TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/8 G314 2215473-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.06.2021
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Entscheidungsdatum

08.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch


G314 2215473-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des kubanischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2021, Zl. XXXX , betreffend internationalen Schutz beschlossen (Spruchteil A) und zu Recht erkannt (Spruchteil B):

A)       Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ersatzlos zu entfallen hat.

C)       Die Revision ist jeweils gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), der in den Akten teilweise (offenbar aufgrund eines Schreibfehlers) auch als XXXX bezeichnet wird, verließ seinen Herkunftsstaat Kuba im XXXX und stellte (nach einem erfolglosen Asylantrag in Ungarn) am XXXX .2015 erstmals in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Verfahren wurde am 12.08.2015 zugelassen. Der BF begründete den Antrag zusammengefasst damit, dass er Kuba aus politischen Gründen verlassen habe, weil er (wie auch schon sein Vater, der in Kuba als Dissident in Haft gewesen sei und mittlerweile als Asylberechtigter in den USA lebe) ein Gegner der dortigen Regierung sei, die häufige Menschenrechtsverletzungen zu verantworten habe. Seine Familie sei aufgrund der Religionszugehörigkeit (sie würden den in Kuba verbotenen Zeugen Jehovas angehören) schon seit seiner Kindheit diskriminiert worden. Der BF sei in Kuba als Sohn eines ausgewanderten Dissidenten diskriminiert und benachteiligt worden und habe seinen Arbeitsplatz verloren. Er sei häufig von der Polizei vorgeladen und mit Geldstrafen bestraft worden. Sein Eigentum sei beschlagnahmt worden. Einmal sei er mehrere Tage lang in einem Gefängnis unter sehr schlechten Bedingungen festgehalten worden. Er sei von der Regierung unter Druck gesetzt worden, weil ihm vorgeworfen worden sei, in seinem Geschäft gestohlene Mobiltelefone anzubieten. Eine Einreise in die USA sei abgelehnt worden. Bei einer Rückkehr nach Kuba befürchte er, dort inhaftiert oder gar umgebracht zu werden. Da er mehr als zwei Jahre im Ausland verbracht habe, ohne nach Kuba zurückzukehren, gelte er dort nicht mehr als Staatsangehöriger, was Probleme (wie den Verlust von Rechten und Sozialleistungen) zur Folge habe.

Mit dem Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX .2019 wurde der Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten und eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kuba abgewiesen, ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Kuba zulässig sei. Gleichzeitig wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise festgelegt.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF in Kuba keiner Gefährdung oder Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ausgesetzt sei. Er habe keine gegen ihn persönlich gerichtete Verfolgung aus den in der GFK genannten Gründen glaubhaft gemacht. Die geschilderten Vorladungen, polizeilichen Hausbesuche und Hausdurchsuchungen sowie die nur fünftägige Haft würden nicht die Eingriffsintensität eines Asylgrunds erreichen. Der BF habe in Kuba, wo er den Großteil seines Lebens verbracht habe, familiäre und soziale Bezugspunkte, zumal dort seine Mutter und weitere Angehörige leben würden. Er sei gesund und arbeitsfähig und könne durch eigene Erwerbstätigkeit und mit der Unterstützung seiner (teilweise in den USA lebenden) Angehörigen für seinen Lebensunterhalt aufkommen. Es sei daher nicht zu befürchten, dass er in Kuba in eine Notlage iSd Art 2 und 3 EMRK geraten würde. Dort liege weder eine extreme Gefahrenlage mit exzessiver, unkontrollierter Gewalt gegen die Zivilbevölkerung noch eine humanitäre Situation, die eine unmenschliche Behandlung bewirken würde, vor. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG seien nicht erfüllt. Der BF halte sich seit dreieinhalb Jahren im Bundesgebiet auf und habe eine Partnerin, mit der er nicht zusammenlebe. Er spreche wenig Deutsch, bestreite seinen Lebensunterhalt durch Grundversorgungsleistungen und sei weder in einem Verein oder in einer anderen Organisation aktiv noch ehrenamtlich engagiert. Es sei daher keine nachhaltige Integration in Österreich anzunehmen, sodass angesichts des großen öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen eine Rückkehrentscheidung gegen ihn zu erlassen sei. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 50 FPG sei auszusprechen, dass seine Abschiebung nach Kuba zulässig sei.

Dieser Bescheid wurde dem BF am 25.01.2019 zugestellt. Die von ihm dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem am XXXX .2019 mündlich verkündeten und am XXXX .2019 schriftlich ausgefertigten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) als verspätet zurückgewiesen; gleichzeitig wurde der Wiedereinsetzungsantrag des BF als unbegründet abgewiesen.

