TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/11 G306 2236609-1

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Veröffentlicht am 11.11.2020
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Entscheidungsdatum

11.11.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


G306 2236659-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER über die Beschwerde des bosnischen und herzegowinischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15.09.2020, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A)       Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

C)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die am 13.10.2020 eingebrachte Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid vor. Unter anderem wurde in diesem Bescheid einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde (Spruchpunkt V.).

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass vom BF eine tatsächliche, erhebliche und gegenwärtige Gefahr ausgehe und eine Änderung seines Verhaltens nicht vorhersehbar sei. Es bestünde die Gefahr, dass der BF bei einem Verbleib im Bundesgebiet weiterhin die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Die sofortige Durchsetzbarkeit sei erforderlich. Der BF sei im Bereich Suchtgift delinquent geworden und wurden solche Delikte auch vom VwGH als besonders verpöntes Verhalten gewertet bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr bestehe. Darüber hinaus verfüge der BF im Bundesgebiet über keine familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen. Die Behörde ging auch davon aus, dass die Rückkehr in den Heimatstaat mit keiner realen Gefahr einer Menschenrechtsverletzung einhergeht.

Der BF erhob dagegen eine Beschwerde, mit der er die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Behebung des angefochtenen Bescheids beantragt. Hilfsweise strebt er die Reduktion der Dauer des Einreiseverbotes an. Er begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass er in Österreich ein intensives Familienleben führe und außerdem sei der BF bedingt aus der Haft entlassen und würde es sich um seine erste Verurteilung handeln.

Das BFA erstattete eine Stellungnahme zur Beschwerde und beantragt, sie als unbegründet abzuweisen. Der BF sei im Bundesgebiet noch nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen und habe seinen sichtvermerkfreien Zeitraum zur Begehung einer Straftat missbraucht. Der BF habe im Zuge des eingeräumten Parteiengerhör keinerlei familiäre, soziale oder berufliche Bindungen zu Österreich geltend gemacht.

Feststellungen:

Der aktuell XXXX -jährige BF ist zumindest seit dem 12.07.2020 im Bundesgebiet aufhältig – Zeitpunkt seiner Festnahme und befand sich vom XXXX .2020 – XXXX .2020 in Straf- bzw. Untersuchungshaft. Der BF wurde vom Landesgericht für Strafsachen XXXX , Zl. XXXX vom rk XXXX .2020 nach dem SMG zu einer 20-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt wobei der Teil von 15 Monaten bedingt auf drei Jahre nachgesehen wurde. Im Bundesgebiet befinden sich Familienangehörige in Form zweier Onkel sowie mehreren Cousins. Der BF weist keinen Aufenthaltstitel für einen längeren erlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet auf, sondern konnte sich immer nur für den gesetzlich vorgesehenen sichtvermerkfreien Zeitraum im Schengen Gebiet aufhalten.

Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister, dem Versicherungsdatenauszug und dem Fremdenregister. Es bestehen keine entscheidungswesentlichen Widersprüche.

Die Identität des BF geht aus dem Akteninhalt hervor. Die Feststellungen zu der von ihm begangenen Straftat und zu seiner Verurteilung basieren auf den vorgelegten Strafurteil und dem Strafregister.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist hier aufgrund des schwerwiegenden, vom BF begangenen Sexualdelikts gegen seine betagte Nachbarin (unter Berücksichtigung seines belasteten Vorlebens) erfüllt.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Bosnien und Herzegowina) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG, zumal es sich um einen sicheren Herkunftsstaat handelt. Auch wenn man das vom BF in seiner Beschwerde angegebenen Privat- und Familienleben berücksichtigt, muss jedoch auch festgestellt werden, dass der BF zu keiner Zeit im Bundesgebiet einen Wohnsitz hatte (außer Haft), hier nie einer legalen Beschäftigung nachging und der Familienbezug – zu Onkels und Cousins – immer nur im sichtvermerkfreien Zeitraum möglich war. Die Kontakte zu seinen hier lebenden Familienangehörigen, können nach seiner Entlassung auch durch Besuche außerhalb Österreichs und durch diverse Kommunikationsmittel (Telefon, Internet) gepflegt werden. Daher liegt durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Familien- und Privatleben vor, zumal dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der strafbaren Handlung im Bereich von Suchtgiftdelikten ein großes Gewicht beizumessen ist und der BF seinen Gesinnungswandel und die nachhaltige Abkehr erst durch einen längeren Wohlverhaltenszeitraum in Freiheit nach dem Strafvollzug unter Beweis stellen müssen wird.

Im Ergebnis ist die sofortige Ausreise des BF nach seiner Haftentlassung aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang allenfalls auch in seinem Herkunftsstaat abzuwarten. Der Beschwerde ist derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt und das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2236609.1.00

Im RIS seit

05.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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