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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1986 §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. November 1996, Zl. Wa-181/96, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Inhalt der Beschwerde und des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Wiener Neustadt mit Urteil vom 6. Februar 1996, Zl. 4 U 480/95, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. b WaffG zu einer Geldstrafe von insgesamt S 44.500,-- rechtskräftig verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, er habe am 20. Juli 1995 in W
"I. E durch Versetzen von Schlägen, Schleifen mit Gewalt über eine Treppe bzw. über den Fußboden, gewaltsames Anlegen von Handschellen bzw. Hintreten, wodurch diese massive, ca. 2 cm breite Hämatomverfärbungen an der Unterlippenschleimhaut am Unterkiefer, frisch verkrustete Kratzspuren an der Unterlippe im Unterkieferbereich bis zur Unterlippe im Kieferwinkel, eine etwa 3 cm große Hämatomverfärbung, eine Verminderung der Öffnung des Mundes bis ca. 1 cm mit Schmerzhaftigkeit des Kaudruckes im Kiefergelenk, am Rücken, knapp unterhalb des Schulterblattes Hämatomverfärbungen und oberflächliche Hautabschürfungen wie Schleifspuren in einer Breite von 6 cm und eine Länge von etwa 15 cm bis in Richtung 10., 11. Rippe reichend, direkt über dem etwa 4. Brustwirbel, eine oberflächliche runde Hautabschürfung, etwa 2 cm im Durchmesser mit Hautabschürfungen nach kranial, über dem Kreuzbeinbereich deutliche Hämatomverfärbungen in einer Größe von 10 x 7 cm und mehrere oberflächliche kratzförmige Hautabschürfungen über der Achillessehne in einer Länge von rund 15 cm, oberflächliche Hautabschürfungen, Schwellungen und Kratzer über dem äußeren Knöchel, mehr kratzförmige Hautabschürfungen am rechten Handgelenk, deutliche Schwellungen im Umfang 16 cm gg links 14,5 cm, im Bereich des distalen Unterarmes, ringförmig, mehrere oberflächliche Hautabschürfungen und Blutergüsse, vor allem beugeseitig, von Handschellen stammend, sowie Schmerzen im Bereich der rechten Schulter und Kopf- und Nackenschmerzen, erlitt, diese am Körper verletzt.
II. eine verbotene Waffe, nämlich ein Springmesser, unbefugt besessen."
Die Behörden des Verwaltungsverfahrens gingen weiters davon aus, daß der Beschwerdeführer die am 20. Juli 1995 gegenüber E gesetzten Tathandlungen mit der Äußerung "Ich bringe dich auf der Stelle um" verbunden habe. Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid sei dies durch die Zeugenaussage E erwiesen, wenngleich die Staatsanwaltschaft die Anzeige hinsichtlich gefährlicher Drohung (aus nicht dargestellten Gründen) zurückgelegt habe.
Aufgrund dieses Sachverhaltes verbot die Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 4. September 1996 gemäß § 12 Abs. 1 WaffG 1986 den Besitz von Waffen und Munition.
Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Sie bestätigte gemäß § 66 Abs. 4 AVG den erstinstanzlichen Bescheid und führte dazu in rechtlicher Hinsicht aus, der festgestellte Sachverhalt stelle konkrete Umstände dar, die die Besorgnis erweckten, der Beschwerdeführer könnte von Waffen einen die Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigenden gesetz- oder zweckwidrigen (mißbräuchlichen) Gebrauch machen. Nach dem Schutzzweck des Waffengesetzes sei dabei ein strenger Maßstab anzulegen. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Ehe mit E sei inzwischen geschieden und die vermögensrechtliche Auseinandersetzung habe bereits stattgefunden, komme insofern keine Wesentlichkeit zu, als nicht ausgeschlossen werden könne, daß der Beschwerdeführer aufgrund der sich in seinem festgestellten Verhalten manifestierenden Persönlichkeitsmerkmale in anderen Konfliktsituationen Waffen mißbräuchlich verwenden könnte. Dem Beschwerdeführer sei lediglich einzuräumen, daß der Besitz des als verbotene Waffe zu qualifizierenden Springmessers allein das Waffenverbot noch nicht zu rechtfertigen vermocht hätte. Im gegebenen Zusammenhang könne aber auch dieses vorschriftswidrige Verhalten des Beschwerdeführers mitberücksichtigt werden.
