TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/21 96/05/0238

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.01.1997
beobachten
merken

Index

L82000 Bauordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Viktor M und 2. des Michael M, beide in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 1. Juli 1996, Zl. MD-VfR - B IX - 1/96, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: A-Gesellschaft m.b.H. (vormals: A-Liegenschaftsverwertungs Gesellschaft m.b.H.) in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben insgesamt der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 11. März 1994 beantragte die mitbeteiligte Partei die baubehördliche Bewilligung für den Ausbau des Dachgeschoßes (4 Wohnungen) und den Einbau eines

3 Personenaufzuges im Hause Wien 9., B-Gasse 17, W 12, auf den nunmehr ihr gehörigen Grundstücken Nr. n1 und n2 der Liegenschaft EZ. nn1, Grundbuch Alsergrund, unter Hinweis auf die beigelegten Einreichpläne.

In der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 1994 erhoben die Beschwerdeführer als Miteigentümer des benachbarten Grundstückes Nr. n4 der Liegenschaft EZ nn2, Grundbuch Alsergrund, B-Gasse 15, gegen das beantragte Bauvorhaben Einwendungen folgenden Inhalts:

"Da das gegenständliche Gebäude eine gemeinsame Feuermauer mit der Liegenschaft B-Gasse 15 aufweist, kann derzeit einer Bauführung nicht zugestimmt werden bis zur Richtigstellung der Planunterlagen."

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 22. Dezember 1995 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) in Verbindung mit § 68 Abs. 1 und Abs. 6, § 69 Abs. 8 und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes unter Berücksichtigung der mit Bescheid vom 11. April 1994 bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen und auf Grund der mit Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den 9. Bezirk vom 7. Dezember 1995 erteilten Bewilligung für Abweichungen von den Bebauungsvorschriften die beantragte Baubewilligung "nach den mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plänen" unter Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unzulässig zurückgewiesen, "da in den bei der Behörde aufliegenden Konsensplänen Feuermauern für beide Gebäude vorhanden sind und im übrigen für den Bereich des Dachgeschosses auf der Liegenschaft B-Gasse 17 ohnehin eine eigene Feuermauer vorgesehen ist".

Aus dem einen integrierenden Bestandteil des Bewilligungsbescheides bildenden Einreichplan ist ersichtlich, daß im Dachgeschoß neben der auf dem Grundstück Nr. n4 der Beschwerdeführer bestehenden Feuermauer auf der Liegenschaft der mitbeteiligten Bauwerberin eine 15 cm dicke Feuermauer neu errichtet werden soll.

In der gegen den Baubewilligungsbescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführer wurde im wesentlichen darauf hingewiesen, daß ein strittiger Grenzverlauf bestehe und die Behörde dies als Vorfrage gemäß § 38 AVG beurteilen hätte müssen. In weiteren, an die Berufungsbehörde gerichteten Schriftsätzen führten die Beschwerdeführer aus, es sei nur eine gemeinsame Feuermauer zwischen den Häusern B-Gasse 15 und 17 vorhanden, deren Nutzung durch die mitbeteiligte Partei nur mit Zustimmung der Beschwerdeführer möglich sei. Die Unzulässigkeit der Bauführung an der gemeinsamen Feuermauer ergebe sich aus der mangelnden Zustimmung der Beschwerdeführer.

Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 1. Juli 1996 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführer hätten keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte im Sinne des § 134a BO, vielmehr nur das Fehlen ihrer Zustimmung zum geplanten Bauvorhaben als Eigentümer der betroffenen gemeinsamen Feuermauer geltend gemacht. Dem Vorbringen der Beschwerdeführer sei entgegenzuhalten, daß im erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid ausdrücklich festgestellt worden sei, daß nach den vorliegenden Konsensplänen Feuermauern für beide Gebäude vorhanden seien und im Zusammenhang mit dem Dachgeschoßausbau auf der Liegenschaft B-Gasse 17 die Errichtung einer eigenen Feuermauer zu der bestehenden Feuermauer des Hauses B-Gasse 15 vorgesehen sei. Die bloße Behauptung der Beschwerdeführer, daß diese Ausführungen unrichtig seien und tatsächlich nur eine gemeinsame Feuermauer bestehe, sei nicht geeignet, die Ausführungen im erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid in Zweifel zu ziehen. Die Beschwerdeführer hätten ihre Behauptung, daß diese Ausführungen unrichtig seien, nicht unter Beweis gestellt. Es bestünde kein Anlaß, die unmißverständlichen und ausdrücklichen Feststellungen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides anzuzweifeln, zumal ein bautechnischer Amtssachverständiger als geschultes und besonders ausgebildetes Organ der Baubehörde in der Lage sei, festzustellen, ob in den vorliegenden Konsensplänen getrennte Feuermauern dargestellt seien. Diesen Feststellungen seien die Beschwerdeführer weder durch ein auf Unterlagen oder Belege gestütztes Vorbringen noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Dem Einreichplan sei zu entnehmen, daß das gegenständliche Bauvorhaben innerhalb der im Plan eingezeichneten Grundgrenze der Liegenschaft B-Gasse 17 verbleibe und auch die im Dachgeschoßbereich eingezeichnete Feuermauer des Hauses der Beschwerdeführer von der gegenständlichen Bauführung unberührt bleibe. Im Bereich des Dachgeschosses sei im zugrundeliegenden Einreichplan eine eigene Feuermauer innerhalb der Grundgrenze der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft vorgesehen. Aus dem dem Bauansuchen beigeschlossenen Einreichplan lasse sich einwandfrei Art und Umfang der beabsichtigten Bauführung entnehmen. Die Beschwerdeführer hätten verabsäumt, konkret darzulegen, inwiefern der Einreichplan eine einwandfreie Beurteilung des gegenständlichen Bauvorhabens unmöglich mache.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Abweisung des gegenständlichen Bauansuchens verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte Teile des Verwaltungsaktes vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich in dem vom Beschwerdepunkt umschriebenen subjektiv-öffentlichen Recht deshalb als verletzt, weil an der Grundgrenze der beiden benachbarten Häuser B-Gasse 15 und 17 nur eine gemeinsame Feuermauer vorhanden und daher die beantragte Bauführung ohne ihre Zustimmung nicht zulässig sei.

