TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/7 W161 2240815-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2021
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Entscheidungsdatum

07.04.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W161 2240814-1/2E

W161 2240815-1/2E

W161 2240812-1/2E
W161 2240813-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerden

1.) des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2021, Zl. 1274661702-210214957,

2.) der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2021, Zl. 1274655607-210214981,

3.) der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2021, Zl. 1274656103-210215023,

4.) der mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2021, Zl. 1274656604-210215058

alle StA. Afghanistan, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (in Folge: 1.BF) und die Zweitbeschwerdeführerin (in Folge: 2.BF) sind ein Ehepaar. Die Dritt- und die mj. Viertbeschwerdeführerin (in Folge: 3.BF und 4.BF) sind ihre Kinder. Die Beschwerdeführer (in Folge: BF) sind afghanische Staatsangehörige und stellten am 14.02.2021 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz.

2. Eine EURODAC-Abfrage ergab für den 1. BF zwei Treffer der Kategorie 1, einen mit Griechenland vom 20.10.2016 sowie einen von der Schweiz vom 18.04.2018.

Betreffend die 2. BF ergab die EURODC-Abfrage ebenfalls zwei Treffer der Kategorie1, nämlich einen mit Griechenland vom 20.10.2016 sowie einen mit der Schweiz vom 11.06.2017.

In Bezug auf die 3. BF scheint ein Treffer der Kategorie 1 mit der Schweiz vom 24.01.2017 auf, in Bezug auf die mj. 4. BF ein Treffer der Kategorie 1 mit der Schweiz vom 03.03.2017.

3.1. Der Erstbeschwerdeführer gab in seiner Erstbefragung am 15.02.2021 an, er habe seinen Herkunftsstaat vor ca. 33 Jahren in den Iran verlassen, wo er 30 Jahre gelebt habe. Vom Iran sei er über die Türkei, Griechenland, Italien und die Schweiz (Aufenthalt ca. drei Jahre) am 14.02.2021 nach Österreich gelangt. In Griechenland seien sie auf einer Insel untergebracht gewesen. In der Schweiz sei er von den Behörden aufgegriffen worden und hätte um Asyl angesucht, habe aber einen negativen Bescheid bekommen. Über Italien könne er nichts angeben. Seit der Zeit in der Schweiz leide seine Frau unter starken Depressionen. Sie nehme seither dagegen Tabletten. In der Schweiz seien sie gut behandelt worden, jedoch würden sie (seine Frau und seine beiden Töchter) getrennt von seinen in Österreich lebenden Töchtern leben, deswegen wollen sie in Österreich bleiben. In Österreich wären zwei volljährige Töchter seit vier Jahren wohnhaft, eine mit dem Vornamen XXXX (Nachname unbekannt), Alter ca. 28 Jahre, eine andere namens XXXX , ca. 30 Jahre alt. Als Fluchtgrund gab der 1. BF an, er sei vor ca. 33 Jahren in den Iran gereist, um dort sicher zu leben. In der Folge seien er und seine Familie auch im Iran nicht mehr sicher gewesen, da die dortige Regierung Leute verstärkt nach Afghanistan abschiebe. Sie seien daher vor ca. drei Jahren in die Türkei geflohen und von dort weiter Richtung Österreich. Er habe niemanden mehr in Afghanistan und wisse nicht, wie er dort überleben solle.

3.2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) am 09.03.2021 gab der 1.BF an, er fühle sich psychisch und physisch in der Lage, die an ihn gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Befragt, wie es ihm gesundheitlich gehe, gab er an, er habe schon einige Krankheiten. Sein Bein sei gebrochen gewesen und habe er eine Operation am Rücken gehabt. Er benötige derzeit keine Medikamente und sei nicht in ärztlicher Behandlung. Er habe bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt. Er habe in Österreich zwei Töchter, diese seien anerkannte Flüchtlinge und auch verheiratet. Er wisse nicht, wo seine Töchter in Österreich leben würden, seine beiden anderen Töchter würden dies genauer wissen, er glaube, sie seien in Wien. Sie hätten zuletzt telefonisch Kontakt gehabt. Eine Tochter sei vor ca. sechs Jahren gekommen, die andere, als die Grenzen offen gewesen wären. Seit dieser Zeit hätte er telefonischen Kontakt zu diesen Töchtern. Er habe sie noch nicht gesehen, seit er in Österreich sei. Seine Töchter würden ihn nicht unterstützen. Sie seien wegen der Töchter von der Schweiz gekommen. Er habe alles, was sie gehabt hätten, verkauft, um nach Österreich zu reisen. Seine Frau leide an Depressionen und für ihn, seine beiden Töchter und seine Frau sei es sehr wichtig, dass sie in Österreich bleiben können, weil die beiden anderen Töchter sich um sie kümmern können. Ansonsten habe seine Frau keine Überlebenschance. Seine beiden Töchter seien noch sehr jung, er sei alt und benötige Hilfe. Die zwei Töchter, die hier seien, seien verheiratet, würden sich sehr gut auskennen und ihre Ehemänner können auch behilflich sein. Wenn sie 100 Mal in die Schweiz abgeschoben werden, würden sie immer wieder kommen. Sie haben keine andere Wahl. Seine Frau leide an Depressionen, seit sie in der Schweiz gewesen wären. Sie habe regelmäßig Medikamente eingenommen. Sie habe nicht schlafen können. Erst seit sie in Österreich sei, habe sie die Medikamente abgesetzt. Er habe mit der Schweiz kein Problem, sie seien nicht schlecht behandelt worden, die Polizei sei auch okay gewesen, aber ihr Reiseziel sei Österreich gewesen, was hätten sie in der Schweiz zu suchen. Über Vorhalt, dass er drei Jahre lang in der Schweiz gewesen wäre, gab der 1. BF an, die Lage sei sehr schwierig gewesen, seine Töchter seien noch Kinder und seine Frau krank gewesen. Er habe ausreichend Zeit gehabt, seine Angaben vollständig und ausführlich zu machen.