In der vorliegenden Beschwerde gegen diesen Bescheid stellt der Beschwerdeführer den von den Behörden des Verwaltungsverfahrens angenommenen Sachverhalt nicht in Frage. Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften macht er geltend, die Behörden des Verwaltungsverfahrens hätten sich mit seinen Beweisanträgen in der Stellungnahme vom 13. August 1996 und mit seiner Berufung vom 20. September 1996 nicht befaßt. Er habe (gemeint offenbar: in diesen Schriftsätzen) auf sein "Wohlverhalten" sowie darauf verwiesen, daß es sich "um einen Ausnahmefall gehandelt" habe. Der Besitz der verbotenen Waffe gehe auf den Nachlaß seines Vaters zurück, und dem Beschwerdeführer sei nicht bewußt gewesen, daß es sich um eine verbotene Waffe handle. Es sei aber auch in der Affektsituation, die zur Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Körperverletzung geführt habe, zu keiner Verwendung einer Waffe gekommen. Dem Beschwerdeführer sei daher "gesetzmäßig nicht zuzutrauen", daß er mißbräuchlich eine Waffe verwenden werde. Seine Verläßlichkeit sei nicht geprüft worden, aber gegeben. Die diesbezügliche Wertung habe seine gesamte Geisteshaltung und Sinnesart ins Auge zu fassen. Mit seinem Verhalten habe der Beschwerdeführer weder einen Tatbestand nach § 6 Abs. 2 WaffG 1986 noch eine der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 WaffG 1986 (gemeint: einen der daraus ableitbaren Gründe, eine Person nicht als verläßlich anzusehen) verwirklicht. Er habe beantragt, eine amtsärztliche Untersuchung seiner Persönlichkeit vorzunehmen, ihn einzuvernehmen und seine persönlichen Verhältnisse und berufliche Tätigkeit zu überprüfen. Diese Beweisanträge seien nicht beachtet worden.
Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides führt der Beschwerdeführer aus, die Ausnahme der Inhaber gültiger Jagdkarten vom Verbot des Besitzes von Springmessern und Fallmessern (§ 11 Abs. 2, zweiter Satz, WaffG 1986) verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es bestehe keine sachliche Notwendigkeit, Besitzern von Jagdkarten den Besitz einer verbotenen Waffe, nämlich eines Springmessers, gesetzmäßig zu genehmigen. Der bloße Besitz einer verbotenen Waffe, noch dazu bei dem "gegenständlichen fahrlässigen Bagatellverstoß", reiche auch sicherlich nicht aus, ein Waffenverbot auszusprechen. Die "antiquierte Bestimmung" des Verbotes von Springmessern sei zwar im Waffengesetz "vorhanden", doch habe sich der Beschwerdeführer "auch dahingehend verantwortet", daß er "fahrlässig keine Kenntnis von der Gesetzwidrigkeit gehabt habe". Im "europäischen Raum" werde diese (gemeint offenbar: in Österreich) noch immer vorhandene Verbotsbestimmung "nicht mehr beachtet". Hinsichtlich seiner Fahrlässigkeit verweise er darauf, daß die Polizei, die Kenntnis von verbotenen Waffen haben müßte, bei ihm auch vier Wurfsterne mit geschliffener Klinge sichergestellt habe, bei denen es sich aber nicht um verbotene Waffen gehandelt habe.
Zu der im Strafurteil festgestellten Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit seiner Gattin sei es "natürlich" gekommen. Die Auseinandersetzung gehe auf die Provokation des Beschwerdeführers durch seine nunmehr schon längere Zeit von ihm geschiedene Gattin zurück. Der Beschwerdeführer habe keineswegs durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährdet. Die Verwaltungsbehörden hätten seine Persönlichkeit gänzlich außer acht gelassen. Der Beschwerdeführer sei nicht befragt und nicht untersucht und seine persönlichen Verhältnisse seien nicht überprüft worden.
In diesem Zusammenhang führt der Beschwerdeführer noch aus:
"Deutlicher kann meine Verläßlichkeit nicht dokumentiert werden, als durch die Tatsache, daß ich trotz schwerwiegender Differenzen mit meiner Frau und leider auch der von mir vorgenommenen Mißhandlungen in keinem Fall von einer Waffe Gebrauch gemacht habe. Ich habe weder von den zulässig in meinem Besitz befindlichen Pistolen oder Gewehren Gebrauch gemacht und natürlich auch nicht vom gegenständlichen Springmesser."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 12 Abs. 1 WaffG 1986 (idF BGBl. Nr. 520/1994) hat die Behörde einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Person durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Der Beschwerdeführer legt nicht dar, welche konkreten, der Erlassung eines Waffenverbotes im Sinne dieser Bestimmung entgegenstehenden Umstände sich aus einer amtsärztlichen Untersuchung seiner Persönlichkeit, aus seiner Einvernahme oder aus einer Überprüfung seiner persönlichen Verhältnisse und seiner beruflichen Tätigkeit ergeben hätten. Die Verfahrensrüge scheitert insoweit schon an den nicht ausreichenden Ausführungen zur Relevanz der behaupteten Verfahrensfehler. Verfahrensmängel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG können nämlich nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich sind, wobei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels von der Beschwerde darzutun ist (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 591 und S. 616, wiedergegebene Rechtsprechung).