Der Nachbar kann die Frage des strittigen Grenzverlaufes geltend machen. Dieses Vorbringen ist nicht auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, vielmehr hat die Baubehörde die Frage des Grenzverlaufes gemäß § 38 AVG als Vorfrage zu beurteilen und diese Beurteilung ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Die Frage des strittigen Grenzverlaufes ist dann im Baubewilligungsverfahren als Vorfrage zu entscheiden, wenn dies zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens notwendig ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0195, mit weiteren Nachweisen).

Für die Beurteilung der Zulässigkeit des der Beschwerde zugrundeliegenden Bauvorhabens bedurfte es jedoch aus folgenden Gründen keiner Zustimmung der Beschwerdeführer als Miteigentümer der vom Bauvorhaben betroffenen benachbarten Liegenschaft gemäß § 63 Abs. 1 lit. c BO:

Von der Baubewilligung ist - von den im Beschwerdeverfahren nicht maßgeblichen weiteren Baumaßnahmen abgesehen - das Dachgeschoß im Hause B-Gasse 17 der mitbeteiligten Bauwerberin betroffen. Aus dem einen integrierenden Bestandteil der Baubewilligung bildenden Einreichplan ergibt sich unzweifelhaft, daß sämtliche bewilligten Baumaßnahmen auf der Liegenschaft der mitbeteiligten Bauwerberin durchgeführt werden sollen und das benachbarte Grundstück der Beschwerdeführer hievon nicht berührt wird. Auch die laut Einreichplan im Dachgeschoß auf dem Grundstück der Beschwerdeführer befindliche Feuermauer ist von der gegenständlichen Baubewilligung nicht erfaßt. Die an der Grundgrenze neu zu errichtende, 15 cm dicke Feuermauer soll projektsgemäß auf der Liegenschaft der mitbeteiligten Bauwerberin liegen. Ob daher derzeit eine oder zwei Feuermauern vorhanden sind, ist nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung. Der mit der Beschwerde vorgelegte technische Bericht des Dipl.-Ing. P, auf welchen sich die Beschwerdeführer in ihren Beschwerdeausführungen beziehen, geht im übrigen davon aus, daß die bestehende Feuermauer im Dachgeschoß dem Grundstück Nr. n2 der mitbeteiligten Bauwerberin zuzurechnen ist. Selbst unter Annahme der Richtigkeit dieser Ausführungen ergibt sich umso mehr, daß die plangemäß neben dieser Mauer zu errichtende Feuermauer jedenfalls auf dem Grundstück der mitbeteiligten Partei zu stehen kommt und das Grundstück der Beschwerdeführer daher keineswegs von dieser baulichen Maßnahme betroffen ist.

Dem vorerwähnten, der Beschwerde beigelegten technischen Bericht des Dipl.-Ing. P und dessen "Lageplan zur Grenzfeststellung", auf welchen sich die Beschwerdeführer zum Beweis ihrer "Argumentation" berufen, ist auch zu entnehmen, daß im Erdgeschoß eine "durchgehende Feuermauer im Gebäude B-Gasse ON 15 festgestellt" worden ist und "im Gebäude B-Gasse ON 17" die vorhandene "Feuermauer unterbrochen" ist. Im Deckenbereich der Mauerunterbrechungen sind bogenförmig ausgestaltete Unterzüge sichtbar. In den darüberliegenden drei Stockwerken soll jedoch nur eine ca. 15 cm dicke Trennwand vorhanden sein, welche dem Grundstück Nr. n4 der Beschwerdeführer zuzurechnen sei. Ob diese Ausführungen im technischen Bericht des Dipl.-Ing. P den Tatsachen entsprechen, bedarf im Beschwerdeverfahren jedoch deshalb keiner näheren Erörterung, weil die von der Baubewilligung umfaßten baulichen Maßnahmen weder den Grenzbereich des Erdgeschoßes noch der darüberliegenden Stockwerke betreffen. Es bedarf daher auch nicht der in der Beschwerde ausgeführten weiteren Feststellungen. Eine Zustimmung der Beschwerdeführer im Sinne des § 63 Abs. 1 lit. c BO ist daher nicht erforderlich. Weitere Einwendungen gegen das bewilligte Bauvorhaben haben die Beschwerdeführer jedoch nicht erhoben.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996050238.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten