TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/21 W228 2190965-1

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Veröffentlicht am 21.04.2021
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Entscheidungsdatum

21.04.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W228 2190965-1/36E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX , geboren am XXXX 1987, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Rechtsanwältin Mag. Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.04.2021 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid hinsichtlich seiner Spruchpunkte IV., V. und VI. ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hat am 25.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Bescheid vom 05.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs.1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Dagegen erhob der BF binnen offener Rechtsmittelfrist vollumfänglich Beschwerde.

Mit Erkenntnis vom 18.04.2019, W228 2190965-1/16E, wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde des BF hinsichtlich der Spruchpunkte I., II. und III. dieses Bescheides als unbegründet ab, gab der Beschwerde jedoch hinsichtlich den Spruchpunkten IV. bis VI. statt, stellte fest, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig sei, und erteilte dem BF den Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“. Unter einem sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

Gegen die stattgebenden Spruchpunkte dieses Erkenntnisses (Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und Erteilung eines Aufenthaltstitels) erhob das BFA „außerordentliche“ Amtsrevision.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom 16.02.2021, Ra 2019/19/0212, wurde das Erkenntnis des BVwG im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil sich die vom BVwG vorgenommene Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden als unvertretbar erwiesen hat.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde in der gegenständlichen Rechtssache am 16.04.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung, sowie eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu durchgeführt. Die belangte Behörde entschuldigte ihr Fernbleiben. Der Beschwerdeführer wies sich mit einer Rot-Weiß-Rot Karte plus gemäß § 41a Abs. 9 Z 1 NAG, die bis 19.04.2021 gültig war, aus.

Am 21.04.2021 übermittelte der Rechtsvertreter des BF ein Antragsprotokoll vom 19.04.2021, XXXX , aus dem hervorgeht, dass der BF einen Verlängerungsantrag rechtzeitig vor Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF hat am letzten Tag der Gültigkeit seines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot Karte plus gemäß § 41a Abs. 9 Z 1 NAG einen Verlängerungsantrag gestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verlängerungsantrag ergibt sich aufgrund des Antragsprotokolls vom 19.04.2021, XXXX , welches mit Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom 21.04.2021 in Vorlage gebracht wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

Mit zu W228 2190965-1/16E ergangenem Erkenntnis des BVwG vom 18.04.2019 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sowie bezüglich Nichterteilung eines Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem 7. Hauptstück des AsylG (Spruchpunkt I. bis III. des angefochtenen Bescheides) rechtskräftig abgewiesen.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Damit bleibt fallgegenständlich zu prüfen, ob gegen den BF gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist.

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, verfügte der BF mittlerweile über eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus gemäß dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), deren Gültigkeit mit Ablauf des 19.04.2021 endete.

Da der Beschwerdeführer am letzten Tag vor Ablauf der Gültigkeit einen Verlängerungsantrag gestellt hat, ist § 24 Abs. 1 NAG anwendbar. Dieser lautet: „Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.“

Damit ist der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet aufgrund der Anordnung des § 24 Abs. 1 NAG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Verlängerungsantrag weiterhin rechtmäßig. Der rechtmäßige Aufenthalt steht gemäß § 52 Abs. 2 FPG der Erlassung einer Rückkehrentscheidung entgegen.

Wie der VwGH mit Erkenntnis vom 14.11.2017, Ra 2017/20/0274, klargestellt hat, hat die gemäß § 10 AsylG 2005 "unter einem" vorzunehmende Erlassung einer Rückkehrentscheidung in einem solchen Fall, in dem die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 FPG nicht erfüllt sind, zu unterbleiben (Rn 44 d. Erk.).

Dementsprechend war Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie Spruchpunkt V. betreffend Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Afghanistan ersatzlos zu beheben.

Einer gewichteten Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden bedurfte es somit vorliegend nicht mehr.

Damit verliert auch Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides seine rechtliche Grundlage, weswegen auch dieser ersatzlos aufzuheben war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Die Entscheidung orientiert sich an der Entscheidung des VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/20/0274.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht Behebung der Entscheidung Ersatzentscheidung ersatzlose Teilbehebung rechtmäßiger Aufenthalt Rot-Weiß-Rot-Karte plus Rückkehrentscheidung behoben Verlängerungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W228.2190965.1.00

Im RIS seit

06.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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