TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/3 W191 2243468-1

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Veröffentlicht am 03.08.2021
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Entscheidungsdatum

03.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53

Spruch


W191 2243468-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Montenegro, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2021, Zahl 1275072403-210261785, zu Recht:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 53 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF) wurde am 22.02.2021 aufgrund des dringenden Tatverdachts des Suchtgifthandels festgenommen und in die Justizanstalt Wien-Josefstadt gebracht.

1.2. Am 23.02.2021 wurde über den BF die Untersuchungshaft verhängt.

1.3. Am 24.02.2021 wurde gegen den BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG erlassen.

1.4. Mit Schreiben des BFA vom 29.03.2021 wurde der BF über das Ergebnis der Beweisaufnahme – die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot – in Kenntnis gesetzt und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Der BF ließ die Frist ungenutzt verstreichen.

1.5. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27.04.2021, 061 Hv 30/21h, wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels und des Verbrechens der Vorbereitung des Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 2 Z 2, Abs. 3 zweiter Fall SMG (Suchtmittelgesetz) und gemäß §§ 12 dritter Fall StGB (Strafgesetzbuch), 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 3 und Abs. 4 zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon zwölf Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

1.6. Mit Bescheid des BFA vom 11.05.2021 wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Montenegro zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von „6“ [sechs] Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass das Verhalten des BF eine erhebliche, tatsächliche und gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle und die Erlassung eines Einreiseverbotes unabdingbar sei.

1.7. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines Vertreters vom 07.06.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ausschließlich im Umfang des Spruchpunktes IV. ein.

Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde den Grundsatz des Parteiengehörs verletzt habe und der BF nicht persönlich einvernommen worden sei. Er habe nicht ausreichend Zeit gehabt, auf die zugestellte Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zu reagieren. Der BF habe eine österreichische Staatsangehörige als Lebensgefährtin, mit der er bis zu seiner Haft im gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Die belangte Behörde habe keine individualisierte Gefährlichkeitsprognose vorgenommen. Der BF bereue seine Taten und wolle nach der Haftentlassung ein rechtschaffenes Leben führen.

1.8. Das BFA legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor und gab gleichzeitig eine Stellungnahme ab, in der vorgebracht wurde, dass der BF unbekannten Datums in das Bundesgebiet eingereist, nicht behördlich gemeldet gewesen und keiner angemeldeten Beschäftigung nachgegangen sei. Dem BF sei nachweislich die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt worden, was er jedoch verweigert habe. Der BF habe daher nicht ausreichend am Verfahren mitgewirkt. Aufgrund der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität könne den privaten Interessen kein Vorrang eingeräumt werden. Der BF habe durch seine Taten die potenzielle Gefährdung der Volksgesundheit in Kauf genommen. Es liege auch eine Rückfallgefährlichkeit vor und könne von keiner positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden.

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend den angefochtenen Bescheid sowie die Beschwerde vom 07.06.2021.

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

3.1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX und ist montenegrinischer Staatsangehöriger. Der BF wurde in XXXX geboren. Er ist ledig und kinderlos.

3.2. Der BF war ohne legale Beschäftigung, regelmäßiges Einkommen oder nennenswerte Vermögenswerte.

3.3. Er wies laut Ergebnis der Einschau in das Melderegister zu folgenden Zeitpunkten einen behördlichen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet auf:

?        23.02.2021 – laufend  Justizanstalt Wien-Josefstadt

Der BF war – abgesehen von der Verbüßung seiner Untersuchungs- bzw. Strafhaft – nie im Bundesgebiet gemeldet. Es konnte nicht festgestellt werden, wann der BF in das Bundesgebiet einreiste.

3.4. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27.04.2021, 061 Hv 30/21h, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels und des Verbrechens der Vorbereitung des Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 2 Z 2, Abs. 3 zweiter Fall SMG und gemäß §§ 12 dritter Fall StGB, 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 3 und Abs. 4 zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon zwölf Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Er wurde schuldig gesprochen, im Zeitraum April bis Ende Juli 2019 in Wien als Mitglied einer kriminellen Vereinigung vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Heroin, in einer die Grenzmenge vielfach übersteigenden Menge anderen Personen bei zahlreichen Übergaben durch Verkauf überlassen zu haben.

Er wurde außerdem schuldig gesprochen, einen Mittäter in das Suchtmittelgeschäft eingeschult, ihm ein Mobiltelefon sowie diverse Rufnummern von Abnehmern übergeben und ihm ein Appartement zum Wohnen und zur Aufbewahrung des Suchtgiftes überlassen zu haben.

Mildernd wurde das umfassende Geständnis und die teilweise Tatbegehung nur durch Tatbeitrag, erschwerend die einschlägige Vorstrafe in Serbien aus dem Jahr 2012, das jeweils vielfache Übersteigen der Grenzmenge und das Zusammentreffen zweier Verbrechen berücksichtigt.

Die Schuld des BF wurde im Hinblick auf die Vorverurteilung und die professionelle Tatbegehung als schwer angesehen.

3.5. Der BF verfügt abgesehen von seiner österreichischen Lebensgefährtin über keine familiären oder sonstigen nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht hervorgekommen.

4. Beweiswürdigung:

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.

Die Feststellungen zur Identität des BF ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA, in der Beschwerde sowie der dem BFA vorliegenden Kopie des Reisepasses, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht. Die Identität des BF steht fest.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des BF in Montenegro und Österreich stützen sich auf die Angaben des BF in der Beschwerde und im Strafverfahren sowie aus den vom BVwG eingeholten Registerabfragen (Strafregister, Zentrales Melderegister).

5. Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde richtet sich ausdrücklich nur gegen das Einreiseverbot laut Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides.

Zum Einreiseverbot:

5.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist; […]

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

Gemäß § 53 Abs. 5 FPG liegt eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung der Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 FPG gestützt und im Wesentlichen mit dem Umstand begründet, dass der BF auf Grund der von ihm begangenen Straftaten und seines bisherigen Fehlverhaltens eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Letztlich liege auch eine negative Gefährlichkeitsprognose vor.

In der Beschwerde ist der BF den Gründen, die zum Einreiseverbot geführt haben, dahingehend entgegengetreten, dass er eine Lebensgefährtin im Bundesgebiet habe, mit der er bis zu seiner Inhaftierung zusammengelebt habe. Er bereue seine Tat und wolle nach seiner Haftentlassung ein rechtschaffenes Leben führen. Der BF sei zudem nicht einvernommen worden und habe nicht ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, sich zu den Länderfeststellungen zu äußern.

Der BF ist den Länderfeststellungen des BFA, die ihm durch den angefochtenen Bescheid zugegangen sind, jedoch auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

5.2. Der BF ist als montenegrinischer Staatsangehöriger Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er wurde von einem inländischen Strafgericht wegen des Suchtgifthandels und der Vorbereitung des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon zwölf Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Diese Strafe ist noch nicht getilgt (§ 53 Abs. 5 FPG).

Die belangte Behörde hat das Einreiseverbot daher zu Recht auf § 53 Abs. 3 Z 1 FPG (Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten und einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten) gestützt und im Wesentlichen damit begründet, dass aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens davon auszugehen sei, dass der BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

Der BF wollte sich durch den Verkauf und die Vermittlung von Suchtmitteln eine (fortlaufende) Einnahmequelle verschaffen und nahm dafür die Schädigung der Gesundheit anderer Personen in Kauf.

