TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/15 W123 2239862-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.04.2021
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Entscheidungsdatum

15.04.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch


W123 2239862-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch RA Dr. Elmar KRESBACH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2021, Zl. 567338709/180076966, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 6 (sechs) Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, wurde am 03.02.2021 von der Landespolizeidirektion Wien festgenommen und anschließend in die Justizanstalt Wien Josefstadt eingeliefert.

2. Am 03.02.2021 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab darin an, dass er in Österreich eine Lebensgefährtin habe, die kroatische Staatsangehörige sei und in Wien wohne. Diese habe er konfessionell geheiratet, jedoch nicht standesamtlich. Der Beschwerdeführer habe die letzten zwei Jahre in Slowenien gearbeitet, wo er auch wohne. Er sei immer nur maximal zwei Tage in Österreich. Der Beschwerdeführer habe seinen Lebensmittelpunkt mit seiner Lebensgefährtin in Österreich begründen wollen.

3. Mit dem oben im Spruch bezeichneten Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

4. Mit Schriftsatz vom 17.02.2021 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde und brachte zusammenfassend vor, dass die Entscheidung der belangten Behörde zu Spruchpunkt I. rechtswidrig sei. Insoweit die weiteren Spruchpunkte auf dem rechtswidrigen Spruchpunkt I. aufbauen würden, seien auch diese in der Stringenz der gegenständlichen Bescheidbegründung von der inhaltlichen Rechtswürdigkeit betroffen. Die belangte Behörde verkenne zudem Artikel 53 EMRK. Es gelte demnach ein Günstigkeitsprinzip zugunsten höherer Grundrechtsstandards im nationalen Recht. Es entspreche österreichischer Grundrechtsdogmatik, dass ein grundrechtlich vorgesehener Eingriff seinerzeit am Gesamtgefüge der Verfassung zu messen sei und sohin seinerzeit auf Schranken stoße. Es reiche nicht aus, eine simple „individuelle Abwägung der betroffenen Interessen“ vorzunehmen. Die österreichischen Grundrechtsstandards seien nämlich demgegenüber höher. Auch im Anwendungsbereich des Artikel 8 EMRK. Darüber hinaus sei ein Aufenthaltsverbot von 8 Jahren unverhältnismäßig hoch und wäre dieses in eventu auf ein Jahr zu beschränken, da die abschreckende Wirkung dadurch gleichermaßen erfüllt sein werde. Es würde Artikel 8 EMRK zu wieder laufen, könnte der Beschwerdeführer derart lange seine Frau in ihrer Heimat nicht besuchen. Zum Punkt „Irrelevanz der serbischen Staatsbürgerschaft“ brachte der Beschwerdeführer schließlich vor, dass nicht die Frage der Staatsbürgerschaft relevant sei, sondern jene der Staatsangehörigkeit. Der Beschwerdeführer verwies in den folgenden Ausführungen auf Grawert, Staatsangehörigkeit und Staatsbürgerschaft, Der Staat 1984.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Serbien und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Seine Identität steht fest.

1.2. Der Beschwerdeführer ist in Serbien geboren und verbrachte die ersten 10 Jahren seines Lebens in Serbien, wo er auch die Grundschule besuchte. In Deutschland besuchte der Beschwerdeführer 10 Jahre die Grundschule und absolvierte das Abitur.

Der Beschwerdeführer schloss am 28.09.2011 mit einer slowakischen Staatsangehörigen die Ehe und beantragte unter Berufung auf diese Ehe die Ausstellung einer Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers. Am 15.02.2016 gab der Beschwerdeführer der Magistratsabteilung 35 (MA 35) die seit 25.01.2016 rechtskräftige Scheidung von der EWR-Bürgerin bekannt.

Mit Schreiben vom 13.09.2017, Zl. XXXX , teilte die MA 35 der belangten Behörde mit, dass bei Überprüfung der materiellen Erteilungsvoraussetzungen festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer bei drei Unternehmen ( XXXX GmbH, XXXX GmbH und XXXX GmbH) beschäftigt war, die per Feststellungsbescheid der Finanzpolizei rechtskräftig als Scheinunternehmen festgestellt wurden.

Der Beschwerdeführer war vom 14.04.2011 - 22.04.2011 bei der XXXX GmbH („Arbeiter“), vom 20.06.2014 - 17.04.2015 bei der XXXX GmbH („Angestellter), vom 07.05.2015 - 10.07.2015 bei der XXXX („Arbeiter“), vom 17.06.2016 - 12.08.2016 bzw. 22.02.2017 - 17.07.2017 bei der XXXX GmbH („Angestellter“), vom 01.09.2016 - 20.02.2017 bei der XXXX OG („Angestellter“) und vom 22.03.2017 - 31.05.2017 bei der XXXX GmbH („Angestellter“) beschäftigt (vgl. AS 203 ff).

