfänglich – mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist in der Lage, in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und XXXX eine einfache Unterkunft zu finden. Im Ergebnis ist von einer Selbsterhaltungsfähigkeit des BF in Afghanistan auszugehen. Er hat zudem die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. In einer Gesamtbetrachtung sind Mazar-e Sharif, Herat und XXXX für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, vergleichsweise sichere und über die jeweiligen Flughäfen gut erreichbare Städte. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF nach Mazar-e Sharif, Herat und XXXX ausschließen, konnten nicht festgestellt werden.

Dem BF droht im Falle der Rückkehr in seinen Heimatdistrikt und/oder Neuansiedlung in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und XXXX somit kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit und er läuft auch nicht Gefahr, im Falle der Neuansiedlung in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und XXXX grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

2.2.6.  Im Falle der Rückkehr in seinen Heimatdistrikt und/oder Neuansiedlung in Mazar-e Sharif, Herat oder XXXX läuft der BF auch nicht Gefahr, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten oder sich seine Gesundheit in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern würde. Es sind auch sonst keine Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

2.3.        Zur Integration des BF in Österreich:

2.3.1.    Der BF lebt zum Entscheidungszeitpunkt gemeinsam mit seinen Eltern, drei seiner vier Brüder ( XXXX , XXXX , und XXXX ) sowie drei seiner vier Schwestern ( XXXX , XXXX und XXXX ) in einer 120m² großen Wohnung in XXXX . Einer dieser drei Schwestern ( XXXX ) wurde am XXXX in XXXX geboren. Die vierte Schwester des BF ( XXXX ) lebt mit ihrem Ehegatten in XXXX .

Der vierte Bruder des BF ( XXXX ) befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt, konkret seit 15.10.2020, in der Justizanstalt XXXX . Er wurde mehrfach rechtskräftig wegen diverser Straftaten verurteilt, zuletzt mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 18.12.2020, GZ 25 Hv 62/20k, zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, wegen § 142 Abs. 1 1. Fall StGB.

Die Eltern und Geschwister des BF verfügen über den Status als Asylberechtigte in Österreich. Diesen Status haben alle Familienmitglieder vom Vater des BF abgeleitet.

2.3.2.   Der Vater des BF war von 01.05.2017 bis 30.04.2019, von 09.07.2019 bis 10.07.2019, am 23.07.2019 und von 27.07.2019 bis 30.07.2020 in Österreich erwerbstätig. Er bezog im Zeitraum von 21.03.2016 bis 25.05.2016, von 15.12.2016 bis 24.03.2017, von 02.05.2019 bis 08.07.2091, von 11.07.2019 bis 13.07.2019, von 20.07.2019 bis 22.07.2019, von 24.07.2019 bis 26.07.2019, von 18.08.2020 bis 14.10.2020, von 17.10.2020 bis 25.10.2020, von 30.11.2020 bis 13.11.2020 und seit 18.11.2020 Arbeitslosengeld.

Zum Entscheidungszeitpunkt gehen weder die Eltern noch die im selben Haushalt mit dem BF lebenden Geschwister einer Erwerbstätigkeit nach. Der Vater steht (zuletzt) seit 18.11.2020 im Bezug von Arbeitslosengeld. Die Familie des BF bestreitet den Lebensunterhalt in Österreich durch Bezüge aus der Arbeitslosenversicherung, den Bezug von Familienbeihilfe und Sozialhilfeleistungen. Die Familie des BF ist vom BF nicht finanziell abhängig.

2.3.3.    Der BF hat im Schuljahr 2013/2015 als außerordentlicher Schüler die Volksschule XXXX besucht. Seine Leistung in den einzelnen Gegenständen wurde mit „teilgenommen“ beurteilt.

Der BF hat im Schuljahr 2014/2015 als außerordentlicher Schüler die Volksschule XXXX besucht. Er wurde in keinem Gegenstand beurteilt.

Der BF hat im Schuljahr 2015/2016 als außerordentlicher Schüler die Volksschule XXXX besucht. Er wurde in den Gegenständen Musik, Bildnerische Erziehung, Werken und Sport gut beurteilt. In den übrigen Gegenständen (darunter Deutsch, Lesen, Schreiben) wurde er nicht beurteilt.