Am XXXX .2021 stellte der BF, der das Bundesgebiet in der Zwischenzeit nicht verlassen hatte, einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, den er bei der Erstbefragung damit begründete, dass seine Asylgründe noch immer dieselben seien wie bei dem Erstantrag. Erschwerend komme mittlerweile hinzu, dass sich die politische Lage in Kuba in den letzten beiden Jahren im Zusammenhang mit dem erleichterten Zugang zum Internet verschlechtert habe und Dissidenten jetzt noch strenger bestraft würden. Er sei nicht sicher, ob er überhaupt nach Kuba einreisen dürfe; dort drohe ihm jedenfalls eine Haftstrafe, weil er der Sohn eines Dissidenten sei. Außerdem habe er seinen Lebensmittelpunkt inzwischen in Österreich und plane, seine Freundin zu heiraten.

Am 19.03.2021 und am 03.05.2021 wurde der BF vor dem BFA zu dem Folgeantrag vernommen. Dabei gab er an, dass er die gleichen Gründe wie bei seinem Erstantrag habe; diese seien aber wegen der aktuellen Situation in Kuba größer geworden. Als Antikommunist und Antirevolutionär könne er nicht zurückkehren. In seinem Heimatstaat sei sein Leben in Gefahr, weil er der Sohn eines (mittlerweile in den USA lebenden) ehemaligen politischen Gefangenen sei und man in Kuba nicht noch einen weiteren Dissidenten im Land haben wolle. Er sei vor seiner Ausreise vor sieben Jahren nicht verfolgt, sondern belästigt worden. Bei einer Rückkehr nach Kuba befürchte er, verhaftet zu werden. Die Situation sei jetzt schlechter als damals, als er weggegangen sei. Die Regierung gehe drastischer gegen vermutete Gegner vor, weil es seit Dezember 2018 die Möglichkeit eines mobilen Internetzugangs gebe und man seither alles mit dem Mobiltelefon dokumentieren könne. Regierungskritiker würden von der Polizei brutal misshandelt. Im letzten Jahr seien zahlreiche Personen verhaftet worden, von denen die Polizei glaube, dass sie gegen die Regierung seien. Die Regierung würde Menschenrechtsverletzungen begehen und die Pandemie zum Vorwand nehmen, Regierungsgegnern das Verlassen ihrer Häuser zu verbieten. Seine Mutter habe vor, in die USA zu reisen, sodass er in Kuba allein wäre. Er habe vor, seine Freundin, eine spanische Staatsangehörige, die in XXXX arbeite und studiere und mit der er seit Mitte 2019 liiert sei, zu heiraten.

Mit Verfahrensanordnung vom 23.03.2021 teilte das BFA dem BF mit, dass beabsichtigt sei, den Folgeantrag gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Folgeantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.), erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung nach Kuba fest (Spruchpunkt V.) und erteilte gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).

Das BFA begründete dies zusammengefasst damit, dass der BF keine neuen Asylgründe vorgebracht habe. Die Situation in Kuba habe sich seit der Rechtskraft der Entscheidung im Erstverfahren nicht entscheidungswesentlich geändert. Auch aufgrund der weltweiten Covid-19-Pandemie bestünde für den BF dort kein reales Risiko einer Verletzung von Art 3 EMRK. Er halte sich seit 2015 in Österreich auf, wobei sein Aufenthalt seit der Entscheidung im Erstverfahren nicht mehr rechtmäßig sei. Seine Mutter lebe nach wie vor in Kuba, sein Vater und seine Schwestern in den USA. Der mit der Rückkehrentscheidung verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF sei verhältnismäßig, zumal er nicht berufstätig oder selbsterhaltungsfähig sei. Er lebe zwar seit Anfang 2020 mit seiner Freundin zusammen, die er heiraten wolle. Diese erst seit kurzem bestehende Beziehung konstituiere jedoch kein schützenswertes Familienleben, zumal er im Vorverfahren mit einer anderen Frau liiert gewesen sei und auch damals schon Heiratspläne bestanden hätten.

Dagegen richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde des BF mit den Anträgen auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und auf Durchführung einer Beschwerdeverhandlung. Er stellt primär einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag; hilfsweise werden einerseits die ersatzlose Behebung der Spruchpunkte IV. bis VI beantragt und andererseits die Abänderung auf den Ausspruch, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG und Feststellung, dass eine Abschiebung nach Kuba unzulässig sei.

