TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/19 W270 2241611-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.05.2021
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Entscheidungsdatum

19.05.2021

Norm

AMG §1
AMG §2 Abs11
AMG §63
B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
GESG §6a
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs3
VwGVG §13 Abs4
VwGVG §22 Abs1
VwGVG §22 Abs2
VwGVG §22 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W270 2241611-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. GRASSL über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard Dilger, Hegelgasse 19, A-1010 Wien, gegen den die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausschließenden Spruchpunkt III. des Bescheids des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen vom 08.03.2021, Zl. XXXX , betreffend Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG i.A. Widerruf einer Bewilligung nach Arzneimittelrecht,

A) zu Recht:

I. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 13 Abs. 2 und 22 Abs. 3 VwGVG aufgehoben.

II. Die Revision gegen Spruchpunkt A) I. ist gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG nicht zulässig.

und fasst über das Begehren der zuvor genannten Gesellschaft, der von ihr ebenso erhobenen Beschwerde gegen eine als „Gebührenvorschreibung XXXX “ bezeichnete Erledigung des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen vom 26.02.2021, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen,

B) den Beschluss:

I. Das Begehren wird zurückgewiesen.

II. Die Revision gegen Spruchpunkt B) I. ist gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

1. Gang des bisherigen Verfahrens – Wesentliche Ereignisse:

1.1. Am 30.07.2020 (in Folge: „Inspektion 1“) und am 05.08.2020 (in Folge: „Inspektion 2“) führte die belangte Behörde im Betrieb der Beschwerdeführerin am Standort XXXX , am 29.07.2020 sowie am 03.08.2020 angekündigte Inspektionen durch.

1.2. Sie fertigte zu GZ XXXX über das Ergebnis von Inspektion 1 und Inspektion 2 einen Inspektionsbericht an („Inspektionsbericht“) und übermittelte diesen mit begleitendem Schreiben vom 28.09.2019 der Beschwerdeführerin zur Äußerungsmöglichkeit. Die Beschwerdeführerin äußerte sich dazu mit Stellungnahme vom 12.11.2020 (offenbar falsch ausgewiesen mit 13.04.2021) (in Folge: „Stellungnahme 1“).

1.3. Zur Stellungnahme 1 erstellte die belangte Behörde eine „Verständigung über das vorläufige Ergebnis der Bewertung der Stellungnahme“ zu GZ XXXX (in Folge: „Verständigung vorläufiges Ergebnis“) und räumte der Beschwerdeführerin dazu wieder eine Äußerungsmöglichkeit ein. Von dieser Möglichkeit machte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 09.12.2020 Gebrauch (in Folge: „Stellungnahme 2“).

1.4. In der Folge erstellte die belangte Behörde einen weiteren Inspektionsbericht zu GZ XXXX (in Folge: „finaler Inspektionsbericht“).

1.5. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin eine mit 26.02.2021 datierte Erledigung, die als „Gebührenvorschreibung XXXX “ bezeichnet war.

1.6. Mit Bescheid vom 08.03.2021, Zl. XXXX (in Folge: „Bescheid“), wiederrief die belangte Behörde die der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 08.07.2019 zu Zl. XXXX erteilte Bewilligung zum Inverkehrbringen von Arzneimitteln. Sie stellte auch fest, dass die Beschwerdeführerin nicht der auf Grund des VI. Abschnitts des Arzneimittelgesetzes (in Folge: „AMG“) erlassenen Verordnungen und der Betriebsbewilligung entspricht und nicht nach den Grundsätzen der Guten Vertriebspraxis arbeitet und das Zertifikat gemäß § 68 Abs. 5 AMG widerruft. Weiters schloss die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aus.

1.7. Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde und machte darin eine Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend. Sie beantragte u.a. dem angefochtenen Bescheid im Rahmen eines Eilverfahrens ohne mündliche Verhandlung die aufschiebende Wirkung zuerkennen und der Gebührenvorschreibung im Rahmen eines Eilverfahrens ohne mündliche Verhandlung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

1.8. Die belangte Behörde legte die Beschwerde mit Beilagen und weiteren Akten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo sie am 19.04.2021 einlangte.

1.9. Mit Eingabe vom 30.04.2021 nahm die belangte Behörde zur Beschwerde Stellung (in Folge: „Stellungnahme Behörde“) und legte dieser Urkunden bei. Das Bundesverwaltungsgericht räumte der Beschwerdeführerin die Möglichkeit der Stellungnahme dazu ein.

1.10. Mit Schriftsatz vom 10.05.2021 äußerte sich die Beschwerdeführerin zur Stellungnahme Behörde (in Folge: „Äußerung Beschwerdeführerin“).

2. Zu Spruchabschnitt A – Aufhebung von Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

2.1. Feststellungen:

2.1.1. Für die gegenständliche Entscheidung betreffend Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheids ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

2.1.2.1. Bei der Inspektion 1 war nur XXXX im Betrieb der Beschwerdeführerin anwesend. Dieser konnte den die Inspektion durchführenden Mitarbeitern der belangten Behörde weder Wareneingangsdokumente vorlegen noch Einsicht in das Warenwirtschaftssystem zur Überprüfung der Wareneingänge geben. Er verweigerte auch die Einsichtnahme in die Standardverfahrensanweisungen und Verträge. Eine andere Person stand den erschienenen behördlichen Inspektionsorganen während der Inspektion 1 für eine Dauer von vier Stunden nicht zur Verfügung.

2.1.2.2. Bei der Inspektion 2 am 05.08.2020 war eine von den behördlichen Inspektionsorganen als „fachkundig“ angesehene Person anwesend. Zu diesem Zeitpunkt waren drei Mitarbeiter der Beschwerdeführerin im Großhandelsbetrieb tätig.

2.1.2.3. Die Beschreibung für den Betrieb der Beschwerdeführerin („Site-Master-File“, in Folge auch „SMF“) wies bzw. weist in ihrem Anhang 2 „ XXXX “ als Verantwortliche für die Bereiche „Geschäftsführung“ und „Qualitätssicherung“ sowie als „fachkundige Person“ und – seit der unterschriebenen Fassung vom 01.07.2020 – „ XXXX “ als Zuständigen für „Personal, Marketing und Recht“ aus. Für „Wareneingang & Identifikation“ wird jeweils eine andere Person als Zuständige ausgewiesen.

2.1.2.4. Die Beschreibung der Stellen für den Betrieb der Beschwerdeführerin weist lt. Anhang 3 zum SMF für die Stelle der „ XXXX “ nicht aus, dass XXXX dieser direkt unterstellt ist. In der Stellenbeschreibung von XXXX in diesem Dokument ist eine Unterstellung unter „ XXXX “ ausgewiesen. Das erwähnte Dokument beschreibt als „Stellenziel“ für „ XXXX “ die „Unterstützung der GF bzgl. rechtlicher Beurteilungen, sowie Aus- und Weiterbildungen; Einhaltung sämtlicher Standards im Bereich Büro und Lager;“.

2.1.2.5. Es wird nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die Dokumentation zum SMF samt Organigramm und Festlegung von „Verantwortungsbereichen“ und „Verantwortlichkeiten“ nicht entsprechend klar, deutlich und auf aktuellem Stand hält.

2.1.2.6. Die Beschwerdeführerin hat im Dezember 2019 über 8000 Packungen Arzneimitteln allein an die XXXX geliefert. Im Betrieb der Beschwerdeführerin verursachen ungefähr ein bis zwei Großhandelslieferungen pro Woche einen Arbeitsanfall von ungefähr vier bis sechs Stunden pro Woche.

2.1.2.7. Jedenfalls am 30.07.2020 und am 05.08.2020 waren vier Personen im Großhandelsbetrieb tätig.

2.1.3. An einem Betriebsstandort an der Adresse XXXX , wurden nicht auf Rechnung und Gefahr der Beschwerdeführerin Arzneimittel gelagert. Die Beschwerdeführerin hatte nicht die Verfügungsmacht, über an dieser Adresse stattgefundene Lagerungsvorgänge von Arzneimitteln Anordnung zu treffen.

2.1.4.1. Die Beschwerdeführerin hat bei jeder Warenübernahme einen Abgleich von Lieferung und Bestellung vorgenommen.

2.1.4.2. Die Beschwerdeführerin nimmt den größten Teil ihrer Bestellungen von Arzneimitteln bei Lieferanten online, per E-Mail, telefonisch oder in einzelnen Fällen auch bei persönlichen Treffen mit diesen vor. Die Bestellungen werden dann im von der Beschwerdeführerin betriebenen Warenwirtschaftssystem „ XXXX “ oder in einzelnen Fällen auch auf Online-Plattformen von Großhändler-Lieferanten hinterlegt.

2.1.5.1. Die Beschwerdeführerin verfügt über eine Konzession als öffentliche Apotheke und hält eine von der belangten Behörde erteilte Bewilligung als Arzneimittel-Großhändlerin gemäß § 63 AMG.

2.1.5.2. Die Beschwerdeführerin hat mehrfach von anderen öffentlichen Apotheken, die bei Bestellung über keine Großhandelsbewilligung nach dem AMG verfügten, Arzneimittel bezogen und diese an andere – dazu nach dem AMG (oder in vergleichbarer Weise) befugte – Großhändler weiterverkauft.

2.1.5.3. Die von über keine Großhandelsbewilligung verfügenden öffentlichen Apotheken an die Beschwerdeführerin adressierten Rechnungen bzw. dieser von solchen Apotheken vorgelegten Lieferscheine, allesamt datierend von Dezember 2019 und jeweils betreffend das Arzneimittel mit dem Handelsnahmen „ XXXX “, sind auf S. 13 des finalen Inspektionsberichts aufgezählt. Dort findet sich auch eine Aufzählung von Kunden mit Großhandelsbewilligung, an welche die Beschwerdeführerin Arzneimittel aus ihrem Betrieb weiterverkauft hat.

2.1.5.4. Die Beschwerdeführerin hat im gegenständlichen verwaltungsbehördlichen Verfahren die Erklärung abgegeben, dass sie die Tätigkeit, nämlich Arzneimittel, die sie von einer öffentlichen Apotheke (ohne Großhandelsbewilligung) abgegeben erhielt, nicht an einen Großhändler zu verkaufen, bis zur Klärung der rechtlichen Zulässigkeit durch das Verwaltungsgericht einstellt. Nach Abgabe der Erklärung kam es zu keinen weiteren Aktivitäten wie oben unter 2.1.5.2. beschrieben.

2.1.5.5. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin keine Maßnahmen zur Qualifizierung von Lieferanten mit einer Großhandelsbewilligung vornahm, bevor sie von diesen beliefert wurde.

2.1.6.1. Der Unternehmensteil Arzneimittel-Großhandel macht ungefähr XXXX des Umsatzes am Gesamtunternehmen der Beschwerdeführerin aus.

2.1.6.2. Wenn der Unternehmensteil Arzneimittel-Großhandel der Beschwerdeführerin nicht ausgeübt werden kann ist für das Jahr 2021 mit einem Verlust an Rohertrag in der Höhe von mindestens EUR XXXX für das Gesamtunternehmen zu rechnen. Damit käme das Gesamtunternehmen in den Verlustbereich.

2.2. Beweiswürdigung:

2.2.1. Einleitend ist im Hinblick auf die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen beweiswürdigenden Erwägungen auf Folgendes hinzuweisen:

2.2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs darf das Verwaltungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Entscheidung über die Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, die auf dem Boden der im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Sach- und Rechtslage zu treffen ist, regelmäßig von den nicht von vornherein als unzutreffend erkennbaren Annahmen der belangten Behörde ausgehen (vgl. dazu etwa VwGH 16.12.2020, Ra 2020/11/0207, Rn. 18, m.w.N.).

2.2.3. Die auf eine rasche Entscheidung über die aufschiebende Wirkung abzielende Bestimmung des § 13 Abs. 4 letzter Satz VwGVG geht zwar davon aus, dass eine Entscheidung „ohne weiteres Verfahren“ getroffen wird, also in der Regel auf der Grundlage des Verfahrensaktes und der Beschwerde sowie den allenfalls dazu erstatteten Äußerungen anderer Verfahrensparteien. Diese Bestimmung kann aber nicht dahin verstanden werden, dass es dem Verwaltungsgericht damit freigestellt wäre, seine Entscheidung auf Sachverhaltselemente zu stützen, die im Verfahren bis dahin nicht eingebracht worden waren, sodass die Verfahrensparteien keine Gelegenheit zur Äußerung zu den entsprechenden Bescheinigungs- oder Beweisergebnissen hatten. Kommt das Verwaltungsgericht daher etwa bei Prüfung der Beschwerde zum Ergebnis, dass die Entscheidung der Verwaltungsbehörde zwar im Ergebnis Bestand haben soll, dies jedoch auf Bescheinigungs- bzw. Beweismittel zu stützen wäre, zu denen einzelnen oder allen Verfahrensparteien noch keine Äußerung möglich war, so hat es diese Bescheinigungs- bzw. Beweismittel mit der Gelegenheit zur Äußerung zuzustellen oder die Verfahrensparteien in geeigneter anderer Weise dazu zu hören (vgl. zum Ganzen 07.02.2020, Ra 2019/03/0143, Rn. 27, m.w.N.).

2.2.4. Das Verwaltungsgericht kann sich in seiner Entscheidung nach § 13 Abs. 4 VwGVG sohin auch auf Beschwerdevorbringen stützen, dem die anderen Verfahrensparteien, obgleich es ihnen möglich war, nicht entgegengetreten sind (aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 17.03.2021, Ra 2021/03/0035, Rn. 37, m.w.N.).

2.2.5. Aussagen zu treffen, etwas könne nicht festgestellt werden, ist im Allgemeinen nicht die Aufgabe eines Verwaltungsgerichts. Vielmehr hat es – unter Bedachtnahme auf das im Grunde des § 17 VwGVG 2014 auch für die Verwaltungsgerichte maßgeblichen Prinzips der Amtswegigkeit – regelmäßig ein Ermittlungsverfahren zu führen und nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Beweismittel in seiner Entscheidung zu den fallbezogen wesentlichen Sachverhaltsfragen eindeutig Stellung zu nehmen. Nur wenn auch nach Durchführung eines solchen Ermittlungsverfahrens eine klare Beantwortung einer derartigen Frage nicht möglich ist (was ebenso wie das Treffen einer „positiven“ Feststellung im Rahmen beweiswürdigender Erwägungen näher zu begründen wäre), kommt als Aussage allenfalls in Betracht, dass der betreffende Gesichtspunkt „nicht festgestellt werden kann“ (VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0060, Rn. 10).

