TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/6 W105 2133641-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2021
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Entscheidungsdatum

06.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs3

Spruch


W105 2133641-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2020, Zl. 1093245301/200118055, nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 13.04.2021 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom 10.08.2016, Zl. 1093245301/151677397, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) sowohl den Antrag des BF auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß §§ 3 Abs 1 iVm 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch jenen auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß §§ 8 Abs 1 iVm 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

3. Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.04.2017 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge BVwG) vom 20.04.2017, Zl. W139 2133641-1/14E, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 stattgegeben und dem BF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wurde festgestellt, dass dem BF damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Begründend wurde festgehalten, dass der BF als konvertierter Christ bei einer Rückkehr nach Afghanistan einem erheblichen Verfolgungsrisiko aufgrund seiner religiösen Überzeugung unterliegen würde, weshalb ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Konversion nur zum Schein erfolgt wäre, gebe es nicht und könne nicht mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, dass die Konversion des BF zum Christentum den afghanischen Behörden oder anderen Personen in seinem familiären oder sozialen Umfeld verborgen bleiben würde.

4. Am 11.02.2020 wurde dem BFA eine Mitteilung des Amtes niederösterreichischen Landesregierung vom 11.02.2020 übermittelt, derzufolge die Ehegattin des BF einen Antrag Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund ihrer am 20.08.2018 erfolgten Eheschließung auf gestellt hätte.

Unter einem wurde seitens des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung ein Fragenkatalog samt Antworten übermittelt, welche die nunmehrige Ehegattin des BF bei der Österreichischen Botschaft in Teheran gegeben hat. Ausgeführt wurde in diesem Schreiben seitens des Amtes der nö. Landesregierung, dass seitens des BFA geprüft werden möge, ob eventuell beabsichtigt sei, gegen den BF ein Aberkennungsverfahren betreffend dessen Asylstatus einzuleiten, da in diesem Falle für den Antrag seiner Ehegattin zum Zwecke der Familienzusammenführung keine Rechtsgrundlage mehr gegeben sei.

5. Am 22.06.2020 wurde seitens des BFA gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 ein Aberkennungsverfahren hinsichtlich des Status des Asylberechtigten eingeleitet.

6. Am 24.07.2020 wurde der BF durch das BFA zu seinen privaten und familiären Verhältnissen in Österreich, zu seinen Familienmitgliedern in Afghanistan und zu seinen Fluchtgründen einvernommen. Hierbei gab der BF im Wesentlichen an, dass er bereits 2014 verheiratet gewesen sei, er habe sich jedoch im Jahr 2017 scheiden lassen und 2018 erneut geheiratet. Die Ehe sei im Iran registriert und in der afghanischen Botschaft geschlossen worden. Dort sei jedoch nur seine Frau und deren Bruder anwesend gewesen, er habe draußen gewartet. Nach Vorhalt, weshalb seine Frau (gemeint: vor der Österreichischen Botschaft in Teheran, Anm.) angegeben habe, dass der BF in Afghanistan gewesen sei, gab er an, dass er nicht in Afghanistan gewesen sei, er habe dort nichts zu tun gehabt. Befragt, welche Befürchtungen er für den Fall seiner Rückkehr in sein Heimatland habe, gab er an, dass er Afghanistan nicht kenne und nur 2015 für eine Woche dort gewesen wäre, da ihn die iranische Polizei abgeschoben habe.

Vorgelegt wurden folgende Unterlagen:

?        ÖSD Zertifikat Deutsch B1

?        Bestätigungsschreiben der Pfarrerin des Evangelischen Pfarramtes XXXX

?        Bestätigung Schlüsselarbeitskraft „ XXXX “

?        Zwischenzeugnis „ XXXX “

?        Lohngehaltsabrechnung

?        Empfehlungsschreiben XXXX

?        Empfehlungsschreiben XXXX

?        Empfehlungsschreiben der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde XXXX

?        Empfehlungsschreiben XXXX

?        Empfehlungsschreiben XXXX

?        Empfehlungsschreiben XXXX

?        Beglaubigte Übersetzung der Heiratsurkunde

7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.08.2020 wurde der dem BF mit Erkenntnis vom 20.04.2017 zuerkannte Status des Asylberechtigten gem. § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Gem. § 7 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Weiters wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist zur Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI).