Die Beschwerde wird im Wesentlichen damit begründet, dass keine entschiedene Sache vorliege, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt seit der Rechtskraft der Entscheidung über den ersten Asylantrag am XXXX .2019 maßgeblich geändert habe. Die gegen den BF vor seiner Ausreise gerichteten Verfolgungshandlungen seien ein Indiz dafür, dass ihm in Kuba mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus politischen Gründe drohe. Die politische Lage in Kuba habe sich seit XXXX .2019 insoweit geändert, als die Verfolgungsgefahr für Dissidenten, deren Angehörige und Rückkehrer gestiegen sei und jetzt noch strenger gegen politische Gegner und deren Familienangehörige vorgegangen werde. Unter dem Vorwand der Covid-19-Pandemie komme es zu massiven Menschenrechtsverletzungen gegen diesen Personenkreis. Das BFA, das zur amtswegigen Ermittlung der Fluchtgründe verpflichtet sei, habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es habe den BF unzureichend befragt, den Umstand, dass ihm in Kuba aufgrund der über zweijährigen Abwesenheit eine Verfolgung als Abtrünniger drohe, nicht berücksichtigt und sich nicht mit der drohenden Verletzung von Art 3 EMRK (die unabhängig von allfälligen Sachverhaltsänderungen zu prüfen sei) auseinandergesetzt. In Kuba herrsche eine Versorgungskrise. Dem BF drohe bei der Rückkehr aufgrund des langen Auslandsaufenthalts und der Asylantragstellung Diskriminierung, Arbeitslosigkeit und eine existenzbedrohende Notlage. In Kuba sei die soziale Absicherung oft eine Familienangelegenheit. Der BF habe dort nur seine Mutter, die im Begriff sei, in die USA auszuwandern, was sich nur aufgrund der Covid-19-Pandemie verzögert habe. Als Regierungskritiker drohe ihm die neuerliche Inhaftierung unter prekären Haftbedingungen. Zur Intensität seines Privat- und Familienlebens in Österreich beantragte der BF die Einvernahme seiner Verlobten als Zeugin. Die geplante Eheschließung habe sich aufgrund der Covid-19-Pandemie verzögert. Er lebe bereits seit sechs Jahren in Österreich, habe Freundschaften geknüpft, Deutschkurse besucht und eine Deutschprüfung für das Sprachniveau A1 erfolgreich abgelegt. Eine weitere Vertiefung der Integration sei seit dem Beginn der Pandemie 2020 nur mehr eingeschränkt möglich gewesen. Da auch keine Bindungen mehr zu seinem Heimatstaat bestünden, überwiege überwiege sein persönliches Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet im Ergebnis das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung. Das BFA habe die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur Situation in Kuba nicht beachtet. Die Beweiswürdigung sei mangelhaft, weil der BF im ersten Asylverfahren und bei seinen Befragungen im Folgeantragsverfahren gleichbleibende Angaben gemacht und konsistent dargelegt habe, dass sich die Lage in Kuba seit der Rechtskraft der letzten Entscheidung erheblich verschlechtert habe, sodass nicht von einem identischen Sachverhalt auszugehen sei. Da eine Gefahr iSd § 17 Abs 1 BFA-VG nicht ausgeschlossen werden könne, sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG vor.

Feststellungen:

Der BF kam am XXXX in der kubanischen Stadt XXXX zur Welt und ist kubanischer Staatsangehöriger. Seine Muttersprache ist Spanisch. Er ist ohne Religionsbekenntnis. Er besuchte in Kuba die Schule und machte nach der Reifeprüfung weiterführende Ausbildungen für Englisch und für Informatik. Anschließend war er in verschiedenen Bereichen erwerbstätig; unter anderem arbeitete er in einem XXXX und als XXXX und hatte ein Geschäft für XXXX .

Im September 2014 reiste der BF, der Kuba bis dahin noch nie verlassen hatte, mit seinem am XXXX .2013 ausgestellten und bis XXXX .2019 gültigen kubanischen Reisepass über XXXX nach XXXX . Von dort begab er sich (unter Umgehung der Grenzkontrollen) nach Ungarn, wo er internationalen Schutz beantragte. Nach der endgültigen Abweisung dieses Antrags reiste er im XXXX in das Bundesgebiet ein, wo er sich seither aufhält.

Die Mutter des BF, mit der er regelmäßig Kontakt hat, lebt nach wie vor in Kuba. Sein Vater, seine Halbschwestern, seine Großeltern sowie Onkel und Tante leben in den USA. Seine Mutter ist Hausfrau und wird finanziell von den in den USA lebenden Familienangehörigen unterstützt. Sie hat vor, ebenfalls in die USA auszureisen.

