Entscheidungsdatum
27.07.2021Norm
AVG §53a Abs2Spruch
W195 2242504-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 14.03.2021 basierenden gebührenrechtlichen Antrag der Sachverständigen XXXX beschlossen:
A)
I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG mit
€ 278,40 (inkl. USt.)
bestimmt.
II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit E-Mail vom 10.02.2021 wurde die Antragstellerin vom Leiter der Gerichtsabteilung XXXX in der Beschwerdesache des XXXX , um Übersetzung eines Schriftstücks sowie kurze Begutachtung desselben ersucht.
2. Am 01.03.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht die von der Antragstellerin verfasste Übersetzung samt Begutachtung via E-Mail ein. Die in diesem Zusammenhang stehende Honorarnote Nr. 29 langte am 14.03.2021 im Wege des webERV – wie folgt – ein:
Honorarnote 29
€
Mühewaltung § 34 Abs. 5 GebAG iVm § 273 ZPO
6 begonnene Stunde(n) für Erstellung eines Gutachtens
(nur SV- Länderkunde) á € 33,80
600,00
Sonstige Kosten § 31 Z 3, 5, 6 GebAG
Reinschreiben von Befund und Gutachten Seite(n)/je 1000 Zeichen
5 á € 2,00
10,00
Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG
12,00
Zwischensumme
622,00
20% Umsatzsteuer
124,40
Gesamtsumme
746,40
Gesamtsummer aufgerundet auf volle 10 Cent
746,40
3. Mit 01.04.2021 teilte der verfahrensführende Richter mit, dass er die sachliche Richtigkeit der Honorarnote zwar bestätige, jedoch die Höhe des Stundensatzes in Höhe von € 100,00 netto nicht nachvollziehen könne.
4. Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Antragstellerin sodann mit Schreiben vom 07.06.2021, nachweislich zugestellt am 09.06.2021, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass der Stundensatz iSd § 34 Abs. 3 GebAG in Höhe von € 100,00 angesichts des Inhalts und Umfangs der in Auftrag gegebenen Begutachtung überhöht erscheint.
4. In weiterer Folge langte keine Stellungnahme oder korrigierte Honorarnote seitens der Antragstellerin ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass die Antragstellerin im Rahmen des Verfahrens zur XXXX mit der Übersetzung und Begutachtung verschiedener Dokumente beauftragt wurde. Das Ergebnis der Übersetzung und Begutachtung wurde am 01.03.2021 via E-Mail übermittelt; die dazu gehörige Honorarnote im Wege des ERV am 14.03.2021.
2. Beweiswürdigung:
Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren XXXX , der E-Mail beinhaltend den Auftrag zur Übersetzung und Begutachtung durch die Antragstellerin vom 10.02.2021, der Übersetzung samt Begutachtung vom 01.03.2021, dem Gebührenantrag vom 14.03.2021, der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 07.06.2021, GZ. W195 2242504-1/2Z, und dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 53a Abs. 1 AVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren im Umfang der sinngemäß anzuwendenden §§ 24 bis 37 und 43 bis 49 und 51 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.
Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;
3. die Entschädigung für Zeitversäumnis;
4. die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.
