TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/31 W144 2242826-1

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Veröffentlicht am 31.05.2021
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Entscheidungsdatum

31.05.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W144 2242828-1/3E

W144 2242824-1/3E

W144 2242825-1/3E

W144 2242826-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die gemeinsame Beschwerde von 1.) XXXX , XXXX geb, 2.) XXXX , XXXX geb., 3.) mj. XXXX , XXXX geb. und 4.) mj. XXXX , XXXX geb., alle StA. von Aserbaidschan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 06.05.2021, Zlen.: XXXX (ad 1.), XXXX (ad 2.), XXXX (ad 3.), XXXX (ad 4.), zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang

Die 1.-Beschwerdeführerin (1.-BF) ist die Ehegattin des 2.-Beschwerdeführers (2.-BF), beide sind Eltern der minderjährigen (mj.) 3.- und 4.-Beschwerdeführerinnen (3.- und 4.-BF), alle sind Staatsangehörige von Aserbaidschan und haben Ende des Jahres 2019 ihr Heimatland verlassen.

Die BF reisten im Besitz lettischer Schengen Visa der Kategorie C, gültig vom 28.12.2019 bis 11.02.2020, ausgestellt am XXXX in XXXX , in die BRD ein, wo sie sich vom 01.01.2020 bis 25.09.2020 aufhielten und Asylverfahren betrieben, die jedoch aufgrund der lettischen Zuständigkeit mit einer Zurückweisung der Anträge seitens Deutschlands und einer Überstellung der BF nach Lettland endeten.

Vom 25.09.2020 bis 08.04.2021 waren die BF sodann in Lettland aufhältig; ihre dortigen Anträge auf internationalen Schutz wurden am 23.02.2021 erstinstanzlich abgewiesen.

In der Folge begaben sich die BF am 08.04.2021 ins Bundesgebiet, wo sie am selben Tag die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz einbrachten.

Zu den 1.- und 2.-BF liegen folgende Eurodac-Treffermeldungen vor

?        BRD vom 02.01.2020 wegen Asylantragstellung

?        Lettland vom 25.09.2020 wegen Asylantragstellung

Den Beschwerden liegen folgende Verwaltungsverfahren zugrunde:

Im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor der Landespolizeidirektion Salzburg (Erstbefragung) vom 08.04.2021 gab die 1.-BF neben ihren Angaben zum Reiseweg im Wesentlichen an, dass in Deutschland alle sehr nett gewesen seien, über Lettland könne sie hingegen nicht viel Positives sagen. Sie seien von den deutschen Behörden nach Lettland gebracht worden, dort sei ihr Asylantrag mit einem negativen Bescheid beendet worden. Sie wolle nicht dorthin zurückkehren.

Der 2.-BF macht im Wesentlichen gleichlautende Angaben wie die 1.-BF und erklärte, dass er mit Lettland „nicht zufrieden“ sei, dass Deutschland hingegen gut sei.

Die minderjährigen 3.- und 4.-BF wurden altersbedingt nicht einvernommen.

In der Folge stellte das BFA am 12.04.2021 auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestützte Wiederaufnahmeersuchen an Lettland. Lettland akzeptierte diese Wiederaufnahmeersuchen durch ausdrückliche Zustimmung mit Schreiben vom 22.04.2021 und teilte unter einem mit, dass die BF in Lettland Anträge auf internationalen Schutz gestellt hätten, die am 23.02.2021 erstinstanzlich abgewiesen worden seien; eine Rücküberstellung ins Heimatland sei nicht erfolgt.

Am 06.05.2021 wurde die 1.- und der 2.-BF seitens des BFA einvernommen und gaben sie in eigener Sache sowie als gesetzlich Vertreter der minderjährigen 3. und 4.-BF im Wesentlichen zu Protokoll, dass sie weder in Österreich noch sonst im Bereich der Mitgliedstaaten Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Bindung bestünde, hätten. Sie befänden sich erstmals in Österreich und verstünden den Vorhalt, dass Lettland zur Prüfung ihrer Anträge zuständig sei, jedoch habe Lettland ihre Anträge negativ entschieden. Auf Nachfrage geben sie an, dass es keine Probleme in Lettland gegeben habe, die Betreuung sei jedoch sehr schlecht gewesen. Auch die Kinder hätten in Lettland keine Probleme gehabt. Ihre Tochter XXXX sei zuvor in Deutschland, in XXXX , operiert worden. In Lettland seien sie hingegen nicht zum Arzt geschickt worden, der Tochter sei es drei Monate schlecht gegangen. Die andere Tochter XXXX habe Rückenprobleme bzw. Probleme mit den Bandscheiben. Die 1.-BF habe Herzprobleme wegen Stress und habe dagegen in Lettland Medikamente bekommen. Der 2.-BF leide unter Bluthochdruck; auch seine Zahnbehandlung hätte er in Lettland selber zahlen müssen. Auf die Frage, ob die BF derzeit in Behandlung stünden, gaben sie an, dass die Krankenbehandlungen abgeschlossen seien, die Atteste von Deutschland hätten sich hier abgegeben.