4.1. Die Zweitbeschwerdeführerin gab in ihrer Erstbefragung am 15.02.2021 an, sie habe zwei Töchter in Österreich: XXXX (Nachname unbekannt), ca. 28 Jahre alt und XXXX , ca. 30 Jahre alt. Sie habe ihren Herkunftsstaat vor ca. fünf Jahren in den Iran verlassen und habe sich zwei Monate im Iran aufgehalten, anschließend eineinhalb Monate in der Türkei, sechs Monate in Griechenland, ca. drei Jahre in der Schweiz und sei seit 14.02.2021 in Österreich. In Griechenland seien sie in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht gewesen, es sei alles überfüllt und verdreckt gewesen. In der Schweiz seien sie gut behandelt worden. Sie hätten dort einen Asylantrag gestellt, dieser sei leider negativ entschieden worden. Sie leide noch immer an Depressionen, weil sie von ihrer Familie getrennt sei. Mehr könne sie nicht angeben. Sie möchte hier in Österreich bleiben. Als Fluchtgrund gab sie an, wegen der Feindschaft in Afghanistan hätten sie flüchten müssen. Ihr erster Ehemann sei ebenfalls von den Feinden getötet worden, man habe ihre Töchter entführen und zwangsverheiraten wollen. Aus diesem Grund sei sie von Afghanistan in den Iran geflüchtet, dort habe sie ihren zweiten Ehemann geheiratet, weil sie als alleinstehende Frau keine Chance gehabt hätte. Im Iran hätten sie nicht bleiben können, weil sie keine Dokumente gehabt hätten, deswegen hätten sie weiter flüchten müssen. Sie möchte jetzt mit ihrer Familie hier in Österreich bleiben.

4.2. Im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA m 09.03.2021 gab die 2. BF an, sie fühle sich psychisch und physisch in der Lage, die an sie gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Sie sei sehr krank. Sie sei Diabetikerin, habe Herzprobleme, ihre gehe es nicht gut. Sie benötige keine Medikamente, sie benötige jedoch dringend medizinische Hilfe, habe diese aber nicht bekommen. Sie müsste zu Fuß zur Arztstation gehen, das habe sie aber mit ihrem Fuß nicht geschafft. Sie sei einmal dort gewesen, aber dann habe sie es nicht mehr geschafft. Ihrer Tochter XXXX gehe es eigentlich gut, sie habe so eine Art Asthma. Sie sei in der Schweiz in medizinischer Behandlung gewesen, schlussendlich aber ohne Erfolg, weil alles psychische Ursachen habe. In Österreich seien ihre beiden Töchter, deren Ehemänner und ihre Enkelkinder. Aktuell sei die ganze Familie in Österreich. Sie habe ihre Töchter zuletzt vor ca. sieben Jahren gesehen, das heißt sie habe ihre Enkelkinder nicht gesehen, das sei wirklich sehr schwer. Sie habe ihre Töchter nicht gesehen, seit sie in Österreich sei. Diese hätten sie nicht besuchen dürfen. Die in Österreich lebenden Töchter würden sie nicht unterstützen. Sie habe in keinem anderen Land einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sie kehre nicht in die Schweiz zurück, auf keinen Fall. Auch, wenn man sie zwingen wolle, könnte man es nicht schaffen. Sie habe nur eine Bitte, man solle sie nicht in die Schweiz zurückschicken, auch wenn es zehn Mal passiere, werde sie immer wieder zurückkommen. Befragt, ob sie noch etwas angeben möchte, was ihr besonders wichtig erscheine, gab die 2. BF an: „Eine Frage bleibt offen: Warum darf ich nicht zu meinen Töchtern gehen, ich fühle mich nicht wohl, das Essen ist nicht gut.“

5.1. Die Drittbeschwerdeführerin gab bei ihrer Erstbefragung am 15.02.2021 an, sie habe einen Bruder in Frankreich ( XXXX , ca. 22 Jahre alt) und zwei Schwestern in Österreich: XXXX , Näheres unbekannt und XXXX , Näheres unbekannt). Sie habe ihren Herkunftsstaat vor ca. vier Jahren in den Iran verlassen. Sie seien vor ca. vier Jahren illegal über den Iran und die Türkei nach Griechenland gereist. Dort seien sie ca. fünf Monate geblieben, danach seien sie mittels Schlepper und Flugzeug illegal in die Schweiz gelangt, wo sie ca. dreieinhalb Jahre geblieben wären. Danach seien sie mit dem Zug am 14.02.2021 nach Wien gereist. In der Schweiz sei es gut gewesen, sie habe sogar ein Praktikum machen dürfen. In Griechenland sei es nicht gut gewesen, die Camps seien überfüllt gewesen und wäre man als Mädchen belästigt worden. In der Schweiz habe sie um Asyl angesucht, sie hätten einen Aufenthaltstitel F erhalten, sie hätten in der Schweiz bleiben können, aber nicht für immer. Als Fluchtgrund gab sie an, ihre Familie habe die Heimat verlassen, weil damals ein älterer, mächtiger Mann sie mit ihm zwangsverheiraten hätte wollen. Sie hätten das damals nicht gewollt, deswegen seien sie geflüchtet. In der Schweiz sei sie aufgrund ihrer TikTok-Aktivitäten von strenggläubigen Afghanen bedroht worden. Es habe wegen ihr sogar einmal eine große Rauferei in der Stadt XXXX gegeben bei einem afghanischen Konzert. Sie sei dort als Gast gewesen und von strenggläubigen Afghanen bedroht worden.