Der BF hat im Schuljahr 2016/2017 ab Dezember 2016 die Schule für individuelle Förderung – XXXX (Schulart: „Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf“) besucht und wurde in einem individuellen, mündlichen Gespräch über seine Leistungsbeurteilung informiert.

Der BF hat im Schuljahr 2018/2019 die Schule für individuelle Förderung – XXXX (Schulart: „Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf“) besucht und dabei das gesamte 2. Semester entschuldigt gefehlt. Der BF war zu diesem Zeitpunkt in der Justizanstalt XXXX inhaftiert. Der BF zeigte im Schuljahr 2018/2019 in der Schule verschiedene, stark ausgeprägte Verhaltensweisen. Teils freundlich, offen, ausgeglichen, teils anmaßend und respektlos. Die ersten Monate des Semesters waren gekennzeichnet von vielfachem Nichtakzeptieren von einfachsten Regeln des schulischen Rahmens und von mehrfachem unentschuldigtem Fernblieben vom Unterreicht. Langsam hat der BF im Unterricht Verlässlichkeit gelernt, aber eher nur dann, wenn sie sich für ihn auszahlt. Der BF konnte sich in diesem Semester in Deutsch gut verständlich machen und in ganzen Sätzen sprechen.

Der BF hat im Schuljahr 2019/2020 die Schule für individuelle Förderung – XXXX (Schulart: „Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf“) besucht, wobei er zunächst mehrere Monate unentschuldigt abwesend war. Die größten Herausforderungen haben sich beim Respektieren und Einhalten des Arbeitsrahmens und bei der Bildung von Vertrauen, Geduld und Nervenstärke gezeigt. Die Verhaltensmuster des BF haben sich in diesem Schuljahr stark hin und her geändert: von unerträglich für die Lerngemeinschaft bis hin zu fleißig und zuvorkommend. Der BF hat recht genaue Vorstellungen davon, was sich für ihn auszahlt, oft orientiert er sein Verhalten danach. Der BF konnte sich in diesem Schuljahr in Deutsch gut verständlich machen und formuliert in ganzen Sätzen.

Der BF besucht zum Entscheidungszeitpunkt die 10. Klasse der Schule für individuelle Förderung – XXXX (Schulart: „Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf“).

2.3.4.    Der Freundeskreis des BF in Österreich besteht ausschließlich aus Mitgliedern der vorwiegend in XXXX tätigen Gruppe/Bande „ XXXX “ („ XXXX “), einer Gruppe, die vorwiegend aus tschetschenisch stämmigen und arabisch stämmigen Jugendlichen besteht. Bei dieser Gruppe/Bande handelt es sich um eine kriminelle Vereinigung im Sinne von § 278 Abs. 2 StGB. Der BF hat in Vergangenheit im Zusammenwirken mit anderen Mitgliedern dieser Gruppe/Bande strafbare Handlungen begangen (im Detail siehe unten). Auch ein Bruder des BF ( XXXX ) ist Mitglied dieser kriminellen Vereinigung und wurde in diesem Zusammenhang mehrfach rechtskräftig verurteilt. Der BF verfügt – abgesehen von Mitgliedern dieser kriminellen Vereinigung – über keinen Freundeskreis in Österreich. Er verfügt – abgesehen vom Kontakt zu seinen Verwandten und Mitgliedern dieser kriminellen Vereinigung – über keine sonstigen engen sozialen Bindungen an Österreich.

2.3.5.  Der BF ist in Österreich bisher keiner bezahlten regelmäßigen Erwerbstätigkeit und keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachgegangen. Der BF verfügt über keine den eigenen Lebensbedarf deckenden finanziellen Mittel.

2.3.6.    Der BF war von 15.11.2018 (Vertragsunterzeichnung) bis 25.02.2019 (Inhaftierung in der Justizanstalt XXXX bzw. XXXX ) aktives Mitglied von XXXX . Der BF ist derzeit nicht Mitglied in einem Verein.