Das BFA wies sodann die Anträge auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheiden jeweils vom 06.05.2021 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Lettland gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung der Anträge zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung der BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Lettland zulässig sei.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurde im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

„Zur Lage im Mitgliedstaat: LETTLAND

1.       Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (PMLP o.D.a, vgl. PMLP o.D.b, LCHR/UNHCR o.D., OHCHR 30.1.2018, USDOS 3.3.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-        PMLP – Pillson?bas un migr?cijas lietu p?rvalde (o.D.a): Asylum granting procedure, http://www.pmlp.gov.lv/en/home/services/asylum-seeking/the-procedure-of-granting-asylum.html, Zugriff 16.3.2018

-        PMLP – Pillson?bas un migr?cijas lietu p?rvalde (o.D.b): Guideline for asylum seekers in Latvia, http://www.pmlp.gov.lv/lv/assets/documents/BRO%C5%A0%C5%AARAS/ENG%20Patveruma%20mekletaji%20makets%20WEB.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        LCHR/UNHCR – Latvian Centre for Human Rights (o.D.): Seeking asylum in Latvia, http://www.rs.gov.lv/doc_upl/SeekingAsylum-inLatvia.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        OHCHR – UN Office of the High Commissioner for Human Rights (30.1.2018): Common core document forming part of the reports of States parties; Latvia, https://www.ecoi.net/en/file/local/1425626/1930_1519822345_g1802053.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – Latvia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395434.html, Zugriff 16.3.2018

2.       Dublin-Rückkehrer

Als EU-Mitgliedsstaat hält das Land die Dublin-III-VO ein (USDOS 3.3.2017).

Asylwerber, deren Verfahren aufgrund der Dublin-Verordnung in Lettland geführt werden muss, erhalten ein reguläres Asylverfahren (LCFHR/UNHCR o.D.). Wenn das Asylverfahren eines Rückkehrers noch nicht eingestellt ist, kann es wiedereröffnet oder fortgesetzt werden. Wenn das Verfahren hingegen eingestellt wurde, ist eine neuerliche Asylantragsstellung erforderlich (EASO 24.10.2017).

Quellen:

-        EASO – European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query. Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

-        LCHR/UNHCR – Latvian Centre for Human Rights (o.D.): Seeking asylum in Latvia, http://www.rs.gov.lv/doc_upl/SeekingAsylum-inLatvia.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – Latvia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395434.html, Zugriff 16.3.2018
3.         Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

UMA werden während des Asylverfahrens durch das Vormundschaftsgericht und/oder durch dessen bevollmächtigte Vertreter bzw. durch den Direktor eines Kinderbetreuungszentrums vertreten. Die Unterbringung erfolgt entweder bei einem vom Vormundschaftsgericht bestellten Vormund oder in einer Kinderbetreuungseinrichtung (LCFHR/UNHCR o.D). UMA können auch in einem Unterbringungszentrum für Asylwerber oder in einer Pflegefamilie untergebracht werden (EMN/OCMA 4.2017).

Die Mitarbeiter des Aufnahmezentrums prüfen in der Regel, ob Asylwerber besondere Unterbringungsbedürfnisse haben. Das Unterbringungszentrum für Asylwerber in Mucenieki verfügt über barrierefreie Zimmer, um Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu beherbergen (PMLP o.D.c).