5.3. Im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 09.03.2021 gab die 3. BF an, sie sei gesund, leide an keinen Krankheiten und benötige keine Medikamente oder ärztliche Behandlung. Sie habe bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt. Sie möchte jedoch korrigieren, dass ihr Alter falsch sei. Das sei eigentlich in der Schweiz passiert. Sie sei damals 15 Jahre alt gewesen, aber ihr Alter sei falsch protokolliert worden. In Österreich wären die Daten einfach übernommen worden. Sie wäre demnach 22, sei tatsächlich aber erst 19 Jahre alt. Sie habe in Österreich zwei Schwestern. Diese habe sie zuletzt vor fünf bis sechs Jahren gesehen. Sie habe in der Schweiz einen Asylantrag gestellt. Sie wolle nicht in die Schweiz zurück. Wenn sie das wollte, warum sei sie hierhergekommen. Ihr Reiseziel sei immer schon Österreich gewesen, als sie losgefahren wären, wollten sie zu ihrer Schwester nach Österreich. Das sei vor allem für ihre Mutter lebenswichtig. Diese habe viele gesundheitliche Probleme, die mit ihrer Psyche zusammenhängen. Sie habe in Afghanistan Feinde gehabt und viele Bekannte und Verwandte ihrer Feinde seien in der Schweiz. In der Schweiz sei sie mehrfach belästigt worden, sie kenne diese Leute nicht, aber sie habe sich nicht sicher gefühlt. Sie sei am Bahnhof in der Stadt, wo sie gewesen wären, von diesen Männern attackiert worden, diese hätten sie berührt, ihre Hände weggezogen und sei sie dabei leicht verletzt worden. Sie sei zur Polizei und zu ihrem Betreuer gegangen, im Endeffekt sei nichts gemacht worden. Das Hauptproblem sei ein Junge gewesen, dieser habe sie in der Schule nicht in Ruhe gelassen, sogar in Anwesenheit der Lehrerin. Als sie mit ihrer Familie ein Konzert besucht hätte, habe er mit ihrem Onkel, der in der Schweiz sei, gestritten, es habe eine Messerattacke gegeben, es sei sogar die Polizei alarmiert worden. Sie habe in der Schweiz nicht die Sicherheit bekommen, die sie hätte haben wollen. Alle hätten gewusst, um wen es gehe, aber man habe nichts gemacht. Sie habe in der Schweiz die Schule besucht und abgeschlossen und eine Lehre anfangen wollen. Dann hätte sie dort ein normales Leben führen können, aber wegen dieser Belästigungen habe sie es nicht geschafft. Sie sei in der Gesellschaft aktiv gewesen. Als junges Mädchen ohne Unterstützung hätte sie von der Schweizer Polizei mehr erwartet, sie sei in den sozialen Medien aktiv, diese Person habe ihre Fotos auf Instagram manipuliert und unmoralische Dinge über sie verbreitet, sie sei sogar bedroht worden. Aus diesen Gründen sei sie depressiv gewesen und zu einer Psychologin gegangen und sie habe sich immer gefragt, warum ihr die Polizei nicht helfe. Das seien die Gründe, warum sie aus diesem Land habe weg wollen. Befragt, ob es noch etwas gäbe, was ihr besonders wichtig erscheine, gab die 3. BF an: „Mein letztes Wort ist, dass ich nicht in die Schweiz zurückkann. Als junges Mädchen war ich dort hilf- und schutzlos, kein Mensch, kein Organ, hat sich um mich gekümmert. Wenn ich dort bin, werde ich es wieder versuchen, nach Österreich zu kommen.“

6.1. Die minderjährige Viertbeschwerdeführerin gab bei ihrer Erstbefragung am 15.02.2021 an, sie habe ihren Herkunftsstaat vor ca. vier Jahren in den Iran verlassen. Nach der Durchreise durch den Iran, einem Aufenthalt von ca. einem Monat in der Türkei und von ca. fünf Monaten in Griechenland sei sie ca. dreieinhalb Jahre in der Schweiz gewesen, seit 14.02.2021 sei sie in Österreich. Ihre Familie sei vor ca. vier Jahren aus der Heimat geflohen. Ihre Eltern hätten in Griechenland einen Asylantrag gestellt, mittels eines Schleppers seien sie mit gefälschten Dokumenten von Athen in die Schweiz mit dem Flugzeug gekommen. Sie seien im Camp normal behandelt worden, hätten jedoch nach Österreich gewollt, deswegen sei es ihnen nicht so gut in der Schweiz gegangen. Ihre Mutter habe immer geweint. Sie habe in der Schweiz um Asyl angesucht. Sie hätten dort eine Entscheidung bekommen, diese sei negativ gewesen, aber es sei aber keine offizielle Entscheidung gewesen. Als Fluchtgrund gab sie an, sie seien damals wegen der schlechten Sicherheitslage ausgereist, sie sei noch sehr jung gewesen. Soweit sie das mitbekommen habe, habe man ihre Schwester zwangsverheiraten wollen. Die Schweiz hätten sie verlassen, weil sie zu ihren Schwestern gewollt hätten.

6.2. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 09.03.2021 gab die 4. BF an, sie fühle sich psychisch und physisch in der Lage, die an sie gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Sie habe Asthma. Sie sei deswegen nicht in Behandlung, sie habe es in der Schweiz erwähnt, aber man habe sie nicht zum Arzt geschickt, sie sei auch in Österreich nicht in Behandlung. Sie habe ihre Schwestern in Österreich noch nicht gesehen, zuletzt habe sie diese vor fünf oder sechs Jahren gesehen. Sie wolle und könne nicht zurück in die Schweiz, weil sie sich dort nicht wohlgefühlt habe und nicht richtig behandelt worden sei. Sie hätte gerne eine normale Schule besucht, damit sie sich schneller anpassen könne, aber man habe sie von einem Deutschkurs in den anderen geschickt. Die Buben dort hätten sie schlecht behandelt. Sie hätten Sachen gesagt, die man nicht sagen dürfe. Ihre Bitte sei, zu erlauben, dass sie hierbleiben dürfen. Sie sage ganz ehrlich, wenn man sie in die Schweiz schicke, werde sie wieder versuchen, nach Österreich zu kommen.

7. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtet am 17.02.2021 jeweils ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (in Folge kurz: „Dublin III-VO“) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an die Schweiz. Mit Schreiben vom 17.02.2021 stimmte die Schweizer Dublin-Behörde den Ersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-Verordnung ausdrücklich zu.

Der 1. BF trat in der Schweiz auf als XXXX .

Die 2. BF trat in der Schweiz als XXXX auf.

Die 3. BF scheint in der Schweiz auf als XXXX .

Die 4. BF scheint in der Schweiz auf als XXXX .

8. Mit den angefochtenen Bescheiden des BFA vom 12.03.2021 wurden I. die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-Verordnung zuständig ist, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen die Beschwerdeführer eine Außerlandesbringung angeordnet und ausgesprochen, dass demzufolge deren Abschiebung in die Schweiz zulässig ist.

Konkret traf das BFA folgende Länderfeststellungen zur Schweiz (unkorrigiert, gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Zur Lage im Mitgliedsstaat:

1.       Allgemeines zum Asylverfahren

Die für das erstinstanzliche Asylverfahren in der Schweiz verantwortliche Behörde ist das Staatssekretariat für Migration (SEM). Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:

(AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

2.       Dublin-Rückkehrer

Die Dublin III Verordnung wird seit 1 Jänner 2014 umgesetzt. Es konnten keine Zugangshindernisse für Dublin-Rückkehrer in der Schweiz festgestellt werden (AIDA 2.2017).

Bei Übernahme einer Person im Rahmen des Dublin-Verfahrens wird diese zu einer Aufnahmeeinrichtung geschickt, wo dann die Verfahrensschritte für eine Prüfung des Asylantrags eingeleitet werden. Sofern bereits zuvor ein Verfahren in der Schweiz anhängig war, wird dieses fortgesetzt. In den meisten Fällen kann ein Verfahren unabhängig von seinem früheren Status (vorherige Ablehnung, Rücknahme oder Entlassung) entweder von den Behörden oder durch einen Antrag auf erneute Überprüfung wieder aufgenommen oder fortgesetzt werden (EASO 24.10.2017).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-        EASO – European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query. Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

3.       Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Es ist in den Schweizer Gesetzen weder eine Verpflichtung noch ein Mechanismus zur Identifizierung Vulnerabler festgeschrieben, außer der Identifizierung von Opfern von Menschenhandel. Es gibt folglich auch kein Screening nach Vulnerabilität, sofern diese nicht offensichtlich ist. Trotzdem sind spezielle verfahrenstechnische Vorkehrungen für bestimmte vulnerable Gruppen getroffen. So gibt es etwa im SEM Spezialisten für Verfahren von UMA, Opfern von Menschenhandel bzw. geschlechtsspezifischer Gewalt. Betroffene können auch einen Interviewer desselben Geschlechts verlangen (AIDA 2.2017).

Die Zahl unbegleiteter minderjähriger Asylwerber (UMA) hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen und belief sich 2016 auf 1997 Gesuche und somit etwa 7% der gesamten Anträge (SEM o.D.).

(Unbegleitete) Minderjährige sind beim Asylinterview besonders zu behandeln; es muss für jeden UMA unverzüglich eine sogenannte Vertrauensperson bestellt werden, die diesen im Asylverfahren und in anderen sozialen Belangen unterstützt und vertritt. Dies kann auch der Rechtsvertreter sein. Die diesbezügliche Praxis unterscheidet sich zum Teil erheblich zwischen den einzelnen Kantonen. Oft ist die Vertretung unzureichend, da die Vertrauenspersonen zu viele Minderjährige vertreten müssen oder nicht ausreichend qualifiziert sind. Oft treffen sich Vertrauensperson und UMA erst kurz vor dem Interview. Auch ändert sich die Vertrauensperson, wenn ein UMA aus der föderal organisierten Erstaufnahme in einen Kanton verlegt wird, wo er dann bis zum Alter von 18 Jahren bleibt. Eigentlich wäre die Vertrauensperson nur als Übergangslösung bis zur Bestellung eines Vormundes oder anderer Maßnahmen zum Schutz des Kindes vorgesehen. Tatsächlich werden in der Praxis aber oft keine weiteren Schritte gesetzt (AIDA 2.2017). Auch gibt es Kritik daran, dass die Vertrauenspersonen bei Asylinterviews von UMA nicht immer anwesend sind (UNCAT 7.9.2015).

Eine solche Anwesenheit ist laut Schweizer Flüchtlingshilfe systematisch nur in Dublin Fällen und im Flughafenverfahren gegeben. In den anderen Fällen ist das SEM der Meinung, dass die Vertrauensperson nur zum zweiten Interview eingeladen werden muss (SFH o.D.a).

Der Anteil der UMA, die im Asylverfahren ihre Minderjährigkeit nicht glaubhaft machen können, liegt im Bereich von 50% (SEM o.D.). Wenn Zweifel am Alter eines Antragstellers vorliegen, kann der Verhandlungsführer eine Altersfeststellung veranlassen. In der Praxis werden Handwurzelröntgen herangezogen, aber auch eine Computertomographie des Schlüsselbeins oder Zahnuntersuchungen in Verbindung mit einer Bewertung der körperlichen Reife sind möglich. Im Zweifel wird Minderjährigkeit angenommen. Für die medizinische Altersfeststellung ist die Zustimmung des Betroffenen nötig. Wird diese nicht erteilt, gilt dies als Kooperationsverweigerung und zieht die Einstellung des Verfahrens nach sich (AIDA 2.2017).

