Entscheidungsdatum
09.04.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
G306 2234135-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA.: Rumänien, gerichtlich vertreten durch Erwachsenenvertreter XXXX , rechtlich vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.05.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben des Amtes der XXXX Landeregierung, Magistratsabteilung 35 (im Folgenden: MA35) wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) am 21.11.2016 einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung eingebracht habe, jedoch die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Aufenthalts iSd. § 51 NAG nicht erfülle. Unter einem wurde iSd. § 55 Abs. 3 NAG die Überprüfung einer möglichen Aufenthaltsbeendigung iSd. § 55 Abs. 3 NAG angeregt.
2. Am 07.03.2017 und 03.12.2019 fand jeweils eine niederschriftliche Einvernahme der BF vor dem BFA im Beisein ihres Sachwalters statt.
3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter der BF zugestellt am 07.05.2020, wurde die BF gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm. § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und der BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.).
4. Mit per Telefax am 27.05.2020 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob die BF durch ihre damalige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV), Verein Menschenrechte Österreich, Beschwerde gegen den oben im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurde die Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
5. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem BVwG vorgelegt, und langten am 16.11.2020 ein.
6. Am 02.02.2021 fand in der Grazer Außenstelle eine mündliche Verhandlung statt, an jener die BF und deren Rechtsvertretung teilnahmen sowie die Tochter der BF, XXXX , als Zeugin einvernommen wurde.
Der Erwachsenenvertreter der BF wurde korrekt geladen, erschien jedoch unentschuldigt nicht zur Verhandlung, sodass eine Befragung der BF entfiel. Der BF wurde eine Frist von 3 Wochen gesetzt um eine ergänzende Stellungnahme und Beweismittel in Vorlage zu bringen.
Die belangte Behörde wiederum verzichtete auf eine Teilnahme.
7. Trotz Fristerstreckung langte bis dato keine Stellungnahme der BF beim BVwG ein.
8. Mit Schriftsatz vom 22.03.2021 gab die BF durch ihre RV eine ergänzende Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum), und ist Staatsangehörige der Republik Rumänien sowie geschieden.
Mit Beschluss des BG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2020, wurde XXXX , als gerichtlicher Erwachsenenvertreter für die BF im Umfang, Einkommens- und Vermögensverwaltung sowie Vertretung vor Behörden, Gerichten, Sozialversicherungsträgern und gegenüber privaten Vertragspartnern, bestellt.
Die BF befindet sich seit 12.12.2014 durchgehend gemeldet im Bundesgebiet. Seit 31.03.2016 wohnt sie mit ihrer Tochter, XXXX , geb. XXXX , StA: Rumänien, im gemeinsamen Haushalt in Österreich. Aktuell lebt auch der Sohn der BF, XXXX , geb. XXXX , StA.: Rumänien, welcher weder im Besitz einer Anmeldebescheinigung ist, noch einer Erwerbstätigkeit nachgeht, seit 15.11.2019 mit der BF und deren Tochter im gemeinsamen Haushalt. Der Sohn der BF bezog von XXXX .2020 bis XXXX .2020 und von XXXX .2021 bis XXXX .2021 Sozialhilfeleistungen in Form der Mindestsicherung und konnte nicht festgestellt werden, dass er an Schizophrenie leidet.
Der Tochter der BF wurde am 12.12.2017 eine Anmeldescheinigung „Arbeitnehmerin“ ausgestellt.
Die BF war von 23.03.2015 bis 04.04.2015 als Angestellte und von 30.10.2015 bis 29.02.2016 als geringfügige Arbeiterin im Bundesgebiet beschäftig. Seit 27.02.2017 geht die BF beinahe durchgehend geringfügigen Beschäftigungen im Ausmaß von 10 Stunden im Monat, entlohnt durch Dienstleistungsscheck in Österreich für einen Stundenlohn von EUR 11,- nach. Von XXXX .2016 bis XXXX .2016 bezog die BF Sozialhilfeleistungen in Form der Mindestsicherung.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF über Vermögen und/oder Ersparnisse verfügt. Ein ernsthaftes Bemühen der BF eine Vollzeitbeschäftigung zu erhalten bzw. dass sie eine solche in Aussicht hat, konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.