Quellen:

-        EMN/OCMA – European Migration Network/Office of Citizenship and Migration Affairs Republic of Latvia (4.2017): Policy report on mingration and asylum in Latvia – 2016, http://www.emn.lv/wp-content/uploads/APR_2016_part2_LATVIA_EN.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        PMLP – Pillson?bas un migr?cijas lietu p?rvalde (o.D.c): Asylum seeker centre, http://www.pmlp.gov.lv/en/home/services/asylum-seeking/asylum-seeker-centre.html, Zugriff 16.3.2018
4.         Non-Refoulement

Ein Abschiebeauftrag oder eine Entscheidung zur zwangsweisen Außerlandesbringung eines negativ beschiedenen Asylwerbers kann aus humanitären Gründen aufgehoben oder verschoben werden (LCFHR/UNHCR o.D.).

Es gibt keine glaubhaften Beschwerden, dass die lettischen Behörden Asylwerber in Länder mit schlecht entwickelten Asylsystemen zurückschicken würden (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-        LCHR/UNHCR – Latvian Centre for Human Rights (o.D.): Seeking asylum in Latvia, http://www.rs.gov.lv/doc_upl/SeekingAsylum-inLatvia.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – Latvia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395434.html, Zugriff 16.3.2018

5.       Versorgung

5.1.    Unterbringung

Nach Asylantragstellung werden Asylwerber in der Regel im Aufnahmezentrum Mucenieki in der Nähe von Riga untergebracht, welches über ca. 400 Plätze verfügt. Dort erhalten sie alle grundlegenden Unterstützungsleistungen (LCFHR/UNHCR o.D; vgl. PMLP o.D.c). Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Mucenieki betrug im Jahr 2016 92 Tage (EMN 4.8.2017). Das Unterbringungszentrum wurde im Jahr 2017 um ein Gebäude erweitert, welches mit Aufenthaltsräumen, Gemeinschaftsküchen und Seminarräumen ausgestattet ist. Daneben wurde ein multifunktionales Zentrum für Asylwerber und Dorfbewohner in Mucenieki eröffnet (PMLP o.D.c).

Jeder bedürftige Asylwerber erhält ein Taggeld von EUR 3 pro Tag (PMLP o.D.c). Asylwerber haben nach sechs Monaten Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn ihr Verfahren ohne eigenes Verschulden bis dahin nicht erledigt ist (EMN/OCMA 4.2017).

Zusätzlich gibt es eine geschlossene Einrichtung der Grenzpolizei für inhaftierte Fremde bzw. abzuschiebende Personen in Daugavpils. Dieses Zentrum wurde im Mai 2011 errichtet und ersetzte das alte Zentrum Olaine. Es hat eine Kapazität von 70 Plätzen. Es gibt seitens der Insassen keine Vorbringen über schlechte Behandlung. Die materiellen Bedingungen werden als ausgezeichnet beschrieben. Auch die medizinische Behandlung vor Ort wird als adäquat angesehen (CoE 27.8.2013).

Bei der Unterbringung von Asylwerbern wird auf deren psychosoziale, medizinische und sonstige Bedürfnisse Rücksicht genommen (LCFHR/UNHCR o.D).

Es gibt eine Reihe von Unterstützungsdiensten aus dem NGO-Bereich, etwa Safe House (Patv?rums Droš? m?ja) zur Unterstützung von Opfern von Menschenhandel, Immigranten, Asylwerbern und Schutzberechtigten; Ressource Center for Women “Marta” zur Unterstützung von Frauen mit psychologischer, sozialer und Rechtsberatung; Latvian Human Aid Centre; Lettisches Rotes Kreuz, Caritas und Johanniterbund zur Unterstützung mit Beratung, Information, Kleidung und Unterkunft. Weiters bietet der Baltische Regionalfond diverse Workshops an und IOM bietet Unterstützung bei der freiwilligen Rückkehr (LCFHR/UNHCR o.D; vgl. PDM o.D.a, EMN/OMCA 4.2017).