Die föderalen Zentren sind nicht an die Bedürfnisse von Kindern und Familien angepasst und die Situation kann auch für Frauen schwierig sein. Für diese Personen werden keine spezifischen Maßnahmen getroffen. In einigen föderalen Zentren sind Familien aufgrund fehlender angepasster Strukturen sogar getrennt. Das Gesetz schreibt lediglich vor, dass die besonderen Bedürfnisse von Kindern, Familien und anderen schutzbedürftigen Personen bei der Zuweisung von Betten so weit wie möglich berücksichtigt werden. Es gibt sehr wenige Freizeitaktivitäten für Kinder und keine oder nur sehr eingeschränkte Schulbildung. In der Praxis bemühen sich die Behörden darum, diese Personen so schnell wie möglich einem Kanton zuzuweisen. Jeder Kanton verfügt über ein eigenes Aufnahmesystem, das in der Regel mehrere Wohnformen umfasst, u.a. auch für unbegleitete Kinder und schutzbedürftige Personen (AIDA 2.2017).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-        SEM – Staatssekretariat für Migration (o.D.): Migrationsbericht 2016, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/publiservice/berichte/migration/migrationsbericht-2016-d.pdf, Zugriff 15.11.2017

-        SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe (o.D.a): Minderjährige, https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/mediendossiers/minderjaehrige.html, Zugriff 16.11.2017)

-        UNCAT - UN Committee Against Torture (7.9.2015): Concluding observations on the seventh periodic report of Switzerland, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1449141431_g1520151.pdf, Zugriff 10.11.2017

4.       Non-Refoulement

Die Verfassung verbietet die Abschiebung von Flüchtlingen, die in ihren Herkunftsländern Verfolgung ausgesetzt sind und stellt auch fest, dass niemand in ein Land geschickt werden darf, in dem ihm Folter oder andere entwürdigende und grausame Behandlung drohen. Die Regierung zwingt generell keine Asylwerber zur Rückkehr in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sein könnten. Seit Juli 2016 werden - abhängig von Einzelfallbewertungen - Abschiebungen in alle Teile Sri Lankas zugelassen. Diese Praxis wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe als voreilig kritisiert, da der Norden Sri Lankas für Regierungsdissidenten immer noch unsicher sei (USDOS 3.3.2017).

Am 1. Oktober 2016 traten Änderungen des Ausländergesetzes und des Strafgesetzbuchs in Kraft, wonach Ausländer, die Straftaten begehen (nicht nur schwere Straftaten, sondern beispielsweise auch Sozialhilfebetrug) leichter ausgewiesen werden können. Im Falle von Flüchtlingen oder Personen, die nach Artikel 3 EMRK behandelt werden, wird der Grundsatz des Nichtzurückweisens allerdings weiterhin eingehalten (AIDA 2.2017).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-        USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/466976_en.html, Zugriff 10.11.2017

5.       Versorgung

Die materielle Versorgung der Asylwerber besteht aus Unterbringung und Verpflegung, medizinischer Versorgung und finanzieller Unterstützung, sofern der Antragsteller bedürftig ist und Anspruch auf Sozialhilfe hat. Die Unterbringung in einem Zentrum steht aus organisatorischen Gründen hingegen allen Asylwerbern, unabhängig von ihren finanziellen Ressourcen, offen. Es ist zu beachten, dass soziale Unterstützungsleistungen sowie u.a. auch Kosten des Berufungsverfahrens zu einem späteren Zeitpunkt bei Vorhandensein entsprechender finanzieller Mittel zu refundieren sind. Im Rahmen der Erstaufnahme auf Bundesebene ist die Versorgung überall gleich. Diese dauert in der Regel bis zu 90 Tage. Das Recht auf Versorgung – schließlich auf kantonaler Ebene - besteht insgesamt bis zum Ende des Verfahrens, d.h. bis zum Ende der Beschwerdefrist gegen erstinstanzliche Entscheidung bzw. bis zu einer negativen Entscheidung der Beschwerdeinstanz. Momentan findet in Zürich ein Testlauf bezüglich einer Beschleunigung des Verfahrens statt. Auch wenn die Versorgung dort etwas anders geregelt ist, besteht in jedem Fall ein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversorgung und Bildung für Kinder unter 16 Jahren. Asylwerber dieser Testphase sind nicht berechtigt zu arbeiten (AIDA 2.2017).

Die Kantone sind für die Gewährleistung der Sozialhilfe an Asylwerber zuständig. Jeder Kanton erhält hierbei pro Asylwerber einen Pauschalbetrag, mit dem dann die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die obligatorische Krankenversicherung und allfällige weitere medizinische Versorgung finanziert werden. Die Unterstützungsleistungen erfolgen durch die Kantone oder Gemeinden selbst bzw. durch beauftragte Dritte. Für Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Personen ist die Unterstützung nach Möglichkeit in Form von Sachleistungen auszurichten. Die Höhe der Sozialhilfe liegt unter dem Ansatz für die einheimische Bevölkerung. Anerkannte Flüchtlinge sind der einheimischen Bevölkerung vollkommen gleichgestellt (SEM 21.4.2017).