2.3.7.  Die Staatsanwaltschaft XXXX führte zur GZ 8 St 137/16g ein Ermittlungsverfahren wegen § 127 StGB und § 105 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde am 09.12.2016 gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.8.  Die Staatsanwaltschaft XXXX führte zur GZ 18 St 314/16k ein Ermittlungsverfahren wegen §§ 127, 129 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde am 20.12.2016 gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.9.  Die Staatsanwaltschaft XXXX führte zur GZ 16 St 140/17h ein Ermittlungsverfahren wegen §§ 127, 131 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde am 06.07.2017 gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.10. Die Staatsanwaltschaft XXXX führte zur GZ 55 BAZ 726/17x ein Ermittlungsverfahren wegen §§ 15, 127 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde mit Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom 10.08.2017 gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.11. Die Staatsanwaltschaft XXXX führte zur GZ 18 St 305/17p ein Ermittlungsverfahren wegen § 107 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren am 14.11.2017 gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.12.  Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 16.08.2018 (rechtskräftig am 16.08.2018), GZ 26 Hv 44/2018t, wegen § 83 Abs. 1 StGB, § 107 StGB und § 142 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde zunächst für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen und die Probezeit aufgrund einer weiteren Verurteilung des BF auf fünf Jahre verlängert.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass

?        der BF am XXXX in XXXX gemeinsam mit einem zweiten Mittäter, einem (minderjährigen) Burschen mit Gewalt eine fremde bewegliche Sache geringen Wertes mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem der Mittäter den Burschen nach einer Verfolgungsjagd zunächst von hinten an der Schultasche festhielt und sodann mit beiden Armen an den Schultern packte und ihn festhielt, während der BF dem Burschen die Geldtasche aus der Hose entriss, eine EUR 10,- Banknote entnahm und flüchtete;

?        der BF am XXXX im Anschluss an den Raub an dem Burschen, eine Zeugin und einen Zeugen des Raubes gefährlich mit der Zufügung einer Verletzung am Körper bedroht hat, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ankündigte, sie zu schlagen bzw. ihnen das Gesicht zu brechen und

?        der BF einer Zeugin des Raubes einen Schlag ins Gesicht versetzt und damit Schmerzen im Gesicht zugefügt hat.

Mildernd wurde das Geständnis, die objektive Schadensgutmachung bezüglich des Raubes, die Unbescholtenheit und das Alter von unter 21 Jahren, erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen mit Vergehen gewertet.

2.3.13. Die Staatsanwaltschaft XXXX führte zur GZ 43 BAZ 685/18f ein Ermittlungsverfahren wegen § 127 StGB, § 241e StGB und § 229 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde mit Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom 17.09.2018 im Hinblick auf das Urteil des Landesgerichts XXXX vom 16.08.2018, GZ 26 Hv 44/2018t, gemäß § 192 Abs. 1 Z 1 StPO eingestellt, weil dem BF mehrere Straftaten zur Last liegen und die Einstellung voraussichtlich weder auf die Strafen oder vorbeugenden Maßnahmen, auf die mit der Verurteilung verbundenen Rechtsfolgen noch auf diversionelle Maßnahmen wesentlichen Einfluss hat.

2.3.14.  Der BF wurde mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 04.04.2019 (rechtskräftig am 09.04.2019), GZ 31 U 11/19i, wegen §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF am XXXX in XXXX versucht hat, der Firma XXXX Red Bull Dosen im Wert von EUR 8,16 zu stehlen und hierbei von einem Security-Mitarbeiter der Firma XXXX beobachtet und festgehalten wurde. Mildernd wurden das Geständnis und der Versuch, erschwerend die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall gewertet.