Die wohl geplante und organisierte Vorgehensweise bei der Vorbereitung des Suchtgifthandels (Einschulung weiterer Personen, Aushändigung von Mobiltelefonen und Telefonnummern der Abnehmer, Zurverfügungstellung einer Wohnung) wiegt besonders schwer. Gerade die massive Gefährdung der Gesundheit von Menschen durch das Überlassen und den Verkauf von Drogen stellt nach Ansicht des erkennenden Gerichts jedenfalls eine hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Aufgrund der Drogenkriminalität in Verbindung mit dem Fehlen eines legalen, geregelten Einkommens ist eine beträchtliche Wiederholungsgefahr anzunehmen und kann eine Rückfälligkeit nicht ausgeschlossen werden, zumal der BF im Bundesgebiet auch nicht gemeldet ist.

Im Falle des BF ist darüber hinaus zudem zu berücksichtigen, dass er im besonders sensiblen Bereich der Suchtmittelkriminalität – und hier mit einer äußerst gefährlichen Droge wie Heroin – agiert hat.

Sein Aufenthalt stellt daher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, die ein Einreiseverbot erforderlich macht. Da der BF erst vor wenigen Monaten rechtskräftig verurteilt wurde, kann noch nicht von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit ausgegangen werden. Dazu bedarf es grundsätzlich eines längeren Zeitraums des Wohlverhaltens. Dazu kommt, dass sich der BF nach wie vor in Strafhaft befindet.

Das Gewicht des Fehlverhaltens des BF ist mit Rücksicht auf die, die begangenen Taten kennzeichnende Schuldform des Vorsatzes und die Menge des besessenen Suchtgiftes (Heroin) keinesfalls als gering zu betrachten.

Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, stellt jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar, ebenso wie die Verhinderung des unrechtmäßigen Aufenthalts von Fremden im Bundesgebiet.

Der VwGH hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (z.B. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249 mwN).

In seinem Erkenntnis vom 03.07.2018, Ra 2018/21/0099, hat der VwGH zudem erwogen, dass auch aus einem einmaligen Fehlverhalten – entsprechende Gravidität vorausgesetzt – eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden kann. Im Hinblick darauf seien die Verhängung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes auch gegen langjährig rechtmäßig in Österreich aufhältige Fremde gegebenenfalls nicht zu beanstanden.

Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (VwGH 22. 01.2015, Ra 2014/21/0009 und 22.03.2018, Ra 2017/22/0194).

Der Wohlverhaltenszeitraum des Fremden in Freiheit ist üblicherweise umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (VwGH 26.04.2018, Ra 218/21/0027).

Der BF hat angegeben, eine Lebensgefährtin in Österreich zu haben, mit der er vor seiner Inhaftierung zusammengelebt habe. Nähere Angaben machte der BF jedoch nicht dazu. Er könnte den Kontakt zu ihr zudem allenfalls über moderne Kommunikationsmittel und durch Besuche in Drittstaaten pflegen.

Stellt man hier das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in Österreich dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gegenüber, so kommt man zu dem Ergebnis, dass der straffällige BF eine derartige Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, dass sein privates Interesse an einem Verbleib in Österreich zurückstehen muss. Die Trennung von seiner angegebenen Lebensgefährtin in Österreich ist dadurch, dass dem hohen öffentlichen Interesse an der Verhängung eines Einreiseverbotes aufgrund der besonderen Straffälligkeit ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, gerechtfertigt.

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, am Schutz des gesundheitlichen Wohls der Menschen und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als gegeben angenommen werden.

Angesichts dessen sind letztlich auch Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat auftreten können, im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und insgesamt an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180).