2.2.6. Ausgehend von den Inhalten der vorgelegten Akten aus dem verwaltungsbehördlichen Verfahren, der erhobenen Beschwerde sowie der dieser beigelegten Unterlagen war unter Beachtung der zuvor angeführten Leitlinien und der jeweiligen kontradiktorischen Argumente der Parteien Folgendes zum festgestellten Sachverhalt zu erwägen:

2.2.7. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Äußerung zur Stellungnahme der belangten Behörde zur Beschwerde darauf hinweist, dass ihr bestimmte, von der belangten Behörde zusätzlich vorgelegte Unterlagen (Beilagen) nicht auch mitübermittelt wurden, war dieser Umstand zu berücksichtigen. Zu beachten war dabei aber jedoch auch, ob ein relevantes Tatsachenvorbringen der belangten Behörde überhaupt in Streit gezogen wurde oder nicht. Dies wäre der Beschwerdeführerin jedenfalls oblegen.2.2.8. Die Feststellungen unter 2.1.2.1. und 2.1.2.2. entsprechen letztlich den diesbezüglichen – wenngleich teilweise auch disloziert unter den Überschriften „Sachverhalt“ und „Rechtliche Beurteilung“ getätigten – Ausführungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid wie auch im finalen Inspektionsbericht. Sie erscheinen angesichts des Inspektionsberichts, S. 6, sowie der Verständigung, S. 1, und der Tatsache, dass diese Dokumente von zwei Behördenmitarbeiterinnen verfasst wurden auch nicht von „vornherein unzutreffend“. Dies auch nicht angesichts der Ausführungen in der Stellungnahme 1, S. 9 f, soweit darin der Sachverhalt überhaupt bestritten wird (primär werden von der Beschwerdeführerin die behördlichen Handlungen rechtlich beurteilt), der Stellungnahme 2 sowie auch der Ausführungen unter Pkt. 2.5. der Beschwerde.

2.2.9. Die Feststellung unter 2.1.2.3. beruht auf dem den Akten zu entnehmendem Site-Master-File, Anhang 2, und zwar sowohl in der Version vom 26.04.2019 (Beilage ./2a zur Stellungnahme Behörde), der Version vom 01.07.2020 (Beilage ./T zur Beschwerde) wie auch vom 08.07.2020 (Beilage ./8 zur Stellungnahme Behörde). Die Tatsachen blieben von der belangten Behörde wie auch der Beschwerdeführerin unbestritten.

2.2.10. Die Feststellung unter 2.1.2.4. folgt aus dem Anhang 3 zum SMF, das als Beilage ./T der Beschwerde beigelegt war und als solches von der belangten Behörde unbestritten blieb.

2.2.11. Der unter 2.1.2.5. festgestellte Sachverhalt folgt aus der Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass die „Version 1“ des SMF drei Mal existiere, eine Änderung des Anhangs 3 nicht durch Unterschrift „erstellt, geprüft und freigegeben“ worden sei (gemeint wohl: durch Unterschrift freigegeben, also genehmigt), zwar angeführt sei, dass „ XXXX “ der „ XXXX “ direkt unterstellt sei, dies aber nicht umgekehrt (auch) angeführt sei und keine Stelle benannt sei, die „ XXXX “ innehabe. Diese Sichtweise ist für das Bundesverwaltungsgericht allein aufgrund der genannten Anhaltspunkte nicht nachvollziehbar: So folgt die Zuordnung der zuvor genannten Personen zu Managementebenen jedenfalls deutlich und klar daraus, wenn man die vorhandenen Angaben in Anhang 3 gemeinsam mit den Informationen aus Anhang 2 (insbesondere das Organigramm) des SMF liest; auch die Stellenbeschreibung folgt aus der Darstellung des „Stellenziels“ (dazu oben 2.1.2.4.). Um tatsächlich – auch für Zwecke des gegenständlichen Provisorialverfahrens – schon schlussfolgern zu können, dass Dokumente (gemeint generell: die Dokumentation) nicht entsprechend klar, deutlich und aktuell gehalten werden, würde voraussetzen, dass ein weiteres Tatsachensubstrat zumindest näher substantiiert behauptet wird, wie denn die Ablage der „Versionen“ des SMF im Betrieb genau erfolgt und im Hinblick auf das (tatsächlich) nicht unterschriebene Änderungsprotokoll von Anhang 3 inwieweit eine „Selbstinspektion“ stattfand (weil nur diese die Unterschrift nach der Textierung erfordert). Auf die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung der von der belangten Behörde vorgelegten Beilage ./8 kommt es dabei nicht mehr an. Zur Behauptung des letzten Spiegelstrichs auf S. 18 der Stellungnahme der Behörde war daher eine negative Feststellung zu treffen.

2.2.12. Die Feststellung unter 2.1.2.6. folgt aus den Angaben der Beschwerdeführerin, die von der belangten Behörde nicht bestritten wurden sowie den von der belangten Behörde vorgebrachten Tatsachenbehauptungen, die von der Beschwerdeführerin in ihrer Äußerung zur Stellungnahme vollkommen unbestritten blieben (Stellungnahme Behörde, S. 20). Sie erscheinen auch mit Blick auf die verwiesenen Beweismittel (Lieferscheine) plausibel zu sein.

2.2.13. Der unter 2.1.2.7. festgestellte Sachverhalt folgt aus den Tatsachenbehauptungen der belangten Behörde in deren Stellungnahme (Stellungnahme Behörde, S. 17 f), die als solches unbestritten blieben. Aus Sicht des erkennenden Gerichts ist der von der belangten Behörde ersehene Widerspruch zwischen den Beilagen ./8 und ./T im Hinblick auf die Anzahl der Personen nicht erkennbar.

2.2.14. Der unter 2.1.3. festgestellte Sachverhalt beruht auf folgenden Erwägungen:

2.2.15. Die belangte Behörde kam, gestützt insbesondere auf Lieferscheine der Apotheke XXXX (vom 22.12.2019; in den vorgelegten Akten einliegend) sowie der XXXX Apotheke (vom 19.12.2019; in den vorgelegten Akten einliegend), die an die XXXX Apotheke, jeweils „ XXXX “, gerichtet waren, weiteres eigener dienstlicher Wahrnehmungen, zuletzt vom 02.12.2020 („Inspektion beim Logistikdienstleister“), sowie über ein an der Adresse XXXX angebrachtes Schild mit „ XXXX “ zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin an der zuvor genannten Adresse in XXXX einen Betrieb i.S.d. § 62 Abs. 1 AMG führe (s. Verständigung vorläufiges Ergebnis, „Zu Mangel M02“; finaler Inspektionsbericht, Pkt. 8c; Bescheid, S. 3 f).

2.2.16. Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde – soweit es sich gegen den festgestellten Sachverhalt richtet – jedoch auch insbesondere auf eine schriftliche Bestätigung der XXXX sowie auf eine Vereinbarung dieser Gesellschaft mit ihr hingewiesen. Schon mit diesen Beweismitteln habe sich die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung nicht auseinandergesetzt (Beschwerde, Abschnitt 3.4.).

2.2.17. Nun hat die Beschwerdeführerin bereits in der Stellungnahme 1, Pkt. 3), umfangreich vorgetragen und insbesondere dargestellt, dass eine XXXX GmbH für sie Logistikdienstleistungen erbringe, die Anbringung des Schilds zur Vermeidung von Missverständnissen von Transporteuren gedient habe und zwischenzeitig bereits entfernt worden sei. Auch legte sie darin dar, dass die Einrichtung eines weiteren Lagers durch sie schon angesichts vorhandener Kapazitäten am Standort XXXX und sohin aus wirtschaftlichen Gründen sinnlos wäre. Sie legte auch ein – an dessen Echtheit und Richtigkeit beim Bundesverwaltungsgericht zumindest im Rahmen des gegenständlichen Provisorialverfahrens keine Zweifel entstanden – Schreiben (in Form einer E-Mail) der XXXX GmbH vom 04.12.2020 vor (der Stellungnahme 2 angehängt), also nach der letzten behördlichen Inspektion bei dieser Gesellschaft, wonach das Schild entfernt worden sei.