Zu A)
Zur Höhe des verzeichneten Stundensatzes iSd § 34 Abs. 3 GebAG
§ 34 Abs. 3 GebAG lautet:
„Soweit nicht anderes nachgewiesen wird und vorbehaltlich des Abs. 4, gelten für die Einkünfte, die Sachverständige im außergerichtlichen Erwerbsleben für ihre Gutachtenstätigkeit üblicherweise beziehen, folgende Gebührenrahmen, innerhalb derer die Gebühr je nach der konkret erforderlichen Qualifikation der oder des beauftragten Sachverständigen, der Schwierigkeit des aufgetragenen Befundes oder Gutachtens und der Ausführlichkeit der notwendigen Begründung zu bestimmen ist:
1. für Tätigkeiten, die keine nach Z 2 oder 3 qualifizierten fachlichen Kenntnisse erfordern, eine Gebühr für Mühewaltung von 20 bis 60 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde;
2. für Tätigkeiten, die hohe fachliche Kenntnisse erfordern, welche durch den Abschluss einer berufsbildenden höheren Schule oder eine gleichwertige Berufsvorbildung vermittelt werden, eine Gebühr für Mühewaltung von 50 bis 100 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde;
3. für Tätigkeiten, die besonders hohe fachliche Kenntnisse erfordern, welche durch ein Universitätsstudium oder eine gleichwertige Vorbildung vermittelt werden, eine Gebühr für Mühewaltung von 80 bis 150 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde.“
In Bezug auf die von der Antragstellerin geltend gemachte Rahmengebühr iSd § 34 Abs. 3 GebAG in Höhe von € 100,00 pro begonnener Stunde ist auf Folgendes zu verweisen:
Das Gutachten – bestehend aus insgesamt fünf Seiten – gliedert sich in ein Deckblatt, ein Schreiben an das Bundesverwaltungsgericht (konkret an den verfahrensführenden Richter), den Übersetzungs- bzw. Begutachtungsauftrag sowie die Übersetzung des Dokuments samt Analyse der Struktur und der Merkmale. Zuletzt wurde noch ein von der Gerichtsabteilung übermitteltes Foto von der Antragstellerin dokumentiert.
§ 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 gibt Rahmengebühren vor, innerhalb derer die Mühewaltungsgebühr je nach der konkret erforderlichen Qualifikation des SV, der Schwierigkeit des Befundes oder Gutachtens und der Ausführlichkeit der notwendigen Begründung zu bestimmen ist (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG,4 E160 zu § 34 GebAG).
Schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes ist der Gebührenrahmen des § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 nach der konkret erforderlichen Qualifikation, nämlich der zur Erfüllung des Gutachtensauftrages notwendigen, zu bestimmen, nicht aber nach dem tatsächlichen Ausbildungsgrad des SV. Daher ist ein akademisch, somit qualifiziert gebildeter SV bei Erfüllung eines keine oder geringe fachliche Kenntnisse erfordernden Gutachtensauftrages nach § 34 Abs. 3 Z 1 oder Z 2, also nach der für die konkrete Auftragserfüllung notwendigen besonderen Fähigkeiten zu entlohnen (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG,4 E165 zu § 34 GebAG).
Es kommt sohin nicht darauf an, welche Ausbildung der Sachverständige absolviert hat, sondern welche konkreten – zur Auftragserfüllung erforderlichen – besonderen Fähigkeiten er besitzt.
Wie bereits oben ausgeführt, besteht das von der Antragstellerin erstattete Gutachten aus
? einem Deckblatt,
? einem Schreiben an das Bundesverwaltungsgericht (konkret an den verfahrensführenden Richter),
? dem Übersetzungs- bzw. Begutachtungsauftrag,
? der Übersetzung des Dokuments samt Analyse der Struktur und der Merkmale sowie
? der Dokumentation eines Fotos
Ungeachtet der – zweifelsfrei – umfassenden Sprachkenntnisse der Antragstellerin in Pashto und Dari sowie der Kenntnisse der Gepflogenheiten und Lebensweisen Afghanistans sind für die Erstellung des hier verfahrensgegenständlichen Gutachtens keine hohen fachlichen Kenntnisse, welche durch den Abschluss einer berufsbildenden höheren Schule oder einer gleichwertigen Berufsvorbildung vermittelt werden, erforderlich. Die Analyse des Schriftstücks (ein Drohbrief) bezieht sich im Wesentlichen auf eine überwiegend rein optische Darstellung der Merkmale:
So findet sich im Gutachten unter anderem folgende Passage:
„Der Brief ist in Pashto, einer für Taliban-Drohbriefe üblichen Sprache, verfasst und weist grundsätzlich die typischen Merkmale solcher Briefe auf. Am Anfang des Schreibens wird die Person, an die der Brief gerichtet ist, namentlich erwähnt, gefolgt von dem Hinweis auf die vorhergehenden Warnungen. Anschließend wird die gestellte Forderung betont und zum Schluss folgt die Androhung der Strafe, falls der Forderung nicht Folge geleistet wird. Das Ende des Briefes gibt Auskunft über die Position des Verfassers in der Organisation: „Hochpositionierter Kommandant“, den Namen „Alhafez Hazifa““ sowie die Unterschrift des Verfassers und den Stempel der Organisation. Diese Merkmale stimmen mit den bekannten Drohbriefen der Taliban im Wesentlichen überein.