Die Tochter der BF geht einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in Österreich im Ausmaß von 12 ½ Wochenstunden nach und bringt monatlich brutto ca. 450,- bis 500,- EUR ins Verdienen. Ein weiterer, in England lebender Sohn der BF überweist der BF und ihrer Tochter monatlich EUR 400,- an finanzieller Unterstützung und hat die BF für die mit ihrer Tochter und ihrem Sohn gemeinsam bewohnten Wohnung monatlich EUR 650,- an Miete und EUR 120,- an Betriebskosten aufzubringen.
Die BF leidet an einer schizoaffektiven Störung, derentwegen sie medikamentös behandelt wird, und wurde ihr im Jahr 2016 eine über 6 Monate andauernde jedoch vorübergehende arbeitsunfähig attestiert. Die BF ist selbstversichert und weist eine Behinderung von 50 % auf. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF einer Betreuung und/oder Pflege bedarf.
Die BF hat bereits sowohl einen Antrag auf Mindestsicherung als auch auf Gewährung der Invaliditätspension in Österreich erfolglos gestellt.
Der BF wurde am 07.04.2015 eine Anmeldebescheinigung ausgestellt. Einem neuerlichen Antrag der BF auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung vom 21.11.2016 wurde bis dato durch die zuständige NAG-Behörde bis dato jedoch nicht entsprochen.
Im Herkunftsstaat halten sich ein weiterer erwachsener Sohn der BF sowie der Vater der BF auf, und lebte die BF vor deren Aufenthaltsnahme im Bundesgebiet in ihrem Elternhaus in Rumänien.
Die BF hat keine Deutschsprachkurse besucht und ist kein Mitglied in einem Verein in Österreich. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF über Deutschsprachkenntnisse einer bestimmten Niveaustufe verfügt.
In strafgerichtlicher Hinsicht erweist sich die BF als unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und abgehaltenen mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2.1. Insofern oben Feststellungen zur Identität (Name und Staatsbürgerschaft), zum Aufenthalt in Österreich sowie zu den abgewiesenen Anträgen auf Invaliditätspension und Mindestsicherung der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurden.
Die Behinderung der BF beruht auf einer in Vorlage gebrachten Kopie des Behindertenpasses der BF (siehe AS 81) und ergibt sich die vorübergehende Erwerbsunfähigkeit der BF aus einem chefärztliches Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt vom 13.02.2017 (siehe Aktenteil 2 AS 35)
Die Bestellung eines Erwachsenenvertreters samt den oben genannten Vertretungsbefugnissen beruht auf einer Ausfertigung des oben zitierten Beschlusses des BG XXXX (siehe AS 145) und ergeben sich die Wohnsitzmeldungen der BF aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. Durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister konnten zudem die Wohnsitznahmen der Tochter und des Sohnes der BF im gemeinsamen Haushalt ermittelt werden.
Durch Einsichtnahmen in das Zentrale Fremdenregister konnten zudem die Nichterteilung bzw. der Nichtbesitz einer Anmeldebescheinigung hinsichtlich der BF und deren Sohn, sowie der Besitz einer solchen Bescheinigung durch die Tochter der BF ermittelt werden.
Den jeweiligen Sozialversicherungsauszügen können ferner die Erwerbstätigkeiten, die Bezüge von Mindestsicherung und Arbeitslosengeld der BF, deren Tochter und deren Sohnes entnommen werden. Den konkreten Angaben der Tochter der BF in der mündlichen Verhandlung folgen zudem die Höhe der monatlichen Miete. Ferner gab die Tochter in der mündlichen Verhandlung an, gemeinsam mit der BF, für ihren eigenen Unterhalt und jenen ihres Bruders aufzukommen. Angesichts des geringen monatlichen Einkommens der BF ist jedoch davon auszugehen, dass die Tochter der BF gegenwärtig neben ihrem eigenen Unterhalt auch für jenen der BF und ihres Bruders aufzukommen hat.
Die monatlichen Betriebskosten ergeben sich aus einer Stellungnahme der BF vom 22.03.2021, wobei die dabei vorgebrachten Betriebskosten durchaus nachvollziehbar sind und sich durchaus realistisch erweisen.
