TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/4 W232 2235907-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.08.2021
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Entscheidungsdatum

04.08.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W232 2235907-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin, MMag. Simone BÖCKMANN-WINKLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA.: Serbien, vertreten durch RA Dr. Martin MAHRER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2020, Zl. 33005103-190258093, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.12.2020 zu Recht:

a)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1. Gegen den Beschwerdeführer, einen am XXXX in Österreich geborenen, aufgewachsenen und daueraufenthaltsberechtigten serbischen Staatsangehörigen, wurde nach einer strafrechtlichen Verurteilung vom 17.09.2018 wegen unerlaubtem Umgang mit Suchtgiften, vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet.

2. Am 07.11.2019 wurde der Beschwerdeführer, der sich zu diesem Zeitpunkt seit Mai 2019 im elektronisch überwachten Hausarrest befand (elektronische Fußfessel), vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, schon seit seiner Geburt in Österreich zu leben, geschieden und kinderlos zu sein. Er habe seit einem halben Jahr eine Verlobte, die mit ihm gemeinsam in seiner Eigentumswohnung lebe. Sein 72-jähriger Vater lebe abwechselnd bei dem Beschwerdeführer in der Wohnung und auch in Serbien, ansonsten habe er keine Familienangehörigen in Österreich. Seine Mutter sei verstorben. In Serbien habe er keine wesentlichen sozialen Kontakte. Zu seinem Onkel, der noch in Serbien lebe, habe er keinen Kontakt. Er fahre nicht regelmäßig nach Serbien; das letzte Mal sei er im Jahr 2018 dort gewesen. Bis zur Verhängung der Untersuchungshaft habe er als Versicherungskaufmann gearbeitet und so seinen Lebensunterhalt erwirtschaftet. Für seine Eigentumswohnung habe er einen Kredit aufgenommen, davon seien noch EUR 96.000,- offen.

3. Mit Stellungnahme vom 18.12.2019 teilte der Beschwerdeführer durch seinen gewillkürten Vertreter zusammengefasst mit, dass der Beschwerdeführer in Österreich geboren sei und seit seiner Geburt in Österreich lebe. Seine Kernfamilie sowie sein gesamter Freundeskreis lebe ausschließlich im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer habe zu Serbien nur einen geringen Bezug. Sein gesamter sozialer Bezug, seine schulische und berufliche Ausbildung sowie seine Erwerbstätigkeit bestehe ausschließlich in Österreich. Im Zusammenhang mit dem Strafurteil wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer sein Fehlverhalten bedauere und gelobe, hinkünftig keinerlei Übertretung der österreichischen Rechtsordnung zu begehen. Während der Verbüßung seiner Freiheitsstrafe habe er Möglichkeiten zur Resozialisierung angenommen und sei daher nicht mehr anzunehmen, dass er in seine früheren strafrechtlichen Verhaltensmuster zurückfalle. Im Hinblick auf das Überwiegen der privaten gegenüber den öffentlichen Interessen, sei von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung abzusehen.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 5 FPG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG 2005 nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG 2005 gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG 2005 wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21.09.2020 durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter in vollem Umfang Beschwerde und wies erneut darauf hin, dass er sein gesamtes Leben in Österreich verbracht habe, ausschließlich im Bundesland integriert sei und sein Fehlverhalten zutiefst bereue. Die Erlassung eines Einreiseverbotes bedeute für den Beschwerdeführer, dass er in ein Land übersiedeln müsse, welches ihm bloß als Urlaubsziel bekannt sei. Seine serbischen Sprachkenntnisse könne man im Vergleich zu seinen Deutschkenntnissen auf Muttersprachenniveau nur als dürftig bezeichnen. In Serbien habe er geringe bis keine Jobaussichten.

6. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.2020 wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuerkannt und Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.

7. Am 11.12.2020 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines Rechtvertreters sowie eines Vertreters des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl statt, anlässlich der der Beschwerdeführer einvernommen wurde. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass sich seine Lebensgefährtin von ihm getrennt habe und er nunmehr alleinstehend sei. Er lebe mit seinem Vater in XXXX , der aufgrund seines Alters im Alltag immer mehr Hilfe benötige und dauerhaft zum ihm gezogen sei. Ferner gab er an, dass er keine Schulden aus dem Wohnungskredit mehr habe, da er gerade im Prozess sei, seine Eigentumswohnung für eine kleinere Eigentumswohnung aufzugeben.

