TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/16 W257 2234044-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.06.2021
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Entscheidungsdatum

16.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W257 2234044-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die BBU GmbH - Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zahl XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.05.2021 und 02.06.2021 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 5 VwGVG iVm § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irans, stellte am 19.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 12.06.2018 langte bei der belangten Behörde eine Verständigung der Staatsanwaltschaft über den Rücktritt der strafrechtlichen Verfolgung wegen §§ 15, 127 StGB ein.

3. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erkannte das das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , gem. § 3 AsylG 2005 den Status des Asylberechtigten zu und stellte gem. § 3 Abs. 5 AsylG 2005 fest, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

4. Am 15.01.2019 wurde bei der belangten Behörde seitens der Staatsanwaltschaft bekanntgegeben, dass gegenüber dem Beschwerdeführer eine Anklage wegen §§ 127, 241e (3), 229 (1), 135 (1) StGB erhoben wurde. Aufgrund dessen wurde seitens der belangten Behörde am 25.02.2019 ein Aberkennungsverfahren gem. § 7 AsylG 2005 eingeleitet. Am 09.04.2019 wurde die belangte Behörde seitens eines Bezirksgerichts von der Unterbrechung des Strafverfahrens wegen §§ 127, 241e (3), 229 (1), 135 (1) StGB verständigt, zumal der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts sei.

5. Mit rechtskräftigem durch die ÖB Budapest am 25.05.2019 übermitteltem Urteil eines ungarischen Bezirksgerichts vom 14.05.2019, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen Menschenschmuggels zu einer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten und einer Ausweisung aus Ungarn für die Dauer von sechs Jahren verurteilt. Am 21.06.2019 wurde seitens der ÖB Budapest mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Beschwerdeerhebung in Ungarn aus der Haft entlassen wurde.

6. Am 09.07.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu seiner Delinquenz befragt an, dass er in Ungarn dieses Urteil angenommen habe, weil er sonst noch einige Monate in Haft hätte bleiben müssen. Im Verfahren habe er sich aber nicht wirklich äußern können, sei aber durch einen ungarischen Anwalt vertreten worden. Er vermute, dass dieses Urteil rechtskräftig sei. Er selbst habe jedoch nichts getan und sei vier Monate in Untersuchungshaft gewesen. Danach wurde erörtert, dass der Beschwerdeführer, den aktuellsten vorliegenden Schriftstücken im ungarischen Beschwerdeverfahren zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde.

Er sei damals mit einem Bekannten in Ungarn gewesen und habe nicht einmal bemerkt, dass Leute in das Auto eingestiegen wären. Er selbst habe geschlafen und sei erst durch die Polizeikontrolle aufgeweckt worden. Sie selbst hätten Pässe vorlegen können, jedoch die Miteingestiegenen nicht, weswegen sie wegen Menschenschmuggel in Untersuchungshaft genommen worden wären. Der Bekannte habe gemeint, dass sie über das Wochenende auf Urlaub nach Budapest fahren würden. Warum sie dies in einem so großen Auto getan hätte, wisse er nicht. Es sei aber ein ausgeborgtes Auto gewesen. Er sei auf ungarischem Gebiet nach dem Grenzübertritt aus Serbien kontrolliert worden. Auf Vorhalt der Unglaubwürdigkeit seiner Angaben vermeinte der Beschwerdeführer lediglich, dass er sich auf diesen Straßen nicht auskennen würde und er vor der Kontrolle bereits eingeschlafen sei. Danach wurde der Beschwerdeführer über die Folgen dieser Verurteilung für seinen Asylstatus und über den Unterschied zwischen einer vorzeitigen Haftentlassung nach einer Verurteilung und einem Freispruch belehrt. Über sein in Österreich anhängiges Strafverfahren, äußerte er sich dahingehend, dass dieses unterbrochen gewesen, er sich aber mittlerweile bei der Polizei gemeldet und er dort auch seine Beweise vorgelegt habe.

