TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/4 W282 1426710-2

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Veröffentlicht am 04.05.2021
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Entscheidungsdatum

04.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W282 1426710-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Spruchpunkte V., VI. und VII.. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Vorverfahren:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 28.10.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am folgenden Tag wurde er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt:

Zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, in seiner Heimat sei er als Vollwaise vielen Gefahren auseinandergesetzt gewesen und habe nach dem Tod seines Onkels auch keine Unterstützung mehr erhalten. Als alleinstehendem Jugendlichen habe ihm Entführung, Missbrauch und noch Vieles mehr gedroht. Es sei ihm zwar noch nichts passiert, aber er habe Angst gehabt, dass es geschehen könnte. Dies sei der Grund gewesen, warum er geflohen sei.

2. Am 10.11.2011 wurde der BF vor dem (damlaigen) Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Der BF gab an, er sei im Jahr XXXX geboren worden, er habe dies selbst ausgerechnet. Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, dass es seitens des Bundesamtes Zweifel an seinem angegebenen Geburtsdatum gebe, weshalb er einer ärztlichen Untersuchung zugeführt werde.

3. Am 28.03.2012 wurde der BF erneut vor dem ehemaligen Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen, wobei er zu seinen Fluchtgründen angab, dass er nur aus wirtschaftlichen Gründen um Asyl ansuche. Er habe zuhause niemanden mehr und niemand könne für ihn sorgen. Weitere Fluchtgründe habe er nicht.

4. Mit Bescheid des ehemaligen Bundesasylamtes vom XXXX .2012 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 28.10.2011 zwar hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihm jedoch gem. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und die befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 01.05.2013 erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde ausgeführt, dass sich für den BF als Minderjähriger derzeit aufgrund der vorliegenden Länderfeststellungen eine Rückkehrgefährdung ergebe und es nicht ausgeschlossen werden könne, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in eine unmenschliche Behandlung gleichzusetzende Situation geraten würde.

5. Eine gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 22.06.2012 als unbegründet abgewiesen.

6. Am 29.04.2013 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005, welchem mit Bescheid des ehemaligen Bundesasylamtes vom XXXX .2013 stattgegeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum XXXX .2014 erteilt wurde.

7. Am 02.04.2014 stellte der BF erneut einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) vom XXXX .2014 stattgegeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum XXXX .2016 erteilt wurde.

8. Am 30.03.2016 stellte der BF erneut einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005, welchem mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2016 stattgegeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum XXXX .2018 erteilt wurde.

Gegenständliches Verfahren:

9. Am 09.04.2018 stellte der BF erneut einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005. Mit Schriftsatz des Bundesamtes vom 30.04.2018 wurde der BF darüber informiert, dass beabsichtigt sei, ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, da die Gründe, welche zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt hatten, nicht mehr vorliegen würden. Es wurde dem BF die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, welche am 15.05.2018 beim Bundesamt einlangte.

10. Am 02.05.2018 wurde der BF seitens des Bundesamtes auf die Möglichkeit hingewiesen, den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ bei der örtlich zuständigen Niederlassungsbehörde beantragen zu können.

11. Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes vom XXXX .2018 wurde der dem BF mit Bescheid vom XXXX .2012 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die mit Bescheid vom XXXX .2012 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gem. § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.) und der Antrag des BF vom 10.04.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt III.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn gem. § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt V.) und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt VI.). Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für eine freiwillige Ausreise des BF mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VII.).

Begründend wurde ausgeführt, dem BF sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten lediglich aufgrund der damaligen angespannten wirtschaftlichen Lage in seiner Heimatprovinz Baghlan sowie seiner Minderjährigkeit zuerkannt worden. Des Weiteren habe er keine Angehörigen gehabt, die für ihn sorgen hätten können. Die Lage in seiner Heimatprovinz habe sich zwar nicht wesentlich verändert, jedoch verfüge Afghanistan mittlerweile über einige sichere Provinzen, die Großteils als innerstaatliche Fluchtalternative genützt würden. Der BF habe die Möglichkeit, in Kabul Fuß zu fassen und sich dort seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Er sei jung, gesund und auch in der Lage, in Afghanistan einer Beschäftigung nachzugehen. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass der BF in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 29.06.2018 fristgerecht Beschwerde, in welcher beantragt wurde, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, die gegen den BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufzuheben sowie die Abschiebung des BF nach Afghanistan für unzulässig zu erklären. Der BF sei anlässlich seines Antrags auf Verlängerung des subsidiären Schutzes vom Bundesamt mit Schriftsatz vom 05.05.2018 auf die Möglichkeit der Überleitung des subsidiären Schutzes in das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz hingewiesen worden. Der BF habe diese Möglichkeit wahrgenommen und Mitte Mai 2018 einen Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ beim Magistrat St. Pölten gestellt. Am 21.06.2018 habe er einen Termin zur Abholung des Aufenthaltstitels gehabt. Er verfüge nun über den gültigen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“, ausgestellt vom Magistrat St. Pölten am 14.06.2018, gültig bis 14.06.2023. Zur Zeit der Ausstellung des Aufenthaltstitels sei der angefochtene Bescheid des Bundesamtes bereits erstellt und auf dem Postweg gewesen. Eine Rückkehrentscheidung könne gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, nur unter bestimmten Umständen erlassen werden, gegen einen auf Dauer niedergelassenen gem. § 52 Abs. 5 FPG nur dann, wenn er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, was im Falle des BF wegen seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit keinesfalls vorliege.