Quellen:

-        CoE – Council of Europe (27.8.2013): Report to the Latvian Government on the visit to Latvia carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 5 to 15 September 2011

-        EMN – European Migration Network (4.8.2017): EMN Ad-Hoc Query on Average cost and average length of reception for asylum seekers, http://www.emn.fi/files/1671/2017.1229_-_average_cost_and_average_length_of_reception_for_asylum_seekers.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        EMN/OCMA – European Migration Network/Office of Citizenship and Migration Affairs Republic of Latvia (4.2017): Policy report on mingration and asylum in Latvia – 2016, http://www.emn.lv/wp-content/uploads/APR_2016_part2_LATVIA_EN.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        PDM – Patv?rums Droš? m?ja (o.D.a): Support, http://www.beglis.lv/en/support-1, Zugriff 16.3.2018

-        PMLP – Pillson?bas un migr?cijas lietu p?rvalde (o.D.c): Asylum seeker centre, http://www.pmlp.gov.lv/en/home/services/asylum-seeking/asylum-seeker-centre.html, Zugriff 16.3.2018

5.2.    Medizinische Versorgung

Asylwerber haben Anspruch auf medizinische Nothilfe, medizinische Grundversorgung, ambulante und stationäre psychiatrische Hilfe bei schweren psychischen Störungen. Die Kosten für die medizinische Grundversorgung werden vom Staat übernommen. Im Falle einer stationären Behandlung fallen jedoch Kosten an. Um die notwendige medizinische Versorgung in Anspruch nehmen zu können, müssen sich Asylwerber zuerst an den zuständigen Mitarbeiter des Unterbringungszentrums wenden (LRKM/PDM 2017; vgl. EMN/OMCA 4.2017).

Unabhängig vom Aufenthaltsstatus haben in Lettland alle Personen Zugang zur kostenlosen telefonischen ärztlichen Beratung auf Lettisch, Englisch und Russisch. Dieser Service wird vom Nationalen Gesundheitsdienst zur Verfügung gestellt. Die Anrufe werden an Werktagen zwischen 17 Uhr bis 8 Uhr, am Wochenenden und Feiertagen Rund um die Uhr entgegengenommen (LRKM/PDM 2017).

Quellen:

-        EMN/OCMA – European Migration Network/Office of Citizenship and Migration Affairs Republic of Latvia (4.2017): Policy report on mingration and asylum in Latvia – 2016, http://www.emn.lv/wp-content/uploads/APR_2016_part2_LATVIA_EN.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        LRKM/PDM – Latvijas Republikas Kult?ras ministrija/Patv?rums Droš? m?ja (2017): Latvia – Reference material for asylum seekers, http://www.integration.lv/uploads/files/drosamaja-buklets-en-a4.pdf, Zugriff 16.3.2018
6.         Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis in Lettland, die alle fünf Jahre erneut werden muss. Subsidiär Schutzberechtigte bekommen eine befristete Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, die verlängerbar ist. Anerkannte Flüchtlinge haben nach dem Erhalt des Schutzstatus ein Recht auf Familienzusammenführung. Im Falle einer befristeten Schutzform ist dies erst nach einer zweijährigen Aufenthalt in Lettland möglich (PMLP o.D.d).

Anerkannte Flüchtlinge und Kinder mit einem befristeten Schutzstatus haben den gleichen Zugang zu Sozialhilfe, soziale und berufliche Rehabilitation und soziale Leistungen wie lettische Staatsbürger. Für subsidiär Schutzberechtigte wurde 2016 das soziale Leistungsangebot erweitert und somit haben auch sie Anspruch auf verschiedene Sozialleistungen (OHCHR 30.1.2018; vgl. LRKM/PDM 2017). Anerkannte Flüchtlinge und andere schutzberechtigte Gruppen haben Anspruch auf eine einmalige finanzielle Unterstützung und auf eine monatliche Sozialhilfe in der Höhe von 139 Euro im Falle der Arbeitslosigkeit – obwohl der Mindestlohn in Lettland bei 370 Euro liegt (PDM o.D.b; vgl. UNHCR 14.1.2016).

Nach Schutzgewährung ist es bis zu zwölf Monate möglich, die Betreuung durch einen Sozialarbeiter und einen Mentor der Lettischen Caritas oder des Safe House (Patv?rums Droš? m?ja) in Anspruch zu nehmen. Der Sozialarbeiter erstellt einen individuellen Integrationsplan und der Mentor bietet Unterstützung während der Absolvierung des Integrationsprogramms. Außerdem gibt es ein weiteres Hilfsangebot z.B. bei Beschaffung von Personaldokumenten, Wohnungssuche etc. (EMN/OCMA 4.2017).

Weiters haben Schutzberechtigte Zugang zu medizinische Versorgung, Bildung, Sprachkursen und Arbeitsmarkt (LRKM/PDM 2017; vgl. EMN/OCMA 4.2017, NVD 22.1.2018).