2.3.15.  Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.05.2019 (rechtskräftig am 07.05.2019), GZ 33 Hv 18/19x, wegen §§ 15 Abs. 1, 142 Abs. 1 StGB, § 148a Abs. 1 StGB und §§ 127, 129 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt. 14 Monate davon wurden für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der Verurteilung nach lag zugrunde, dass der BF

?        am XXXX in XXXX seinem Opfer Bargeld und andere geeignete Raubbeute wegzunehmen versucht hat, indem er das Opfer mit vier weiteren Mittätern umringte und einer der Mittäter von dem Opfer in aggressiv lautem Ton verlangte, ihm die Geldtasche zu übergeben und sie ankündigten, das Opfer andernfalls zu schlagen. Danach schlugen sie dem Opfer in den Bauch, wodurch das Opfer in Form eines Hämatoms verletzt wurde. Es ist dabei nur beim Versuch geblieben, weil sich kein Geld in der Geldtasche des Opfers befand;

?        Mitte Jänner 2019 in XXXX einem 11-jährigen Mädchen ihr Handy und Bargeld, wegzunehmen versucht hat, indem er mit vier weiteren Mittätern auf das auf einer Schaukel sitzende 11-jährige Mädchen zuging, die Täter sie umringten, einer der Täter mehrfach ihr Handy forderte und die Täter, nachdem das Mädchen die Herausgabe verweigerte, sie festhielten und ihr in den Bauch schlugen und sie mit Füßen traten, wobei es infolge ihrer beharrlichen Weigerung beim Versuch geblieben ist;

?        am XXXX in XXXX demselben 11-jährigen Mädchen (wie zuvor Mitte Jänner 2019) ihr Handy und Bargeld, wegzunehmen versucht hat, indem er mit vier weiteren Mittätern auf das auf einer Schaukel sitzende 11-jährige Mädchen zuging, die Täter sie umringten, einer der Täter mehrfach ihr Handy und ihr Geld forderten und ankündigte, sie würden sie andernfalls schlagen und zwei der Täter sie, nachdem sie die Herausgabe verweigerte, an den Armen und um den Bauch festhielten, während ihr die anderen drei Täter, darunter der BF, in den Bauch schlugen und sie mit den Füßen traten, wobei es infolge ihrer beharrlichen Weigerung beim Versuch geblieben ist. Das 11-jährige Mädchen wurde in Form von Prellungen, Blutergüssen und Hautabschürfungen im Bereich des Bauches verletzt.

Der Verurteilung lag weiters zugrunde, dass der BF mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, andere dadurch am Vermögen geschädigt hat, dass er gemeinsam mit weiteren Mittätern zwei Personen, darunter seinen jüngeren Bruder, dazu bestimmte oder zumindest, durch die Bereitschaft zur anschließenden gemeinsamen Konsumation psychisch dazu beitrug, dass diese beiden Personen das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch Eingabe von Daten beeinflussten, indem sie unter Verwendung der von einem Mittäter einem Opfer zuvor entfremden Kreditkarte Waren bezahlten und zwar bei sechs Vorgängen im Zeitraum 01.08.2018 bis 02.08.2018 an sechs verschiedenen Orten Waren im Wert von insgesamt ca. EUR 170,- mit der fremden Kreditkarte bezahlt haben.

Der Verurteilung lag weiters zugrunde, dass der BF am XXXX in XXXX Verfügungsberechtigten der XXXX Bargeld in unbekannter Höhe durch Aufbrechen einer Zeitungskassa gestohlen hat.

Mildernd wurden das Geständnis und der teilweise Versuch, erschwerend die einschlägige Vorstrafe, der rasche Rückfall sowie das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen gewertet.

2.3.16.  Der BF befand sich vom 25.02.2019 bis 20.09.2019 in der Justizanstalt XXXX .

2.3.17.  Über den BF wurde mit Straferkenntnis des Magistrats XXXX vom 05.12.2019, GZ 0069944/2018, eine Geldstrafe in Höhe von EUR 20,- verhängt, da beim BF am XXXX am Vorplatz der Neuen Mittelschule, ein Päckchen Zigaretten gefunden wurde und der BF angab, zu Rauchen, obwohl dies Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr verboten ist. Dieses Straferkenntnis wurde mit 07.01.2020 rechtskräftig.

2.3.18.  Über den BF wurde mit Straferkenntnis des Magistrats XXXX vom 13.02.2020, GZ 0000923/2019, eine Geldstrafe in Höhe von EUR 20,- verhängt, da beim BF am XXXX Zigaretten gefunden wurden, obwohl dies Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr verboten ist. Dieses Straferkenntnis wurde mit 14.08.2020 rechtskräftig.