8. Am 22.02.2021 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Dokumente des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, aus dem Akt des Vaters des Beschwerdeführers, aus denen hervorgehe, dass es für den dauerhaften Aufenthalt des Vaters des Beschwerdeführers in Österreich keine Nachweise gebe. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stelle daher die behauptete Pflegebedürftigkeit des Vaters des Beschwerdeführers in Frage und gehe davon aus, dass dieser die meiste Zeit in Serbien verbracht habe.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen

Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsbürger, er ist ledig, kinderlos, gesund und erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX im Bundesgebiet geboren und hat seine Schulpflicht sowie Berufsausbildung in Österreich absolviert und hat sich Zeit seines Lebens im Bundesgebiet aufgehalten. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch auf Muttersprachenniveau, weiters spricht er Serbisch.

Der Vater des Beschwerdeführers lebt gemeinsam mit dem Beschwerdeführer in dessen Eigentumswohnung im Bundesgebiet. In Serbien befindet sich noch ein Haus, welches nach Angaben des Beschwerdeführers seit über dreißig Jahren im Familienbesitz ist und leer steht. Die Mutter des Beschwerdeführers ist verstorben. Der Onkel mütterlicherseits hält sich in Serbien auf, zu diesem hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt. Der Beschwerdeführer hat sich bisher nur zu Urlaubszwecken bzw. zum Besuch seines damals noch in Serbien lebenden Vaters in seinem Heimatland aufgehalten. Er verfügt über keine nennenswerten Bindungen zu seinem Heimatstaat; er hat dort keine Freunde oder Bekannte.

Der Beschwerdeführer war seit seiner Geburt rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und niedergelassen. Seit März 2015 verfügt er über den unbefristeten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG); gültig bis 05.03.2020.

Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in keiner Lebensgemeinschaft. Der Vater des Beschwerdeführers ist alleinstehend und lebt seit über einem Jahr mit dem Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer kümmert sich in Österreich um seinen Vater.

Der Beschwerdeführer verfügt in Bezug auf seine lebenslange Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet über eine übliche soziale und gesellschaftliche Integration. Er hat im Bundesgebiet seine Schulpflicht absolviert und eine Lehre als Einzelhandelskaufmann sowie eine Ausbildung als Versicherungskaufmann abgeschlossen. Derzeit ist der Beschwerdeführer nicht in Vereinen aktiv. Der Beschwerdeführer ging im Bundesgebiet bis zu seiner strafrechtlichen Verurteilung mit einigen Unterbrechungen einer geregelten Arbeit nach und erwirtschaftete selbstständig seinen Lebensunterhalt. Derzeit bezieht der Beschwerdeführer Notstandshilfe.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich einmal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX , GZ: XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG und wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster Satz, zweiter Fall SMG, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt. Am 16.11.2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Freiheitsstrafe bedingt, unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, entlassen.

Dem Urteil liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer aufgrund des Wunsches nach einem höheren Einkommen, vorschriftswidrig, namentlich bekannten Abnehmern, Suchtgift gewinnbringend überlassen hat. Der Beschwerdeführer konsumierte nur sehr unregelmäßig und höchstens einmal im Monat eine geringe Menge Kokain. Er war an kein Suchtmittel gewöhnt. Die Tatzeiträume lagen bei dieser Verurteilung zwischen Mai 2011 bis Mai 2018. Erschwerend wurde das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen, die mehrfachen Tatangriffe sowie die mehr als das 50-fache Überschreitung der Grenzmenge gewertet. Als mildernd wurde das Geständnis des Beschwerdeführers, sowie die Sicherstellung eines Teiles des Suchtgiftes, gewertet.

Der Beschwerdeführer zeigt sich hinsichtlich seiner Straftaten einsichtig und reumütig, sowie willig, zukünftig ein straffreies Leben zu führen. Der Beschwerdeführer ist nicht drogenabhängig.