Rechtlich wurde zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ausgeführt, dass § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 die zwingende Aberkennung des Status des Asylberechtigten vorsehe, wenn einer der in der GFK genannten Endigungsgründe eingetreten sei. Im Falle des BF sei festzustellen, dass sich dieser durch den Umstand, dass er sich einen afghanischen Reisepass ausstellen habe lassen und er sich zum Zwecke der Registrierung seiner Ehe in Afghanistan aufgehalten habe, unter den Schutz der afghanischen Regierung gestellt habe. Es könne daher nicht mehr festgestellt werden, dass er noch aus innerster Überzeugung Christ sei, da ein gläubiger Christ aus diesem Grunde in seinem Heimatland Verfolgung fürchten müsse. Der BF hätte sich daher, wäre er nach wie vor Christ, nicht in diese Gefahr begeben. Auch habe der BF zentrale Fragen zum Christentum im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung nicht beantworten können, sodass seinen Angaben, dass er nach wie vor Christ sei, kein Glauben geschenkt werden könne. Daher sei dem BF der Status des Asylberechtigten nach § 7 Abs. 1 AsylG abzuerkennen.

8. Mit Schriftsatz vom 01.09.2020 wurde gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde darin ausgeführt, dass bereits das BVwG in seinem Erkenntnis vom 20.04.2017, mit welchem dem BF der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei, ausgeführt habe, dass nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, dass die Konversion des BF zum Christentum den afghanischen Behörden oder anderen Personen in seinem familiären oder sozialen Umfeld verborgen bleiben würde, da der BF bereits seine gesamte Familie darüber informiert habe, dass er getauft worden sei und er auch noch Kontakt zu Afghanen habe, die nicht dem Christentum angehören würden. Dass der BF nicht zum Schein konvertiert sei, sei von Zeugen bestätigt worden. Die am XXXX in Mashad (Iran) geschlossene Ehe des BF sei am XXXX im Generalkonsulat der islamischen Republik Afghanistan in Mashad im Iran registriert worden. Aus dem Antwortschreiben vom 26.02.2020 an das Amt der niederösterreichischen Landesregierung sei seitens des BFA geschlossen worden, dass sich der BF gemeinsam mit seiner Ehegattin in Afghanistan aufgehalten habe, obwohl dieser in seiner Einvernahme am 24.07.2020 auf die Frage, weshalb die Ehe in Afghanistan registriert worden sei, mehrmals bekräftigt habe, nicht in Afghanistan gewesen zu sein. Auch habe der BF umfassende Beweismittel vorgelegt, wonach er seinen christlichen Glauben in Österreich weiter offen praktiziere. Auch habe er Beweismittel zu seiner herausragenden Integration und seiner Berufstätigkeit in Österreich vorgelegt. Der BF habe auch darauf hingewiesen, dass sich aus der Heiratsurkunde eindeutig ergebe, dass die Ehe im Staatsgebiet des Irans und nicht in Afghanistan registriert worden sei. Das BFA habe keinerlei weitere Ermittlungen diesbezüglich angestellt, sondern einen Bescheid erlassen, mit welchem es dem BF den Asylstatus aberkannt habe. Das Ermittlungsverfahren sei grob mangelhaft, zumal es das BFA auch unterlassen habe, sich mit dem Inhalt der vorgelegten Schreiben, darunter auch jenem der Pfarrerin des BF, auseinanderzusetzen.

9. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.09.2020 vom BFA vorgelegt und langten beim BVwG am 07.09.2020 ein.

10. Mit Verfügung vom 25.02.2021 beraumte das BVwG eine mündliche Beschwerdeverhandlung für den 13.04.2021 an. Unter einem übermittelte das BVwG dem BF Länderinformationen zu Afghanistan, konkret das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation 16.12.2020, die UNHCR Guidlines-Afghanistan 30.08.2018, sowie den Bericht – European Asylum Support Office v. Dezember 2020, und räumte ihm die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen zweier Wochen ein.

