TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/21 96/11/0164

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Veröffentlicht am 21.01.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §21 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde der S in M, vertreten durch Mag. H, Rechtsanwalt in J, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 2. Mai 1996, Zl. VI/2-V-2525/1-1996, betreffend Anordnung einer Nachschulung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 64a Abs. 2 KFG 1967 verpflichtet, sich einer Nachschulung zu unterziehen.

In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, die Beschwerdeführerin sei mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 22. Juni 1995 rechtskräftig wegen einer Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO 1960 bestraft worden, weil sie am 5. Juni 1995 an einer näher bezeichneten Straßenstelle im Ortsgebiet die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 28 km/h überschritten habe (Lasermessung 81 km/h abzüglich 3 km/h Fehlergrenze). Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Strafverfügung sei ihr nicht zugestellt worden und daher auch nicht in Rechtskraft erwachsen, scheine eine Schutzbehauptung zu sein, um der Anordnung einer Nachschulung zu entgehen. Der Beschwerdeführerin sei offenbar erst im vorliegenden Verfahren bewußt geworden, welche Bedeutung der rechtskräftigen Bestrafung zukomme. Sie habe weder Wiedereinsetzung noch Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt, um die Strafverfügung zu beseitigen. Auf der Empfangsbestätigung scheine eine Unterschrift und daneben in Klammer "EMPF" auf, woraus geschlossen werden könne, daß der Brief von der Beschwerdeführerin übernommen worden sei. Die Mutter der Beschwerdeführerin habe nicht mit Sicherheit sagen können, ob sie den Brief behoben habe. Der Leiter des Postamtes habe erklärt, die Briefsendung sei an "Frau S" ausgehändigt worden. Ein Irrtum könne zwar nicht ausgeschlossen werden, doch würden eigenhändige Briefsendungen nicht an dritte Personen ausgefolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Begeht der Besitzer einer Lenkerberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs. 3), oder verstößt er gegen Abs. 4, so ist gemäß § 64a Abs. 2 KFG 1967 von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen. Die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes (Abs. 3) ist abzuwarten.

Zu den schweren Verstößen gemäß § 64a Abs. 3 lit. a KFG 1967 gehören u.a. mit Meßgeräten festgestellte Überschreitungen einer ziffernmäßig festgesetzten erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von mehr als 20 km/h im Ortsgebiet bzw. mehr als 40 km/h auf Freilandstraßen.

Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Anordnung der Nachschulung ist, ob die Beschwerdeführerin wegen der oben beschriebenen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet rechtskräftig bestraft wurde. Ob eine rechtskräftige Bestrafung vorliegt, hängt wieder entscheidend davon ab, ob der Beschwerdeführerin die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 22. Juni 1995 rechtswirksam zugestellt wurde.

Nach der Aktenlage wurde die Strafverfügung nach erfolglosen Zustellversuchen am 26. Juni 1995 beim Postamt M hinterlegt. Die Abholfrist begann am selben Tag. Gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz Zustellgesetz gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Die Strafverfügung gilt demnach am 26. Juni 1995 als zugestellt. Mangels Erhebung eines Einspruches ist die Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen, sodaß im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides von einer rechtskräftigen Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen eines schweren Verstoßes auszugehen war.

Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides und in den im vorliegenden Beschwerdeverfahren erstatteten Schriftsätzen behandelte Frage, ob die Beschwerdeführerin (so die belangte Behörde) oder ihre Mutter (so die Beschwerdeführerin) die hinterlegte Sendung am 3. Juli 1995 beim Postamt behoben hat, ist für die Rechtmäßigkeit der Zustellung der Strafverfügung durch Hinterlegung ohne Bedeutung. Diese Frage und die allfällige unverschuldete Unkenntnis der Beschwerdeführerin von der erfolgten Zustellung wären in einem Verfahren über einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist zu klären gewesen. Soweit die Beschwerdeführerin ins Treffen führt, die Sendung mit der Strafverfügung sei ihr nicht zu eigenen Handen zugestellt worden, weil die Sendung beim Postamt nicht ihr ausgefolgt worden sei, übersieht sie, daß unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Zustellgesetz auch eigenhändig zuzustellende Sendungen nach § 17 leg. cit. zu hinterlegen sind.

Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110164.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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