2.3.19.  Über den BF wurde mit Strafverfügung des Magistrats XXXX vom 25.06.2020, GZ 0005867/2020, eine Geldstrafe in Höhe von EUR 55,- verhängt, da der BF am XXXX , XXXX und XXXX dem Schulunterricht im Ausmaß von 3 Schultagen und zusätzlich vom XXXX bis XXXX wegen zu spät Kommens/unentschuldigtem Verlassen der Schule unentschuldigt ferngeblieben ist, obwohl für ihn im Schuljahr 2019/20 die allgemeine Schulpflicht im Sinne von §§ 1ff Schulpflichtgesetz bestanden hat. Diese Strafverfügung wurde mit 13.07.2020 rechtskräftig.

2.3.20.  Über den BF wurde mit Strafverfügung des Magistrats XXXX vom 26.11.2020, GZ 0117722/2020, eine Geldstrafe in Höhe von EUR 50,- verhängt, da sich der BF am XXXX an einem öffentlichen Ort aufgehalten hat, ohne gegenüber anderen Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihm leben, den – COVID-19 bedingten – Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten (§ 8 Abs. 2 COVID-COVID-19-Maßnahmengesetz iVm. § 16 VStG). Diese Strafverfügung wurde mit 16.12.2020 rechtskräftig.

2.3.21.  Über den BF wurde mit Strafverfügung des Magistrats XXXX vom 04.12.2020, GZ 0122075/2020, eine Geldstrafe in Höhe von EUR 50,- verhängt, da sich der BF am XXXX an einem öffentlichen Ort aufgehalten hat, ohne gegenüber anderen Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihm leben, den – COVID-19 bedingten – Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten (§ 8 Abs. 2 COVID-COVID-19-Maßnahmengesetz iVm. § 16 VStG). Diese Strafverfügung wurde mit 29.12.2020 rechtskräftig.

2.3.22.  Mit Bescheid des Magistrats XXXX vom 20.01.2021, GZ 0072086/2020, wurde der BF aufgefordert, in einem näher genannten Seniorenheim insgesamt zwei Stunden in der Freizeit mitzuhelfen und somit eine soziale Leistung unentgeltlich zu erbringen, da er am XXXX eine Zigarette geraucht hat, obwohl dies Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr verboten ist.

2.3.23.  Über den BF wurde mit Strafverfügung des Magistrats XXXX vom 28.01.2021, GZ 0009477/2021, eine Geldstrafe von EUR 100,- verhängt, da der BF am XXXX gegen die COVID-19 bedingte Ausgangsbeschränkung verstoßen hat (§§ 5 Abs. 1 und 2 iVm § 8 Abs. 5 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020 idF BGBl. I Nr. 138/2020, iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation aufgrund von COVID-19 getroffen werden (2. COVID-19-NotMV), BGBl. II Nr. 598/2020 idF BGBl. II Nr. 17/2021). Diese Strafverfügung ist noch nicht in Rechtskraft erwachsen.

2.3.24. Im Falle des BF ist von einer negativen Zukunftsprognose auszugehen.

2.4.    Zum Verfahrensgang:

2.4.1.    Der BF stellte nach unrechtmäßiger Einreise im österreichischen Bundesgebiet am 13.12.2013 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2.4.2.  Mit Bescheid des BFA vom 14.01.2016, Zl. 831835105-1768314, wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.01.2017 erteilt.

2.4.3.  Mit Schreiben vom 03.11.2016 beantragte der BF die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

2.4.4.  Mit Bescheid des BFA vom 15.02.2017, Zl. 831835105-1768314, wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF als subsidiär Schutzberechtigter auf dessen Antrag bis zum 14.01.2019 verlängert.

2.4.5.  Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120490-1/28E, wurde dem Vater des BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120493-1/24E, wurde dem BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 34 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens zuerkannt.