2.2.18. Darüber hinaus ist den von der belangten Behörde vorgelegten Akten ein „Logistik-Vertrag“ zu entnehmen (der auch der Beschwerde als Beilage angefügt wurde) – wobei keine Zweifel an dessen Echtheit und Richtigkeit beim erkennenden Gericht aufkamen und Gegenteiliges auch von keiner der Verfahrensparteien behauptet wurde –, worin zwischen der Beschwerdeführerin und der XXXX GmbH vereinbart wurde, dass sich die XXXX GmbH zur „ordnungsgemäßen Unterbringung und Aufbewahrung“ der Produkte der Beschwerdeführerin verpflichtet und dabei sämtliche gesetzliche Lagerungsvorschriften, insbesondere nach der Good Distribution Practice und dem AMG gewährleistet (s. § 3 der Vertragsurkunde). Ebenso ist der Vereinbarung zu entnehmen, dass die Lagerung auf „Gefahr von XXXX GmbH“ in der nach § 63 AMG zertifizierten Betriebsstätte dieser Gesellschaft erfolgt (dazu § 4 Abs. 1 der Vertragsurkunde).

2.2.19. Allerdings ist die belangte Behörde bei ihrer Würdigung im bekämpften Bescheid weder auf die Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der XXXX GmbH noch auf den behaupteten Umstand der Entfernung des Schilds – samt den angebotenen Fotos – eingegangen. Gerade diese Indizien sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts aber fallbezogen als wesentlich zu erachten und veranlassen zur Feststellung, dass an der Adresse XXXX , nicht auf Rechnung und Gefahr der Beschwerdeführerin Arzneimittel gelagert wurden und diese nicht die Verfügungsmacht hatte, über an dieser Adresse stattgefundene Lagerungsvorgänge von Arzneimitteln Anordnung zu treffen. So wird es sich an der genannten Adresse um ein, auch durch die belangte Behörde bewilligtes, Lager (Lagerbetrieb) der XXXX GmbH handeln. Ein bloßes Schild allein – mag dieses auch unrichtige Informationen liefern (bzw. u.U. zur Annahme veranlassen, die Beschwerdeführer habe über die Lieferungsvorgänge Verfügungsmacht bzw. Anordnungsbefugnis, etwa über die Aufnahme, Ablauf oder Einstellung der Lagerungsvorgänge) – reicht dem erkennenden Gericht noch nicht aus, um gegenteilige Schlussfolgerungen zu ziehen.

2.2.20. Auch die Ausführungen unter Pkt. 8c des finalen Inspektionsberichts (in der Beschwerdevorlage folgte sodann keine Äußerung durch die belangte Behörde) waren nicht geeignet, das Bundesverwaltungsgericht angesichts der obigen Erwägungen zu den Beweismitteln doch zu anderslautenden Feststellungen ob des entscheidungsrelevanten Sachverhalts zu bewegen, also von einem tatsächlichen Betrieb auszugehen. Dies weder durch einzelne, die in der Empfängeradresse ein „Außenlager“ der Beschwerdeführerin in XXXX ausweisende Wareneingangsdokumente, noch, wenn man die Anbringung des Schilds durch die XXXX GmbH als Verstoß der Beschwerdeführerin gegen die Vorgaben von § 29 Abs. 4 oder 5 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit über Betriebe, die Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellen, kontrollieren oder in Verkehr bringen und über die Vermittlung von Arzneimitteln (in Folge: „AMBO 2009“) sehen sollte.

2.2.21.1. Daran ändern auch die Ausführungen der belangten Behörde auf S. 21 f in ihrer Stellungnahme zur Beschwerde nichts:

2.2.22.2. Selbst ein – allenfalls auch zutreffender – Verstoß gegen die Lieferungsangaben vermag noch nicht zu einer anderslautenden Schlussfolgerung bezüglich derjenigen Person führen, auf deren Rechnung und Gefahr ein Lagerungsbetrieb „geführt“ wird. Ebenso nicht, falls das Schild tatsächlich „im Einvernehmen“ mit der Beschwerdeführerin an der Adresse in XXXX angebracht worden sein sollte.

2.2.23.3. Dies trifft auch auf einen möglichen Verstoß gegen die Auditierungspflicht nach § 29 Abs. 4 und 5 AMBO (bzw. Pkt. 7.2. Leitlinien GVP) zu. Andererseits würde ja gerade das eingeräumte Zutrittsrecht (nach § 3 Abs. 3 des Logistikvertrags) eine solche Auditierung ermöglichen.

2.2.24.4. Ferner würde auch das Zutreffen der Tatsache, dass an der Adresse in XXXX eingelagerte Waren im Eigentum der Beschwerdeführerin standen (also „Waren des Beschwerdeführers“ wie in der Beschwerde bezeichnet) noch keine Zurechnung des Lagerbetriebs zu dieser i.S. der oben dargestellten Voraussetzungen indizieren.

2.2.25. Den Feststellungen oben unter 2.1.4.1. und 2.1.4.2. lagen nachstehende Erwägungen zugrunde:

2.2.26. Die belangte Behörde stellte im bekämpften Bescheid fest – zumindest kann man dies bei gemeinsamer Betrachtung der zitierten Vorschriften § 15 Abs. 1 und § 30 Abs. 7 AMBO 2009 sowie der Ausführungen sowohl unter dem Begründungsabschnitt „Sachverhalt“ (dort zu M03“) und Pkt. 4 der Rechtlichen Beurteilung so erschließen –, dass Lieferungen beim Wareneingang nicht darauf geprüft wurden, ob die Lieferung mit der davor getätigten Bestellung übereinstimmt. Die belangte Behörde erwog dazu, dass Bestelldokumente nicht fünf Jahre ab der letzten datierten Unterschrift im Betrieb aufbewahrt wurden.

2.2.27. Die Beschwerdeführerin wiederum weist sachverhaltsbezogen darauf hin, dass im Verfahren bereits mehrfach vorgebracht wurde, dass Lieferungen penibel kontrolliert würden und es auch Bestelldokument gebe, die aber weder ausgedruckt noch archiviert würden. Die Beschwerdeführerin weist auch darauf hin – und legt Bescheinigungsmittel dazu vor –, dass man Bestellungen insbesondere in Form von E-Mail, Telefon oder direkt über Online-Plattformen vornehme und dies im betriebenen Warenwirtschaftssystem „ XXXX “ registriere, oder unmittelbar auf den Online-Plattformen. Bei Bestellungen über Letztere würden auch handschriftliche Notizen verfasst (Beschwerde, insbesondere Pkt. 3.5.6. und 3.5.8. f).

2.2.28. Zu diesem Vorbringen wie auch den vorgelegten Bescheinigungsmitteln hat sich die belangte Behörde bei Vorlage der Beschwerde nicht weiter geäußert. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts können sie – zumindest für Zwecke des eine bloße Grobprüfung ausmachenden Provisorialverfahrens – als wahr festgestellt werden. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere auch, dass die Beschwerdeführerin bereits in der Stellungnahme 1, Pkt. 3.3, sowohl auf die Vorkehrungen in der Betriebsbeschreibung wie auch auf existierende „SVA Nr. 3“ hinwies.

2.2.29. Zur von der belangten Behörde vorgenommenen Rechtspflicht zur Aufzeichnung und Aufbewahrungen von Dokumenten i.Z.m. vorgenommenen Bestellungen s. unten unter 2.3.18.2. ff. Danach geht das erkennende Gericht davon aus, dass eine solche sich aus der geltenden Rechtslage nicht ableiten lässt.

2.2.30. Im Lichte dessen vermag das Bundesverwaltungsgericht allein aus der Nichtdokumentation sowie Nichtaufbewahrung von „Bestelldokumenten“ allein, eben auch vor dem Hintergrund sonstiger existierender (qualitätssichernder) Vorkehrungen wie etwa der SVA Nr. 3 oder der Betriebsbeschreibung – auf diese Umstände ging die belangte Behörde bei ihren Erwägungen jedoch nicht ein – nicht darauf zu schließen, dass Kontrollabgleiche i.S.d. § 30 Abs. 7 AMBO 2009 tatsächlich unterlassen wurden. Dazu kommt aber auch noch die – wie vorhin erwogen als wahr feststellbare – Tatsache, dass eben auch über das Warenwirtschaftssystem „ XXXX “ sowie auch bei Bestellung über Online-Plattformen Aufzeichnungen vorgenommen wurden.