7. Mit Urteil eines österreichischen Bezirksgerichtes vom 02.12.2019 wurde der Beschwerdeführer vom Verdacht der nach §§ 127, 241e (3), 229 (1), 135 (1) StGB vorgeworfenen Taten freigesprochen.

8. Mit rechtskräftigem durch die ÖB Budapest am 13.05.2020 übermitteltem Urteil eines ungarischen Gerichtshofes vom 30.04.2020, XXXX , wurde das gegen den Beschwerdeführer wegen Menschenschmuggels erlassene Urteil im Beschwerdeverfahren dahingehend abgeändert, dass dieser zu einer zu einer Freiheitsstrafe in Höhe der Dauer von einem Jahr und einer Ausweisung aus Ungarn für die Dauer von sechs Jahren verurteilt wurde. Am 21.06.2019 wurde seitens der ÖB Budapest mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Beschwerdeerhebung in Ungarn aus der Haft entlassen worden sei.

9. Am 13.05.2020 erging seitens der belangten Behörde im Zuge des Parteiengehörs eine Aufforderung zur Stellungnahme zu seiner privaten Situation in Österreich und zu den aktuellen Länderinformationen seines Herkunftsstaates. Eine Beantwortung dieses Parteiengehörs erfolgte am 27.05.2020.

10. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen und im Spruch bezeichneten Bescheid vom 10.07.2020 wies das BFA den dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 29.10.2018 zuerkannten Status des Asylberechtigten gem. § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab. Es stellte gem. § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.) Gem. § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gem. § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 8 Abs. 3a AsylG iVm § 9 Abs. 2 und § 52 Abs. 9 FPG wurde festgehalten, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Iran unzulässig sei (Spruchpunkt V.). Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Begründet wurde Spruchpunkt I. des Bescheides im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen Menschenschmuggels als Mittäter nach ungarischem Recht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einer Ausweisung aus Ungarn von sechs Jahren verurteilt worden sei. Da diese Straftat eine Strafobergrenze von acht Jahren zugrunde liegen würde, sei diese Verurteilung einer Verurteilung eines inländischen Gerichts wegen eines besonders schweren Verbrechens gleichzusetzen und sei der Beschwerdeführer gemeingefährlich, weshalb ihm „gem. § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG der Status des Asylberechtigten gem. § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG abzuerkennen“ sei. Zu Spruchpunkt II. führte das BFA aus, dass der Beschwerdeführer iSd § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen gewesen sei, weil dieser gem. § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 eine Gefahr für die Allgemeinheit und Sicherheit der Republik Österreich darstellen würde. Zu Spruchpunkt III. führte das BFA aus, dem Beschwerdeführer werde eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nicht erteilt. Zu Spruchpunkt IV. führte das BFA nach Vornahme einer Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK aus, aufgrund seiner Delinquenz würden die öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthaltes die privaten Interessen des Beschwerdeführers in Österreich überwiegen. Im Lichte des Art. 8 EMRK sei die Rückkehrentscheidung betreffend den Beschwerdeführer gerechtfertigt. Zu Spruchpunkt V. wurde festgehalten, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Iran unzulässig sei und der Beschwerdeführer solange gem. § 46a Abs. 1 Z 2 FPG geduldet werde, bis sich die Umstände im Iran entscheidungswesentlich geändert hätten. Zu Spruchpunkt VI. führte das BFA aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt wurde. Zu Spruchpunkt VII. führte das BFA aus, dass aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens, im Hinblick auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers, die Erlassung des Einreiseverbotes von sechs Jahren gerechtfertigt und notwendig sei.

11. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch die ARGE Rechtsberatung/Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, am 29.07.2020, im Umfang der Spruchpunkte I-IV. und VII. gegenständliche Beschwerde. Nach Wiedergabe des wesentlichen Verfahrensganges moniert die Beschwerde insbesondere, dass dem BFA vorzuwerfen sei, dass es keine individuelle Beurteilung durchgeführt habe, ob die vom Beschwerdeführer verübte Straftat die Definition eines besonders schweren Verbrechens erfülle, wobei die belangte Behörde nicht ausreichend die subjektive Tatseite des Beschwerdeführers berücksichtigt habe, zumal dieser lediglich Mittäter gewesen sei. Ebenso sei er geständig gewesen und nur im unteren Bereich des Strafrahmens verurteilt worden.