11. Mit Stellungnahme vom 11.03.2021 brachte der BF durch seine rechtsfreundliche Vertreterin vor, dass die Bedrohungslage, der der BF aufgrund seiner Konversion zum Christentum in Afghanistan ausgesetzt wäre, zum Entscheidungszeitpunkt unverändert sei. Vor dem Hintergrund, dass der BF seine in Afghanistan lebende Familie über seine Konversion informiert habe, seit dem Zeitpunkt seiner Asylgewährung auch mit in Afghanistan lebenden konvertierten und nicht konvertierten Freunden Kontakt gehalten habe, könne nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass der Umstand der Konversion des BF zum Christentum in Afghanistan bekannt geworden sei. Sollte das BVwG zur Ansicht kommen, dass die Aberkennung des Status des Asylberechtigten rechtmäßig erfolgt sei, ergebe sich aus den Länderfeststellungen weiters, dass der Neuansiedlung des BF in seinem Herkunftsstaat Art. 3 EMRK auch abseits der dem BF drohenden religiösen Verfolgung entgegenstehe.

12. Am 13.04.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter der Beiziehung eines Dolmetschers für Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer und sein Rechtsberater sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen.

Das Beschwerderechtsgespräch gestaltete sich wie folgt:

[…] R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich (sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht [die Begriffe werden mit dem BF abgeklärt, sodass ihm diese geläufig sind]): Sind Sie insbesondere in ärztlicher Behandlung, befinden Sie sich in Therapie, nehmen Sie Medikamente ein?

BF: Ich habe gestern am Abend einen COVID-Test gemacht und der war negativ. Ich bin nicht krank und nehme auch keine Medikamente.

II. Zum Verfahren vor dem BFA:

R: Sie wurden bereits beim BFA niederschriftlich einvernommen. Haben Sie dort die Wahrheit gesagt oder möchten Sie etwas richtigstellen?

BF: Ich habe die Wahrheit angegeben und halte alles aufrecht.

R: Wurden Ihnen die Niederschrift, des BFA im Zuge Ihrer Einvernahme mit Ihnen aufgenommen haben, rückübersetzt?

BF: Ja. Nicht jeder Satz aber im Groben ja.

III. Zur persönlichen Situation des BF:

a) in Österreich:

R: Leben Sie in Österreich alleine oder leben Sie mit jemandem zusammen? Wie ist Ihre aktuelle Wohnsituation? Leben Sie einer großen Unterkunft?

BF: Ich wohne in XXXX , privat bei einer Familie.

R: Sprechen Sie auch schon ein wenig Deutsch? Welches Sprachniveau haben Sie? Besuchen Sie Sprachkurse oder sonstige Kurse, Schule, Vereine oder Universität?

BF: Ich habe B1.

R: Habe Sie in Österreich familiäre Bindungen?

BF: Nein. Ich habe keine Familie in Österreich.

R: Wie sieht Ihr Kontakt zu Ihren Familienangehörigen in Afghanistan oder sonst wo aus?

BF: Ich habe Familie, aber die sind in Pakistan.

R: Sie sind im Jahre 2015 nach Österreich gekommen, was war Ihre Motivation nach Europa zu kommen?

BF: Ich bin 2015 von der iranischen Polizei nach Afghanistan abgeschoben worden. Ich war ca. 1 Woche in Afghanistan aufhältig, bin aber wieder nach Iran zurückgegangen. Aber aus Angst das ich immer wieder abgeschoben werde, weil ich in Iran keine Aufenthaltsberechtigung hatte, bin ich nach Europa gegangen.

R: Sie haben am 03.11.2015, die Sprache Dari eingegeben, wieso bestehen Sie nun auf die Sprachen Farsi?

BF: Sie haben zu mir bei der Einvernahme gesagt, was meine Muttersprache sei und da wir aus Afghanistan sind ist die Muttersprache auch Dari, wobei ich in Iran aufgewachsen bin und mit der Sprache Farsi aufgewachsen bin.

R: Sie haben gesagt, dass Sie die Sprache Dari sprechen?

BF: Ich spreche gut Dari aber nicht 100%.

R: Im Jahre 2015, wo hat sich Ihre Familie aufgehalten?

