Entscheidungsdatum
04.08.2021Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W153 2231389-2/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2021, Zahl: 1256754009-211037225, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan, folgenden Beschluss gefasst:
A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 iVm § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Antragsteller stellte am 03.01.2020 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 24.04.2020, Zl.: 1256754009/200007776, gemäß § 3und § 8 AsylG 2005 abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Z 2 FPG erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Aserbaidschan zulässig ist und gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
Der Bescheid erwuchs nach Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 25.05.2021, L515 2231389-1/24E am 27.05.2021 in Rechtskraft.
Am 15.07.2021 stellte der Antragsteller erneut gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und diesbezüglich wurde am 16.07.2021 eine Erstbefragung durchgeführt.
Mit Verfahrensanordnung vom 23.07.2021 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die Behörde vom Vorliegen einer entschiedenen Sache gemäß § 68 AVG ausgehe, sowie den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.
Am 26. und 29.07.2021 wurde der BF vom BFA einvernommen und ihm Gelegenheit gegeben, sein Vorbringen darzulegen.
Mit gegenständlichem, gemäß §§ 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 iVm § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 sowie § 62 Abs. 2 AVG mündlich verkündeten Bescheid vom 29.07.2021 hob das BFA den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 auf.
Die Behörde kam zum zwingenden Schluss, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert sei.
Nach Rückübersetzung bestätigte der Antragsteller die schriftliche Ausfertigung des Einvernahmeprotokolls samt Beurkundung des mündlich verkündeten Bescheides.
Die Aktenvorlage des BFA erfolgte am 30.07.2021 bei der zuständigen Gerichtsabteilung W153 des Bundesverwaltungsgerichtes, worüber die belangte Behörde gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit Mitteilung in Kenntnis gesetzt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Antragsteller ist Staatsangehöriger Aserbaidschan und stellte jeweils am 03.01.2020 und am 15.07.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Die Entscheidung über den ersten Asylantrag sowie die gegen den Antragsteller erlassene Rückkehrentscheidung erwuchs nach Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht am 27.05.2021 in Rechtskraft.
Festgestellt wird, dass das gegenständliche Vorbringen des Antragstellers, bereits vor Rechtskraft des Vorverfahrens bestanden hat. Ein neuer objektiver asylrelevanter Sachverhalt liegt nicht vor. Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz wird daher mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
Im Übrigen wird festgestellt, dass auch eine entscheidungsrelevante Änderung der Situation in Aserbaidschan zwischenzeitlich nicht eingetreten ist, sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert hat.
Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht dargelegt.
Hinweise auf schwerwiegende gesundheitliche Probleme liegen nicht vor. Laut medizinischer Auskunft vom 26.07.2021 ist beim BF auch keine aktuelle Lungenentzündung diagnostiziert. Bereits im Zuge des Erstverfahrens wurde festgestellt, dass der BF an keinen Erkrankungen leidet, welche einer Überstellung nach Aserbaidschan im Wege stehen würden. Auch vom BF allenfalls benötigte Medikamente sind im Heimatstaat erhältlich.
Auch in Hinblick auf die derzeitige COVID-19-Pandemiesituation wird festgestellt, dass einerseits Aserbaidschan zum Entscheidungszeitpunkt nach den vorliegenden Infektions- und Sterblichkeitszahlen nicht zu den besonders stark von der Pandemie betroffenen Ländern gehört sowie andererseits der BF auch zu keiner besonders vulnerablen Risikogruppe gehört.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Antragstellers, zum Gang des ersten Asylverfahrens, des gegenständlichen Verfahrens sowie zur Situation in Aserbaidschan wurden auf Grundlage des in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.05.2021 unter Berücksichtigung der aktuellen Lageinformation zur Allgemeinsituation im Heimatstaat sowie der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA getroffen. Dass sich die Situation in Aserbaidschan nicht wesentlich geändert hat, ergibt sich aus dem gegenständlichen Bescheid des BFA.
Die Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Antragstellers im gegenständlichen Verfahren gründen sich auf die Erstbefragung durch Organe der Sicherheitspolizei am 16.07.2021 sowie den Einvernahmen durch Organe des BFA vom 26. und 29.07.2021.
Der Antragsteller hat sich im Zuge dieser durchgeführten Befragungen auf jene Fluchtgründe gestützt, die er bereits in seinem ersten Asylverfahren geltend gemacht hatte. Damals gab er im Wesentlichen an, dass er von der Polizei fünf Tage lang festgenommen worden sei, da er in der Öffentlichkeit schlecht über XXXX gesprochen und gesagt hätte, dass dieser ein Diktator sei. Vor dem BFA gab er dann hingegen aber an, dass er nie öffentlichkeitswirksam gegen XXXX aufgetreten wäre, sondern sich lediglich mit zwei Freunden über ihn unterhalten hätte. Er sei von der Polizei fünf Tage lang festgehalten worden und auch gefoltert worden. Nach seiner Entlassung habe er kurze Zeit später Aserbaidschan verlassen und sei für ein Jahr in Russland geblieben. Dann sei er direkt von Russland nach Österreich gereist.
Hinsichtlich seiner Festnahme erklärte der BF zuerst, dass er am 22.12.2017 mitgenommen worden sei und im Jänner 2018 Aserbaidschan verlassen habe. Auf konkreten Vorhalt hin, dass sich Lücken in den zeitlichen Angaben ergeben würden, änderte er sein diesbezügliches Vorbringen ab und gab an, dass seine Festnahme doch am 22.12.2018 gewesen sei und er erst im Jänner 2019 ausgereist sei.
Der BF machte im Laufe des Verfahrens immer wieder widersprüchliche Angaben über seine Fluchtgeschichte, insbesondere über seine Anhaltung bei der Polizei. So führte er später aus, dass er sich in seinem Herkunftsstaat negativ über den Präsidenten XXXX geäußert hätte. Dabei sei es zu drei Vorfällen mit der Polizei gekommen. Die ersten beiden Male sei er von der Polizei vorgeladen worden und man hätte ihn aufgefordert, sein Verhalten einzustellen. Erst beim dritten Vorfall hätte man ihm einen Sack über den Kopf gezogen und er wäre mit dem Auto irgendwohin gebracht worden. Dort sei er fünf Tage lang festgehalten und gefoltert worden. Anschließend sei er zur Polizeidienststelle gebracht worden und habe dort etwas unterschreiben müssen. Dann sei er wieder entlassen worden.
Aufgrund der Folterungen habe er fünfzehn Tage in einem Krankenhaus in XXXX verbringen müssen. Er sei mit kaltem Wasser bespritzt worden und habe wegen einer dadurch entstandenen Lungenkrankheit behandelt werden müssen. Er hätte auch andere gesundheitliche Beschwerden von Schlägen gehabt. Als Beweis für den Krankenhausaufenthalt wurde ein Anschreiben vorgelegt, in welchem ausgeführt ist, dass er von 28.12.2018 bis 11.01.2019 im Krankenhaus wegen einer Lungenentzündung behandelt worden sei. Dieses Krankenhaus befindet sich aber nicht so wie behauptet in XXXX , sondern in der ca. 270 Kilometer von XXXX entfernten Stadt XXXX .
Auch bezüglich der Ausreise aus Aserbaidschan machte der BF unglaubwürdige Angaben. So gab er an, dass er im Jänner 2019 Aserbaidschan verlassen und ein Jahr in Moskau verbracht habe. Dort hätte er sich ein Visum für Europa beschafft. Im Zuge der gegenständlichen Antragstellung (vgl. AS 103f) wurde jedoch festgestellt, dass dem BF im Dezember 2019 ein „Schengen-Visum“, ausgestellt von der ungarischen Vertretungsbehörde in Baku/Aserbaidschan, erteilt wurde. Zur Erteilung dieses Visum war es nötig, persönlich zum vereinbarten Interview-Termin bei der ausstellenden Vertretungsbehörde anwesend zu sein, um dort ua. die Fingerabdrücke abzugeben. Somit kann den Angaben des BF, dass er seit Jänner 2019 nicht mehr in Aserbaidschan gewesen wäre, nicht gefolgt werden.
Offensichtlich handelt es sich somit beim Vorbringen um ein gedankliches Konstrukt, welches der BF in Ermangelung eines tatsächlichen Abschiebehindernisses vorbrachte, um so der drohenden Abschiebung in seinen Herkunftsstaat entgegenzuwirken.
Im Lichte dieser Ausführungen ging das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 25.05.2021 im Rahmen einer Gesamtbetrachtung davon aus, dass sich das Vorbringen des BF, im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan einer aktuellen Gefahr ausgesetzt zu sein, als nicht glaubhaft erwies, und insbesondere im Lichte des chronologischen Herganges der Ereignisse nicht von einem fluchtartigen Verlassen des Herkunftsstaates, sondern von einer wohlvorbereiteten und geordneten Ausreise auszugehen sei.