Mitte 2016 betrug die monatliche Zuwendung durchschnittlich CHF 1.119 / € 1.041, abhängig von der Bedürftigkeit des Empfängers. In den föderalen Zentren, wo die meiste Unterstützung in Sachleistungen geschieht, liegt die übrige Unterstützung bei lediglich 3 CHF täglich. Die Höhe der Zuwendungen richtet sich nach dem Grad der Bedürftigkeit. Mitte 2015 erhielten 94,3% aller Asylwerber in der Schweiz Sozialhilfe, wovon wiederum 94% keine weitere Einkommensquelle hatten. Dieser hohe Prozentsatz spiegelt das Arbeitsverbot während der ersten drei (auf föderaler Ebene) bis sechs Monate (je nach Kanton) des Asylverfahrens wider. Zum Teil sind aber auch arbeitende Personen aufgrund des zu geringen Verdienstes weiterhin auf Sozialhilfe angewiesen. Wenn ein Asylwerber das Land verlassen muss, kann er keine herkömmliche Versorgung mehr erhalten, sondern nur noch Unterstützung im Rahmen des Notfallschemas. Dieses umfasst kantonale Leistungen für Personen, die sich andernfalls nicht erhalten könnten und wird daher auch von den Kantonen festgelegt, ist also Schwankungen unterworfen. In manchen Kantonen ist diese Aufgabe an Gemeinden oder Hilfsorganisationen ausgelagert. Die Nothilfe besteht wann immer möglich aus Sachleistungen, inklusive Unterbringung in Notfallzentren, die für ihre eher unbequemen, minimalistischen Bedingungen bekannt sind. Die Finanzierung der Nothilfe ist pro Person mit ca. CHF 8 pro Tag festgesetzt, womit die Kosten für Essen, Transport, Haushaltsgegenstände und andere Bedürfnisse abgedeckt werden müssen. Dieser Betrag ist im Vergleich zu den hohen Lebenshaltungskosten in der Schweiz sehr niedrig und wird zudem in Sachleistungen bzw. Gutscheinen ausgegeben, die nur in bestimmten Supermärkten angenommen werden. Nothilfe muss immer gewährt werden, sie kann folglich auch nicht aberkannt werden (AIDA 2.2017).

Das Gesetz verbietet es Asylsuchenden, in den ersten drei Monaten nach ihrer Ankunft in dem Land zu arbeiten, und die Behörden können dieses Verbot um weitere drei Monate verlängern, wenn das SEM den Asylantrag innerhalb der ersten drei Monate ablehnt. Nach drei Monaten können Asylsuchende eine Beschäftigung in Branchen mit Arbeitskräftemangel suchen, etwa im Gastgewerbe, im Baugewerbe, im Gesundheitswesen oder in der Landwirtschaft (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-        SEM - Staatssekretariat für Migration (21.4.2017): Subventionen des Bundes, https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfesubventionen/bundessubventionen.html, Zugriff 15.11.2017

-        USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

5.1.    Unterbringung

In den Zentren auf föderaler Ebene sind die Bedingungen für Familien, Frauen und Kinder eher hart. Es wird versucht, für diese Personen möglichst rasch eine geeignete kantonale Unterbringung zu finden, wo Familien nach Möglichkeit individuell untergebracht werden. Insbesondere die Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen wird in den jeweiligen Kantonen unterschiedlich gehandhabt. Nicht alle verfügen über spezialisierte Zentren, was auf Kritik von NGOs stößt. Kinder werden oft in Pflegefamilien oder Kinderheimen untergebracht. Da die Umsetzung der Bundesbestimmungen weitgehend den Kantonen obliegt, können sich die Bedingungen deutlich unterscheiden (AIDA 2.2017).

Während der Bearbeitungsphase übernehmen die Kantone die Hauptverantwortung für die Bereitstellung von Wohnraum sowie die allgemeine Unterstützung und Betreuung der Asylbewerber. Diese haben das Recht auf medizinische Grundversorgung, deren Kinder Anspruch auf Schulbesuch bis zur neunten Klasse und somit bis zum Ende der Pflichtschulzeit. NGOs und Freiwillige führten im Allgemeinen Sprachkurse für Asylsuchende durch. Der Mangel an ausreichenden und angemessenen Unterkünften bleibt ein Problem; häufig werden Asylwerber in entlegenen ländlichen Gebieten oder ehemaligen - vielfach unterirdisch angelegten - Militäreinrichtungen untergebracht (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-        USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

5.2.    Medizinische Versorgung

Asylwerber haben ein Recht auf medizinische Basisversorgung (USDOS 3.3.2017). Sie werden bei Ankunft einer medizinischen Untersuchung unterzogen und erhalten dann während des gesamten Verfahrens und bei negativer Entscheidung auch im Rahmen des Notfallschemas Zugang zu medizinischer Versorgung. Außerdem sind Asylwerber bei der nationalen Krankenversicherung versichert, die auch die Behandlung mentaler Probleme durch einen Psychiater abdeckt. Während des Aufenthalts in föderaler Unterbringung ist die medizinische Versorgung föderale Angelegenheit, danach geht sie auf den jeweiligen Kanton über. Spezialbehandlungen für Opfer von Folter und traumatisierte Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen werden zwar angeboten, spezialisierte Psychiater und geeignete Dolmetscher sind allerdings oftmals nicht im erforderlichen Ausmaß verfügbar (AIDA 2.2017).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-        USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

6.       Zur COVID-19 Pandemie

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In der Schweiz wurden bisher 569.312 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 10.090 Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/region/italy, Zugriff am 12.03.2021).

Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht derzeit von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen/FAQ--Zahlen,-Daten,-Fakten.html, abgerufen am 12.03.2021).

Soweit sich das Bundesamt im gegenständlichen Bescheid auf Quellen älteren Datums beziehe, werde angeführt, dass diese - aufgrund der nicht geänderten Verhältnisse in der Schweiz – nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

Begründend wurde hervorgehoben, die Identität der Beschwerdeführer stehe nicht fest. Die Antragsteller würden an keinen Erkrankungen leiden, die ihrer Überstellung in die Schweiz im Wege stünden. Die Schweiz habe dem Wiederaufnahmeersuchen des Bundesamtes vom 17.02.2021 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt. Eine Verletzung des Art. 8 EMRK sei nicht zu befürchten, da ein Abhängigkeitsverhältnis zu den in Österreich lebenden Töchtern/Schwestern nicht bestehe. Es sei im Verfahren kein im besonderen Maße substantiiertes glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter, außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich für möglich erscheinen lassen. Die Beschwerdeführer wären in der Schweiz keiner Verfolgung oder Misshandlung ausgesetzt. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei daher nicht erschüttert worden.

6. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende, im Namen aller Beschwerdeführer eingebrachte, Beschwerde, in welcher beantragt wird, die Bescheide zu beheben und das Asylverfahren zuzulassen, in eventu die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen sowie der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Als Beschwerdegründe werden unrichtige rechtliche Beurteilung aufgrund von Feststellungs- und Begründungsmängel geltend gemacht. Die beschwerdeführende Familie wolle auf keinen Fall in die Schweiz zurückkehren. Eine gesicherte Versorgung oder eine (neuerliche) Abwicklung ihrer Asylverfahren durch die Schweizer Behörden könne sie keinesfalls von einer Rückkehr in die Schweiz überzeugen. Selbst, wenn ihnen in der Schweiz eine Flüchtlingseigenschaft zukäme, wären sie unglücklich, gar einsam. Sie würden sich nach ihren Familienangehörigen sehnen, welche in Österreich leben würden und wollen eine neuerliche Trennung von diesen lieben Familienangehörigen nicht noch einmal erleiden. In Österreich würden nachweislich elf aufenthaltsberechtigte Familienmitglieder der Beschwerdeführer leben (zwei Töchter/Schwestern samt Ehegatten und sieben Enkelkinder bzw. Nichten und Neffen). Ein Auseinanderreißen der Familie bedeute eine Verletzung des Familien- und Privatlebens. Es sei davon auszugehen, dass im vorliegendem Fall eine Verletzung der Dublin-III-VO oder von Art. 7 der Grundrechtecharta oder Art. 8 EMRK vorliegend sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer reisten über Griechenland in das Gebiet der Europäischen Union ein. In der Folge verließen sie Griechenland und gelangten über eine unbekannte Reiseroute in die Schweiz, wo sie sich ca. drei Jahre lang aufhielten. Sie stellten dort laut EURODAC-Anfrage am 24.01.2017 (3. BF), am 03.03.2017 (4. BF), am 11.06.2017 (2. BF) und am 18.04.2018 (1. BF) jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz, welche alle negativ entschieden wurden. Schließlich reisten sie weiter nach Österreich und stellten hier am 14.02.2021 jeweils einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

Am 17.02.2021 wurde seitens des Bundesamtes bezüglich der Beschwerdeführer gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-Verordnung ein Wiederaufnahmeersuchen an die Schweiz gestellt. Mit Schreiben vom selben Tag stimmte die Schweizer Dublin-Behörde der Rückübernahme der Beschwerdeführer gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-Verordnung ausdrücklich zu.

Alle vier Beschwerdeführer traten in der Schweiz unter verschiedenen Identitäten sowie unter Angabe verschiedener Geburtsdaten auf.

Besondere, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in der Schweiz sprechen, liegen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich im Übrigen den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung in die Schweiz Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die Beschwerdeführer leiden an keinen akut lebensbedrohlichen Krankheiten. Sie weisen auch keine besondere Immunschwäche auf. Sie legten im Laufe des Verfahrens keine medizinischen Unterlagen vor und befanden sich bis dato auch nicht in stationärer Spitalsbehandlung.

Zwei volljährige Töchter bzw. Schwestern der Beschwerdeführer leben seit mehreren Jahren als Asylberechtigte in Österreich. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu diesen besteht nicht.

Weitere beachtliche private oder berufliche Anknüpfungspunkte bestehen im Bundesgebiet nicht.

Die Beschwerdeführer sind alle im selben Ausmaß von der Außerlandesbringung betroffen. Sie verfügen in Österreich weder über private noch zu beachtenden familiäre Anknüpfungspunkte.

Die aktuelle Situation hinsichtlich der Covid-19-Pandemie begründet keine Unmöglichkeit einer Rückkehr der Beschwerdeführer in die Schweiz.

Bei Covid-19 handelt es sich um eine durch das Corona-Virus SARS-COV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15 % der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung so schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Mit Stichtag 31.03.2021 hat es in der Schweiz bei einer Einwohnerzahl von 8,6 Millionen insgesamt 599.000 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen, 318.000 genesene Fälle und 9.662 Todesfälle gegeben. In Österreich mit 8,9 Millionen Einwohnern gab es mit Stichtag 31.03.2021 insgesamt 543.000 bestätigte Fälle von Corona, 498.000 Genesene und 9.308 Todesfälle.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten des Bundesamtes, insbesondere den Niederschriften und wurden von den Beschwerdeführern nicht bestritten.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage, mangels konkreter Angaben über eine allfällige schwere Erkrankung samt Vorlage von entsprechenden Befunden kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vom Vorliegen einer derartigen Krankheit ausgegangen werden.

Die 2. BF gab zwar an, an Diabetes, Herzbeschwerden und Depressionen zu leiden, legte aber keinerlei ärztliche Bestätigungen dazu vor. Die anderen Beschwerdeführer nannten keine Erkrankungen.

Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass bei keinem der Beschwerdeführer eine akut lebensbedrohliche Krankheit besteht, welche eine Überstellung in die Schweiz unzulässig machen würde.

Zwei volljährige Töchter bzw. Schwestern der Beschwerdeführer leben seit mehreren Jahren in Österreich. Sie unterstützen die Beschwerdeführer nicht finanziell, ein gemeinsamer Haushalt besteht ebenfalls nicht. Die Eltern konnten weder die vollständigen Namen der beiden Töchter, noch deren genaues Geburtsdatum oder deren Anschrift nennen. Auch haben sie beide Töchter seit Verlassen der Heimat vor (etwa sechs bis sieben Jahre) nicht mehr gesehen und diese auch seit ihrer Ankunft in Österreich noch nicht getroffen. Daraus kann nicht auf ein Familienverhältnis geschlossen werden, das über ein normales Verhältnis zwischen Eltern und volljährigen Kindern bzw. zwischen Geschwistern hinausgeht. Von einem zu beachtenden Abhängigkeitsverhältnis in finanzieller oder sonstiger Hinsicht kann somit nicht ausgegangen werden.