Das BFA habe auch, aufgrund von sehr einseitiger Prüfung in unzureichendem Ausmaß, mangelhaft begründet, warum der Beschwerdeführer aufgrund der verübten Tat eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Das BFA habe es bei der Erstellung einer Gefährlichkeitsprognose auch unterlassen, dass dem Beschwerdeführer in Österreich eine positive Zukunftsprognose zu erstellen gewesen sei. Der Beschwerdeführer befinde sich in Österreich in einer Beziehung und sei hier auch nach wie vor unbescholten. Da der Beschwerdeführer auch kein besonders schweres Verbrechen iSd § 6 Abs. 1 Z 6 AsylG begangen habe und er keine Gefahr für die öffentliche Gemeinschaft sei, wurde auch der Asylausschlussgrund nicht vorliegen. Das sechsjährige Einreiseverbot sei ebenso völlig unverhältnismäßig. Ebenfalls wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

12. Die gegenständliche Beschwerde und der bezugshabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge kurz „BVwG“) am 13.08.2020 vom BFA vorgelegt.

13. Auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 12.10.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der bisher zuständigen Gerichtsabteilung W274 abgenommen und neu zugewiesen. Nach Unzuständigkeitseinrede der Gerichtsabteilung W227 wurde das gegenständliche Verfahren schließlich der Gerichtsabteilung W257 zugewiesen.

14. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 03.05.2021, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung, mittlerweile die BBU GmbH, persönlich teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm, mit Schreiben vom 22.04.2021 entschuldigt, an der mündlichen Verhandlung nicht teil. Der Beschwerdeführer gab an, dass er den Dolmetscher gut verstehe und gesund sei. Er sei iranischer Staatsangehöriger und wisse, dass er das Asylaberkennungsverfahren aufgrund seiner Verurteilung in Ungarn eingeleitet worden sei. In Österreich befinde er sich in einer Lebensgemeinschaft.

Über die Vorfälle in Ungarn angesprochen, vermeinte der Beschwerdeführer, dass er reingelegt worden sei. Ein Bekannter habe ihm einen Ausflug nach Budapest versprochen, jedoch habe dieser acht Personen an der Grenze einsteigen lassen und danach seien sie in eine Polizeikontrolle gekommen, die zur Festnahme geführt habe. Das Geständnis in Ungarn habe er auch nur gemacht, weil ihm sein Rechtsanwalt dazu geraten hätte. In Österreich habe er zwei Mal Probleme mit der Polizei gehabt. Ein Verfahren sei diversionell erledigt worden, in einem weiteren sei er freigesprochen worden. Nach Erörterung der Begriffe des „Kontakthabens mit der Polizei“ und der „Glaubwürdigkeit“, führte der Beschwerdeführer aus, dass er in Österreich keine Verwandten habe und er derzeit als Einpacker bei einer Firma arbeite. Seine Lebensgefährtin sei zu 60% behindert und auf seine Hilfe angewiesen. Er würde nicht mehr in die Kirche gehen und vermeinte, dass er wegen seiner Familienproblematik damals Asyl erhalten habe. Die danach als Zeugin einvernommene Lebensgefährtin des Beschwerdeführers gab an, dass ihre Behinderung aufgrund von psychischen Belastungen herrühre. Er unterstütze sie gut und mache Fortschritte bei seiner Integration. Danach wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt.

15. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 02.06.2021, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung, die BBU GmbH, persönlich teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm, mit Schreiben vom 26.05.2021 entschuldigt, an der mündlichen Verhandlung nicht teil. Der Beschwerdeführer gab an, dass damals wegen seiner Homosexualität Asyl erhalten hätte. Er jedoch bisexuell und mittlerweile seit drei Jahren in einer heterosexuellen Partnerschaft. Aufgrund seiner Bisexualität habe er im Iran auch Probleme mit seiner Familie gehabt. In Österreich habe er vor seiner jetzigen Lebensgemeinschaft auch eine homosexuelle Beziehung gehabt. Er wolle aber nun eine Familie gründen und sei daher nicht an einer homosexuellen Beziehung interessiert.

In Österreich sei er unbescholten. In Ungarn sei er verurteilt worden, weil mit einem Bekannten dorthin auf Urlaub habe fahren wollen. Dieser habe in Ungarn jedoch einige Personen mitgenommen. Er selbst sei als Mittäter verurteilt worden, würde aber so ein Delikt aus freien Stücken nie begehen. Der Bekannte habe dem Beschwerdeführer auf die Frage, warum er ein so großes Auto habe, geantwortet, dass er seine Familie mitnehmen wolle. Jedoch seien sie nie in Budapest angekommen, weil der Bekannte immer wieder die Richtung gewechselt habe. Dieser Freund sei heroinsüchtig gewesen und hätte dem Beschwerdeführer gesagt, dass er diese armen unter der Brücke stehenden Leute mitnehme, weil er ihnen etwas Gutes tun möchte. Er selbst habe damals überhaupt keine Aufgabe bekleidet.

Danach legte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine Entscheidung des BVwG vor, in der in einer ähnlich gelagerten Rechtssache der Beschwerde stattgegeben wurde. Danach gab der Beschwerdeführer an, dass er in Ungarn geständig gewesen sei, weil der Richter ihn dazu angeleitet hätte, um eine geringer Haftstrafe zu erhalten. Danach folgte der Schluss der Verhandlung. Die Verkündung der Entscheidung entfiel gem. § 29 Abs. 3 VwGVG.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsbürger. Das BFA erkannte dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , gem. § 3 AsylG 2005 den Status des Asylberechtigten zu und stellte gem. § 3 Abs. 5 AsylG 2005 fest, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung auf, wurde jedoch in Ungarn von einem Bezirksgericht wegen Menschenschmuggels verurteilt. Im Beschwerdeverfahren erhöhte ein ungarischer Gerichtshof die im erstinstanzlichen Verfahren verhängte Strafe:

Mit rechtskräftigem durch die ÖB Budapest am 25.05.2019 übermitteltem Urteil eines ungarischen Bezirksgerichts vom 14.05.2019, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen Menschenschmuggels zu einer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten und einer Ausweisung aus Ungarn für die Dauer von sechs Jahren verurteilt.

Mit rechtskräftigem durch die ÖB Budapest am 13.05.2020 übermitteltem Urteil eines ungarischen Gerichtshofes vom XXXX , Zl. XXXX , wurde das gegen den Beschwerdeführer wegen Menschenschmuggels erlassene Urteil im Beschwerdeverfahren dahingehend abgeändert, dass dieser zu einer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr und einer Ausweisung aus Ungarn für die Dauer von sechs Jahren verurteilt wurde.

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt samt der beiden aus einem Verfahren entstammenden ungarischen Strafurteile sowie durch Einholung eines aktuellen Auszugs aus dem Strafregister.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtlich folgt:

Zu A) Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid der Status des Asylberechtigten abzuerkennen, wenn

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.

Gemäß dem im gegenständlichen Fall in Betracht kommenden § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, welcher vom BFA im Spruch und in der rechtlichen Beurteilung des bekämpften Bescheides auch zitiert wurde, ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 leg. cit. vorliegt.

Gemäß dem – im gegenständlichen Fall in Prüfung zu ziehenden – § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

Nach der dem § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 zugrundeliegenden Bestimmung des Art. 33 Z 2 GFK kann der Vorteil dieser Bestimmung jedoch von einem Flüchtling dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Flüchtling aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der Flüchtling, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet.