Trotz des Integrationsprogramms sind Schutzberechtigte mit verschiedenen Problemen konfrontiert. So zum Beispiel haben sie Schwierigkeiten bei der Job- und Wohnungssuche, ersteres aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse, letzteres aus finanziellen und bürokratischen Gründen. Um die Wohnungsproblematik zu bewältigen, wurde ein Pilotprojekt gestartet, in dessen Rahmen die Mietkosten für ein halbes Jahr vom Staat übernommen werden. Die sechs Monate sind jedoch zu kurz, um die Sprache zu lernen und sich sowohl in der Gesellschaft als auch auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Regierung arbeitet weiterhin daran, das Projekt zu verlängern. 2016 und 2017 wurde 452 Personen Asyl gewährt, davon waren nur 24 beim Arbeitsmarktservice registriert und 18 fanden schlussendlich einen Job (UNHCR 30.1.2018; EMN/OCMA 4.2017).

Quellen:

-        EMN – European Migration Network (3.2.2012): Ad-Hoc Query on the System of Public Health Insurance for Asylum Seekers, Persons who have been Granted Asylum and Persons who have been Granted Subsidiary Protection, http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/networks/european_migration_network/reports/docs/ad-hoc-queries/protection/354_emn_ad-hoc_query_system_of_public_health_insurance_23nov2011_wider_dissemination_en.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        EMN/OCMA – European Migration Network/Office of Citizenship and Migration Affairs Republic of Latvia (4.2017): Policy report on mingration and asylum in Latvia – 2016, http://www.emn.lv/wp-content/uploads/APR_2016_part2_LATVIA_EN.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        LRKM/PDM – Latvijas Republikas Kult?ras ministrija/Patv?rums Droš? m?ja (2017): Latvia – Reference material for asylum seekers, http://www.integration.lv/uploads/files/drosamaja-buklets-en-a4.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        OHCHR – UN Office of the High Commissioner for Human Rights (30.1.2018): Common core document forming part of the reports of States parties; Latvia, https://www.ecoi.net/en/file/local/1425626/1930_1519822345_g1802053.pdf, Zugriff 16.3.2018

-        PDM – Patv?rums Droš? m?ja (o.D.b): Residence in Latvia, http://www.beglis.lv/en/residence-in-latvia, Zugriff 16.3.2018

-        PMLP – Pillson?bas un migr?cijas lietu p?rvalde (o.D.d): Rights of refugees and persons who have been granted alternative status in Latvia, http://www.pmlp.gov.lv/en/home/services/asylum-seeking/receipt-of-asylum-seekers-in-latvia-frequently-asked-questions-and-answers.html, Zugriff 16.3.2018

-        UNHCR – Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (30.1.2018): Refugees in Latvia still in lack of support, http://www.unhcr.org/neu/16761-refugees-in-latvia-still-in-lack-of-support.html, Zugriff 16.3.2018

-        UNHCR – Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (14.1.2016): Volunteers tackle prejudice against refugees in Latvia, http://www.unhcr.org/569799b86.html, Zugriff 16.3.2018

-        NVD – Nacion?lais vesel?bas dienests (22.1.2018): Health care system, http://www.vmnvd.gov.lv/en/health-care-system, Zugriff 16.3.2018

Allgemeines zum Asylverfahren

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Lettland wurden bisher 121.509 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher diesbezügliche 2178 Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen 6.5.2021).

Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen 6.5.2021).

C)       Beweiswürdigung

Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender Erwägungen:

[ … ]

Betreffend die Lage im Mitgliedsstaat:

Die Feststellungen zum Mitgliedsstaat basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist gemäß § 5 Abs. 2 BFA-G zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte „notorische“ Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. „Offenkundig“ ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder „allgemein bekannt“ (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch „bei der Behörde notorisch“ (amtsbekannt) geworden ist; „allgemein bekannt“ sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen – ohne besondere Fachkenntnisse – hergeleitet werden können (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.

Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

Die Feststellungen zur Pandemie ergeben sich aus dem Amtswissen sowie die konkreten Daten aus den Angaben der Johns Hopkins University in Baltimore, USA, die ausführlich Daten rund um die Pandemie sammelt, auswertet und zur Verfügung stellt.

Die Feststellungen zum Virus SARS-CoV-2 ergeben sich aus den vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz als oberste Gesundheitsbehörde veröffentlichte Informationen.