Der BF ist seit 2013 geschieden und kinderlos. Er war in Österreich nie legal erwerbstätig. Seinen Lebensunterhalt finanzierte er überwiegend mit Grundversorgungsleistungen; außerdem wurde er von seinen Verwandten aus den USA finanziell unterstützt. Er verfügt über rudimentäre Deutschkenntnisse (Sprachniveau A1). Während des ersten Asylverfahrens war er mit der in XXXX lebenden bulgarischen Staatsangehörigen XXXX liiert. Seit Mitte XXXX ist er in einer Beziehung mit XXXX , einer aus Ecuador stammenden spanischen Staatsangehörigen, die in XXXX lebt. Er wohnt mit ihr seit XXXX in einem gemeinsamen Haushalt und hat vor, sie zu heiraten.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Seit XXXX .2021 weist er im Bundesgebiet keine Wohnsitzmeldung mehr auf. Er ist strafgerichtlich unbescholten. Seit der rechtskräftigen Erledigung seines ersten Asylantrags hat er keine weiteren konkreten Integrationsbemühungen unternommen.

Die allgemeine Lage in Kuba hat sich seit dem Bescheid des BFA vom 21.01.2019 nicht entscheidungswesentlich verändert, insbesondere ist es seither zu keiner maßgeblichen Veränderung der Behandlung von Dissidenten und Regierungskritikern gekommen. Auch die Sicherheits- und Versorgungslage hat sich nicht wesentlich verändert. In Kuba herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und der Gerichtsakten des BVwG.

Die Feststellungen zu Namen, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Geburtsort des BF basieren auf seinen konsistenten Angaben dazu. Im ersten Asylverfahren wurden auch sein (mittlerweile nicht mehr gültiger) Reisepass sowie eine kubanische Identitätskarte vorgelegt. Der BF gab Spanisch als seine Muttersprache an, was angesichts seiner Herkunft und der problemlosen Kommunikation mit den beigezogenen Dolmetschern für diese Sprache plausibel ist. Die festgestellten Deutschkenntnisse basieren auf seinen Angaben bei der Erstbefragung und vor dem BFA.

Der BF gab an, dass er selbst ohne religiöses Bekenntnis sei; lediglich seine Familienangehörigen seien Zeugen Jehovas.

Die Feststellungen zu Ausbildung und Erwerbstätigkeit des BF beruhen auf seinen Angaben und den dazu vorgelegten Zeugnissen.

Die Reisebewegungen des BF bis zu seiner Ankunft in Österreich ergeben sich aus seinen konsistenten Schilderungen dazu. Unterlagen betreffend das Asylverfahren in Ungarn wurden vorgelegt. Diese decken sich mit dem Erhebungsergebnis vom 13.11.2018.

Die Feststellungen zu seinen in Kuba und in den USA lebenden Angehörigen basieren auf den Angaben des BF, der auch schilderte, dass sowohl er als auch seine Mutter von den in den USA lebenden Verwandten finanziell unterstützt würden.

Die Scheidungsurkunde des BF wurde vorgelegt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass er Kinder (oder anderweitige Sorgepflichten) hat. Der Bezug von Grundversorgungsleistungen geht aus den GVS-Betreuungsinformationssystem hervor. Daraus ergibt sich auch, dass der BF seit XXXX .2021 keine Grundversorgung mehr bezieht, weil er darauf verzichtet hat. Eine Erwerbstätigkeit des BF im Bundesgebiet ist anhand der vorliegenden Beweisergebnisse nicht erweislich.

Die Feststellungen zu den Beziehungen des BF zunächst zu XXXX und danach zu Katherine Lissette RIVERA FLORES werden anhand seiner Angaben festgestellt. Laut dem Zentralen Melderegister weist der BF seit XXXX .2021 im Inland keine Wohnsitzmeldung mehr auf. Trotzdem ist aufgrund seiner Angaben vor dem BFA am 03.05.2021 davon auszugehen, dass er in der Wohnung von XXXX wohnt, wo er schon zwischen XXXX .2020 bis XXXX .2021 mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Da dem Vorbringen des BF zu seinem Privat- und Familienleben im Inland gefolgt werden kann, unterbleibt die in der Beschwerde beantragte Einvernahme von XXXX als nicht entscheidungserheblich.