BF: Meine Eltern waren in Afghanistan. Nachgefragt: Mein Geschwister waren auch in Afghanistan.

R: Gab es da noch jemanden?

BF: Meine Ehefrau war in Iran. Sie ist nun meine Ex-Frau, ich meine damit XXXX .

R: Wann haben Sie das erste Mal geheiratet?

BF: 2014.

R: Wie lange waren Sie verheiratet?

BF: Bis ca. 2016/2017

R: Wie haben Sie sich getrennt?

BF: Ihrer Familie hatte mit mir ein Problem. Wir beide wollten nicht mehr zusammen sein.

R: Wie haben Sie sich scheiden lassen?

BF: Sie haben mit mir telefoniert. Meine Ex-Frau wollte auch nicht mehr und hat gemeint, dass sie sich auch scheiden lassen will. Daraufhin habe ich gesagt, „gut“. Daraufhin hat sie und ihre Familie die Scheidung eingereicht. Am Telefon habe ich zugestimmt. Es liegt auch eine Bestätigung vor.

RV legt vor eine Scheidungsurkunde vom XXXX , Kopie wird zum Akt genommen.

R: Wie und unter welcher Umständen haben Sie Ihre 2te Ehefrau kennengelernt?

BF: Durch meine Tante. Nachgefragt: Meine Tante hat mit mir gesprochen, dass sie eine Familie kennt, die eine sehr nett und eine gebildete Tochter haben. Sie geht sogar auf die Uni. Nachgefragt: Sie studiert Pädagogik.

R: Stammt Ihre Frau aus Afghanistan?

BF: Sie ist in Iran geboren und hat aber auch eine Aufenthaltsgenehmigung.

R: Sie haben also Ihre Frau persönlich erst bei der Hochzeit kennengelernt?

BF: Ja, wir haben aber davor Videotelefoniert.

R: Sie sind Christ. War es für Sie bei der Eheschließung wichtig die Religion zu beachten?

BF: Ja.

R: Was war Ihnen dabei wichtig?

BF: Es steht in unserer heiligen Schrift, das wir auch eine Eheschließen soll. Es steh im Lukas Evangelium im Kapital 10, dass die Eheschließung gemacht werden soll.
Es ist wie im Islam auch wichtig wie in im Christentum.

R: Wenn Sie Kinder haben sollte, in welchen Glauben werden die erzogen?

BF: Gott sei Dank leben wir in einem freien Land. Meine Kinder können sich selbst die Religion aussuchen. Als Vater ist es meine Pflicht von Anfang an sie an meinen Glauben zu erziehen. Ich bin auch in einer Freikirche getauft worden. In unsere Freikirche werden Personen unter 18 Jahren nicht getauft. Ich würde meine Kinder gerne Taufen.

R: In welchen Religionsunterricht würden Sie Ihre Kinder schicken oder in gar keinen?

BF: Ich werde meine Kinder sehr frei erziehen, aber am christlichen Unterricht sollen sie teilnehmen.

R: War es Ihnen wichtig, eine Frau aus Ihren Kulturkreis zu heiraten?

BF: Nein, es war nicht so wichtig.

R: Ihre zweite Ehefrau, ist nicht mit Ihnen verwandt oder?

BF: Nein, sie ist nicht mit mir verwandt. Meine erste Ehefrau war mit mir verwandt.

R: Wo haben Sie geheiratet?

BF: Wir haben im Iran, in Mashad. Meine Frau wohnt dort.

R: Sie sind Schiit?

BF: Ja, damals war ich Schiit. (BF lacht)

R: Welcher Imam liegt in Mashad?

BF: Der achte Imam.

R: Kennen Sie die Örtlichkeit? Es ist sehr schön.

BF: Ich bin vorbeigefahren.

R: Können Sie die Modalitäten der Eheschließung beschreiben?

BF: Mit der Familie haben wir klein gefeiert. Nachgefragt: Aus meiner Familie war keiner anwesend. Die Eltern meiner Ehefrau waren anwesend. Die Familie von ihrer Schwester. Ihre Brüder und deren Familie und ein paar Verwandte. Aber aus meiner Familie war keiner anwesend.