2.2.31. Den Feststellungen unter 2.1.5.1., 2.1.5.2., 2.1.5.3. und 2.1.5.4. liegen folgende Erwägungen zugrunde:

2.2.32. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin sowohl über eine Konzession als öffentliche Apotheke gemäß ApG wie auch eine Bewilligung als Großhändlerin nach dem AMG verfügt ergibt sich klar aus den vorgelegten Verfahrensakten und blieb jeweils von den Verfahrensparteien auch unbestritten.

2.2.33. Die Tatsache, dass Arzneimittel von anderen öffentlichen Apotheken ohne jeweils eine Großhandelsbewilligung bezogen wurde und auch an solche Apotheken weiterverkaufte ergibt sich aus den Ermittlungstätigkeiten der belangten Behörde (s. dokumentiert unter Pkt. 11 von Inspektionsbericht 1). Diese Tatsache(n) wurden letztlich von der Beschwerdeführerin auch als solches nicht bestritten (s. dazu Stellungnahme 1, Pkt. 3.4.; Stellungnahme 2, S. 4 f).

2.2.34. Auf die Inhalte der bekämpften Entscheidung kann hinsichtlich der Dokumente (Rechnungen, Lieferscheine) verwiesen werden.

2.2.35. Die Feststellung zur Erklärung beruht auf der – auch von der belangten Behörde unbestritten gebliebenen – Erklärung in der Stellungnahme 2.

2.2.36. Die non-liquet Feststellung unter 2.1.5.5. beruht auf folgenden Erwägungen: Im Bericht zur Inspektion 1 sowie der Verständigung vorläufiges Ergebnis wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, eine Liste von Bezugsquellen vorzulegen (Inspektionsbericht, S. 12; Verständigung vorläufiges Ergebnis, S. 2). In der Stellungnahme 1, S. 13 und 15, führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie sämtliche andere Personen außer öffentlichen Apotheken, von denen sie Arzneimittel bezog, qualifiziere. Mit der Stellungnahme 2 wurde eine Lieferantenliste übermittelt. Im finalen Inspektionsbericht (als Bestandteil jedenfalls der Bescheidbegründung) sowie unter den Sachverhaltsfeststellungen des bekämpften Bescheids wurde dann als bestehend gebliebener Mangel 04 ein Verstoß gegen die Bezugsbeschränkungen ausgewiesen. Im Bescheid wurde auch auf S. 5 unter der „rechtlichen Begründung“ dargelegt, dass Verstöße gegen die Abs. 8 bis 10 von § 3 AMBO gesehen werden. In ihrer Beschwerde trat die Beschwerdeführerin neuerlich der Behauptung entgegen – die sie als „pauschal unbegründet“ erachtete –, wonach Lieferanten nicht qualifiziert worden seien. In der Stellungnahme der belangten Behörde zur Beschwerde wurde dann vorgetragen, dass „ein Nachweis“ der Qualifizierung bis dato nicht übermittelt wurde. Ebenso seien keine weiteren Maßnahmen gesetzt worden, um zukünftig einen Bezug von nicht qualifizierten Lieferanten zu verhindern. Die belangte Behörde wies – im Hinblick auf die Verpflichtung zur Qualifizierung sämtlicher Lieferanten – auf Pkt. 5.2. der Leitlinien GVP hin (Stellungnahme Behörde, S. 26 f).

Nun trifft es zwar zu, dass die Qualifizierung eine entsprechende Dokumentation vorsieht. Diese vorzulegen – also im Rahmen der Mitwirkungspflicht – sah die belangte Behörde nun aber erkennbar erstmals im Zuge der Stellungnahme zur Beschwerde, ohne, dass davor – im Gegensatz zu zahlreichen anderen zu dokumentierenden Umständen – eine entsprechende Aufforderung erging. In Ihrer Äußerung zur Stellungnahme trat die Beschwerdeführerin dem nicht entgegen. Doch sieht das erkennende Gericht es jedoch nicht als feststellbar an, dass vor Lieferungen keine Qualifizierungsschritte gesetzt wurden.

Daran ändert es auch nichts, wenn die belangte Behörde auf S. 27 der Stellungnahme zur Beschwerde, auf ihre Ausführungen zur Behebung des Mangels 04 in der Verständigung vorläufiges Ergebnis hinweist. Wie zuvor ausgeführt ging es darin nur um die Information über die Bezugsquellen. Überdies wurde im „Endbericht“ auf S. 31 des finalen Inspektionsberichts der daraus resultierende Mangel M06 als „im Rahmen der zweiten Stellungnahme“ ausreichend behandelt gesehen (es verblieb dann eben – wie ebenfalls bereits zuvor behandelt – Mangel 04).

2.2.37. Die Feststellungen unter 2.1.6.1. und 2.1.6.2. beruhen auf dem diesbezüglichen konkreten Vorbringen in der Beschwerde (s. Beschwerde, Pkt. 3.1.9. und 3.1.12.), das durch die dem Beschwerdeschriftsatz angefügten Beilagen ./M, ./U1 und ./U2 auch ausreichend bescheinigt wurde. Auch äußerte sich die belangte Behörde dazu in der Beschwerdevorlage nicht.

2.3. Rechtliche Beurteilung:

Allgemeines und entscheidungsrelevante Rechtslage

2.3.1. Gegen die Rechtzeitigkeit oder Zulässigkeit der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheids sprechende Anhaltspunkte kamen nicht hervor und wurde dahingehend von der belangten Behörde auch bei Beschwerdevorlage nichts vorgebracht. Damit war die Beschwerde inhaltlich in Behandlung zu ziehen:

2.3.2.1. Vor dem Hintergrund des von ihr festgestellten Sachverhalts erwog die belangte Behörde, dass der Betrieb entgegen den §§ 5 Abs. 2, 6 und 10 der AMBO 2009 nicht mit kompetentem Personal ausgestattet sei, das im jeweiligen Tätigkeitsbereich fachkundig und ausreichend qualifiziert wäre. Die im Betrieb tätigen Personen würden über keine ausreichende Kenntnis bzw. kein ausreichendes Verständnis für die Gute Vertriebspraxis verfügen. Weiters würde die Beschwerdeführerin für den von ihr betriebenen Standort in XXXX über keine Bewilligung gemäß § 62 Abs. 1 AMG verfügen. Auch seien entgegen § 30 Abs. 7 AMBO 2009 Lieferungen beim Wareneingang nicht entsprechend geprüft worden. Ebenso seien entgegen § 15 Abs. 1 AMBO 2009 sowie den Leitlinien vom 05.11.2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln nicht entsprechend aufbewahrt, nicht vollständig dokumentiert, seine Wirksamkeit nicht überwacht und nicht alle Tätigkeiten in Zusammenhang mit dem Qualitätssicherungssystem definiert und dokumentiert worden. Ferner seien entgegen § 3 Abs. 8, 9 und 10 AMBO 2009 Arzneimittel von nicht entsprechend qualifizierten Lieferanten und überhaupt von öffentlichen Apotheken bezogen worden bzw. solcherart bezogene Arzneimittel durch den Großhandel der Beschwerdeführerin weiterverkauft worden.