Der oben festgestellte Stundenlohn der BF sowie das monatliche Arbeitspensum beruhen auf deren Angaben vor der belangten Behörde (siehe Niederschrift vom 03.12.2019) sowie einem Sozialversicherungsauszug, dem unter anderem die monatlich Einkommenshöhe der BF der letzten Jahre entnommen werden kann. Zudem hat die BF Bankauszüge in Vorlage gebracht, jenen ihr monatliches Einkommen sowie die Kosten für ihre Selbstversicherung entnommen werden könne. Die Einkommenshöhe der Tochter der BF beruht auf den Angaben derselben in der mündlichen Verhandlung, wonach sie 12 ½ Stunden die Woche arbeite und von einem weiteren Bruder EUR 400,- monatlich überwiesen bekomme, sodass sie insgesamt ein monatliches Einkommen von EUR 917,- lukrieren würde. Zudem wurde eine Kopie des Arbeitsvertrages der Tochter der BF in Vorlage gebracht, aus dem sich entnehmen lässt, dass diese für 12 ½ Wochenstunden mit Brutto EUR 450,- entlohnt werde, was sich wiederum mit den Angaben im Versicherungsauszug deckt.
Die gesundheitlichen Leiden der BF samt der medikamentösen Behandlung konnten durch Vorlage eines Behindertenpasses (siehe AS 81) sowie eines Gutachtens der Pensionsversicherungsanstalt (siehe AS Aktenteil 2 AS 35) belegt werden. Ferner thematisierte die BF ihre Krankheit und Behandlung zudem auch vor dem BFA und brachte einen diesbezüglichen Arztbrief in Vorlage (siehe AS 89).
Die familiären Bezugspunkte im Herkunftsstaat beruhen auf den Angaben der Tochter der BF in der mündlichen Verhandlung und ergibt sich die Unterhaltsnahme der BF bis zu deren Aufenthaltsnahme in Österreich im Haus ihrer Eltern auf den Angaben der BF vor dem BFA.
In Ermangelung des Behauptens einen Deutschkurs besucht oder eine Deutschprüfung absolviert zu haben, und/oder einen Verein beigetreten zu sein, waren obige diesbezügliche Feststellungen zu treffen.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF beruht auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich und ergibt sich der Familienstand der BF aus einer in Vorlage gebrachten Ablichtung eines Scheidungsurteils des Amtsgerichtes XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2012 (siehe Aktenteil 2 AS 5).
Mangels Nachweises einer Erkrankung des Sohnes der BF konnte das Bestehen einer solchen, insbesondere einer Schizophrenie, nicht festgestellt werden.
Das nicht festgestellt werden konnte, dass sich die BF um eine Einstellung ernsthaft bemüht, bzw. eine Einstellung in Aussicht hat, beruht auf dem Umstand, dass die BF trotz ihr eingeräumter – einmalig verlängerter – Stellungnahmefrist bis dato keine diesbezüglichen Nachweise erbracht hat. Vielmehr gab die BF in ihrem ergänzenden Schreiben vom 22.03.2021 bekannt, dass eine Einstellung der BF auf Vollzeitbasis nicht gelungen sei.
2.2.2. Insofern die BF in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 22.03.2021 vorbringt, dass das ihre Tochter monatlich EUR 917,- allein durch ihre Erwerbstätigkeit als Raumpflegerin bei 12 ½ Wochenstunden ins Verdienen bringe, so ist zu entgegnen, dass dies nicht nachvollzogen werden kann. Zum einen kann – wie oben ausgeführt – dem in Vorlage gebrachten Dienstvertrag der Tochter der BF entnommen werden, dass diese für ihre Tätigkeit mit EUR 450,- entlohnt werde. Dieser Betrag kann auch einem Sozialversicherungsauszug entnommen werden. Verifizierbare Nachweise, die die nunmehrigen Angaben der BF stützen könnten wurden jedoch nicht vorgelegt.
Ferner hat die BF vor der belangten Behörde selbst vorgebracht 10 Stunden in der Woche für einen Stundenlohn von EUR 11,- zu arbeiten, was sich auch mit einem Sozialversicherungsauszug und den von der BF vorgelegten Kontoauszügen deckt. Ein wiederholt behauptetes regelmäßiges Einkommen von EUR 200,- im Monat konnte von der BF bis dato nicht belegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:
3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Die BF als Staatsangehörige von Rumänien ist sohin EWR-Bürgerin iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
3.1.2. Der mit „Ausweisung“ betitelte § 66 FPG lautet:
„§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“
Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:
„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“
Der mit „Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern“ betitelte § 52 NAG lautet:
„§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. Ehegatte oder eingetragener Partner sind;
2. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
3. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
4. Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder
5. sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,
a) die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,
b) die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder
c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.