Konkret zu Lettland befragt führten Sie an, in Lettland eine negative Asylentscheidung erhalten zu haben. Somit steht ihr Vorbringen auch im Einklang zu den amtswegigen Ermittlungsergebnissen und ist klar auf die Zustimmung des MS Lettland gem. Art. 18/1 der DUBLIN III – VO zu verweisen

Auch ist auf den allgemeinen und besonderen Standard in einem Mitgliedsstaat der EU zu verweisen sowie auf die Zuständigkeit der lettischen Behörden oder auch auf Hilfsorganisationen in Lettland

Desweiteren wird auf die aktuellen, amtlichen und unbedenklichen Länderinformationen der Staatendokumentation des BFA verwiesen, welche ihnen auch ausgefolgt wurden. Sie haben nicht vorgebracht, in Lettland Misshandlung, Verfolgung oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt zu sein.“

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das BFA in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen aus, die Anträge auf internationalen Schutz seien zurückzuweisen, weil Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO formell erfüllt (und sohin Lettland) für die Prüfung der Anträge zuständig) sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der GRC oder der EMRK im Falle einer Überstellung der BF ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Der im Spruch genannte Staat sei bereit, die BF einreisen zu lassen und ihre Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen. Es sei festzustellen, dass in Lettland, einem Mitgliedstaat der EU mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Weiters lägen keine humanitären Gründe gem. Art. 16 und 17 Abs. 2 leg.cit. vor. Die Ausweisung der BF stelle mangels familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich keine Verletzung von Art. 8 EMRK dar. Aufgrund der zu kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet sein die BF im Falle ihrer Rücküberstellungen nach Lettland auch nicht in ihrem Recht auf Privatleben verletzt.

Gegen diese Bescheide richtet sich die fristgerecht erhobene, gemeinsame Beschwerde der BF, in welcher sie im Wesentlichen geltend machten, dass die 3.-BF in Lettland keine medizinische Versorgung erhalten habe, obwohl diese an kardiologischen Problemen leide. Auch die allgemeine Situation in Lettland sei für die BF schrecklich gewesen, sie seien rassistisch angefeindet worden und hätten die Kinder keine normale Schule besuchen können. Die belangte Behörde habe keine Einzelfallprüfung vorgenommen und habe sich auch nicht mit der Frage der Kettenabschiebung der BF in den Heimatstaat auseinandergesetzt, zumal durch die negative Entscheidung der lettischen Behörden bereits klar sei, dass ihre Asylverfahren negativ beendet seien. Österreich hätte daher vom Selbsteintrittsrechts Gebrauch machen müssen.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Festgestellt werden zunächst der dargelegte Verfahrensgang sowie der ebenfalls oben dargestellte Reiseweg der BF samt dem Umstand, dass die BF im Besitz lettischer Schengen Visa der Kategorie C, gültig vom 28.12.2019 bis 11.02.2020 waren und in Lettland Asylverfahren betrieben.

Besondere, in der Person der Antragsteller gelegene Gründe, welche für eine reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Lettland sprechen, liegen nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Lage im Mitgliedstaat an.

Tödliche bzw. akut lebensbedrohliche Erkrankungen haben die BF keine geltend gemacht, insbesondere sind aktuell alle Krankenbehandlungen abgeschlossen.

Die BF haben im Bundesgebiet, abgesehen von der Beziehung die sie miteinander führen, keine familiären Anknüpfungspunkte.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang, zum Reiseweg, zu den Visa der BF und ihren Asylverfahren in Lettland stützen sich auf die Akten des BFA, auf das Vorbringen der BF selbst, sowie auf die EURODAC-Treffermeldungen und auf die Korrespondenz im Rahmen der Dublin Konsultationen.

Die Feststellung, dass keine Umstände erkennbar sind, wonach für die BF aus in der Person gelegenen Gründen die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung gegeben wäre, ergibt sich daraus, dass die BF im Rahmen ihrer Einvernahmen keine derartigen Einwendungen konkret geltend gemacht haben.

Die Feststellungen zur gesundheitlichen und familiären Situation der BF ergeben sich aus dem Vorbringen der 1.- und 2.-BF, die ausdrücklich angegeben haben, dass aktuell keine medizinischen Behandlungen erfolgen, sondern diese abgeschlossen seien.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt hat in den angefochtenen Bescheiden neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Lettland auch Feststellungen zur lettischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf „Dublin-Rückkehrer“) samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich sohin den oben wiedergegebenen Erwägungen zur Beweiswürdigung betreffend die Lage in Lettland an.