Der auf dem vorliegenden Dokument abgedruckte Stempel enthält lediglich die Information, dass dieser von der „afghanischen Talibanbewegung, und der Militärkommission“ stamme. Allerdings gibt der Stempel keine Hinweise darauf, um die Taliban welcher Region es sich dabei handelt.“
Im Wesentlichen erfolgt lediglich eine Aufzählung der Auffälligkeiten bzw. Unauffälligkeiten, in deren Gesamtschluss (Conclusio) die Echtheit des Dokuments von der Antragstellerin als Sachverständige nicht eindeutig bestätigt werden konnte. Ein besonderes Fachwissen in Bezug auf die Beurteilung des zu übersetzenden Schriftstücks war hingegen nicht erforderlich.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass der verfahrensführende Richter im Zusammenhang mit der Ausstellung der sachlichen Richtigkeit der Honorarnote mitteilte, dass die Höhe des verrechneten Stundensatzes fraglich erscheine und für ihn daher unklar sei, woraus sich dieser ergebe.
Der für die Gutachtenserstellung festzulegende Rahmensatz hat sich daher an § 34 Abs. 3 Z 1 GebAG („für Tätigkeiten, die keine nach Z 2 oder 3 qualifizierten fachlichen Kenntnisse erfordern, eine Gebühr für Mühewaltung von 20 bis 60 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde“) zu orientieren.
War die Befundaufnahme und Gutachtenserstellung weder von besonderer Schwierigkeit geprägt, noch hat es sich um eine auffallend einfache Arbeit gehandelt, ist die Gebühr etwa in der Mitte des Gebührenrahmens des § 34 Abs. 3 Z 2 auszumessen (LG Salzburg 21 R 344/10 z EFSlg 128.882; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG,4 E171 zu § 34 GebAG).
In analoger Anwendung dieses Rechtssatzes kann hier die Höhe des Rahmensatzes iSd § 34 Abs. 3 Z 1 GebAG mit € 35,00 angenommen werden.
Im Übrigen wird auch darauf verwiesen, dass die Antragstellerin keine Stellungnahme bzw. auch keine etwaigen höheren Einkünfte belegenden Nachweise erbracht hat und somit eine Einschätzung der Höhe innerhalb der Rahmengebühr des § 34 Abs. 3 Z 1 GebAG von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts vorgenommen wurde.
Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:
EURO
Mühewaltung gemäß § 34 Abs. 3 GebAG
6 begonnene Stunde(n) für die Erstellung eines Gutachtens à € 35,00
210,00
Sonstige Kosten gemäß § 31 GebAG
Reinschreiben von Befund und Gutachten: Seiten(n)/je 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) 5 à € 2,00
10,00
Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG
12,00
Zwischensumme
232,00
20 % USt.
46,40
Gesamtsumme
278,40
Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent
278,40
Die Gebühr der Antragstellerin war daher mit € 278,40 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.
Schlagworte
Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Gebührensätze Mehrbegehren Mühewaltung Sachverständigengebühr Sachverständigengutachten Sachverständiger Schriftstück TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2242504.1.00Im RIS seit
06.10.2021Zuletzt aktualisiert am
06.10.2021