Im gegenständlichen Verfahren gab der BF bei der Erstbefragung am 16.07.2021 an, dass die alten Fluchtgründe gelten würden. Man habe ihm aber nicht geglaubt. Wenn er jetzt abgeschoben werde, dann würde er bereits am Flughafen festgenommen und inhaftiert werden, dafür, dass er hier in Österreich um politisches Asyl angesucht habe. Es würde hier eine Person geben, die für den aserbaidschanischen Staat arbeitet. Sein Name sei „ XXXX “, seinen Nachnamen wisse er nicht genau, er glaube „ XXXX “ oder „ XXXX “. Dieser sei Mitglied bei der aserbaidschanischen Gesellschaft. Im Jänner 2020 sei er ins Camp in XXXX gekommen, die Leute hätten gesagt, dass „ XXXX “ einen beim Asylverfahren unterstützen würde. Später habe er die Information bekommen, dass dieser, wenn man negatives über Aserbaidschan sagt, dies an den aserbaidschanischen Staat weiterleiten würde. An wen genau, wisse er nicht. „ XXXX “ würde die neu angekommenen Aserbaidschaner in den Camps besuchen und sie über Informationen ausfragen, warum sie hier seien. Würde man sich dann beispielsweise negativ über den aserbaidschanischen Präsidenten äußern. Dann würde der Mann die Informationen sammeln. Bei der Einvernahme wurde jedoch protokolliert, dass der BF nicht angab, ob er etwas Negatives geäußert habe.
Befragt nach konkreten Hinweisen, ob ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe drohe, oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, gab der BF an, dass es für ihn persönlich keine konkreten Hinweise geben würde, aber es seien im Internet Hinweise, dass an der Macht eine Diebesbande stehen, damit meinte der BF die Regierung. Jeder würde wissen, dass in den Gus-Staaten Diktatoren an der Macht stehen.
Am 26. und 29.07.2021 wurde der BF dann vom BFA einvernommen und führte aus, dass er bei der Ersteinvernahme die Wahrheit gesagt habe. Er wolle nur den Namen jenes Herren korrigieren, mit dem er in Bergheim gesprochen hätte. Diesbezüglich legte er eine Visitenkarte eines Herrn XXXX , Leiter der Österreichischen Aserbaidschanischen Gesellschaft, vor. Diese Visitenkarte habe ihm diese Person vor ca. einem Jahr und 5 Monaten im Camp gegeben. Für die Behörde sei es nicht nachvollziehbar, warum der BF diese Karte nicht bereits im Zuge der Erstbefragung in Vorlage brachte, zumal er den Folgeantrag auf die Ausführungen betreffend diese Person stützte. Ebenso sei es nicht plausibel, warum er den Namen in der Erstbefragung nicht richtig nennen konnte.
Auf Nachfrage gab der BF weiters an, dass er diesen Mann einmal im Camp und einmal außerhalb des Camps getroffen habe. Mit diesem habe er sich über seine Situation unterhalten, was zuhause vorgefallen sei und warum er ausgerechnet hierher und nicht in ein anderes Land gereist sei. Auf die Frage, warum er dies nicht bereits im Erstverfahren vorgebracht habe, gab er an, dass er erst seit ca. einem Monat wisse, dass diese Person für den aserbaidschanischen Staat tätig sei. Diese Information habe er von einem Freund erhalten. Der BF weigerte sich jedoch die Daten des Freundes zu sagen. Er konnte auch nicht schlüssig darlegen, warum er mit der neuerlichen Antragsstellung bis zum 16.07.2021 zugewartet habe.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Beweiswürdigung der Behörde an, dass aufgrund der mangelnden Plausibilität und Nachvollziehbarkeit diesem Vorbringen keine Glaubwürdigkeit geschenkt werden könne. Die Angaben des BF sind reine Schutzbehauptungen, um seine Rückkehr nach Aserbaidschan zu verzögern. So gab der BF ausdrücklich zu Protokoll, dass er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich auf Gründe, welche er bereits in seinem Vorverfahren vorgebracht habe stütze und diese weiterhin aufrecht halte. Andere Gründe hätte er nicht.