„Was den räumlichen Geltungsbereich des Einreiseverbotes anbelangt, ist festzuhalten, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und Vereinigtes Königreich, sowie die assoziierten Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein an die Rückführungsrichtlinie gebunden sind (vgl. die Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/11/1097 vom 29.09.2011). Daraus folgt, dass sich der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FPG in der Fassung FrÄG 2011 festgelegten Anweisung schon aus den gesetzlichen in Verbindung mit den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt und somit die Staaten erfasst, für die die Rückführungsrichtlinie gilt. Dieses Gebiet ist nicht deckungsgleich mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ausgenommen sind das Vereinigte Königreich und Irland, und es kommen Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein dazu. In diesem Sinn ist der in § 53 Abs. 1 FPG in der Fassung FrÄG 2011 verwendete, offenbar aus der Rückführungsrichtlinie übernommene Begriff „Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten“ auszulegen. Es ist somit nicht erforderlich, im Spruch eines Bescheides, mit dem gemäß § 53 [...] ein Einreiseverbot erlassen wird, jene Staaten, für die das Verbot der Einreise und des Aufenthaltes ausgesprochen wird, noch einmal konkret zu nennen, sofern deutlich wird, dass es sich um ein Einreiseverbot handelt“ (VwGH 22.05.2013, 2013/18/0021). Für die Einschränkung des räumlichen Geltungsbereiches des Einreiseverbotes auf Österreich gibt es keine gesetzliche Grundlage (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037).

Da sich das angeordnete Einreiseverbot somit als rechtmäßig erwiesen hat, war die Beschwerde insoweit gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 FPG als unbegründet abzuweisen.

5.3. Im gegenständlichen Fall erweist sich auch die von der belangten Behörde festgesetzte Dauer des Einreiseverbots als angemessen:

Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG kann für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes sind das konkrete Fehlverhalten und der Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe, aber auch die familiären und privaten Umstände des Betroffenen maßgeblich zu berücksichtigen.

Das dargestellte Verhalten des BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung von strafbaren Handlungen massiv zuwidergelaufen.

In Anbetracht der Tatsache, dass der BF zu einer teilbedingten Haftstrafe von 18 Monaten verurteilt wurde und der Strafrahmen damit zu einem Drittel ausgeschöpft wurde, erscheint die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von sechs Jahren – sohin etwas mehr als die Hälfte des maximal möglichen (an dem Maßstab der maximal möglichen Gesamtdauer von zehn Jahren gemessen) als verhältnismäßig.

Das Verhalten des BF lag nicht etwa in einem einmaligen „Fehltritt“ und einer daranfolgenden Besserung seines Verhaltens. Die dargestellte Vorgangsweise des BF zeigt unmissverständlich, dass die Straftaten nicht aufgrund einer sich plötzlich bietenden Gelegenheit spontan, sondern in überlegter, wohl geplanter und tatsächlich umgesetzter Weise begangen wurden.

Eine Reduktion erscheint auch bei Berücksichtigung der familiären und privaten Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich – die der BF im Übrigen nicht näher ausgeführt hat – bzw. an der Möglichkeit von Besuchen in den vom Einreiseverbot betroffenen Ländern nicht angemessen. Die zeitweilige Unmöglichkeit, Verwandte und Freunde zu besuchen, als Konsequenz des Einreiseverbots ist im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Suchtgifthandel der vorliegenden qualifizierten Art in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054).

Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände des BF getroffenen Gefährlichkeitsprognose war die Dauer des Einreiseverbots daher mit sechs Jahren als angemessen zu betrachten.

Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

5.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389 (2010/C 83/02), entgegenstehen.

Dem BVwG liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem BF mündlich erörtert hätte werden müssen. Die Ausführungen in der Beschwerde sind daher nicht geeignet, erheblich erscheinende neue Tatsachen oder Beweise (vergleiche § 10 VwGVG) darzustellen und eine Verhandlungspflicht auszulösen.

Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entgegen dem Parteienantrag eine mündliche Verhandlung somit unterbleiben.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH zu den Voraussetzungen für die Erlassung und Bemessung eines Einreiseverbotes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen sowie eine Interessenabwägung maßgeblich für die zu treffende Entscheidung waren.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Gefährlichkeitsprognose Rechtsanschauung des VwGH strafrechtliche Verurteilung Suchtgifthandel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W191.2243468.1.00

Im RIS seit

05.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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