2.       Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts sowie durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel bestehen sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11.12.2020. Weiters wurden Auszüge aus dem zentralen Fremdenregister (IZR), Strafregister, zentralen Melderegister und des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger hinsichtlich des Beschwerdeführers eingeholt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines im Original in Vorlage gebrachten (und sich in Kopie im Akt befindlichen) serbischen Reisepasses, fest (AS 56).

Die Feststellung zum Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem IZR-Auszug vom 13.03.2019 (AS 29).

Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers, seinen Lebensumständen im Bundesgebiet und dem Kontakt zum Heimatstaat sowie der sozialen und gesellschaftlichen Integration im Bundesgebiet basieren maßgeblich auf dem Akteninhalt in Zusammenschau mit den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dass der Beschwerdeführer mit seinem Vater in gemeinsamen Haushalt lebt, brachte dieser insoweit glaubhaft vor, als er ausführte, dass der Vater als er eine Lebensgefährtin in Serbien gehabt habe, zwischen Serbien und Österreich gependelt sei, nach der Beendigung der Beziehung jedoch dauerhaft in Österreich lebe (vgl. Verhandlungsschrift S. 7).

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen gründen auf dem vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck, sowie auf dessen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht. So gab er glaubhaft an, dass er serbisch zwar sprechen, jedoch nicht gut lesen kann, die kyrillische Schrift könne er gar nicht (vgl. Verhandlungsschrift S. 6).

Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich. Die Feststellungen bezüglich der seiner Verurteilung zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen sowie den Erwägungen des Strafgerichtes hinsichtlich der Strafbemessung ergeben sich aus den im Akt enthaltenen Urteilsausfertigungen (AS 3f). Der Beschwerdeführer hat sich hinsichtlich seiner Verurteilung in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft reumütig gezeigt (vgl. Verhandlungsniederschrift S. 7-8).

Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgebracht wurde und dem Strafurteil zu entnehmen ist, dass beim Beschwerdeführer keine Drogenabhängigkeit vorliegt.

3.       Rechtliche Beurteilung

Zu A) Zur Stattgabe der Beschwerde:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG 2005 gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG 2005 und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG 2005.

Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG 2005 lautet wie folgt:

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2.dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4.ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a.nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2.ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3.ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4.der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat die Rückkehrentscheidung dem Grunde nach zu Recht auf § 52 Abs. 5 FPG 2005 gestützt.

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.der Grad der Integration,

5.die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG 2005 lautet wie folgt:

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7.bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7.auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8.ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9.der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien vorzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die folgenden Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423): Erstens die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, zweitens das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, drittens die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, viertens der Grad der Integration, fünftens die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, sechstens die strafgerichtliche Unbescholtenheit, siebentens Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, achtens die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und schließlich neuntens die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Nr. 60654/00, Sisojeva ua gg. Lettland).

Einer Aufenthaltsdauer von mehr als zehn Jahren kommt für sich betrachtet eine sehr große Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zu. Dabei geht der Verwaltungsgerichtshof in gefestigter Judikatur davon aus, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist. Nur wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (bzw. die Nichterteilung eines humanitären Aufenthaltstitels) ausnahmsweise nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Allerdings ist auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend vom einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren (vgl. zum Ganzen grundlegend VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005, Rn. 11 bis 16, und darauf verweisend zuletzt, mwN, VwGH 22.8.2019, Ra 2018/21/0134, 0135, Rn. 20).

Bis zum Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetz 2018 (FrÄG 2018) mit BGBl. I Nr. 56/2018 verhinderte § 9 Abs. 4 Z 2 BFA-VG die Erlassung von Rückehrentscheidungen gegenüber Fremden, die in Österreich geboren und langjährig rechtmäßig aufhältig und niedergelassen waren. § 9 Abs. 4 BFA-VG wurde zwar durch das FrÄG 2018 mit Ablauf des 31. August 2018 aufgehoben, die darin enthaltenen Wertungen sind jedoch im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG weiter beachtlich (vgl. jüngst VwGH 15.02.2021, Ra 2020/21/0246, mwN).