Zum ergänzenden Vorbringen, dass ein Herr XXXX Informationen an die aserbaidschanischen Behörden weitergeben würde, ist festzuhalten, dass diese allgemein gehaltene Angabe nicht geeignet erscheint einen neuen Sachverhalt darzustellen. Es ist davon auszugehen, dass dies eine Schutzbehauptung darstellt, zumal sich der BF weigert den Namen jenes Freundes zu nennen, von dem er erfahren haben soll, dass diese Person die Behörden in Aserbaidschan informiere. Es ist auch davon auszugehen, dass der BF die Visitenkarte erst nach Asylantragstellung beschafft hat.
Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Erstverfahrens nicht geändert. Im Zuge des gegenständlichen Folgeantrages wurden keine neuen glaubhaften asylrelevanten Gründe vorgebracht bzw. es ergab sich kein neuer objektiver Sachverhalt. Da ein entscheidungsrelevanter neuer Sachverhalt nicht vorliegt, wird voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen.
Zur Feststellung des Gesundheitszustandes des BF wurde am 26.07.2021 Einsicht in seine Krankenakte genommen. Es konnten keine relevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen festgestellt werden.
Hinsichtlich eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens ist auszuführen, dass sämtliche Fakten bezüglich eines Privat- oder Familienlebens des Antragstellers in Österreich im bereits rechtskräftigen Verfahren als nicht ausreichend für eine anderslautende Entscheidung gewertet wurden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Der mit „Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen“ betitelte § 12a Abs. 2 AsylG 2005 lautet:
„(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.“
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 leg.cit. mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese Übermittlung gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
Der mit „Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes“ betitelte § 22 BFA-VG lautet:
„(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.“
Im gegenständlichen Fall sind die Voraussetzungen des § 12a AsylG gegeben. So liegt eine mit 27.05.2021 rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor und der Antragsteller hat sich im gegenständlichen Asylverfahren anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung bzw. Einvernahme vor dem BFA einerseits auf sein Vorbringen im vorangehenden Asylverfahren bezogen. Sein ergänzendes Vorbringen, dass er vor mehr als einem Jahr von einer Person, die Informationen an die aserbaidschanischen Behörden weitergeben soll, angesprochen und befragt worden sein soll, ist, wie oben dargelegt, vage und nicht nachvollziehbar.
Im Zuge der Grobprüfung ergibt sich daher aus dem Vorbringen zum Folgeantrag, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts und es ist davon auszugehen, dass der gegenständliche Folgeantrag des Antragstellers gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen sein wird.
Im ersten Asylverfahren haben das BFA sowie das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).
Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem BFA sind keine Risiken für den Asylwerber im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Vor dem Hintergrund der aktuellen Länderberichte kann nicht erkannt werden, dass in Aserbaidschan aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095 mwN); in Aserbaidschan ist eine Zivilperson aktuell nicht alleine aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt.
Es sind keine erheblichen in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie etwa eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden.
Eine Verletzung des schutzwürdigen Familien- und Privatlebens des Antragstellers im Sinne des Art. 8 EMRK liegt ebenfalls nicht vor, womit auch die Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 2005 erfüllt ist. In Bezug auf sein Privatleben ist festzuhalten, dass er sich erst seit Jänner 2020 in Österreich aufhält. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer Aufenthaltsdauer von weniger als 5 Jahren keine maßgebende Bedeutung für die Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK zu (vgl. etwa VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055). Weiters ist hervorzuheben, dass der Großteil des Aufenthalts lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen ist. Das Gewicht einer allenfalls erfolgten Integration im Bundesgebiet ist dadurch somit gemindert (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).
Der Antragsteller hat Parteiengehör erhalten, er wurde am 26.07. und 29.07.2021 im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Russisch einvernommen, und das BFA räumte ihm die Möglichkeit zu den Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat Stellung zu nehmen, zu denen er keine substantiierte Stellungnahme abgab. Das BFA hat das Ermittlungsverfahren somit ordnungsgemäß durchgeführt.
Da insgesamt die Voraussetzung des § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 62 Abs. 2 AVG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid des BFA vom 29.07.2021 rechtmäßig.
Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind vom Antragsteller nicht vorgebracht worden oder im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag non-refoulement Prüfung Pandemie RisikogruppeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W153.2231389.2.00Im RIS seit
05.10.2021Zuletzt aktualisiert am
05.10.2021