Am 05.07.2018 wurde die Beschwerde inklusive der mit ihr in Bezug stehenden Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.02.2021 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W146 abgenommen und der Gerichtsabteilung W282 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der BF führt den Namen XXXX , wurde am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger von Afghanistan.

Dem BF wurde mit Bescheid des ehemaligen Bundesasylamtes vom XXXX .2012 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt. Ihm wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum XXXX .2013 erteilt, die über rechtzeitigen Antrag des BF vom Bundesamt zweimal bis zum XXXX .2018 verlängert wurde.

Am XXXX .2018 wurde dem BF vom Magistrat St. Pölten gem. § 8 Abs. 1 Z 7 iVm § 45 NAG der unbefristete Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ ausgestellt, und ihm hierzu eine bis XXXX .2023 gültige Aufenthaltstitelkarte ausgefolgt.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten. Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet stellt keine wie immer geartete Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen hinsichtlich des Namens des BF, seines Geburtsdatums und seiner Staatsangehörigkeit werden anhand seiner gleichbleibenden Angaben im Zuge seiner bisherigen Verfahren getroffen.

Die Feststellung hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gründet sich auf den im Verwaltungsakt einliegenden Bescheid des ehemaligen Bundesasylamtes vom XXXX .2012, die Feststellung hinsichtlich der Erteilung des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ auf den im Verwaltungsakt einliegenden Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister.

Die Feststellung hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug vom 19.03.2021. Aus der Tatsache, dass der BF unbescholten ist und auch sonst auf der Sachverhaltsebene keinerlei Hinweise dafür vorliegen, dass der BF ein Verhalten gesetzt hat, dass einen Einreiseverbotstatbestand des § 53 Abs. 2 u. 3 FPG erfüllen würde, resultiert die Feststellung, dass der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet keine wie immer geartete Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A):

3.1. Zu den Spruchpunkten I., II., III. und IV. des angefochtenen Bescheides

Da in der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX .2018 lediglich beantragt worden ist, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, die gegen den BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufzuheben sowie die Abschiebung des BF nach Afghanistan für unzulässig zu erklären, sind aufgrund dieser Teilanfechtung die Spruchpunkte I., II., III. und IV des angefochtenen Bescheides bereits in Rechtskraft erwachsen, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch verwehrt ist.

Der Vollständigkeit halber sei zudem hinzugefügt, dass gem. § 1 Abs. 2 Z 1 NAG dieses Bundesgesetz nicht für Fremde gilt, die nach dem AsylG 2005 zum Aufenthalt berechtigt sind. Solange dem BF daher eine Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 zukommt, wären die Bestimmungen des NAG auf ihn nicht anwendbar. Aus diesem Grund wäre eine Beschwerde gegen die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im konkreten Fall auch nicht zielführend, da dem BF der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ am 14.06.2018 tatsächlich ausgestellt worden ist.

3.2. Zu den Spruchpunkten V., VI. und VII. des angefochtenen Bescheides

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Beschwerdeverfahren bei Erlassung seines Erkenntnisses von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszugehen (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwGH 19.9.2017, Ra 2016/18/0381m uvam.).

Gemäß § 52 Abs. 5 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gem. § 53 Abs. 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 leg.cit. für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

Nach VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067 kommt Personen, die über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügen, nach § 20 Abs. 3 NAG in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesem Aufenthaltstitel entsprechenden Dokumentes - ein unbefristetes Niederlassungsrecht zu (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024). Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist in diesem Fall am Maßstab des § 52 Abs. 5 FPG zu prüfen, wobei sich Einschränkungen der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung auch noch aus § 9 BFA-VG ergeben.

Da dem BF der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ am XXXX .2018 ausgestellt worden ist, ist im aktuellen Entscheidungszeitpunkt § 52 Abs. 5 FPG jene Bestimmung, auf die eine Rückkehrentscheidung einzig gestützt werden könnte.

Es ist jedoch im Falle des BF keinesfalls ersichtlich, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 FPG vorliegen würden, die die Annahme rechtfertigen, dass sein weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde, zumal er strafrechtlich unbescholten ist und das Verfahren auch sonst keinerlei Hinweise dafür ergeben hat, dass der BF auch nur ansatzweise ein den Tatbeständen des § 53 Abs. 3 FPG gleichzuhaltendes Verhalten gesetzt hätte.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides war daher im Ergebnis stattzugeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos zu beheben.

Aufgrund der Behebung dieses Spruchpunktes verlieren die damit rechtlich verbundenen Spruchpunkte VI. und VII. des angefochtenen Bescheides ihre rechtliche Grundlage, weshalb diese ebenfalls ersatzlos zu beheben sind.

Eine mündliche Beschwerdeverhandlung konnte gem. § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid im Anfechtungsumfang zu beheben war.

Zu B):

Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltstitel Behebung der Entscheidung Daueraufenthalt EU (int. Schutzberechtigte) ersatzlose Behebung rechtmäßiger Aufenthalt Rückkehrentscheidung behoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W282.1426710.2.00

Im RIS seit

06.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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