(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.“
Der mit „Anmeldebescheinigung“ betitelte § 53 NAG lautet:
„§ 53. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:
1. nach § 51 Abs. 1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;
2. nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;
3. nach § 51 Abs. 1 Z 3: Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstige Nachweise über ausreichende Existenzmittel;
4. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
5. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung;
6. nach § 52 Abs. 1 Z 4: ein Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger;
7. nach § 52 Abs. 1 Z 5: ein urkundlicher Nachweis einer zuständigen Behörde des Herkunftsstaates der Unterhaltsleistung des EWR-Bürgers oder des Lebens in häuslicher Gemeinschaft oder der Nachweis der schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe, die die persönliche Pflege durch den EWR-Bürger zwingend erforderlich machen.“
Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:
„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie
1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;
2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder
3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;
Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.
(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.
(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn
1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“
Der mit „Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate“ betitelte § 55 NAG lautet:
„§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.
(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ quotenfrei zu erteilen.
(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.“
Artikel 7 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie), lautet:
"Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate
(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er
a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder
b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder
c) — bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und
— über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder
d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstabens a), b) oder c) erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.
(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a), b) oder c) erfüllt.
(3) Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe a) bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft dem Unionsbürger, der seine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbstständiger nicht mehr ausübt, in folgenden Fällen erhalten:
a) Er ist wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig;
b) er stellt sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung;
c) er stellt sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrags oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung; in diesem Fall bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten aufrechterhalten;
d) er beginnt eine Berufsausbildung; die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft setzt voraus, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(4) Abweichend von Absatz 1 Buchstabe d) und Absatz 2 haben nur der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b) und Kinder, denen Unterhalt gewährt wird, das Recht auf Aufenthalt als Familienangehörige eines Unionsbürgers, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe c) erfüllt. Artikel 3 Absatz 2 findet Anwendung auf die Verwandten in gerader aufsteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners, denen Unterhalt gewährt wird.“
Der mit „Berechtigte“ betitelte Art 3 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie), lautet:
„(1) Diese Richtlinie gilt für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen im Sinne von Artikel 2 Nummer 2, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.
(2) Unbeschadet eines etwaigen persönlichen Rechts auf Freizügigkeit und Aufenthalt der Betroffenen erleichtert der Aufnahmemitgliedstaat nach Maßgabe seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Einreise und den Aufenthalt der folgenden Personen:
a) jedes nicht unter die Definition in Artikel 2 Nummer 2 fallenden Familienangehörigen ungeachtet seiner Staatsangehörigkeit, dem der primär aufenthaltsberechtigte Unionsbürger im Herkunftsland Unterhalt gewährt oder der mit ihm im Herkunftsland in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, oder wenn schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege des Familienangehörigen durch den Unionsbürger zwingend erforderlich machen;
b) des Lebenspartners, mit dem der Unionsbürger eine ordnungsgemäß bescheinigte dauerhafte Beziehung eingegangen ist.
Der Aufnahmemitgliedstaat führt eine eingehende Untersuchung der persönlichen Umstände durch und begründet eine etwaige Verweigerung der Einreise oder des Aufenthalts dieser Personen.“
Der mit „Voraussetzung für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet“ betitelte § 31 FPG lautet:
„§ 31. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;
5. bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet;
6. wenn sie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines anderen Mitgliedstaates sind, der das SDÜ nicht vollständig anwendet, und § 18 Abs. 13 AuslBG erfüllen, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 180 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 90 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;
7. wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Forscher“ eines anderen Mitgliedstaates sind und eine Tätigkeit für eine Forschungseinrichtung ausüben, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. h AuslBG vom sachlichen Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, oder als deren Familienangehörige Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates sind, solange jeweils ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 360 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 180 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;
8. wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Student“ eines anderen Mitgliedstaates sind und an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen oder für sie eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen besteht, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht insgesamt die Dauer von 360 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind, oder
9. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
(1a) Liegt kein Fall des Abs. 1 vor, halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; dies insbesondere, wenn sie
1. auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs. 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten,
2. auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 45b Abs. 1) oder auf Grund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 47 ARHG oder § 35 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, eingereist sind,
3. geduldet sind (§ 46a) oder
4. eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 erhalten haben.