R: Was meine Sie mit anwesend. Wo war die Feier?

BF: Die Feier war zu Hause. Die Eheschließung hat meine Frau mit Ihrem Bruder beim Konsulat eingetragen.

R: Wo waren Sie da?

BF: Ich war vor dem Konsulat. Ich war nicht drinnen.

R: Waren Sie seit Sie den Flüchtlingsstatus anerkannt bekommen haben, in Afghanistan?

BF: Nein.

R: Wie viele Personen waren bei der feierlichen Hochzeit anwesend?

BF: Ca. 50 Personen.

R: Haben Sie sich zu irgendeinem Zeitpunkt eine Afghanistan Reisepasse aufstellen?

BF: Ich habe einen österreichischen Konventionspass.

R: Haben Sie diesen zum Zwecke der Ehe vorgelegt?

BF: Ja, meine Ehefrau und der Bruder meiner Ehefrau haben meinen Reisepass und den Reisepass meiner Frau vorgelegt.

R: Bei dieser Hochzeitsfeier, haben alle Leute dort gewusst das Sie Christ sind?

BF: Meine Frau hat es gewusst. Mit den anderen wurde über den Glauben nicht gesprochen.

R: Die männlichen Verwandten Ihrer Frau hätten Ihnen sicher nicht überantwortet und zu Frau gegeben, wenn die wüssten, dass Sie konvertiert sind oder?

BF: Vielleicht, das weiß ich nicht. Meine Frau hat selbst entschieden mich zu heiraten.

R: Im Islam ist das so, dass eine islamische Frau keinesfalls einen christlichen Mann heiraten darf?

BF: Sie wusste davon, sie hat mich akzeptiert. Wenn sie in Österreich kommt, leben wir in einem freien Land.

R: Sie haben also der Familie, Ihrer Frau, nicht die Wahrheit gesagt, dass Sie selbst konvertiert sind?

BF: Wir waren so mit der Hochzeit beschäftigt, dass wir über den Glauben nicht sprechen konnten.

R unterbricht die Verhandlung wegen der COVID-Testung von 09:53 Uhr bis 10:02 Uhr

R: Ich ziehe nicht ernsthaft in Zweifel, dass Sie nach wie vor christlichen Glauben sind.

R: Wie geht das, dass die Religion unwichtig war. Es wird ja in den islamisch geprägten Ländern ja sehr häufig über die Religion gesprochen. Wie kommt es, dass Sie nie über den Glauben geredet haben?

BF: Es wurde nie über die Religion gesprochen. Selbst wenn sie mich gefragt hätten, hätte ich gesagt, dass ich Christ bin. Ich stehe auch zu meinem Glauben und wenn ich gemerkt hätte, dass die Familie mir Probleme gemacht hätte, wäre ich sofort aufgestanden und wäre weggegangen und hätte sofort den Kontakt zur ihrer Familie abgebrochen und hätte ihr gesagt, „du weist das ich Christ bin und du hast es akzeptiert und wenn du möchtest kannst du mit mir mitgehen und wenn nicht dann nicht“, und wäre nach Hause, nach Österreich geflogen

R: Ist Ihnen Klar, dass sie Ihre Frau ins Lebensgefahr gebracht hätten?

BF: Wir waren nicht in dieser Situation, dass wir es offenlegen müssten. Ob meine Frau zugegeben hätte, ob sie von der Konversion weiß oder nicht, dass weiß ich nicht. Aber mit Absicht hätte ich meine Frau nie in Lebensgefahr gebracht.

R: Sie haben Ihre Ehe bei einer afghanischen Behörde eintragen lassen, hätten Sie das nicht vor einer iranischen Behörde tun können?

B: Nein, Afghane können nicht bei den iranischen Behörden eine Eheschließung eintragen.

R: Ich fasse zusammen: Sie haben sich nach Ihren Anerkennung als Flüchtling nicht in Afghanistan aufgehalten. Sie haben vor ihrer Einreise und Antragsstellung Jahrzehnte lang in Iran gelebt, sie haben auch keine Bestrebung unternommen sich einen afghanischen Pass aufstellen lassen.