Der Behauptung des Beschwerdeführers, seine "Verläßlichkeit" sei nicht geprüft worden und er sei nach § 6 Abs. 1 und 2 WaffG 1986 "verläßlich", ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Prüfung der Verläßlichkeit einer Person im Sinne des § 6 WaffG 1986 nicht Gegenstand des Verfahrens zur Erlassung eines Waffenverbotes nach § 12 dieses Gesetzes zu sein hat. Sollte gemeint sein, die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 WaffG 1986 könnten beim Beschwerdeführer nicht erfüllt sein, weil er SOGAR im Sinne des § 6 WaffG 1986 (im besonderen des Abs. 1 Z. 1 dieser Bestimmung) "verläßlich" sei, so wäre darauf im Rahmen der Behandlung der Verfahrensrüge schon deshalb nicht näher einzugehen, weil es sich bei der zuletzt genannten Behauptung um eine reine Rechtsbehauptung handelt und der Beschwerdeführer damit nichts anderes darzutun vermag, als daß sein festgestelltes Verhalten nach dem der Beschwerde zugrunde gelegten Rechtsstandpunkt auch für die Verneinung der Verläßlichkeit im Sinne des § 6 WaffG 1986 nicht ausreichen würde. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften zeigt der Beschwerdeführer damit nicht auf.
Wenn der Beschwerdeführer im Rahmen der Verfahrensrüge noch geltend macht, er habe auf sein (gemeint offenbar: sonstiges) Wohlverhalten sowie darauf verwiesen, daß es sich "um einen Ausnahmefall gehandelt" habe, die verbotene Waffe stamme aus dem Nachlaß seines Vaters und er habe in der Auseinandersetzung mit E keine Waffe benützt, weshalb ihm "gesetzmäßig nicht zuzutrauen" sei, daß er mißbräuchlich eine Waffe verwenden werde, so vermag auch dies die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen. Mit den dargestellten Ausführungen bezieht sich der Beschwerdeführer nämlich auf Aspekte des Sachverhaltes, die in rechtlicher Hinsicht nicht von ausschlaggebender Bedeutung sind. Ein untadeliges Vorleben und der Umstand, daß nicht tatsächlich schon eine mißbräuchliche Verwendung von Waffen erfolgt ist, stehen der Erlassung eines Waffenverbotes nicht entgegen (vgl. dazu die bei Hauer-Keplinger, WaffG 1986, S. 41, angeführte Rechtsprechung). Daß es sich um "einen Ausnahmefall" gehandelt habe, die verbotene Waffe aus dem Nachlaß des Vaters des Beschwerdeführers gestammt habe und ihm das Verbot, wie er behauptet, "nicht bewußt" gewesen sei, ist für die Subsumtion des Sachverhaltes unter § 12 Abs. 1 WaffG 1986 ebenfalls nicht entscheidend.
Dies ergibt sich in bezug auf die nicht näher spezifizierte Behauptung eines "Ausnahmefalls" - soweit damit (auch) die Körperverletzung gemeint sein sollte - schon daraus, daß auch die Befürchtung, der Beschwerdeführer könnte im Falle einer weiteren, möglicherweise andersartigen "Ausnahmesituation" durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden, die Erlassung eines Waffenverbotes nach § 12 Abs. 1 WaffG 1986 rechtfertigt. Der Befürchtung, es könnte auch ohne Vorliegen einer Ausnahmesituation zum Mißbrauch einer Waffe kommen, bedarf es nicht.
Auf die sowohl im Rahmen der Verfahrensrüge als auch zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorgetragenen, zum Teil auch aus anderen Gründen nicht beachtlichen Ausführungen über die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des unbefugten Besitzes eines Springmessers braucht schon deshalb nicht näher eingegangen zu werden, weil die belangte Behörde diesem Sachverhaltselement eine völlig untergeordnete Bedeutung beigemessen und die Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 WaffG 1986 schon aus dem Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber E abgeleitet hat. Die diesbezüglichen, dem wiedergegebenen Urteilsspruch entnehmbaren und vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Tathandlungen stellen trotz des Umstandes, daß keine schwereren als die im Urteilsspruch beschriebenen Verletzungen entstanden, einen Gewaltexzeß dar, der die von der belangten Behörde daraus gezogenen Schlüsse in jeder Hinsicht zu rechtfertigen vermag. Wenn der Beschwerdeführer dem nur entgegenhält, seine inzwischen von ihm geschiedene Gattin habe ihn provoziert und er habe seine "Verläßlichkeit" dadurch dokumentiert, daß er im Zuge der beschriebenen Tathandlungen weder von den zulässigerweise in seinem Besitz befindlichen Waffen noch von der verbotenen Waffe Gebrauch gemacht habe, so kann dem im Hinblick auf die besondere Brutalität des festgestellten Verhaltens und die vom Beschwerdeführer dadurch geoffenbarte Gewaltbereitschaft im Rahmen der nach § 12 Abs. 1 WaffG 1986 zu treffenden Gefahrenprognose keine Bedeutung zuerkannt werden.
Schon der Inhalt der Beschwerde läßt somit erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGG war die Beschwerde daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997200019.X00Im RIS seit
25.04.2001Zuletzt aktualisiert am
16.12.2011