(Anm.: Abs. 2 und 3 aufgehoben durch Art. 2 Z 48, BGBl. I Nr. 145/2017)
(4) Kinder, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, halten sich während der ersten sechs Lebensmonate rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sofern die Mutter oder ein anderer Fremder, dem Pflege und Erziehung des Kindes zukommt, rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen ist; dies gilt, solange der Betreffende rechtmäßig niedergelassen bleibt, bei Ableitung vom Vater überdies nur, wenn diesem das Recht zur Pflege und Erziehung allein zukommt. Außerdem sind solche Kinder während der ersten sechs Lebensmonate rechtmäßig aufhältig, sofern und solange deren Pflege und Erziehung einem österreichischen Staatsbürger mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet allein zukommt.“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
3.1.3. Die Beschwerde war aus folgenden Gründen abzuweisen:
3.1.3.1. „Das Aufenthaltsrecht gemäß Art. 7 Abs. 1 der Unionsbürgerrichtlinie und § 51 Abs. 1 NAG 2005 kommt Unionbürgern zu, die entweder aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit oder aufgrund ihrer sonstigen Vermögenslage über ausreichende Existenzmittel für sich und ihre Familienangehörigen verfügen. Für Erwerbstätige bleibt das Aufenthaltsrecht in den Fällen des Art. 7 Abs. 3 der Unionsbürgerrichtlinie und § 51 Abs. 2 NAG 2005 auch bei Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit oder Beginn einer Berufsausbildung erhalten. In diesen Fällen werden die aus dem Erwerb stammenden Existenzmittel durch die dem Unionsbürger nach Beendigung der Erwerbstätigkeit zustehenden Leistungen substituiert, wozu unter Umständen auch eine Mindestsicherungsleistung gehören kann, für deren Bezug solche Unionsbürger gemäß Art. 24 der Unionsbürgerrichtlinie den österreichischen Staatsbürger gleichzustellen sind. Dementsprechend sind gemäß § 5 Abs. 2 Z. 2 Wr MSG 2010 unter der Voraussetzung des rechtmäßigen Aufenthalts und der Einreise nicht zum Zweck des Sozialhilfebezuges ua Unionsbürger und deren Familienangehörige den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt und daher anspruchsberechtigt, wenn sie erwerbstätig sind oder die Erwerbstätigeneigenschaft nach § 51 Abs. 2 NAG 2005 erhalten bleibt.“ (vgl. VwGH 16.03.2016, Ra 2015/10/0022)
„Auch das nachhaltige Bemühen um eine Arbeitsstelle, sofern dieses Bemühen objektiv nicht aussichtslos ist, kann ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht vermitteln (Hinweis E 26. Februar 2013, 2010/22/0104; EuGH 15. September 2015, C-67/14). Dieses Aufenthaltsrecht wird innerstaatlich nicht verliehen, sondern nur dokumentiert (Hinweis E 9. August 2016, Ro 2015/10/0050). Es kommt daher auf die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung für den Rechtserwerb nicht an.“ (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0264)
„EWR-Bürger verfügen jedenfalls über ausreichende Existenzmittel, wenn diese über der im Aufnahmemitgliedstaat (hier: in Österreich) geltenden Sozialhilfegrenze liegen. Diese Grenze, die sich aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung ergibt, ist marginal niedriger als für sonstige Drittstaatsangehörige, für die zur Berechnung des Lebensunterhaltes die Richtsätze nach § 293 ASVG herangezogen werden. Zu beachten ist allerdings, dass nach Art 8 Abs 4 RL 2004/38/EG weder direkt noch indirekt ein fester Betrag für die Höhe der ausreichenden Existenzmittel festgelegt werden darf, bei dessen Unterschreiten das Aufenthaltsrecht automatisch versagt werden darf (EuGH 19.9.2013, C-140/12, Pensionsversicherungsanstalt/Brey). Die Behörden der Mitgliedstaaten müssen die persönliche Situation des Betroffenen berücksichtigen. Von einem Dritten stammende Mittel zum Lebensunterhalt müssen anerkannt werden (vgl EuGH 13.3.2006, C-408/03, Kommission/Belgien, Rn 40 ff). Existenzmittel müssen nicht in Form einer regelmäßigen Zahlung vorliegen. Es kann sich auch um angespartes Kapital handeln. Die für den Nachweis ausreichender Existenzmittel zulässigen Beweismittel dürfen nicht begrenzt werden (vgl EuGH 25.5.2000, C-424/98, Kommission/Italien, Rn 37). Höchstgerichtlich bestätigt wurde, dass die österreichische Ausgleichszulage als Leistung mit Sozialhilfecharakter zu qualifizieren ist (EuGH 19.9.2013, C-140/12, Pensionsversicherungsanstalt/Brey).“ (Abermann/Czech/Kind/Peyrl, NAG-Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (2015), § 51, II. B. 13)