RV: Aus unsere Sicht ist der Aberkennung des Status des Asylberechtigten die Grundlagen entzogen. Der BF hat sich nicht unter den Schutz seines Herkunftsstaates gestellt, jedenfalls nicht im Sinne der gesetzlichen Stimmung, der BF ist weiterhin Christlichen Glaubens, eine Änderung diesbezüglich im Vergleich zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist nicht zum Vorschein gekommen. Auch weitere Gründe für eine Aberkennung liegen aus unsere Sicht nicht vor, es ist auch nicht vorgekommen, dass sich der BF einen afghanischen Pass hätte ausstellen lassen. Der BF ersucht daher der Beschwerde statt zu geben und den Bescheid des BFA zu wiederlegen.

Ich verwiese ausdrücklich auf die im erstinstanzliche Verfahren vorgelegten Unterlagen insbesondere die Bestätigung der namenhaftgemachten Zeugin, XXXX , zum Beweis der nach wie vor bestehenden Religionszugehörigkeit und Religionsausübung.

R: Sind Sie in Österreich bisher strafrechtlich verurteilt worden?

BF: Nein.

RV: Tatsächlich auffällig dem Bescheid ein Passus zu entnehmen wo etwas mit Untersuchungshaft steht, diese Passage ist irrtümlich einem Muster entnommen in die Entscheidung aufgenommen worden

R: Die Dolmetscherin wird Ihnen jetzt die gesamte Verhandlungsschrift rückübersetzen. Bitte passen Sie gut auf, ob alle Ihre Angaben korrekt protokolliert wurden. Sollten Sie einen Fehler bemerken oder sonst einen Einwand haben, sagen Sie das bitte.

BF: Ich bitte um eine Rückübersetzung.

R: Der guten Ordnung halber, führe ich die Letzt Version des LIB der Staatendokumentation vom 02.04.2021, Version 3 in das Verfahren ein und belehre eine Frist von 2 Wochen für eine allfällige Stellungnahme.

Nach Rückübersetzung:

Die vorläufige Fassung der bisherigen Niederschrift wird durch die D dem BF rückübersetzt.

BF zu Seite 7 möchte ich bemerken, dass ich erst mit Ihnen gelacht habe. […]

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Dem BF wurde mit Erkenntnis der BVwG vom 20.04.2017, Zl. W139 2133641-1/14E, aufgrund seiner erfolgten Konversion zum Christentum der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Am 22.06.2020 wurde seitens des BFA gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 ein Aberkennungsverfahren hinsichtlich des Status des Asylberechtigten eingeleitet.

Im gegenständlichen Asylaberkennungsbescheid vom 03.08.2020 wurde begründend ausgeführt, dass ein Tatbestand vorliege, der zur zwingenden Aberkennung des Status des Asylberechtigten führen würde. Der BF habe sich durch die Ausstellung seines afghanischen Reisepasses sowie den Umstand, dass er bei der Registrierung der Eheschließung in Afghanistan gewesen wäre, unter den Schutz seines Herkunftsstaates gestellt. Auch sei nicht glaubhaft, dass er immer noch aus innerster Überzeugung Christ sei.

Festgestellt wird, dass der BF zum Zeitpunkt der Registrierung seiner Eheschließung nicht in Afghanistan anwesend war und sich auch sonst nicht unter den Schutz seines Herkunftsstaates gestellt hat. Der BF hat seine Konversion zum Christentum seit dem Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht widerrufen und übt seinen christlichen Glauben nach wie vor nach außen erkennbar und offen aus.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten beruhen auf der Aktenlage.


