Entscheidungsdatum
14.05.2021Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2Spruch
W281 2198086-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. RUSSISCHE FÖDERATION, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herbert Pochieser, gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 24.07.2017:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
II. Der Beschwerde wird gemäß § 22 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
III. Der Antrag auf Kostenersatz der beschwerdeführenden Partei wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Am 04.09.2017 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung eine mit 31.08.2018 datierte Maßnahmenbeschwerde an das Verwaltungsgericht Wien.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 04.06.2018, VGW-102/076/12351/2017-46, wurde die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts Wien zurückgewiesen und zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet.
2. Gegen diesen Beschluss erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde am 26.02.2019, E 4850/2018-5, ablehnte bzw. zurückwies.
3. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 04.06.2018 langte am 12.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
4. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 23.03.2021 wurde die gegenständliche Beschwerde der Gerichtsabteilung W281 mit 06.04.2021 neu zugewiesen. Im elektronischen Gerichtsakt war nach Durchsicht am 06.04.2021 keine Beschwerde hinterlegt.
Der Handakt langte am 14.04.2021 bei der zuständigen Richterin ein. Im Handakt war lediglich der Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 04.06.2018, der am 12.06.2018 eingelangt ist, aber keine Beschwerde des Beschwerdeführers.
Mit Schreiben vom 15.04.2021 forderte das Bundesverwaltungsgericht den Gerichtsakt und insbesondere die Beschwerde gegen schnellstmöglichen Rückschluss an.
Mit Schreiben vom 21.04.2021, eingelangt am 26.04.2021, übermittelte das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde und den Gerichtsakt.
Aus diesem Akt ist ersichtlich, dass die Beschwerde am 07.09.2017 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangt ist.
Mit Schreiben vom 27.04.2021 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem ausgewiesenen Rechtsanwalt des Beschwerdeführers einen Verspätungsvorhalt und gab ihm die Möglichkeit innerhalb von einer Woche zu diesem Vorhalt Stellung zu nehmen.
Bis 14.05.2021 langte keine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 24.07.2017 erfolgte ab ca. 06:30 Uhr eine Amtshandlung von Organen der Landespolizeidirektion an der Adresse XXXX . Der Beschwerdeführer befand sich zu diesem Zeitpunkt an dieser Adresse.
Mit am 04.09.2017 zur Post gegebenem Schriftsatz, erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung eine mit 31.08.2018 datierte Maßnahmenbeschwerde an das Verwaltungsgericht Wien.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 04.06.2018, VGW-102/076/12351/2017-46, wurde die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts Wien zurückgewiesen und zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 04.06.2018 langte am 12.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Beschwerde langte zu diesem Zeitpunkt nicht beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Schreiben vom 15.04.2021 forderte das Bundesverwaltungsgericht den Gerichtsakt und insbesondere die Beschwerde beim Verwaltungsgericht Wien gegen schnellstmöglichen Rückschluss an.
Mit Schreiben vom 21.04.2021, eingelangt am 26.04.2021, übermittelte das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde vom 31.08.2018 und den Gerichtsakt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich allesamt aus dem Gerichtsakt, dem Gerichtsakt des Verwaltungsgerichtes Wien und der Beschwerde. Die Feststellungen sind allesamt unstrittig, der Beschwerdeführer hat sich zu dem Verspätungsvorhalt nicht geäußert und auch keine Fristerstreckung beantragt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung.
3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012, BGBl I Nr. 51/2012, ist die Rechtsfrage, ob eine Berufung rechtzeitig oder verspätet eingebracht wurde, aufgrund von Tatsachen zu entscheiden, welche die Behörde festzustellen hat. Dabei ist der Partei gemäß § 45 Abs. 3 AVG Gelegenheit zu geben, vom Ermittlungsergebnis Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen. Dem Rechtsmittelwerber ist selbst eine nach dem Akteninhalt offenkundige Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten (vgl VwGH 06.03.2014, 2012/11/0061). Die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift führt zu einem rechtserheblichen Verfahrensmangel, wenn nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei dessen Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl VwGH 27.01.2012, 2008/02/0286 und vom 18.02.2015, 2012/10/0229). Diese Rechtsprechung gilt auch für die hier anzuwendende Rechtslage nach der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012. Bei der Prüfung der Rechtzeitigkeit einer Beschwerde handelt es sich um eine Rechtsfrage gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, die, wenn Anhaltspunkte für die Verspätung vorliegen, von Amts wegen zu erfolgen hat (vgl VwGH 24.03.2015, Ra 2015/09/0011). Das Verwaltungsgericht hat dazu nach amtswegigen Erhebungen Tatsachen festzustellen (VwGH 18.11.2015, Ra 2015/17/0026).