2.3.2.2. Die belangte Behörde schlussfolgerte, dass – u.a. aufgrund dessen, dass erst nach wiederholtem Aufzeigen des Mangels durch sie der Verstoß gegen § 3 Abs. 8 und 9 AMBO 2009 beseitigt wurde – die Beschwerdeführerin nicht in der Lage sei, die Erfordernisse gemäß § 3 Abs. 9 und 10 einzuhalten und umzusetzen. Dem Betrieb fehle das Verständnis für die Notwendigkeit und Wichtigkeit der Einhaltung rechtlicher Vorgaben, insbesondere betreffend die gesamte Lieferkette und ihrer lückenlosen Dokumentation. Es bestehe die Gefahr des Eintritts potentiell gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette. Die Äußerungen der Beschwerdeführerin im Verfahren seien nicht geeignet gewesen, diesen Mangel zu beheben und die Bedenken, dass die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zukünftig gewährleistet ist, auszuräumen (zu allem Bescheid, S. 3 ff).

2.3.2.3. Im Lichte dieser Umstände sei der Eintritt von qualitativ beeinträchtigten sowie möglicherweise gefälschten Arzneimitteln in die legale Lieferkette und sohin eine Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier ebenso wenig auszuschließen, wie die Gefahr, dass es auch zukünftig zu die Qualität von Arzneimitteln und die Integrität der diesbezüglichen Dokumentation beeinträchtigenden Verstößen durch den Betrieb komme. Nach Abwägung des dadurch berührten öffentlichen Interesses und dem wirtschaftlichen Interesse der Partei an der Ausübung der Tätigkeit des Großhandels mit Arzneimitteln sei die aufschiebende Wirkung auszuschließen (zu allem Bescheid, S. 5).

2.3.3.1. Die Beschwerdeführerin begehrte die Aufhebung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde. Zusammengefasst auf das Wesentliche monierte sie, dass die belangte Behörde keinerlei konkrete Interessenabwägung vorgenommen, sondern dies nur behauptet habe. Sie habe keine Feststellungen zur konkret vorliegenden Gefahr in Verzug vorgenommen. Es liege auch keine solche Gefahr vor. Die belangte Behörde habe nur behauptet, dass sie die Gefährdung des Eintritts gefälschter Arzneimittel bzw. Arzneimittel schlechter Qualitätslieferkette nicht ausschließen könne. Es genüge für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nicht, das Interesse des öffentlichen Wohls an der vorzeitigen Vollstreckung des Bescheids bestehe, sondern es müsse darüber hinaus auch noch die Umsetzung des Bescheids in Wirklichkeit wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sein. Hier bestehe nicht mal ein theoretisches Interesse des öffentlichen Wohls an der unmittelbaren Großhandelsbetriebseinstellung, weil für jedes Arzneimittel in der Beschaffung dessen Ursprung von einem Arzneimittelgroßhändler oder Hersteller nachgewiesen werden könne. Es gebe daher kein öffentliches Interesse einer Einstellung des Arzneimittelgroßhandelsbetriebs, es könne denkmöglich keine Gefährdungssituation vorlegen. Die Beschwerdeführerin sei auch bei der Umsetzung unionsrechtlicher Vorschriften zur Behinderung des Eintritts gefälschter Arzneimittel „Pilotapotheke“ in Österreich gewesen. Bei ihr sei bereits über sechs Monate vor allen anderen Unternehmen in Österreich das „AMV-System“ installiert worden; darüber hinaus noch ein weiteres System installiert und zusätzlich noch ein freiwilliges zertifiziertes Kontrollsystem.

2.3.3.2. Es bestehe, so die Beschwerdeführerin weiter, jedenfalls keine Gefahr im Verzug, weil die Beschwerdeführerin ein nach Qualitätsstandards zertifiziertes Unternehmen mit Apotheke und Großhandel betreibe. Sie könne für jedes einzelne Arzneimittel in der Beschaffung dessen Ursprung von einem Arzneimittelgroßhändler oder Hersteller nachweisen. Würde der Arzneimittelgroßhandel weiterbetrieben werden, bestehe keine Gefahr für Patientinnen oder Kunden, welche diese Arzneimittel beziehen. So werde ausschließlich Ware über den Großhandel oder Originalhersteller bezogen und auf Einzelpackungsebene mehrfach durch die Beschwerdeführerin kontrolliert.

2.3.3.3. Die Beschwerdeführerin habe sämtliche Qualitätsstandards in der gleichen gesetzeskonformen Form eingehalten, wie dies auch für sämtliche Marktteilnehmer vorgesehen sei. Sie könne für jedes einzelne Arzneimittel die Rückverfolgung mittels Lieferscheinen und Chargendokumentation lückenlos dokumentieren. Das Nichtaufbewahren von intern produzierten Bestelldokumenten vermag am Nachweis der Lieferkette von erhaltenen Arzneimitteln nichts zu ändern.

2.3.3.4. Für die Beschwerdeführerin bedeutete der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteil, weil mit Wirkung der Zustellung des Bescheids der gesamte Arzneimittel-Großhandel eingestellt werden müsse. Durch zu Unrecht getätigte Behauptungen der belangten Behörde hinsichtlich der Gefährdung der Arzneimittelsicherheit und des Nichtbestehens qualifizierten Fachpersonals käme es zu einem unmittelbar eintretenden Schaden aus Reputation und Kundenverlust. Es sei auch eine Durchschlagswirkung für die Komplementärin „ XXXX “ gegeben. Es wäre auch die Liquidität gefährdet, die auch nicht durch Veräußerung von notwendigem Betriebsvermögen aufrechterhalten werden könne. Im internationalen Geschäftsverkehr würden Lieferungen teilweise nicht an Apotheken vorgenommen werden. Es sei zur ordnungsgemäßen Versorgung von Patienten immer wieder erforderlich, Arzneimittel direkt bei einem Hersteller als Arzneimittelgroßhändler und nicht nur als Apotheke bestellen zu können, weil eine Vielzahl von Medikamenten vom Vollgroßhandel willkürlich kontingentiert werde. Die meisten Hersteller würden ausschließlich konzessionierte Großhändler beliefern.

2.3.3.5. Der einstweilige Vollzug würde den Beschwerdeerfolg vereiteln, weil die Geschäftsbeziehungen wegen des damit einhergehenden Vertrauensverlusts gar nicht mehr aufgenommen werden könnten. Auch bei Obsiegen wäre die Beschwerdeführerin mit unumkehrbaren Folgen des einstweiligen Vollzugs konfrontiert.

2.3.3.6. Auch ginge von der Beschwerdeführerin keine solche Gefahr oder Bedrohung aus, die ein zwingendes öffentliches Interesse begründen würde. Wäre dies der Fall, so hätte die belangte Behörde bereits basierend auf dem Sachverhalt unverzüglich gehandelt, aber nicht mehr als sieben Monate später.

2.3.3.7. Bei gebotener Abwägung berührter Interessen würden die Nachteile der Beschwerdeführerin schwerer wiegen als das Interesse der Republik Österreich an der Durchsetzung einer Betriebseinstellung des Arzneimittelhandels mit in Österreich zugelassenen und von unzähligen anderen Marktteilnehmern gehandelten, den unionsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Chargen von in Österreich bezogenen Arzneimitteln. Dritten Personen könnten aus der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung keinerlei Nachteile erwachsen.