Die Beschwerdeführer zueinander sind alle im gleichen Maße von der Außerlandesbringung betroffen.

Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in der Schweiz wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen.

Die getroffenen notorischen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Demnach ist nicht zu erkennen, dass sich die Situation in der Schweiz schlechter darstelle als in Österreich. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den hier gegenständlichen Anwendungsbereich der Dublin-III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben respektive keine sogenannten Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission.

Mittlerweile haben die Mitgliedstaaten, die im regen Austausch miteinander stehen, die Überstellungen von Dublin- Rückkehrern (sowohl „in“ als auch „out“) wieder aufgenommen und sind laut Auskunft des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Dublin-Out Überstellungen (wenn auch auf niedrigerem Niveau) seit Mitte Juni 2020 wieder gut angelaufen. Nichtsdestotrotz sind Überstellungen aufgrund der COVID-19 Situation nach wie vor zum Teil Einschränkungen (z.B. Vorlage von COVID-Tests) unterworfen und können Anpassungen rasch notwendig sein.

Die Lage in der Schweiz stellt sich derzeit nicht schlechter dar, als jene in Österreich.

Auch wenn weltweit eine starke Zunahme von Neuinfektionen zu verzeichnen ist, kann letztlich davon ausgegangen werden, dass etwaig daraus resultierende erneute Überstellungshindernisse jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung überwunden sein werden; dies auch im Hinblick auf die bereits erfolgte Zulassung mehrerer Corona-Impfstoffe.

Gegenständlich relevant ist noch, dass die Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens Ausführungen hinsichtlich einer Gefährdung im Zusammenhang mit der Covid-Situation in der Schweiz getroffen haben; insofern also eine spezifische Verfahrensergänzung hiezu im vorliegenden Eilverfahren nicht erforderlich war; die Einschätzung, dass sich in der Schweiz nicht in einer Art. 3 EMRK-widrigen Ausnahmesituation infolge der Pandemie befindet, wird wie eben erwogen durch das Bundesverwaltungsgericht – auch in seiner sonstigen Rechtsprechung - als notorisch vorausgesetzt. Dass die Beschwerdeführer nicht als vulnerabel anzusehen und auch während des gegenständlichen Verfahrens selbständig Reisebewegungen und Auslandsaufenthalte zu organisieren in der Lage waren, tritt hinzu.

Zur Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführer ist anzuführen, dass diese es offenbar mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Alle haben in der Schweiz mehrere zu Österreich verschiedene Identitäten angegeben und somit jedenfalls in mehr als einem Verfahren unwahre Angaben getätigt.

Letztlich sind sie angeblich auch zusammengereist, dennoch haben nur der 1.BF und die 2.BF in Griechenland einen Asylantrag gestellt und folgt aus den EURODAC-Treffern, dass die BF in der Schweiz an 4 verschiedenen Tagen in Zeitraum von mehreren Monaten Asylanträge stellten.

Auch die Angaben zur Reiseroute bzw. Reisebewegung stimmen nicht überein. Während der 1.BF angab von Griechenland über Italien mit der Fähre in die Schweiz gelangt zu sein und die 2. BF dazu keine näheren Angaben tätigte, gaben beide Töchter an, die Familie sei von Griechenland schlepperunterstützt mit gefälschten Papieren mit dem Flugzeug in die Schweiz gelangt.

Auch die Behauptung, die Familie habe von Beginn an nach Österreich gewollt, ist nicht glaubhaft. Immerhin hielten sich die BF 3 Jahre in der Schweiz auf. Dort hätten sie im übrigen auch von den in Österreich lebenden Angehörigen besucht werden können. Es liegt sehr nahe, dass die BF die Schweiz erst nach Erhalt einer negativen Entscheidung über ihre Asylanträge verlassen haben.

Im übrigen stellten der 1. BF und die 2.BF bereits in 3 europäischen Ländern Anträge auf internationalen Schutz und sind alle BF – wie sie die explizit in ihrer Einvernahme dargelegt haben – nicht bereit, sich an die Regelungen der Dublin- Verordnung zu halten bzw. negative Entscheidungen über ihre Anträge zu akzeptieren.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 i. d. g. F. lauten:

„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuwiesen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzuhalten, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

und in den Fällen der Z1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§75 (1)…

(19) Alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahrens sind ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

(20) Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz

1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,

2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,

3. den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,

4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,

5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder

6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,

so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht binden. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.“

3.2. § 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) i. d. g. F.:

„§9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war.

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

3.3. § 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) i.d. g. F. lautet:

„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4 a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. …

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“

3.4. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-Verordnung (§ 2 Abs. 1 Z 8 AsylG 2005) lauten:

Art 49 der VO 604/2013 lautet auszugsweise:

Artikel 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt — ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung — für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.

Vor dem Hintergrund, dass die Verordnung 604/2013 am 29.06.2013 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, sowie der Antrag und das Wiederaufnahmeersuchen an Rumänien nach dem 01.01.2014 gestellt und beantwortet wurden, ist gegenständlich die VO 604/2013 (Dublin-III-VO) maßgeblich.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen eines Mitgliedstaats stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung normiert, dass sich für den Fall, dass sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt, der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde für dessen Prüfung zuständig ist.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedsstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass die Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtscharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedsstaat oder an den ersten Mitgliedsstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

Gemäß Art 3 Abs. 3 der Dublin-III-Verordnung behält jeder Mitgliedstaat das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

In Kapitel 3 bzw. den Artikeln 7 ff der Dublin-III-VO werden die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats sowie deren Rangfolge aufgezählt.

Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung lautet: „Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 22 Abs. 3 genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.“

Gemäß

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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