Die Feststellung, dass der BF sich entgegen den Ausführungen der belangten Behörde weder zum Zeitpunkt der Registrierung seiner Ehe noch zum Zeitpunkt seiner vorausgegangenen Eheschließung in Afghanistan aufgehalten hat, ergibt sich aus nachstehenden Erwägungen:

Aus der vorgelegten Heiratsurkunde Nr. XXXX (Aktenseite 94 ff), bezüglich deren Echtheit und Richtigkeit sich für das erkennende Gericht keine Zweifel aufgetan haben, ergibt sich zweifelsfrei, dass der BF sowie seine Ehegattin sowie drei Zeugen bei der am XXXX erfolgten Registrierung der am XXXX geschlossenen Eheschließung im afghanischen Generalkonsulat in Mashad/Iran persönlich anwesend waren. Ausgehend davon, dass der BF im gesamten Verfahren sowohl erstinstanzlich als auch im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung übereinstimmend angegeben hat, dass er sich weder für die Eheschließung noch die nachfolgende Registrierung in Afghanistan aufgehalten habe, kann auch aus den dem BFA übermittelten Antwortschreiben der Österreichischen Botschaft Teheran vom 14.02.2020 (Aktenseite 17) kein gegenteiliger Schluss gezogen werden. So wurde in diesem die erste Fragestellung, ob beide Ehepartner bei der Eheschließung, laut Heiratsurkunde bei der afghanischen Botschaft in Mashad/Iran, persönlich anwesend gewesen seien, laut der Ehegattin des BF bejaht. Vor dem Hintergrund, dass die Ehe laut der vorgelegten Urkunde zweifellos in der afghanischen Botschaft in Mashad/Iran registriert wurde, liegt auf der Hand, dass es sich bei der zweiten Fragestellung im Schreiben des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung (Aktenseite 17) „Waren beide Ehepartner bei der Registrierung der Eheschließung in Afghanistan (vorliegende Heiratsurkunde wurde von der islamischen Republik Afghanistan ausgestellt) persönlich anwesend?“ um einen Irrtum handeln muss. Ausgehend davon kann aus der im Antwortschreiben der Österreichischen Botschaft Teheran wiedergegebenen zugehörigen bejahenden Antwort seitens der Ehegattin des BF freilich nicht der Rückschluss gezogen werden, dass die Eheschließung tatsächlich – entgegen den Angaben in der vorliegenden Heiratsurkunde – in Afghanistan registriert worden wäre.

Zum Einwand der belangten Behörde, wonach sich der BF nach seiner Zuerkennung des Asylstatus einen afghanischen Reisepass ausstellen habe lassen, ist einzuwenden, dass es sich bei dem im Verwaltungsakt einliegenden Pass mit der Nr. XXXX (Aktenseite 6) nicht um einen Reisepass, sondern um einen von der Republik Österreich ausgestellten Konventionspass handelt, sodass sich die diesbezügliche Argumentation seitens der belangten Behörde, wonach sich der BF auch hierdurch unter den Schutz seines Heimatstaates gestellt habe, als haltlos erweist.

Insgesamt betrachtet liegen daher für das erkennende Gericht keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der BF seit dem Zeitpunkt der Zuerkennung des Asylstatus - konkret zum Zeitpunkt der Eheschließung oder nachfolgenden Registrierung der Eheschließung im Jahr 2018 - freiwillig unter den Schutz seines Herkunftsstaates begeben hätte.

Soweit die belangte Behörde dem BF entgegenhält, dass dem BF kein Glauben dahingehend geschenkt werde, dass dieser tatsächlich noch nach dem christlichen Glauben leben würde, ist seitens des erkennenden Gerichts darauf hinweisen, dass sich für dieses keine Anhaltspunkte ergeben haben, die darauf hinweisen, dass sich der BF seit seiner erfolgten Konversion zum Christentum vom christlichen Glauben abgewandt hätte. Vielmehr lassen bereits die erstinstanzlichen Antworten des BF zu Fragestellungen betreffend Kernelemente des Christentums entgegen den Erwägungen des BFA keinerlei grobe diesbezügliche Unkenntnis des BF erkennen und wirken die Ausführungen der belangten Behörde, wonach diese beim BF eine nunmehrige Abkehr vom christlichen Glauben bzw. kein nach wie vor bestehendes Interesse betreffend den christlichen Glauben zu erkennen glaubt, keineswegs überzeugend. Der Eindruck, dass sich der BF nach wie vor aktiv in seiner Pfarrgemeinde einbringt und regelmäßig an Gottesdiensten oder Veranstaltungen der Pfarrgemeinde teilnimmt, wird letztlich auch durch die Pfarrerin XXXX der Heimatgemeinde des BF untermauert (Aktenseite 69).