2.3.4.1. Die belangte Behörde trat in einer Stellungnahme zur Beschwerde den Argumenten der Beschwerdeführerin ob des von dieser ersehenen unrechtmäßigen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung entgegen und brachte vor, dass eine von ihr durchgeführte Interessensabwägung ergeben habe, dass das öffentliche Interesse an der Hintanhaltung des Eintritts von qualitativ beeinträchtigten sowie möglicherweise gefälschten Arzneimitteln in den österreichischen Arzneimittelmarkt das wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführerin an der weiteren Ausübung der Tätigkeit des Großhandels überwiege. Ebenso das öffentliche Interesse an der Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit einer hohen Qualität von Arzneimitteln und der vollständigen Integrität und Transparenz der mit dem Inverkehrbringen von Arzneimitteln zusammenhängenden und erforderlichen Dokumentation. Der Großhandelsvertrieb von Arzneimitteln sei ein wichtiger Bestandteil der integrierten Versorgungskette. Das Vertriebsnetz für Arzneimittel werde immer komplexer und umfasse viele Wirtschaftsakteure. Da es sich bei Arzneimitteln um essentielle, jedoch in ihrer Qualität äußerst sensible Produkte handelt, sei es unumgänglich, dass die diesbezügliche Lieferkette und die daran beteiligten Unternehmen streng überwacht und ein hoher Maßstab an die Einhaltung der diesbezüglichen Vorschriften angelegt werde. Die Öffentlichkeit habe ein hohes Interesse daran, dass Fehlerquellen, die Arzneimittel betreffen, unverzüglich behoben würden, um einerseits einen hohen Gesundheitsschutz und andererseits das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Sicherheit und Qualität von Arzneimitteln zu gewährleisten. Diese Sicherheit und Qualität hängt insbesondere auch vom Vorhandensein und der Qualität der zum Vertrieb von Arzneimitteln notwendigen Dokumentation sowie der Fachkunde und dem Verständnis der am Vertrieb beteiligten Personen zusammen. Die Teilnahme eines Großhandels, der weder über ausreichend qualifiziertes Personal verfügt, systematisch die erforderliche notwendige Dokumentation unterlässt und langfristig Lieferanten nicht entsprechend qualifiziert, am Verkehr mit Arzneimitteln, ist aus Sicht der belangten Behörde im Sinne des öffentlichen Interesses an der Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimitteln nicht vertretbar.

2.3.4.2. Betreffend die Gefahr im Verzug sei es aus Sicht der belangten Behörde geboten, dass die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit gegebenenfalls erst dann weiterführe, wenn rechtskräftig festgestellt werde, dass sie diese entsprechend den arzneimittelrechtlichen Vorschriften ordnungsgemäß ausführe bzw. ausführen könne.

2.3.4.3. Betreffend die Ausführungen zur wirtschaftlichen Situation der Beschwerdeführerin, wonach das Unternehmen ohne dem Ertrag aus dem Großhandel in den Verlustbereich käme, sei aus Sicht der belangten Behörde darauf hinzuweisen, dass es im eigenen unternehmerischen Verantwortungs- und Risikobereich liege, wenn Ausgaben eines Betriebsteils, nur mit Einnahmen aus einem anderen Betriebsteil gedeckt werden können, und dieser andere Betriebsteil von dem Vorhandensein einer eigenständigen Gewerbeberechtigung und Betriebsbewilligung abhänge. Die jeweiligen arzneimittelrechtlichen Voraussetzungen sind völlig unabhängig von der in unternehmerischer Freiheit gewählten Betriebsstruktur zu erfüllen (zu allem Stellungnahme Behörde, S. 13 f).

2.3.4.4. Die Beschwerdeführerin replizierte zu den Ausführungen in der Stellungnahme und rügte, dass sich die belangte Behörde wieder nicht mit konkreten Gefahren auseinandergesetzt habe, sondern ganz allgemein Gefahren beschreibe, welche insgesamt im Großhandelsbereich gegeben seien. Auch setze sich die Beschwerdegegnerin weder mit einer gesetzlich geforderten Interessenabwägung auseinander, noch könne sie eine konkrete Gefahr durch den Beschwerdeführer benennen, weil eine solche niemals vorgelegen sei.

2.3.4.5. Bei der Beschwerdeführerin handle es sich um einen Musterbetrieb, der sogar ausgewählt wurde, die Umsetzung der Arzneimittelfälschungsrichtlinien als einer der ersten österreichischen Betriebe mitumzusetzen und welcher nicht nur ein, sondern zwei separate Arzneimittelfälschungsprüfungsverfahren bei jedem einzelnen Produkt durchführe (zu alledem Äußerung Beschwerdeführerin, Pkt. 6)).

2.3.6. Dazu war nun vom Bundesverwaltungsgericht zu erwägen:

2.3.7. Die §§ 13 und 22 VwGVG lauten samt Überschriften:

„Aufschiebende Wirkung

§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(4) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Aufschiebende Wirkung

§ 22. (1) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(2) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

(3) Das Verwaltungsgericht kann Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.“

2.3.8.1. Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind folgende wesentliche Leitlinien zur Rechtfertigung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer rechtzeitig erhobenen und auch sonst zulässigen Beschwerde zu entnehmen:

2.3.8.2. Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG – ex lege – aufschiebende Wirkung. Diese kann jedoch gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG bei Vorliegen der danach maßgeblichen Voraussetzungen von der Behörde mit Bescheid ausgeschlossen werden. § 13 VwGVG statuiert damit als Grundsatz, dass einer (rechtzeitigen und zulässigen) Bescheidbeschwerde aufschiebende Wirkung zukommt, die von der Behörde nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen – wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist – aberkannt werden darf (Regel-Ausnahme-Prinzip).

2.3.8.3. Das Tatbestandsmerkmal „Gefahr im Verzug“ bringt zum Ausdruck, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll. Voraussetzung für den Ausschluss der einer Beschwerde grundsätzlich zukommenden aufschiebenden Wirkung ist daher eine nachvollziehbare Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen der Verfahrensparteien, aus der sich ebenso nachvollziehbar ergibt, dass für den Fall, dass die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen wird, gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl eintreten würden bzw. gravierende Nachteile für eine Partei, die jene Nachteile deutlich überwiegen, die bei nicht verfügtem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde anderen Verfahrensparteien entstehen würden. Das Bestehen öffentlicher Interessen am Vollzug der Maßnahme berechtigt hingegen nicht schon ohne Weiteres zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen dringend gebieten (zum Ganzen vgl. etwa VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143, Rn. 22 f, m.w.N.).

2.3.83.4. Das Verwaltungsgericht hat grundsätzlich in der Sache zu entscheiden und seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebenden Sach- und Rechtslage auszurichten. „Sache“ ist im Fall einer Beschwerde gegen einen Bescheid i.S.d. § 13 Abs. 2 VwGVG die Frage der Zu- bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat diese Sache – und dies ohne Bindung an die im behördlichen Verfahren vorgebrachten Argumente – umfassend und eigenständig zu beurteilen und dabei auch auf allfällige Sachverhaltsänderungen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 17.03.2021, Ra 2021/03/0035, Rn. 38, m.w.N.).

2.3.8.5. Im Provisorialverfahren ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nicht zu prüfen (dazu etwa VwGH 16.09.2020, Ra 2019/06/0243, Rn. 9).

2.3.9. Fallbezogen sah die belangte Behörde den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ausgehend von einer Reihe von ihr ersehenen Verletzungen von Ge- oder Verboten nach dem AMG und der AMBO durch die Beschwerdeführerin bei Ausübung von deren gemäß § 63 AMG bewilligten Großhandelsbetriebs als gerechtfertigt an. Deshalb ist in der Folge – wenngleich i.S. eines Provisiorialverfahrens – zu beurteilen, ob von den erwähnten Verstößen überhaupt auszugehen ist.

2.3.10.1. Die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABl. L 311 vom 28.11.2011, S. 67 i.d.F. der Verordnung (EU) 2020/1043 (in Folge: „Gemeinschaftskodex Humanarzneimittel“) lautet auszugsweise:

Artikel 77

(1) Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass für den Großhandel mit Arzneimitteln der Besitz einer Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Arzneimittelgroßhändlers vorgeschrieben ist und dass in der Genehmigung angegeben ist, für welche Räumlichkeiten in ihrem Hoheitsgebiet sie gültig ist.

(2) Der in Absatz 1 genannten Genehmigung bedarf ferner, wer zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt ist und gleichzeitig aufgrund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Tätigkeit eines Arzneimittelgroßhändlers ausüben darf.