Hinsichtlich der Judikatur zu § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 müssen wegen der wörtlich gleichen Voraussetzungen die gleichen Maßstäbe gelten, auf die sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in den bisherigen Erkenntnissen (06.10.1999, 99/01/0288; 24.11.1999, 99/01/0314; 12.09.2002, 99/20/0532) zu § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1997 bezogen haben (vgl. VwGH 03.12.2002, 99/01/0449).

Wie der Verwaltungsgerichtshof – erstmals – in seinem Erkenntnis vom 06.10.1999, 99/01/0288, unter Hinweis auf Art. 33 Z 2 GFK ausgeführt hat, müssen nach „internationaler Literatur und Judikatur“ kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Heimat- oder Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss

?        ein besonders schweres Verbrechen verübt haben,

?        dafür rechtskräftig verurteilt worden,

?        sowie gemeingefährlich sein und

?        es müssen die öffentlichen Interessen an der Rückschiebung die Interessen des Flüchtlings am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (Güterabwägung).

Zur nunmehr anzunehmenden Bedeutung des Begriffs „besonders schweres Verbrechen“ verwies der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis auf eine im Jahr 1980 vom UNHCR im Zusammenhang mit Art. 1 Abschnitt F lit. b GFK vorgeschlagene Kategorisierung von Straftaten (vgl. näher Goodwin-Gill, The Refugee In International Law2 [1996, Nachdruck 1998] 107 f.), auf die Kälin (Grundriss des Asylverfahrens 1990, 228) auch im Zusammenhang mit Art. 33 Z 2 GFK Bezug genommen hatte. „Typischerweise schwere Verbrechen“ seien danach – in einer, wie hinzuzufügen sei, teilweise recht ungenauen Übersetzung – „etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub“ und dergleichen (vgl. Kälin, aa0, und die – insoweit aber wie in Rz 449 auf Art. 1 Abschnitt F lit. b GFK und die Literatur dazu bezogene – Formulierung bei Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl [1999], Rz 455). Es müsse sich um Straftaten handeln, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen.

Allerdings genüge es nicht, wenn ein abstrakt als „schwer“ einzustufendes Delikt verübt worden sei. Die Tat müsse sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. U.a. sei auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen. Bei der Aufhebung des Bescheides wegen des Unterbleibens von Zukunftsprognose und Güterabwägung wurde ausgeführt, die für die Zukunftsprognose u.a. in Betracht zu ziehenden Umstände der Tatbegehung wären auch in die Beurteilung der Frage, ob die Tat „subjektiv besonders schwerwiegend“ gewesen sei, einzubeziehen gewesen.

Im Erkenntnis vom 03.12.2002, 99/01/0449, hat der VwGH zur Auslegung des Begriffs „besonders schweres Verbrechen“ ausgeführt, dass es sich z.B. bei Drogenhandel typischerweise um ein besonders schweres Verbrechen handelt; allerdings genüge es nicht, dass der Antragsteller ein abstrakt als schwer einzustufendes Delikt verübt habe. Die Tat müsse sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. Milderungsgründe, Schuldausschließungsgründe und Rechtfertigungsgründe seien zu berücksichtigen.

Zum Verständnis des Begriffes „besonders schweres Verbrechen“ führte der VwGH darin weiters aus:

„Wann ein in diesem Sinn ‚typischerweise‘ – nämlich in Bezug auf die betroffenen Rechtsgüter – einschlägiges Verbrechen im Einzelfall ausreichend schwerwiegend ist, um im Sinne der zuletzt genannten Norm (und damit der §§ 13 Abs. 2 zweiter Fall und 14 Abs. 1 Z 5 zweiter Fall AsylG) ‚besonders schwer‘ zu sein, ist in den Erkenntnissen zum geltenden Gesetz – abgesehen von der Erwähnung des Erfordernisses einer konkreten fallbezogenen Prüfung und der Tatumstände als zu berücksichtigendem Kriterium – nicht näher behandelt worden. An eine Gleichsetzung von ‚besonders schwer‘ im Sinne des Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv (i.V.m. §§ 13 Abs. 2 zweiter Fall und 14 Abs. 1 Z 5 zweiter Fall AsylG) mit ‚schwer‘ (Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv i.V.m. §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 Z 4 AsylG) würde dabei – ginge es nur um Ausdrücke der österreichischen Gesetzessprache – nicht zu denken sein. Die eine solche Gleichsetzung für die Flüchtlingskonvention scheinbar andeutende Äußerung Kälins (a.a.0., 228, und ähnlich schon Das Prinzip des Non-Refoulement (1982) 134), es dränge sich auf, beide Bestimmungen ‚gleich auszulegen‘, steht in einem spezifischen Zusammenhang mit der aus dem französischen Text abgeleiteten und von Kälin zutreffend bejahten Frage, ob sich der Ausdruck ‚particulierement grave‘ in Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv auch auf das Wort ‚crime‘ (und nicht nur das nachgestellte ‚ou delit‘) bezieht, und zielt nicht darauf ab, dem Wort ‚besonders‘ jede Bedeutung abzusprechen. Erörtert wird die Bedeutung von ‚serious‘ (‚grave‘) im Zusammenhang mit ‚crime‘ (vgl. auch Hailbronner, Ausländerrecht, Rz 32 zu § 51 dAuslG, wo ebenfalls der Ausdruck ‚serious crime‘ behandelt wird). Dass bei Rohrböck (a.a.0., Rz 455) im Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv unveränderte Textteile zu Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv (aus Rz 449) aufscheinen, ist mit Rücksicht auf die mitübernommenen Zitate und ausdrücklichen Bezugnahmen auf Art. 1 Abschnitt F FlKonv überhaupt als Versehen zu werten (vgl. zu Art. 33 Abs. 2 FlKonv Rohrböck, a.a.0., Rz 116).

In der internationalen Literatur überwiegen Hinweise auf die Verschiedenheit der Vorschriften (vgl. etwa zum Verbrechensbegriff Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law I (1966) 292; zur bloßen ‚Annäherung‘ des Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv an Art. 33 Abs. 2 FlKonv durch das Wort ‚serious‘ Goodwin-Gill, a.a.0. 102; zum Unterschied zwischen ‚serious‘ und ‚particularly serious‘ Hathaway, The Law of Refugee Status (1991) 226 in FN 234 und nach FN 236 und den Nachweis bei Sloan in International Journal of Refugee Law (IJRL) Vol. 12, Supplement Winter 2000, 243; Fitzpatrick in derselben Ausgabe des IJRL, 288). Eine Gleichsetzung der ‚besonders schweren‘ mit bloß ‚schweren‘ Verbrechen kann insbesondere Absatz 154 des UNHCR-Handbuchs über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nicht entnommen werden (vgl. aber die Bezugnahmen auf das Handbuch bei Hailbronner, a.a.0.). Die ‚besonders schweren‘ Verbrechen im Sinne des Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv sind danach nur die ‚extremen Fälle‘ der ‚schweren Verbrechen‘ im Zufluchtsland, in Bezug auf deren Ahndung für die übrigen Fälle nur auf die Justiz des Zufluchtslandes verwiesen wird (die Ausführungen in Absatz 155 des Handbuchs beziehen sich wieder auf Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv). Zuletzt hat der UNHCR die Verschiedenheit der Bestimmungen in einer kritischen Äußerung zur Heranziehung des Art. 33 Abs. 2 FlKonv als Ausschlussgrund für die Asylgewährung hervorgehoben (Feller, Stellungnahme aus Anlass des Treffens des Strategic Committee an Immigration, Frontiers and Asylum in Brüssel am 6. November 2002).

Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass schon im Zusammenhang mit dem ‚schweren Verbrechen‘ nach Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv die Auffassung vertreten wird, es müsse sich um ‚ein Kapitalverbrechen oder eine besonders schwerwiegende Straftat‘ (UNHCR-Handbuch, Absatz 155), um eine ‚in objektiver und subjektiver Hinsicht besonders schwerwiegende‘ Tat (Kälin, a. a.0. (1990), 181 f, mit Nachweisen der im UNHCR-Vorschlag von 1980 aufgezählten Gründe für die Widerlegung der Vermutung eines ‚schweren Verbrechens‘) bzw. um ‚truly abhorrent wrongs‘ handeln (Hathaway, a.a.0., 224). Zum ‚besonders schweren Verbrechen‘ des Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv verweist Grahl-Madsen auf eine Stellungnahme des UNHCR, wonach es sich normalerweise um ein Kapitalverbrechen wie Mord, Brandstiftung, Vergewaltigung oder bewaffneten Raub handeln müsse (Commentary on the Refugee Convention 1951, Articles 2-11, 13-37 (1963, wiederveröffentlicht 1997), Anmerkung 9 zu Art. 33). Art. 33 Abs. 2 FlKonv solle nur in extrem seltenen Fällen zur Anwendung kommen (‚it is quite clear that the provisions ... were only meant to be applied in extremely rare occasions‘; a.a.0., Anmerkung 10 zu Art. 33). Kälin zufolge muss es sich jeweils fallbezogen um die ‚ultima ratio‘ handeln, die Bestimmung sei ‚restriktiv auszulegen‘ und es kämen bei Bedachtnahme auf die von Grahl-Madsen referierte Stellungnahme des UNHCR ‚nur die schwersten Straftaten‘ in Betracht (a.a.0. (1982), 130, 132; a. a.0. (1990), 225 f sowie 228: ‚nur in besonders krassen Fällen‘).“

Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer einmal wegen Schlepperei zu einer Haftstrafe von einem Jahr und einer Ausweisung aus Ungarn für die Dauer von einem Jahr verurteilt, jedoch noch vier Monaten bereits von der Haftstrafe bedingt entlassen.

Mit rechtskräftigem durch die ÖB Budapest am 25.05.2019 übermitteltem Urteil eines ungarischen Bezirksgerichts vom 14.05.2019, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen Menschenschmuggels (§ 353 Abs. 1 und Abs. 2 lit a und b des ung. StGB) zu einer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten und einer Ausweisung aus Ungarn für die Dauer von sechs Jahren verurteilt. Eine bedingte Entlassung war nach Verbüßung von zwei Drittel der Haftstrafe vorgesehen. Für den Beschwerdeführer wurde mildernd gewertet, dass dieser unbescholten, geständig und lediglich Mittäter gewesen sei.

Mit rechtskräftigem durch die ÖB Budapest am 13.05.2020 übermitteltem Urteil eines ungarischen Gerichtshofes vom XXXX , Zl. XXXX , wurde das gegen den Beschwerdeführer wegen Menschenschmuggels erlassene Urteil im Beschwerdeverfahren dahingehend abgeändert, dass dieser zu einer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr und einer Ausweisung aus Ungarn für die Dauer von sechs Jahren verurteilt wurde.

Das BFA hat zwar richtig erkannt, dass Schlepperei im Lichte der Judikatur abstrakt geeignet ist, ein „besonders schweres Verbrechen“ darzustellen und es führt auch rechtlich aus, dass darüber hinaus eine konkrete Prüfung im Einzelfall durchzuführen ist, beschränkt sich in der Folge jedoch darauf, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten eine Gefährdung der Allgemeinheit bzw. für den österreichischen Staat darstelle, doch hat das BFA nicht dartun können, wieso der Beschwerdeführer durch das einmalige Begehen des Verbrechens der Schlepperei (wenn auch in zwei Fällen) das von der Rechtsprechung des VwGH geforderte Maß eines besonders schweren Verbrechens erreicht wäre.