„Der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 3 NAG 2005 entspricht Art. 2 Nr. 2 lit d Unionsbürger-RL. Dieser Tatbestand setzt voraus, dass es sich beim Angehörigen des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers um einen Verwandten in gerader aufsteigender Linie handeln muss, dem von diesem "Unterhalt (tatsächlich) gewährt" wird. Zum Erfordernis der tatsächlichen Unterhaltsgewährung ist der Rechtsprechung des EuGH zu entnehmen, dass sich die Eigenschaft als Familienangehöriger, dem der aufenthaltsberechtigte Unionsbürger "Unterhalt gewährt", aus einer tatsächlichen Situation ergibt, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Familienangehörige vom Aufenthaltsberechtigten materiell unterstützt wird. (vgl. EuGH 8.11.2012, Iida, C-40/11; VwGH 7.6.2016, Ra 2015/22/0161).“
„Ein mehr als 21-jähriger Fremder, der von seinem österreichischen Adoptivvater lediglich einen Unterstützungsbeitrag in der Höhe von EUR 200,-- pro Monat bezieht, wäre selbst dann nicht gemäß § 57 iVm § 52 Z. 2 und § 54 Abs. 1 NAG 2005 zur Niederlassung berechtigt, wenn sein Adoptivvater das gemeinschaftsrechtliche Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben sollte, weil der genannte Betrag bei den in Österreich gegebenen Lebensverhältnissen zweifellos nicht dazu ausreicht, alle wesentlichen Unterhaltsbedürfnisse des Fremden zu bestreiten (Hinweis E 15. Mai 2007, 2007/18/0188).“ (vgl. VwGH 13.11.2007, 2007/18/0558)
Im Urteil vom 04.02.2010, Rechtsache Genc gegen Land Berlin, C-14/09, führte der EUGH auszugsweise aus:
„…
19 Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, kommt dem Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Art. 39 EG eine für das Unionsrecht autonome Bedeutung zu, und er darf nicht eng ausgelegt werden. Als „Arbeitnehmer“ ist jeder anzusehen, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. insbesondere Urteile vom 3. Juli 1986, Lawrie-Blum, 66/85, Slg. 1986, 2121, Randnrn. 16 und 17, sowie vom 11. September 2008, Petersen, C?228/07, Slg. 2008, I?6989, Randnr. 45).
20 Weder die begrenzte Höhe der Vergütung noch die Herkunft der Mittel für diese Vergütung oder der Umstand, dass der Betreffende die Vergütung durch andere Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts wie eine aus öffentlichen Mitteln des Wohnmitgliedstaats gezahlte finanzielle Unterstützung zu ergänzen sucht, kann irgendeine Auswirkung auf die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Unionsrechts haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Juni 1986, Kempf, 139/85, Slg. 1986, 1741, Randnr. 14, vom 31. Mai 1989, Bettray, 344/87, Slg. 1989, 1621, Randnr. 15, sowie vom 30. März 2006, Mattern und Cikotic, C?10/05, Slg. 2006, I?3145, Randnr. 22).
…
26 Zwar kann der Umstand, dass im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nur sehr wenige Arbeitsstunden geleistet werden, ein Anhaltspunkt dafür sein, dass die ausgeübten Tätigkeiten nur untergeordnet und unwesentlich sind (Urteil vom 26. Februar 1992, Raulin, C?357/89, Slg. 1992, I?1027, Randnr. 14), doch lässt es sich unabhängig von der begrenzten Höhe des aus einer Berufstätigkeit bezogenen Entgelts und des begrenzten Umfangs der insoweit aufgewendeten Arbeitszeit nicht ausschließen, dass die Tätigkeit aufgrund einer Gesamtbewertung des betreffenden Arbeitsverhältnisses von den nationalen Stellen als tatsächlich und echt angesehen werden kann und es somit ermöglicht, dem Beschäftigten die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne von Art. 39 EG zuzuerkennen.