Der Beschwerdeführer war erstmals vom 26.03.2009 - 25.10.2010 im Bundesgebiet gemeldet; ferner vom 19.09.2011 - 31.08.2018 (mit einer kurzen Unterbrechung vom 23.02.2016 - 08.03.2016). Weiters liegen zwei Meldungen beim Beschwerdeführer in der Justizanstalt XXXX vor: 24.07.2020 - 03.02.2021 bzw. 03.02.2021 - 11.02.2021. Der Beschwerdeführer ist seit dem 06.09.2017 im Bundesgebiet nicht mehr sozialversichert und seit dem 31.08.2018 nicht mehr behördlich (an einem Wohnsitz) gemeldet.

In Serbien leben die Eltern, der Bruder und eine Schwester des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer ist Vater einer am 21.01.2009 geborenen Tochter. Die Ex-Gattin und die Tochter des Beschwerdeführers wohnen in Sarajevo. Der Beschwerdeführer hat in Österreich eine Lebensgefährtin, die kroatische Staatsangehörige ist. Der Beschwerdeführer heiratete sie in einer Moschee in XXXX . Eine standesamtliche Ehe in Österreich besteht nicht. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen Schlüssel für die neue Wohnung seiner Lebensgefährtin. In Österreich leben ferner zwei Onkel mütterlicherseits samt Cousins und Cousinen. Der Beschwerdeführer lebt und arbeitet in Slowenien.

In Serbien steht dem Beschwerdeführer die Möglichkeit offen, im Elternhaus zu wohnen.

1.3. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10.12.2014 (RK 16.12.2014), Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 12 2. Fall, 302 Abs. 1, 12 2. Fall, 307 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15.10.2015 (RK 07.04.2016), Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 147, 147 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

1.4. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22.12.2020 (RK 22.12.2020), Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 12 2. Fall, 302 Abs. 1 StGB, 28a Abs. 1 5. Fall SMG, 224a StGB zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, davon 14 Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Im Zuge der Strafbemessung wertete das Gericht als mildernd das Geständnis, als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und die Faktenmehrheit.

1.5. Mit Mandatsbescheid der belangen Behörde vom 03.02.2021, Zl. 567338709/210150223, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der Beschwerdeführer wurde am 11.02.2021 in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.

1.6. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

1.7. Der Beschwerdeführer brachte nicht vor, dass ihm in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht.

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, insbesondere das Strafgerichtsurteil vom 22.12.2020, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde.

2.2. Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines Reisepasses sowie seiner Identifizierung durch die österreichischen Strafbehörden fest.

Die Feststellungen zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor der belangten Behörde sowie der unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

2.3. Entgegen den Behauptungen im Beschwerdeschriftsatz kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen, dass die belangte Behörde durch den angefochtenen Bescheid Art. 8 und 53 EMRK bzw. § 9 Abs. 1 BFA-VG verletzt hätte. Der Beschwerdeführer beschränkte sich diesbezüglich lediglich auf allgemeine (grundrechtsdogmatische) Ausführungen, ohne schlüssig und nachvollziehbar (konkret auf den Einzelfall bezogen) darzulegen, warum der belangten Behörde eine Verletzung des Art. 8 EMRK vorzuwerfen wäre bzw. warum sie Art. 53 EMRK verletzten würde.

Zum Vorbringen, wonach die Dauer des Einreiseverbotes von 8 Jahren unverhältnismäßig hoch sei und auf ein Jahr zu beschränken wäre, ist zunächst anzumerken, dass der Beschwerdeführer nicht schlüssig darzulegen vermochte, warum mit der Beschränkung auf lediglich ein Jahr eine „abschreckende Wirkung dadurch gleichermaßen erfüllt sein“ würde (vgl. AS 545). Soweit der Beschwerdeführer zur Begründung vorbringt, dass es Art. 8 EMRK zuwiderlaufen würde, „seine Frau“ derart lange in ihrer Heimat nicht besuchen können, ist zum einen festzuhalten, dass der Beschwerdeführer mit Frau XXXX in Österreich keine Ehe geschlossen hat. Zum anderen nahm der Beschwerdeführer durch sein erneutes strafrechtswidriges Verhalten in den Jahren 2018 und 2019 eine mögliche Trennung seiner in Österreich wohnenden Lebensgefährtin bewusst in Kauf. Abgesehen davon besteht zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin keine dauernde Wohngemeinschaft, da der Beschwerdeführer in Slowenien wohnt und überdies selbst vorbrachte, über keinen Schlüssel für die aktuelle Wohnung seiner Lebensgefährtin zu verfügen (vgl. AS 222).