Die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Vater des BF begründete das BVwG damit, dass der Vater des BF in Afghanistan für den Kommandanten XXXX und für die Sicherheitsfirma XXXX gearbeitet habe und aufgrund dieser Tätigkeit ab Sommer 2011 von den Taliban bedroht worden sei.

Die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den BF begründete das BVwG damit, dass der BF keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht habe, ihm jedoch im Rahmen des Familienverfahrens aufgrund der Zuerkennung an den Vater der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen sei.

2.4.6.  Mit Bescheid des BFA vom 11.07.2019, Zl. 831835105-180539044, wurde der dem BF mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120493-1/24E, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Dem BF wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG iVm. 52 Abs. 2 Z 3 FPG 2005 gegen den BF erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise des BF wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten begründete das BFA damit, dass der BF mehrfach – ua wegen § 83 StGB, § 107 StGB, § 127 StGB, § 129 StGB, § 142 Abs. 1 StGB § 142 Abs. 2 StGB und § 148a StGB – rechtskräftig verurteilt worden sei. Das vom BF zuletzt begangene Verbrechen des Raubes gemäß § 142 Abs. 1 StGB stellte sowohl objektiv als auch subjektiv ein besonders schweres Verbrechen dar.

Dem BF sei eine Rückkehr nach Afghanistan zumutbar, zumal zahlreiche Verwandte des BF (ua seine Mutter, Geschwister, Großeltern und Onkel) nach wie vor in seinem Heimatdistrikt leben würden und der Heimatdistrikt des BF bzw. die Stadt XXXX – anders als andere Distrikte seiner Herkunftsprovinz – sicher seien.

Der BF könne nach einer Rückkehr nach Afghanistan bei seinen Verwandten eine Unterkunft finden, von diesen versorgt und unterstützt werden. Bei einer Rückkehr würde er somit nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten.

2.4.7.  Gegen den unter Punkt 2.4.6. genannten Bescheid des BFA richtet sich die vom BF fristgerechte erhobene Beschwerde vom 31.07.2019.

2.5.    Zur Situation des BF in Afghanistan und der dort herrschenden Lage:

2.5.1.  Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 16.12.2020:

1.       Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die Provinzhauptstädte, die meisten Distriktzentren und die meisten Teile der wichtigsten Transitrouten. Mehrere Teile der wichtigsten Transitrouten sind umkämpft, wodurch Distriktzentren bedroht sind. Seit Februar 2020 haben die Taliban ein hohes Maß an Gewalt gegen die ANDSF (Afghan National Defense Security Forces) aufrechterhalten, vermeiden aber gleichzeitig Angriffe gegen um Provinzhauptstädte herum stationierte Koalitionstruppen - wahrscheinlich um das US-Taliban-Abkommen nicht zu gefährden. Unabhängig davon begann IS/ISKP im Februar 2020 (zum ersten Mal seit dem Verlust seiner Hauptfestung in der Provinz Nangarhar im November 2019) Terroranschläge gegen die ANDSF und die Koalitionstruppen durchzuführen. Die Zahl der Angriffe der Taliban auf staatliche Sicherheitskräfte entsprach dem Niveau der Frühjahrsoffensiven der vergangenen Jahre, auch wenn die Offensive dieses Jahr bisher nicht offiziell erklärt wurde.

Die Umsetzung des US-Taliban-Abkommens, angefochtene Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen, regionale politische Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran, Diskussionen über die Freilassung von Gefangenen, Krieg und die globale Gesundheitskrise COVID-19 haben laut dem Combined Security Transition Command-Afghanistan (CSTC-A) das zweite Quartal 2020 für die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) zum "vielleicht komplexesten und herausforderndsten Zeitraum der letzten zwei Jahrzehnte" gemacht.

Der Konflikt in Afghanistan befindet sich nach wie vor in einer "strategischen Pattsituation", die nur durch Verhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban gelöst werden kann. Die afghanische Regierung führte zum ersten Mal persönliche Gespräche mit den Taliban, inhaltlich wurde über den Austausch tausender Gefangener verhandelt; bis dahin hatten die beiden Seiten sich nur per Videokonferenz unterhalten. Diese Gespräche sind ein erster Schritt Richtung inner-afghanischer Verhandlungen, welche Teil eines zwischen Taliban und US-Amerikanern unterzeichneten Abkommens sind. Die Gespräche fanden vor dem Hintergrund anhaltender Gewalt im Land statt.