2.       Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:

„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

§ 61 FPG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. …

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates („Dublin III-VO“) zur Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates lauten:

„KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 8

Minderjährige

(1) Handelt es sich bei dem Antragsteller um einen unbegleiteten Minderjährigen, so ist der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat, in dem sich ein Familienangehöriger oder eines der Geschwister des unbegleiteten Minderjährigen rechtmäßig aufhält, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient. Ist der Antragsteller ein verheirateter Minderjähriger, dessen Ehepartner sich nicht rechtmäßig im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhält, so ist der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat, in dem sich der Vater, die Mutter, oder ein anderer Erwachsener — der entweder nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des Mitgliedstaats für den Minderjährigen zuständig ist — oder sich eines seiner Geschwister aufhält.

(2) Ist der Antragsteller ein unbegleiteter Minderjähriger, der einen Verwandten hat, der sich rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, und wurde anhand einer Einzelfallprüfung festgestellt, dass der Verwandte für den Antragsteller sorgen kann, so führt dieser Mitgliedstaat den Minderjährigen und seine Verwandten zusammen und ist der zuständige Mitgliedstaat, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient.

(3) Halten sich Familienangehörige, Geschwister oder Verwandte im Sinne der Absätze 1 und 2 in mehr als einem Mitgliedstaat auf, wird der zuständige Mitgliedstaat danach bestimmt,

was dem Wohl des unbegleiteten Minderjährigen dient.

(4) Bei Abwesenheit eines Familienangehörigen eines seiner Geschwisters oder eines Verwandten im Sinne der Absätze 1 und 2, ist der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat, in dem der unbegleitete Minderjährige seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient.

(5) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Ermittlung von Familienangehörigen, Geschwistern oder Verwandten eines unbegleiteten Minderjährigen; die Kriterien für die Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung; die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit eines Verwandten, für den unbegleiteten Minderjährigen zu sorgen, einschließlich der Fälle, in denen sich die Familienangehörigen, Geschwister oder Verwandten des unbegleiteten Minderjährigen in mehr als einem Mitgliedstaat aufhalten, delegierte Rechtsakte zu erlassen. Bei der Ausübung ihrer Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte geht die Kommission nicht über den in Artikel 6 Absatz 3 vorgesehenen Umfang des Wohls des Kindes hinaus.

(6) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese

Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 9

Familienangehörige, die Begünstigte internationalen Schutzes sind

Hat der Antragsteller einen Familienangehörigen — ungeachtet der Frage, ob die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat —, der in seiner Eigenschaft als Begünstigter internationalen Schutzes in einem Mitgliedstaat aufenthaltsberechtigt ist, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, sofern die betreffenden Personen diesen Wunsch schriftlich kundtun.

Art. 10

Familienangehörige, die internationalen Schutz beantragt haben

Hat ein Antragsteller in einem Mitgliedstaat einen Familienangehörigen, über dessen Antrag auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, sofern die betreffenden Personen diesen Wunsch schriftlich kundtun.

Artikel 11

Familienverfahren

Stellen mehrere Familienangehörige und/oder unverheiratete minderjährige Geschwister in demselben Mitgliedstaat gleichzeitig oder in so großer zeitlicher Nähe einen Antrag auf internationalen Schutz, dass die Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gemeinsam durchgeführt werden können, und könnte die Anwendung der in dieser Verordnung genannten Kriterien ihre Trennung zur Folge haben, so gilt für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats Folgendes:

a) zuständig für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz sämtlicher Familienangehöriger und/oder unverheirateter minderjähriger Geschwister ist der Mitgliedstaat, der nach den Kriterien für die Aufnahme des größten Teils von ihnen zuständig ist;

b) andernfalls ist für die Prüfung der Mitgliedstaat zuständig, der nach den Kriterien für die Prüfung des von dem ältesten von ihnen gestellten Antrags zuständig ist.

Art. 12

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Art. 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller — der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können — sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des

Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, d s Kind, eines

seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese

Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.

In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

KAPITEL VI

AUFNAHME- UND WIEDERAUFNAHMEVERFAHREN

Art. 20

Einleitung des Verfahrens

(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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