§ 9 Abs. 4 BFA-VG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 56/2018 lautete wie folgt:

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

„Zur Aufhebung des § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 durch das FrÄG 2018 hielt der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien (RV 189 BlgNR 26. GP 27 f) ausdrücklich fest, dass sich § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 "lediglich als Konkretisierung bzw. Klarstellung dessen, was sich unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur ohnehin bereits aus Abs. 1 iVm Abs. 2 ergibt", erweist. Ungeachtet des Außerkrafttretens des § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 sind die Wertungen dieser ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestände im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 weiter beachtlich (vgl. VwGH 16.5.2019, Ra 2019/21/0121; VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152), ohne dass es aber einer ins Detail gehenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 bedarf (siehe VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152). Es ist also weiterhin darauf Bedacht zu nehmen, dass für die Fälle des bisherigen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 allgemein unterstellt wurde, dass die Interessenabwägung - trotz einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung - regelmäßig zu seinen Gunsten auszugehen hat und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in diesen Konstellationen grundsätzlich nicht erlassen werden darf. Durch die Aufhebung dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber erkennbar nur bei Begehung besonders verwerflicher Straftaten und einer daraus abzuleitenden spezifischen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen einen fallbezogenen Spielraum einräumen (vgl. RV 189 BlgNR 26. GP 27, wo von "gravierender Straffälligkeit" bzw. "schwerer Straffälligkeit" gesprochen wird). Dazu zählen jedenfalls die schon bisher in § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 normierten Ausnahmen bei Erfüllung der Einreiseverbotstatbestände nach § 53 Abs. 3 Z 6, 7 und 8 FrPolG 2005, aber auch andere Formen gravierender Straffälligkeit (siehe VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232, betreffend Vergewaltigung; VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0207, betreffend grenzüberschreitenden Kokainschmuggel).“ (VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0238).

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich geboren und hält sich sein gesamtes Leben durchgehend rechtmäßig und ausschließlich (mit Ausnahme von Urlauben) im Bundesgebiet auf. Eine Aufenthaltsbeendigung in Bezug auf den Beschwerdeführer erweist sich gegenständlich sohin nur dann als zulässig, wenn eine außergewöhnliche Gefährdung iSd. oben zitierten Judikatur vorliegt.

Im Hinblick auf die seitens des Beschwerdeführers verübten Straftaten ist insbesondere herauszustreichen, dass Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (VwGH, 10.09.2018, Ra 2018/19/0169; 23.02.2016, Ra 2015/01/0249). Auch aus einem einmaligen Fehlverhalten - entsprechende Gravidität vorausgesetzt - kann eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden. Im Hinblick darauf ist die Verhängung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes, auch gegen langjährig rechtmäßig in Österreich aufhältige Fremde, gegebenenfalls nicht zu beanstanden (vgl. VwGH 29.6.2017, Ra 2016/21/0338; VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0021). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass bei schweren Verbrechen im Zusammenhang mit Suchtmitteln weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehen (VwGH, 24.10.2019, Ra 2019/21/0207).

Auch der EGMR vertritt die Auffassung, dass „angesichts der verheerenden Auswirkungen der Suchtgiftkriminalität die Staaten berechtigt sind, insofern besonders rigoros vorzugehen“ (vgl. EGMR Salem v Denmark, 01.12.2016, 77036/11).

Der Beschwerdeführer weist zwar nur eine Verurteilung auf, jedoch handelt es sich dabei um eine Tatbegehung im Rahmen eines mehrjährigen Zeitraumes, was eine höhere kriminelle Energie verlangt als eine nur während einer kurzen Phase verübte Straftat.

Ebenso sind aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes strafgerichtliche Milderungs- und Erschwerungsgründe im Rahmen einer Entscheidung bezüglich der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0305). Als erschwerend wurden vom Strafgericht die mehrfache Tatbegehung, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und das mehrfache Überschreiten der Grenzmenge, mildernd dagegen die teilweise Sicherstellung des Sichtgiftes und das reumütige Geständnis berücksichtigt worden.

Trotz zu attestierender schwerwiegender Gefährdung öffentlicher Interessen erfüllt das Verhalten des Beschwerdeführers nicht die gegenständlich geforderten Voraussetzungen einer gegenwärtigen besonderen Schwere im Sinne der oben zitierten Judikatur. Weder hat der Beschwerdeführer ein Delikt iSd. § 53 Abs. 3 Z 6,7 und 8 FPG 2005 verwirklicht, noch kann in dem vom Beschwerdeführer gesetzten Verhalten ein, mit beispielsweise grenzüberschreitendem bandenmäßigen Suchtmittelhandel, vergleichbarer die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdender Sachverhalt erkannt werden.