Für den Berichtszeitraum 1.1.2020-30.9.2020 verzeichnete UNAMA 5.939 zivile Opfer. Die Gesamtzahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung ist im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres um 13% zurückgegangen, das ist der niedrigste Wert seit 2012. Afghanistans National Security Council (NSC) zufolge nahmen die Talibanattacken im Juni 2020 deutlich zu. Gemäß NATO Resolute Support (RS) nahm die Anzahl an zivilen Opfern im zweiten Quartal 2020 um fast 60% gegenüber dem ersten Quartal und um 18% gegenüber dem zweiten Quartal des Vorjahres zu.

Die Sicherheitslage bleibt nach wie vor volatil. Die höchste Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle wurde in der südlichen Region, gefolgt von den nördlichen und östlichen Regionen, registriert, die allesamt 68% der Zwischenfälle ausmachten. Die aktivsten Konfliktregionen sind in den Provinzen Kandahar, Helmand, Nangarhar und Balkh zu finden. Entsprechend saisonaler Trends, gehen die Kämpfe in den Wintermonaten - Ende 2019 und Anfang 2020 - zurück.

1.1.    Die Sicherheitslage im Jahr 2019

Die geographische Verteilung aufständischer Aktivitäten innerhalb Afghanistans blieb, im Vergleich der beiden Jahre 2018 und 2019, weitgehend konstant. Im Jahr 2019 fanden auch weiterhin im Süden und Westen Afghanistans schwere Kampfhandlungen statt; feindliche Aktivitäten nahmen zu und breiteten sich in größeren Gebieten des Nordens und Ostens aus. Der Resolute Support (RS) Mission (seit 2015 die Unterstützungsmission der NATO in Afghanistan) zufolge, waren für das Jahr 2019 29.083 feindliche Angriffe landesweit zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu waren es im Jahr 2018 27.417. Mit einer hohen Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen - speziell in den südlichen, nördlichen und östlichen Regionen - blieb die Sicherheitslage vorerst volatil, bevor ein Zeitraum der Reduzierung der Gewalt registriert werden konnte. Die UNAMA (Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan) registrierte für das gesamte Jahr 2019 10.392 zivile Opfer, was einem Rückgang von 5% gegenüber 2018 entspricht. Es gab im letzten Jahr (2019) eine Vielzahl von Operationen durch die Sondereinsatzkräfte des Verteidigungsministeriums (1.860) und die Polizei (2.412) sowie hunderte von Operationen durch die Nationale Sicherheitsdirektion.

Seit Ende des Jahres 2019 haben Angriffe durch regierungsfeindliche Elemente erheblich zugenommen. Im September 2019 fanden die afghanischen Präsidentschaftswahlen statt, in diesem Monat wurde auch die höchste Anzahl feindlicher Angriffe eines einzelnen Monats seit Juni 2012 und die höchste Anzahl effektiver feindlicher Angriffe seit Beginn der Aufzeichnung der RS-Mission im Januar 2010 registriert. Dieses Ausmaß an Gewalt setzte sich auch nach den Präsidentschaftswahlen fort, denn im Oktober 2019 wurde die zweithöchste Anzahl feindlicher Angriffe in einem Monat seit Juli 2013 dokumentiert. Betrachtet man jedoch das Jahr 2019 in dessen Gesamtheit, so waren scheinbar feindliche Angriffe, seit Anfang des Jahres, im Zuge der laufenden Friedensgespräche zurückgegangen. Nichtsdestotrotz führte ein turbulentes letztes Halbjahr zu einem Anstieg feindlicher Angriffe um 6% bzw. effektiver Angriffe um 4% gegenüber 2018.

1.2.    Zivile Opfer

Für das Jahr 2019 registrierte die Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) als Folge des bewaffneten Konflikts 10.392 zivile Opfer (3.403 Tote und 6.989 Verletzte), was einen Rückgang um 5% gegenüber dem Vorja

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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