Auf die Strafdrohung allein kommt es bei der Beurteilung, ob ein "besonderes schweres Verbrechen" vorliegt, nicht an (vgl. VwGH 06.10.1999, 99/01/0288; 25.10.2018, Ra 2018/20/0360). So genügt es demnach nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, wobei unter anderem auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen ist (vgl. VwGH 29.08.2019, Ra 2018/19/0522). Bei der Beurteilung, ob ein "besonders schweres Verbrechen" vorliegt, ist daher eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen (VwGH 23.09.2009, 2006/01/0626; 29.08.2019, Ra 2018/19/0522). Lediglich in gravierenden Fällen schwerer Verbrechen erweist sich bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose als zulässig (vgl. etwa in Zusammenhang mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren wegen des Verbrechens des versuchten Mordes: VwGH 14.02.2018, Ra 2017/18/0419, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach zum Strafdelikt der Schlepperei bereits aus, dass es sich dabei nicht per se um ein besonders schweres Verbrechen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 handelt, sondern besondere Umstände hinzutreten müssen, die die Tat als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erscheinen lassen (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0360; 24.03.2011, 2011/23/0061; 27.04.2006, 2003/20/0050).

In der Beschwerde wurde nachvollziehbar aufgezeigt, dass – ohne das Verhalten des Beschwerdeführers zu verharmlosen – kein „besonders schweres Verbrechen“ im Lichte der dargestellten Judikatur vorliegt.

Zwar ist Schlepperei ohne Zweifel ein „typischerweise schweres Verbrechen“, jedoch war im konkreten Fall zu berücksichtigen, dass in Ungarn Menschenschmuggel einer Strafdrohung von zwei Jahren bis zu acht Jahren unterliegt (analog dazu in Österreich gem. § 144 Abs. 3 FPG eine Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsieht), gegen den Beschwerdeführer im konkreten Fall jedoch mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (im erstinstanzlichen Verfahren sogar nur neun Monate) bereits Eine Freiheitsstrafe unter dem unteren Rand der Strafsanktionen verhängt worden ist. Hieraus ist abzuleiten, dass die Verurteilung wegen Menschenschmuggels jedenfalls nicht subjektiv besonders schwerwiegend gewesen ist, zumal selbst ein ungarischer Gerichtshof im Beschwerdefahren, trotz Erhöhung des Strafmaßes um drei Monate, noch immer zur Hälfte unter dem untersten Bereich der gesetzliche vorgesehenen Strafdrohung dieses Deliktes geblieben ist. Dass keine subjektiv schwerwiegende Tatbegehung gegenständlich vorliegt, erweist sich auch daran, dass das ungarische Strafgericht überwiegend Milderungsgründe und kaum Erschwerungsgründe, abgehsehen von „Begehung von Straftaten allgemein“ und „Ausnützen des Vertrauens des Staates, der ihnen die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen hat“, in die Strafzumessung einbezog. Gegen die Annahme der Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 spricht es auch, dass der Beschwerdeführer in Ungarn bereits nach vier Monaten (Untersuchungs-)Haft und somit noch vor Ablauf der im Strafurteil des ungarischen Bezirksgerichts vom 14.05.2019 angeführten Frist von „nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Strafzeit“ entlassen wurde.

Da somit keine rechtskräftige Verurteilung wegen eines „besonderes schweren“ Verbrechens vorliegt, kommt es auch auf Gesichtspunkte der Zukunftsprognose hinsichtlich des Verhaltens im Inland nicht mehr an.

Aufgrund des Wegfalls der Entscheidung der belangten Behörde hinsichtlich Spruchteil I. mangelt es den Spruchteilen II. bis VII. des bekämpften Bescheides an einer entsprechenden Rechtsgrundlage, weshalb auch diese ersatzlos zu beheben waren.

Wenn in der Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde, ist darauf zu verweisen, dass eine solche am 03.05.2021 und am 02.06.2021 durchgeführt wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu A) wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Asylaberkennung Asylausschlussgrund ausländische Verurteilung Behebung der Entscheidung besonders schweres Verbrechen Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung Rückkehrentscheidung behoben Schlepperei strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W257.2234044.1.00

Im RIS seit

06.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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