27 Bei der Gesamtbewertung des Arbeitsverhältnisses von Frau Genc sind nicht nur Gesichtspunkte wie die Arbeitszeit und die Höhe der Vergütung zu berücksichtigen, sondern auch solche wie der Anspruch auf bezahlten Urlaub von 28 Tagen, die Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Anwendung des Tarifvertrags in der jeweils gültigen Fassung auf den Arbeitsvertrag sowie der Umstand, dass ihr Arbeitsverhältnis mit demselben Unternehmen beinahe vier Jahre bestanden hat.
…“
3.1.3.2. Die BF hält sich seit 12.12.2014 durchgehend in Österreich auf. Abgesehen von den Zeiträumen 23.03.2015 bis 04.04.2015 und 30.10.2015 bis 29.02.2016 ging die BF den überwiegenden Teil ihres Aufenthaltes in Österreich ausschließlich geringfügigen Erwerbstätigkeiten im Ausmaß von 10 Stunden im Monat, entlohnt durch Dienstleistungsschecks nach. Im Lichte der oben zitierten Judikatur des EUGH kann aufgrund der sehr geringen monatlichen Arbeitsstunden sowie unter Berücksichtigung der durchgehenden Entlohnung mittels Dienstleitungsschecks, nicht von einer ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht vermittelnden tatsächlichen und echten Erwerbstätigkeit ausgegangen werden. Die besagten Erwerbstätigkeiten der BF erweisen sich angesichts des äußert geringen Umfanges von 2 ½ Wochenstunden (= 10 Stunden im Monat) als völlig untergeordnet und unwesentlich iSd. oben zitierten Urteils des EUGH. Insofern hat die BF – unter Berücksichtigung ihrer attestierten vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit im Jahr 2016 – trotz der besagten geringfügigen Erwerbstätigkeiten die Voraussetzungen iSd. § 51 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 Z 1 NAG jedenfalls seit erstmaliger (Neu-) Aufnahme derselben am 27.02.2017 nicht (mehr) erfüllt. Letztlich bezog die BF im Zeitraum 07.03.2016 bis 30.04.2016 Mindestsicherung. Auch unter Berücksichtigung monatlicher Geldzuwendungen durch einen in England lebenden Sohn in Höhe von monatlich EUR 400,-, erfüllt die BF die Voraussetzungen iSd. § 51 Abs. 1 Z 2 NAG ebenfalls nicht. Unter Berücksichtigung der Mietkosten von EUR 650,- und Betriebskosten von EUR 120,- monatlich genügten bzw. genügen die der BF zur Verfügung stehenden Geldmittel von EUR 510,- ( = EUR 110,- aus eigener Erwerbstätigkeit + EUR 400,- vom Sohn der BF) keinesfalls dafür ihren Unterhalt in Österreich zu sichern.
Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Tochter der BF, der aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Österreich zukommt, mit der BF seit 31.03.2016 im gemeinsamen Haushalt lebt und die BF immer wieder während aufrechter Erwerbstätigkeiten finanziell unterstützt, liegen die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, konkret iSd. § 52 Abs. 1 Z 3 NAG nicht vor. Im Lichte der oben zitierten Judikatur des VwGH bedürfte es der tatsächlichen Unterhaltsgewährung an die BF durch deren Tochter, wobei jedoch nicht jede finanzielle Unterstützung als Unterhaltszahlung anzuerkennen ist. Vielmehr müssten die jeweiligen Zuwendungen den notwendigen Unterhalt der BF decken können. Unter Berücksichtigung des geringen Einkommens der BF sowie dem Umstandes, dass gegenwärtig der Sohn der BF mit ihr und deren Tochter im gemeinsamen Haushalt lebt und dieser kein Einkommen lukriert, sondern ebenfalls, von der BF und deren Tochter wirtschaftlich unterstützt wird, kann das der Tochter der BF zur Verfügung stehende monatliche Einkommen, bei Berücksichtigung der Mietkosten in Höhe EUR 650,- und Betriebskosten von EUR 120,- , nicht als hinreichend, um auch den Unterhalt der BF zu sichern, angesehen werden. Der Tochter der BF stehen monatlich insgesamt ca. EUR 850 bis 900,- zur Verfügung. Nach Abzug der Kosten für Miete von EUR 650,- und Betriebskosten von EUR 120,- stehen dieser letztlich EUR 80,- bis 130,- zur Verfügung, um ihren eigenen Unterhalt und jenen der BF und deren Sohn zu sichern. Angesichts der Lebenserhaltungskosten in Österreich kann selbst unter Berücksichtigung, dass die BF selbst monatlich EUR 110,- ins Verdienen bringt, nicht angenommen werden, dass der berechnete Betrag dazu genügt. Selbst zur Unterhaltssicherung der BF und deren Tochter allein, wäre der Betrag als zu gering anzusehen.