Im Zusammenhang mit dem Einreiseverbot ist überdies darauf hinzuweisen, dass es dem Beschwerdeführer möglich ist, seine Ex-Gattin und seine XXXX -jährige Tochter in Sarajevo zu besuchen, da Bosnien und Herzegowina nicht vom Einreiseverbot betroffen ist.

Schließlich vermögen auch die abstrakten Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz unter Punkt „Irrelevanz der serbischen Staatsbürgschaft“ (vgl. AS 545 ff) – mangels Relevanz – nicht zu überzeugen. Abgesehen davon steht gegenständlich unstrittig fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger Serbiens ist und daher die serbische Staatsbürgerschaft besitzt (vgl. dazu auch den im Verfahrensakt befindlichen ZMR-bzw. Strafregisterauszug, AS 207 ff).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. (Aufenthaltstitel und Rückkehrentscheidung)

3.1.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

3.1.2. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07-9; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd. Art 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl etwa VwGH 26.1.2006, 2002/20/0423; 8.6.2006, 2003/01/0600; 26.1.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva ua., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff, aber auch VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten, so im Ergebnis auch VfGH 12.06.2013, Zl. U485/2012). Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26. November 2009, 2008/18/0720). Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, Zl. 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0017).

Bei einem über zehnjährigen inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001; VwGH 26.03.2015, Zl. 2013/22/0303; VwGH 16.12.2014, Zl. 2012/22/0169; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0270; VwGH 10.12.2013, Zl. 2013/22/0242).

Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, stellt jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar. Der VwGH hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554). In seinem Erkenntnis vom 03.07.2018, Ra 2018/21/0099, hat der Verwaltungsgerichtshof zudem erwogen, dass auch aus einem einmaligen Fehlverhalten - entsprechende Gravidität vorausgesetzt - eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden kann. Im Hinblick darauf seien die Verhängung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes auch gegen langjährig rechtmäßig in Österreich aufhältige Fremde gegebenenfalls nicht zu beanstanden (vgl. VwGH 29.6.2017, Ra 2016/21/0338; VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0021).

3.1.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der Beschwerdeführer über einen längeren Zeitraum im Bundesgebiet aufrecht gemeldet war und zudem Beschäftigungsverhältnissen in Österreich nachging. Ein durchgehender 10-jähriger Aufenthalt im Bundesgebiet konnte jedoch nicht festgestellt werden. Ferner ist die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers insofern zu relativieren, als dieser bei drei Scheinfirmen beschäftigt war (vgl. dazu auch AS 81 f). Zudem befindet sich seine Kernfamilie (Eltern, Bruder und eine Schwester) im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers. Die minderjährige Tochter des Beschwerdeführers lebt überdies bei seiner Ex-Gattin in Sarajevo.

Zu Lasten des Beschwerdeführers sind besonders die drei strafgerichtlichen Verurteilungen zu berücksichtigen. Die letzte (teils unbedingte) Verurteilung datiert erst mit 22.12.2020. Im Zuge dieser wurde der Beschwerdeführer bereits zum zweiten Male wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt verurteilt und agierte überdies im besonders sensiblen Bereich der Suchtmittelkriminalität. Die bisher verstrichene Zeitspanne erweist sich im Hinblick auf das Gesamtverhalten somit zu kurz, um bereits von einem Wegfall der Gefährdung auszugehen. Um nämlich von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (vgl. VwGH 22.1.2015, Ra 2014/21/0009; 22.3.2018, Ra 2017/22/0194).

3.1.4. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

Ebenso wenig lagen gegenständlich Umstände vor, dass allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre.

3.1.5. Daher war die Beschwerde gegen die Spruchpunkt I. und II. als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. (Abschiebung)

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Im Hinblick auf die gemäß § 52 Abs. 9 FPG getroffenen Feststellungen sind keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht behauptet.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. war daher abzuweisen.

3.3. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkt V. und VI. (aufschiebende Wirkung und freiwillige Ausreise)

3.3.1. Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

3.3.2. Der Verwaltungsgerichtshof geht bezüglich der Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden in ständiger Rechtsprechung davon aus (vgl. zuletzt VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0053-4), dass es in diesem Zusammenhang nicht genüge, auf eine – die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende – Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (vgl. etwa – zum Durchsetzungsaufschub nach § 70 Abs. 3 FPG – VwGH 12.9.2013, 2013/21/0094, mwN; siehe auch – zum Kriterium der Notwendigkeit einer sofortigen Ausreise nach § 52 Abs. 6 FPG – Erkenntnis VwGH 3.7.2018, Ro 2018/21/0007, Rn 11).

Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert demnach das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind. Derartige Umstände, die nicht nur ein öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung begründen, sondern darüber hinaus ihren sofortigen Vollzug erfordern, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid mit dem Verweis auf das strafgerichtliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers und die auch zur Begründung des gegen seine Person erlassenen Einreiseverbotes getroffenen Gefährdungsprognose zutreffend aufgezeigt. Gerade die in der gewerbsmäßigen Tatbegehung gelegene Tendenz des Fremden, sich durch die wiederkehrende Begehung einer strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu sichern, stellt für sich eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (vgl. VwGH 24.5.2005, 2002/18/0289).

3.3.3. Die belangte Behörde ging unter Berücksichtigung der dreifachen rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers im Ergebnis zu Recht davon aus, dass sich die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich erweist.

Folglich hat die belangte Behörde gemäß § 55 Abs. 4 FPG zu Recht von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise Abstand genommen.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und V. war daher ebenfalls abzuweisen.

3.4. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot)

3.4.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom BFA mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Nach § 53 Abs. 3 FPG kann ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG hat als „bestimmte Tatsache“, die (u.a.) bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes von Relevanz ist, insbesondere zu gelten, wenn „ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist“.

3.4.2. Mit der letzten Verurteilung vom 22.12.2020 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten überschreitet der Beschwerdeführer die Tatsache einer Verurteilung „zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten“ deutlich.

Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, stellt jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar. Der VwGH hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, Zl. 2011/23/0556; 20.12.2012, Zl. 2011/23/0554).

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann daher eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Verhinderung von Verbrechen der Suchtmittelkriminalität und Einhaltung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften), als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074).

Angesichts dessen sind letztlich auch Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat auftreten können, im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und insgesamt an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen (vgl. VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2015/21/0180).

Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machen würde, zumal diese Maßnahme angesichts des Verstoßes gegen österreichischen Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.

Eine Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK wurde bereits oben unter Punkt 3.1.3.des gegenständlichen Erkenntnisses durchgeführt; ebenso wurde dargelegt, welchen öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet entgegensteht.

Das von der belangten Behörde angeordnete Einreiseverbot erweist sich somit dem Grunde nach als zulässig.

3.4.3. Gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ist ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes ist das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung an der Einhaltung von Rechtsvorschriften hinsichtlich des Schutzes von Vermögenswerten und der gesellschaftlichen Werte zuwidergelaufen.

Zur Dauer des verhängten Einreiseverbotes ist zunächst auf die Bestimmung des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu verweisen, wonach bereits der Wortlaut der Z 1 leg. cit. die Möglichkeit der Erlassung eines bis zu 10-jährigen Einreiseverbotes bei rechtskräftiger Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten vorsieht. Mit Urteil vom 22.12.2020 wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten (teils unbedingt) verurteilt, wobei seitens des Gerichts als erschwerende Umstände die einschlägigen Vorstrafen sowie die Faktenmehrheit gewertet wurden. Daher erscheint nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Verhängung eines mehrjährigen Einreiseverbotes im vorliegenden Fall als durchaus gerechtfertigt.

Jedoch ist gegenständlich zu berücksichtigen, dass der Strafrahmen bei der letzten Verurteilung des Beschwerdeführers nicht ausgeschöpft wurde (vgl. § 28a Abs. 1 SMG: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, § 302 Abs. 1 StGB: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren) und dieser Umstand von der belangten Behörde nicht berücksichtigt wurde. Ebenso wenig wurde berücksichtigt, dass die einschlägige Vorstrafe bereits mehr als sechs Jahre zurückliegt. Daher erweist sich die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots mit 8 Jahren als nicht angemessen.

3.4.4. Dem (Haupt)Antrag, das Einreiseverbot ersatzlos zu beheben bzw. (in eventu) auf lediglich ein Jahr zu beschränken, kann jedoch insbesondere aufgrund der jüngsten rechtskräftigen Verurteilung vom 22.12.2020 und der darin begangenen Straftaten des Beschwerdeführers nicht nachgekommen werden. Daher war die Dauer des Einreiseverbotes in angemessener Weise mit 6 (sechs) Jahren festzusetzen.

3.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss.

Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung – ungeachtet des Antrages im Beschwerdeschriftsatz – abgesehen werden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Dauer Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Herabsetzung illegaler Aufenthalt Interessenabwägung öffentliches Interesse Rückkehrentscheidung strafrechtliche Verurteilung Suchtmitteldelikt Teilstattgebung Vermögensdelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W123.2239862.1.00

Im RIS seit

06.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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