Der Beschwerdeführer ist der Aufforderung zum Verspätungsvorhalt Stellung zu nehmen nicht nachgekommen.
Den Feststellungen ist zu entnehmen, dass die gegenständliche Beschwerde vom 31.08.2018 erst am 26.04.2021 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte.
3.2. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG sechs Wochen. Sie beginnt gemäß Z 3 in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung. Dieser Tatbestand umfasst nur jene Fälle, in denen die mangelnde Dispositionsfähigkeit (zur Beschwerdeerhebung) in der zu bekämpfenden Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt selbst gründet (vgl. VwGH 15.12.2015, Ro 2015/01/0008; VwGH 28.02.2017, Ra 2016/01/0308).
Die Beschwerde wurde am 04.09.2017 zur Post gegeben, war an das Verwaltungsgericht Wien adressiert und langte beim Verwaltungsgericht Wien am 07.09.2017 ein. Das Verwaltungsgericht Wien wies die Beschwerde mit Beschluss vom 04.06.2018 wegen Unzuständigkeit zurück und übermittelte diesen Beschluss dem Bundesverwaltungsgericht, bei dem dieser am 12.06.2018 einlangte. Die Beschwerde wurde nicht mit dem Beschluss übermittelt.
Die Beschwerde langte am 26.04.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Sie langte somit fast vier Jahre nach dem in der Beschwerde beschriebenen Verhalten vom 24.07.2017 ein.
Die Frist gemäß § 7 Abs. 4 Z 3 VwGVG zur Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde endete am 04.09.2017 und wurde die Beschwerde an diesem Tag zur Post gegeben. Die Beschwerde war aber an das Verwaltungsgericht Wien und nicht an das Bundesverwaltungsgericht adressiert.
Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingereicht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die unzuständige Stelle das Anbringen zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder das Anbringen bis zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle einlangt (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 26. Juni 2014, Ro 2014/10/0068, und vom 20. November 2014, Ra 2014/07/0050).
Die Beschwerde ist im gegenständlichen Fall nicht spätestens am 04.09.2017 zur Weiterleitung an das Bundesverwaltungsgericht zur Post gegeben worden bzw. auch nicht bis 04.09.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Die Beschwerde wurde somit verspätet beim Bundesverwaltungsgericht erhoben.
3.4. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückzuweisen.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).
3.5. Zu Spruchpunkt A) II.
3.5.1. Der BF beantragte der Beschwerde gem. § 22 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da die Behörde ihn offenbar als Freiwild der behördlichen Willkür betrachte.
3.5.2. Gemäß § 22 Abs. 1 VwGVG haben Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
3.5.3. Dass im vorliegenden Fall eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt seit 24.07.22017 andauern würde ist im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen und wurde auch nicht substantiiert vorgebracht. Die Beschwerde wurde zudem verspätet erhoben.
3.5.4. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.
3.6. Zu Spruchpunkt A) III.
3.6.1. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Nach Abs. 4 gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 VwG-AufwErsV festgesetzt.
3.6.2. Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Kostenersatz in der Höhe von 1.468,56. Der Aufwandersatz wäre durch einen Pauschalbetrag nach § 1 VwG-AufwErsV pauschaliert.
3.6.3. Da die Beschwerde zurückgewiesen wurde, ist gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Dem Beschwerdeführer gebührt daher kein Kostenersatz.
3.7. Entfall der mündlichen Verhandlung
Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Verspätung der Beschwerde ist unstrittig. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall Fristablauf Fristversäumung Kostenersatz Maßnahmenbeschwerde VerspätungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W281.2198086.1.00Im RIS seit
04.10.2021Zuletzt aktualisiert am
04.10.2021