Es gilt es zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in Österreich geboren wurde und aufgewachsen ist, keinen nennenswerten Bezug zu seinem Herkunftsstaat, in dem er noch nie gelebt hat, aufweist, seine Familie in Österreich – rechtmäßig – aufhältig ist und er auch mit seinem Vater im gemeinsamen Haushalt lebt. Ausdrücklich festzuhalten ist, dass es keineswegs das Ziel des Verwaltungsgerichts ist, die Straftaten des Beschwerdeführers zu relativieren, zu beschönigen oder zu verharmlosen. Es ist jedoch im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer seine Taten bedauert. Der Beschwerdeführer hat insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch glaubhaft Reue gezeigt. Zudem hat der Beschwerdeführer während der Verbüßung seiner Freiheitsstrafe Resozialisierungsmaßnahmen in Anspruch genommen und befand sich auch in der Zeit zwischen Mai 2019 bis Juli 2020 beinahe durchgehend als Arbeiter bzw. Angestellter in unterschiedlichen aufrechten Beschäftigungsverhältnissen. Vor seiner Verurteilung führte der Beschwerdeführer ein ordentliches, selbstständiges Leben im Bundesgebiet und war beinahe durchgängig in der Lage sich aus eigener Arbeitskraft selbst zu erhalten. Letztlich ist daher eine positive Zukunftsprognose möglich und ist nicht mehr davon auszugehen, dass eine große Gefahr für weitere Tatbegehungen durch den Beschwerdeführer besteht.

Somit ist festzuhalten, dass auch Sicht des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Straftaten des Beschwerdeführers in Ansehung seines Gesamtfehlverhaltens während seines Aufenthaltes in Österreich keine gravierende bzw. schwere Straffälligkeit iSd der gesetzgeberischen Erläuterungen zur Aufhebung des § 9 Abs. 4 BFA-VG durch das FrÄG 2018 vorliegt. Berücksichtigt man den gravierenden Eingriff durch die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot in das Privatleben des Beschwerdeführers, die nur gering vorhandenen Bindungen zu seinem Heimatstaat, erweist sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 5 FPG 2005 im gegenständlichen Fall als unzulässig. Die öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet vermögen bei dieser objektiven Betrachtung die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet letztlich nicht zu überwiegen.

In Ansehung der zu Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 4 bzw. Abs. 5 FPG 2005 ergangenen Judikatur des VwGH (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0224, VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067) war jedoch nicht die dauerhafte Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung iSd § 9 Abs. 3 1. Satz BFA-VG iVm der nach § 58 Abs. 2 AsylG 2005 notwendigen Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 auszusprechen; vielmehr ist diesen Fällen die Rückkehrentscheidung samt den darauf aufbauenden Spruchpunkten ersatzlos zu beheben. In Fallkonstellationen der Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 4 bzw. Abs. 5 FPG 2005 setzen die letztgenannten Bestimmungen bereits ex-lege das Vorhandensein eines Aufenthaltstitels oder zumindest eines Verlängerungsantrags auf erneute Erteilung eines solchen (§ 24 NAG) und des nachfolgenden Vorgehens der Niederlassungsbehörde nach § 25 NAG voraus.

Die Rückkehrentscheidung des angefochtenen Bescheides war daher ersatzlos zu beheben. Die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides stehen in untrennbarem Zusammenhang der behobenen Rückkehrentscheidung. Somit ist der gesamte angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Interessenabwägung und die Gefährdungsprognose bei der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sind unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen und daher im Allgemeinen nicht revisibel (siehe zuletzt VwGH 01.09.2020, Ra 2020/20/0239). Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Aufenthaltsdauer aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Behebung der Entscheidung Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung Interessenabwägung private Interessen Privatleben Rückkehrentscheidung behoben strafrechtliche Verurteilung Suchtgifthandel Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W232.2235907.1.00

Im RIS seit

05.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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