Darüber hinaus konnte die BF auch nicht darlegen sich ernsthaft um eine Arbeitsstelle zu bemühen bzw. eine Einstellung in Aussicht zu haben (siehe VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0130, wonach das Bemühen um Einstellung bei nicht objektiver Aussichtlosigkeit ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht vermittelt) und konnte auch keine Pflegebedürftigkeit iSd. § 52 Abs. 1 Z 5 lit c. NAG bei ihr festgestellt werden.
Vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten kann die BF sohin nicht auf einen mehr als 5 Jahre andauernden durchgehend rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zurückblicken, und hat sie sohin auch nicht ein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht iSd. § 53a NAG erworben. Ferner erfüllt die BF auch mangels Erwerbstätigkeit oder hinreichender Vermögensmittel bzw. fehlender hinreichender Unterhaltsgewährung seitens ihrer Tochter oder Aussicht auf Einstellung gegenwärtig nicht die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts in Österreich.
Insofern liegen die Voraussetzungen für die Prüfung einer Ausweisung gemäß § 66 FPG iVm. § 55 NAG dem Grunde nach vor.
Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigten, dass die BF über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich, in Form einer erwachsenen Tochter und einem erwachsenen Sohn, mit denen sie im gemeinsamen Haushalt lebt, verfügt. Ferner wird die BF von ihrer Tochter finanziell unterstützt und hält sich die BF bereits seit 6 Jahren und 3 Monaten durchgehend in Österreich auf. Zudem weist die BF Erwerbszeiten im Bundesgebiet auf und leidet an einer schizoaffektiven Störung, derentwegen sie medikamentös behandelt wird und der Erhalt von Arbeit erschwert ist.
Demgegenüber ist in Anschlag zu bringen, dass der Aufenthalt der BF sich in Österreich als überwiegend unrechtmäßig erweist, die BF bereits Sozialleistungen bezogen hat, aufgrund der tristen finanziellen Lage der BF und fehlender Aussicht auf eine Vollzeitbeschäftigung, mit einem neuerlichen Bezug von Sozialleistungen, sohin einer Belastung der öffentlichen Hand, bei einem Verbleib in Österreich zu rechnen ist, sie bis 31.03.2016 allein in Österreich gelebt hat, eine Pflegebedürftigkeit bei ihr nicht festgestellt werden konnte und die BF keine besonderen Integrationsschritte gesetzt hat. Zudem verfügt die BF über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und kann davon ausgegangen werden, dass sie im Falle ihrer Rückkehr nach Rumänien wieder in ihrem Elternhaus Unterkunft nehmen könnte. Ferner wird die BF auch weiterhin auch außerhalb Österreichs von ihrem in England lebenden Sohn und/oder ihrer Tochter finanziell unterstützt werden können. Dass die BF ausschließlich in Österreich ihrer Krankheit entsprechend behandelt werden kann wurde letztlich von der BF nicht substantiiert dargelegt.
Im konkreten Fall lässt sich nach Abwägung der sich widerstreitenden Interessen ein Überwiegen der öffentlichen Interessen, im Hinblick auf eine Beendigung des Aufenthaltes der BF in Österreich, gegenüber den privaten Interessen der BF, an einem Verbleib in Österreich, im gegenständlichen Fall feststellen. Im Ergebnis kann der belangten Behörde sohin nicht entgegengetreten werden, wenn diese die BF gemäß § 66 FPG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen und eine Verletzung der der BF gemäß Art 8 EMRK zustehenden Rechte dadurch nicht als verletzt erachtet hat.
Die Beschwerde war daher, unter Berücksichtigung, dass der BF ein Durchsetzungsaufschub in der gesetzlich vorgeschriebenen Länge von einem Monat zuerkannt wurde, zur Gänze als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in d