Durch sämtliche Ausführungen der Behörde wurde somit eine wesentliche, nachhaltige und dauerhafte Änderung der persönlichen oder allgemeinen asylrelevanten Situation des BF nicht aufgezeigt, sodass im gegenständlichen Verfahren insgesamt keine validen, den „Beendigungsklauseln“ der GFK (Art. 1 C Ziff. 1 bis 6) entsprechenden Gründe aufgezeigt worden sind und daher im gegenständlichen Verfahren aufgrund der angeführten Gründe eine Aberkennung des Status des Asylberechtigten gem. §7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nicht vorzunehmen war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Ersatzlose Behebung des Bescheides

3.1. Die wesentlichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:

§ 6 (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn

1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;

3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder

4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt.

§ 7 (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.

(2a) Ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.

(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt - wenn auch nicht rechtskräftig - nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.

3.2. Das BFA stützte seine Entscheidung, mit der dem BF des Status des Asylberechtigten aberkannt wurde, auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 und somit auf das Eintreten einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten Endigungsgründe.

Art 1 Abschnitt C GFK bestimmt, dass dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnitt A fällt, nicht mehr angewendet werden wird, wenn sie sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat (Art 1 Abschnitt C Z 1 GFK); die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat (Art 1 Abschnitt C Z 2 GFK); eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz ihres neuen Heimatlandes genießt (Art 1 Abschnitt C Z 3 GFK); oder sich freiwillig in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat (Art 1 Abschnitt C Z 4 GFK); wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen (Art 1 Abschnitt C Z 5 GFK; die Bestimmungen der Z 5 sind nicht auf die in Z 1 des Abschnitt A des Art 1 genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgung zurückgehen, ablehnen), oder staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, und sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren (Art 1 Abschnitt C Z 6 GFK). Die Bestimmungen der Z 6 sind jedoch auf die in Z 1 des Abschnitt A des Art 1 genannten Personen nicht anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr früheres Aufenthaltsland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgung zurückgehen, ablehnen. Ähnliche Bestimmungen betreffend das Enden der Zuständigkeit des UNHCR finden sich im Kapitel II Z 6 Abschn. A des UNHCR-Statuts (vgl. dazu Grahl- Madsen, The Status of Refugees in International Law I [1966], 368). Es besteht allgemein Übereinstimmung darüber, daß die Aufzählung des Art 1 Abschn. C abschließend ist (vgl. dazu Grahl-Madsen aaO, 369; BayVGH 2.12.1958, 137 VIII 56).

Ob eine die Anwendung des Endigungsgrundes des Art. 1 Abschnitt C Z 5 der Genfer Flüchtlingskonvention rechtfertigende relevante Änderung der persönlichen Verhältnisse des BF eingetreten ist, hat die Behörde von Amts wegen zu ermitteln und unter Berücksichtigung der Fluchtgeschichte bzw. der Fluchtgründe eines Asylwerbers zu prüfen, ob diese noch immer einen asylrechtlich relevanten Aspekt haben könnten (VwGH 19.12.2001, Zl. 2000/20/0318).

Die belangte Behörde geht in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides einerseits davon aus, dass sich der BF durch den Umstand, dass er seine Eheschließung in Afghanistan registrieren und sich einen afghanischen Reisepass ausstellen habe lassen, unter den Schutz seines Herkunftsstaates gestellt habe (Art 1 Abschnitt C Z 1 GFK) und andererseits durch die Tatsache, dass angenommen werde, dass der BF nicht mehr aus innerster Überzeugung Christ sei, der Umstand, auf Grund dessen er als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehe (Art 1 Abschnitt C Z 5 GFK). Dieser Schluss erweist sich jedoch, wie oben bereits beweiswürdigend ausgeführt, als nicht haltbar.

Der angefochtene Bescheid war aus diesen Gründen ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung in der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.


Schlagworte

Behebung der Entscheidung Christentum Ehe Herkunftsstaat individuelle Verhältnisse mangelnder Anknüpfungspunkt Religion Religionsausübung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W105.2133641.2.00

Im RIS seit

05.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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