Es gibt keine Hinweise dafür, dass der BF aktuell an einer (behandlungsbedürftigen) Erkrankung leidet oder dass seine Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF wird anhand des Strafregisters festgestellt. Weder den Verwaltungsakten noch den Behauptungen des BF sind konkrete Integrationsbemühungen, die nach dem Abschluss des ersten Asylverfahrens gesetzt wurden, zu entnehmen.

Die Feststellung der im Vergleich zur Vorentscheidung nicht entscheidungswesentlich veränderten Lage in Kuba beruht auf dem Vergleich der in den angefochtenen Bescheid und in den Bescheid vom XXXX .2019 aufgenommenen Länderinformationen. Im Bescheid vom XXXX .2019 wurde zur Situation von Dissidenten und Regierungskritikern in Kuba zusammengefasst unter anderem Folgendes festgestellt (siehe Seiten 24 ff des Bescheids vom XXXX .2019): Die kubanische Regierung unterdrückt weiterhin abweichende Meinungen und bestraft öffentliche Kritik, wobei zuletzt anstelle von Langzeitstrafen ein dramatischer Anstieg von kurzfristigen, willkürlichen Verhaftungen von regimekritischen Personen, Menschenrechtsverteidigern und unabhängigen Journalisten vorlag. Andere repressive Maßnahmen der Regierung umfassten körperliche Übergriffe, öffentliche Bloßstellung und Demütigung der betreffenden Personen sowie den Verlust des Arbeitsplatzes. Tausende Fälle wurden gemeldet, in denen Regierungsgegner drangsaliert, willkürlich festgenommen und inhaftiert worden waren, weil sie ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit sowie Freizügigkeit wahrgenommen hatten. Die politisch organisierte Opposition in Kuba ist schwach und hat wenige Möglichkeiten, sich öffentlich zu artikulieren. Während oppositionelle Stimmen in gewissem Maß toleriert werden, versucht die Regierung, eine größere Verbreitung solcher Stimmen zu unterdrücken. Schikanen und Unterdrückung setzen daher vor allem dann ein, wenn versucht wird, Forderungen auf die Straße zu tragen. Die Zahl der willkürlichen Festnahmen durch staatliche Sicherheitskräfte war im Jahr 2016 auf den höchsten Stand seit 2010 gestiegen. Presse- und Meinungsfreiheit sind in Kuba nicht gewährleistet. Die politische Meinungsbildung wird durch staatliche Massenmedien monopolisiert. Es erfolgt eine weitgehende Überwachung und Zensur privater Kommunikation. Auch der Zugang zum Internet wird weitgehend von der Regierung kontrolliert, wobei Kuba zu den am wenigsten an das Internet angeschlossenen Ländern der Welt zählt. Dennoch nimmt der Zugang zu unzensierten Informationen langsam zu. Das Wachsen des Bürger-Journalismus und die Zahl unabhängiger Blogger gehört ebenso zur jüngsten Entwicklung wie die Eröffnung von Internetcafés und öffentlichen Hotspots sowie das Erscheinen unabhängiger Internet-Zeitungen. Die Regierung verweigert den Bürgern fortgesetzt das Recht auf Vereinigung. Die Verfassung verbietet jegliche politische Organisation, die nicht offiziell anerkannt war. Das Recht auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und Freizügigkeit ist noch immer stark eingeschränkt. Beinahe alle politischen vorübergehenden Festnahmen der letzten Jahre betrafen Mitglieder von unabhängigen Vereinigungen, Menschenrechtsgruppen, politischen Parteien und Gewerkschaften. Die Gefängnisse sind überfüllt, Zellen überbelegt, die Haftbedingungen hart; die hygienischen Zustände und die Gesundheitsversorgung schlecht. Es gibt Berichte von Übergriffen durch Gefängnisbeamte. Einige religiöse Gruppen, darunter Zeugen Jehovas (die nach eigenen Angaben 96.000 Mitglieder haben), warten immer noch auf ihre offizielle Anerkennung. Zwar erlauben die Behörden ihnen religiöse Aktivitäten und Reisetätigkeit, gleichzeitig sind ihre Mitglieder Schikanen ausgesetzt (z.B. Überwachung ihrer Bewegungen, Mobiltelefone, Gäste und Zusammenkünfte). Personen kann die Ausreise seitens der Behörden verwehrt werden, wenn dies zur „Verteidigung und nationalen Sicherheit“ erforderlich ist oder „andere Gründe des öffentlichen Interesses“ vorliegen. Während bestimmte Menschenrechtsaktivisten und Blogger ausreisen durften, wurde anderen politischen Aktivisten die Ausreise verweigert. Kubanische Staatsangehörige dürfen sich 24 Monate im Ausland aufhalten. Bei der Rückkehr innerhalb dieser Frist sind keine Probleme zu erwarten. Bei Übertretung der Frist von 24 Monaten, die sich ein Bürger im Ausland aufhalten darf, wird die betreffende Person als Emigrant und Abtrünniger betrachtet. Wenn jemand während des Auslandsaufenthalts um Asyl angesucht hat und die kubanischen Behörden davon erfahren, wird der Rückkehrer auf eine Schwarze Liste gesetzt und hat mitunter Schwierigkeiten beim Zugang zu Beschäftigung und Sozialleistungen.

Ausgehend von diesen schon bei der Entscheidung über den Erstantrag des BF auf internationalen Schutz getroffenen Feststellungen hat er im Folgeantragsverfahren keine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Kuba, insbesondere für Dissidenten und Regierungskritiker, geltend gemacht, die nunmehr zu einer anderen Entscheidung führen könnte. Wenngleich sich aus aktuellen Medienberichten die vom BF behauptete Verbesserung des Internetzugangs in Kuba seit Dezember 2018 (Einführung von mobilem Internet und 3G-Technologie) nachvollziehen lässt (siehe z.B. https://www.wienerzeitung.at/themen/netzpolitik/1006289-Kubaner-bekommen-Zugang-zu-mobilen-Internet.html und https://www.derstandard.at/story/2000093177460/kubaner-bekommen-zugang-zu-mobilen-internet; Zugriff jeweils am 04.06.2021), handelt es sich dabei einerseits um einen Umstand, der zur Zeit der Entscheidung über den Erstantrag auf internationalen Schutz Anfang 2019 bereits vorlag und der daher im Folgeantragsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann; andererseits ist eine damit verbundene Intensivierung der Verfolgung von Dissidenten und Regierungskritikern durch die kubanischen Behörden nicht erweislich. Es gibt vielmehr Berichte, die nahelegen, dass die Liberalisierung des Internetzugangs die Möglichkeiten, Kritik zu äußern und Proteste öffentlich zu machen, verbessert hat (siehe z.B. IWPR – Institute for War and Peace Reporting: Cuba Has a New Language of Dissent, 01.05.2021
https://www.ecoi.net/de/dokument/2050934.html und Freedom House: Freedom on the Net 2020 - Cuba, 14.10.2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2039062.html, Zugriff jeweils am 04.06.2021).

Die Feststellung, dass in Kuba keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen herrschen, beruht auf dem Fehlen von Berichten über derartige Konflikte und der grundsätzlich stabilen Sicherheitslage.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A.):

Aufgrund der in § 17 Abs 1 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B.):

Es besteht kein Recht auf Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs 3 VwGVG (siehe VwGH 17.07.2019, Ra 2019/06/0111). Angesichts des in § 28 VwGVG normierten Vorrangs der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte (vgl. VwGH 19.06.2020, Ra 2019/06/0060) kommt die von der Beschwerde primär angestrebte Aufhebung des angefochtenen Bescheids und Rückverweisung der Angelegenheit an das BFA nicht in Betracht, zumal die Voraussetzungen gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG (insbesondere das Vorliegen besonders gravierender Ermittlungslücken) nicht erfüllt sind. Die Beschwerde ist daher im Sinne der Eventualanträge inhaltlich zu erledigen.

Zur Zurückweisung des Folgeantrags auf internationalen Schutz (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids):

Da bereits ein Antrag des BF auf internationalen Schutz rechtskräftig erledigt wurde, liegt ein Folgeantrag iSd § 2 Abs 1 Z 23 AsylG vor.

Ein Folgeantrag auf internationalen Schutz ist wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn der Asylwerber an seinem rechtskräftig nicht geglaubten Fluchtvorbringen festhält und sich auch in der Lage im Herkunftsstaat keine für den internationalen Schutz relevante Änderung ergeben hat (siehe VwGH 31.08.2020, Ra 2020/18/0102). Wird der Folgeantrag auf Tatsachen gestützt, die bereits zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über den ersten Asylantrag vorlagen, ist er als unzulässig zurückzuweisen, weil es an einem maßgeblich geänderten Sachverhalt iSd § 68 Abs 1 AVG fehlt (siehe VwGH 13.05.2019, Ra 2018/18/0506). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags hat nur anhand der Gründe, die in erster Instanz zur Begründung des Begehrens auf internationalen Schutz vorgebracht wurden, zu erfolgen. Im Beschwerdeverfahren ist ausschließlich zu prüfen, ob das BFA zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG nicht umfasst und daher unbeachtlich (siehe VwGH 02.05.2019, Ra 2018/20/0515).

Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, der (für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen) rechtliche Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0066; VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048).

Vor diesem Hintergrund kommt eine meritorische Entscheidung über den Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz nicht in Betracht. Die von ihm nunmehr geltend gemachten Fluchtgründe entsprechen den im Vorverfahren bereits geprüften. Eine asylrelevante Verfolgung des BF als Regierungskritiker und Dissident in Kuba wurde bereits im Verfahren über seinen ersten Asylantrag geprüft und (rechtkräftig) verneint, sodass er von einer allfälligen, im Folgeantragsverfahren behaupteten Verschärfung der Maßnahmen der kubanischen Regierung gegen Dissidenten nicht betroffen sein kann. Außerdem hätte diese vom BF behauptete Verschlechterung der Lage von Dissidenten in Kuba, zu der es nach seinen Angaben im Zusammenhang mit der Liberalisierung des Internetzugangs Ende 2018 gekommen sein soll, schon bei der Entscheidung über den ersten Asylantrag im Jänner 2019 berücksichtigt werden müssen.

Der BF hat bei seinem Folgeantrag somit im Ergebnis kein neues Fluchtvorbringen erstattet, sondern sich vielmehr im Wesentlichen auf dieselben Fluchtgründe, die bereits im Vorverfahren als nicht asylrelevant beurteilt worden waren, berufen. Er hat keine Umstände aufgezeigt, die ungeachtet dessen dazu führen könnten, dass seine Rechte im Fall seiner Rückführung in einer nach dem AsylG maßgeblichen Weise verletzt würden (siehe VwGH 25.06.2020, Ra 2019/18/0441).

Es ist auch nach wie vor nicht davon auszugehen, dass der BF nach seiner Rückkehr nach Kuba in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten würden, zumal sich auch die Sicherheits- und Versorgungslage dort nicht signifikant geändert hat und von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass nunmehr eine andere Beurteilung in Bezug auf die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfolgen könnte. Sämtliche Umstände, die der BF im Folgeantragsverfahren in diesem Zusammenhang geltend macht, lagen auch schon bei der Entscheidung über den Erstantrag vor. Insbesondere hatte er schon damals die Frist von 24 Monaten, die sich ein kubanischer Staatsangehöriger ohne Konsequenzen im Ausland aufhalten darf, bei weitem überschritten.

Auch die Covid-19-Pandemie erfordert keine andere Beurteilung, zumal es sich um ein weltweites Phänomen handelt, von dem nicht nur Kuba, sondern etwa auch Österreich, betroffen ist. Da der BF gesund ist und keiner bekannten Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung angehört, ist auch unter Berücksichtigung der Pandemie nicht zu befürchten, dass er in Kuba in eine existenzbedrohende Notlage oder sonst in eine Art 3 EMRK widersprechende Situation geraten könnte, zumal er weiterhin mit der finanziellen Unterstützung seiner in den USA lebenden Familienangehörigen rechnen kann.

Der BF hat somit im Folgeantragsverfahren keine entscheidungserheblichen Änderungen seiner persönlichen und familiären Situation oder der Lage in Kuba vorgebracht und kein entscheidungswesentlich neues Fluchtvorbringen erstattet. Da somit im Lichte der anzuwendenden Rechtsvorschriften (§§ 3 und 8 AsylG) Identität der Sache mit dem der Vorentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vorliegt, ist keine meritorische Entscheidung zu treffen, sondern es ist der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Rechtssache zurückzuweisen. Die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids sind daher nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Aufgrund der Zurückweisung des Folgeantrags wegen entschiedener Sache hat gemäß § 58 Abs 1 AsylG keine amtswegige Prüfung der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG zu erfolgen, sodass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ersatzlos zu entfallen hat. Der (im Ergebnis zutreffende) Spruch des Bescheids ist mit dieser Maßgabe zu korrigieren, zumal die inhaltlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG an den BF jedenfalls nicht vorliegen.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Eine negative Entscheidung über einen Folgeantrag ist grundsätzlich mit einer Entscheidung über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 52 Abs 2 Z 2 FPG stellt auch für den Fall der Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG die Rechtsgrundlage für die Verbindung dieser Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung dar (siehe VwGH 31.03.2020, Ra 2019/14/0209).

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist eine Rückkehrentscheidung, die in das Privat- oder Familienleben eingreift, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Gegen den BF wurde zuletzt mit dem Bescheid vom XXXX .2019 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen. Eine Rückkehrentscheidung wäre daher nur dann unzulässig, wenn sich die Beurteilungsgrundlagen im Hinblick auf sein Privat- und Familienleben seither maßgeblich geändert hätten.

Solche Änderungen, die dazu führen würden, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den BF nunmehr unzulässig wäre, liegen nicht vor. Schon im ersten Asylverfahren behauptete er eine Beziehung mit einer in Österreich lebenden EWR-Bürgerin, Grundkenntnisse der deutschen Sprache und einen Freundeskreis im Inland. Eine wesentliche Vertiefung seiner Integration seit Anfang 2019 ergibt sich auch dann nicht, wenn man von der Richtigkeit seiner nunmehrigen Angaben zu seinem Privat- und Familienleben und seinen Anknüpfungen im Bundesgebiet ausgeht und den längeren Aufenthalt sowie das Zusammenleben mit seiner aktuellen Partnerin berücksichtigt, wobei erst seit wenigen Monaten ein gemeinsamer Haushalt besteht und aktuell keine Wohnsitzmeldung mehr vorliegt. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist gemäß § 9 Abs 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend zu berücksichtigen, dass der BF sich – insbesondere nach der Abweisung des ersten Antrags auf internationalen Schutz und damit beim Eingehen der Beziehung zu XXXX - seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste.

Sollte der BF durch die geplante Eheschließung eine Rechtsstellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger und damit ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht erlangen, steht dies der weiteren Existenz der Rückkehrentscheidung ohnedies entgegen, weil diese dann als gegenstandlos zu betrachten wäre (siehe VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151). Die in Aussicht genommene Eheschließung führt daher auch nicht dazu, dass eine Rückkehrentscheidung aktuell nicht mehr zulässig wäre, zumal die Beziehung zur derzeitigen Partnerin des BF erst seit kurzem besteht und schon aus diesem Grund noch nicht die Intensität eines Familienleben iSd § 9 Abs 2 Z 2 BFA-VG erreicht.

Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu. Gegen diese Normen verstoßen Personen, die nach dem negativen Abschluss ihres Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet verbleiben. Das durch den (seit der Entscheidung im Vorverfahren) längeren Aufenthalt verstärkte Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich ist in seinem Gewicht gemindert, weil er keine Veranlassung hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen, zumal nach einem negativen Ausgang des Asylverfahrens grundsätzlich der rechtmäßige Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wiederherzustellen ist (vgl. VwGH 02.09.2019, Ra 2019/20/0407) und die zweifache Asylantragstellung der Fremden bei der Abwägung zu berücksichtigen und auf Seiten des öffentlichen Interesses in Anschlag zu bringen ist (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0217). Das Ergebnis der vom BFA vorgenommenen Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden und die in Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids erlassene Rückkehrentscheidung zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids:

Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Da in Bezug auf den BF keine dieser Voraussetzungen zutrifft, ist die Zulässigkeit seiner Abschiebung in seinen Herkunftsstaat Kuba festzustellen.

Gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs 9 FPG festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Eine (positive) Feststellung über die Zulässigkeit der Abschiebung ist in dieser Konstellation die Konsequenz der Nichtgewährung von Asyl und von subsidiärem Schutz und es kommt ihr nur die Funktion zu, den Zielstaat der Abschiebung festzulegen (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0146). Ein erfolglos zur Begründung eines Antrags auf internationalen Schutz erstattetes Vorbringen kann nicht im Zuge der mit einer Abweisung des Asylantrags bzw. mit einer Zurückweisung eines Folgeantrags zu verbindenden Rückkehrentscheidung neu aufgerollt und entgegen der Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz in Bezug auf die Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG über die Zulässigkeit der Abschiebung anders beurteilt werden (vgl. VwGH 28.02.2019, Ra 2019/01/0008).

Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ist somit nicht korrekturbedürftig.

Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids:

Bei einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG besteht gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise, sodass auch Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids als rechtskonform zu bestätigen ist.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die beantragte Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG. Davon ist keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte und das Gericht ohnedies vom Vorbringen des BF und den behaupteten privaten und familiären Anknüpfungen im Bundesgebiet ausgeht.

In Bezug auf die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz entfällt die Beschwerdeverhandlung auch gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG, weil der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitenden Antrag des BF zurückzuweisen ist.

Zu Spruchteil C.):

Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG stellten sich nicht, weshalb die Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall entschiedene Sache Folgeantrag Identität der Sache Interessenabwägung öffentliche Interessen Pandemie Prozesshindernis der entschiedenen Sache Resozialisierung Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G314.2215473.4.00

Im RIS seit

05.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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