(3) … (5) …

(6) Der Mitgliedstaat, der die Genehmigung gemäß Absatz 1 erteilt hat, setzt diese Genehmigung aus bzw. widerruft sie, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung nicht mehr erfüllt sind. Er setzt die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission davon unverzüglich in Kenntnis.

(7) …

Artikel 79

Um die Großhandelsgenehmigung zu erlangen, muss der Antragsteller mindestens folgenden Anforderungen genügen:

a) Er muss über geeignete und ausreichende Räumlichkeiten, Anlagen und Einrichtungen verfügen, um eine ordnungsgemäße Lagerung und einen ordnungsgemäßen Vertrieb der Arzneimittel zu gewährleisten;

b) er muss über sachkundiges Personal, insbesondere einen eigens benannten Verantwortlichen verfügen, dessen Qualifikationen den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats genügen;

c) er muss sich verpflichten, die ihm gemäß Artikel 80 obliegenden Verpflichtungen einzuhalten.

Artikel 80

Der Inhaber einer Großhandelsgenehmigung muss mindestens folgenden Anforderungen genügen:

a) …

b) er darf sich seine Vorratsbestände an Arzneimitteln nur bei Personen beschaffen, die entweder selbst Inhaber einer Großhandelsgenehmigung sind oder die gemäß Artikel 77 Absatz 3 von dieser Genehmigung befreit sind;

c) er darf Arzneimittel nur an Personen liefern, die entweder selbst Inhaber einer Großhandelsgenehmigung sind oder die in dem betreffenden Mitgliedstaat zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt sind;

ca) er muss gemäß den Anforderungen der in Artikel 54a Absatz 2 genannten delegierten Rechtsakte überprüfen, dass die von ihm beschafften Arzneimittel nicht gefälscht sind, indem er die Sicherheitsmerkmale auf der äußeren Umhüllung kontrolliert;

d) …

e) er muss für alle Ein- und Ausgänge oder Vermittlungsvorgänge im Zusammenhang mit Arzneimitteln Unterlagen in Form von Einkaufs-/Verkaufsrechnungen, in rechnergestützter Form oder in jeder sonstigen Form mit folgenden Mindestangaben aufbewahren:

— Zeitpunkt;

— Name des Arzneimittels;

— eingegangene, gelieferte oder vermittelte Menge;

— Name und Anschrift des Lieferanten bzw. des Empfängers;

— Chargennummer des Arzneimittels zumindest bei den Arzneimitteln, die die Sicherheitsmerkmale nach Artikel 54 Buchstabe o tragen;

f) er muss die Unterlagen gemäß Buchstabe e) den zuständigen Behörden während eines Zeitraums von fünf Jahren zu Prüfungszwecken zur Verfügung halten;

g) er muss die in Artikel 84 festgelegten Grundsätze und Leitlinien guter Vertriebspraktiken für Arzneimittel einhalten;

h) er muss ein Qualitätssicherungssystem unterhalten, in dem die Zuständigkeiten und Abläufe sowie die Maßnahmen zum Risikomanagement in Bezug auf seine Tätigkeiten dargelegt sind;

i) er muss sofort die zuständige Behörde und gegebenenfalls den Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen unterrichten, wenn er Arzneimittel, die er erhält oder die ihm angeboten werden, als gefälscht oder mutmaßlich gefälscht erkennt.

Für die Zwecke von Buchstabe b müssen die Inhaber einer Großhandelsgenehmigung im Fall der Beschaffung des Arzneimittels bei einem anderen Großhändler überprüfen, ob der liefernde Großhändler die Grundsätze und Leitlinien der guten Vertriebspraxis einhält. Dies umfasst die Überprüfung, ob der liefernde Großhändler eine Großhandelsgenehmigung besitzt.

Bei Beschaffung des Arzneimittels bei einem Hersteller oder Einführer müssen die Inhaber einer Großhandelsgenehmigung überprüfen, ob der Hersteller oder Einführer Inhaber einer Herstellungserlaubnis ist.

Bei Beschaffung des Arzneimittels durch Vermittlung müssen die Inhaber der Großhandelsgenehmigung überprüfen, ob der beteiligte Arzneimittelvermittler den Anforderungen dieser Richtlinie genügt.

Artikel 84

Die Kommission veröffentlicht Leitlinien für die gute Vertriebspraxis. Zu diesem Zweck konsultiert sie den Ausschuss für Humanarzneimittel und den durch die Entscheidung 75/320/EWG des Rates ( 11 ) eingesetzten Pharmazeutischen Ausschuss.“

2.3.10.2. Die Leitlinien für die gute Vertriebspraxis (in Folge: „Leitlinien GVP“), kundgemacht durch ABl. C 343/1, lauten auszugsweise:

„KAPITEL 1 — QUALITÄTSMANAGEMENT

1.1 Grundsatz

Großhändler müssen ein Qualitätssicherungssystem unterhalten, in dem die Verantwortlichkeiten, Abläufe und die Grundsätze des Risikomanagements in Bezug auf ihre Tätigkeiten dargelegt sind. Alle Vertriebstätigkeiten sollten klar definiert und systematisch überprüft werden. Alle kritischen Abschnitte der Vertriebsabläufe und wesentlichen Änderungen sollten begründet und, soweit erforderlich, validiert werden. Zuständig für das Qualitätssicherungssystem sind die Geschäftsführer der Organisation, welche die Leitung übernehmen und sich aktiv beteiligen sollten; die Belegschaft sollte das System unterstützen.

1.2 Das Qualitätssicherungssystem

Das System zur Gewährleistung der Qualität sollte die Organisationsstruktur, Verfahren, Prozesse und Ressourcen sowie Tätigkeiten umfassen, mit denen sichergestellt werden kann, dass Qualität und Unversehrtheit des gelieferten Produkts beibehalten werden und es während Transport und Lagerung in der legalen Lieferkette verbleibt.

Das Qualitätssicherungssystem sollte vollständig dokumentiert und seine Wirksamkeit überwacht werden. Alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Qualitätssicherungssystem sollten definiert und dokumentiert werden. Auch sollte ein QualitätsHandbuch oder eine ähnliche Dokumentation erstellt werden.

KAPITEL 2 — PERSONAL

2.1 Grundsatz

Der ordnungsgemäße Vertrieb von Arzneimitteln hängt immer von Menschen ab. Daher ist es wichtig, dass ausreichend geschultes Personal zur Verfügung steht, um die Tätigkeiten, für die der Großhändler verantwortlich ist, tatsächlich auszuführen.

Die Mitarbeiter sollten sich über die einzelnen Zuständigkeiten — die auch aufgezeichnet werden sollten — im Klaren sein.

2.2 Verantwortliche Person

Der Großhändler muss eine verantwortliche Person benennen.

Diese verantwortliche Person sollte über alle von den betreffenden Mitgliedstaaten rechtlich vorgeschriebenen Qualifikationen und Voraussetzungen verfügen (1). Ein Hochschulabschluss in Pharmazie ist wünschenswert. Die verantwortliche Person sollte auch über angemessene Kompetenz und Erfahrung sowie über Kenntnisse und eine Ausbildung in der guten Vertriebspraxis verfügen.

Sie sollte ihre Zuständigkeiten persönlich wahrnehmen und jederzeit erreichbar sein. Die verantwortliche Person kann bestimmte Aufgaben delegieren, nicht aber ihre Verantwortung.

In der Aufgabenbeschreibung für die verantwortliche Person sollte klar festgelegt sein, dass sie die Befugnis hat, die für die Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten erforderlichen Entscheidungen zu treffen. Der Großhändler sollte der verantwortlichen Person die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Weisungsbefugnis und die erforderlichen Ressourcen und Zuständigkeiten übertragen.

Die verantwortliche Person sollte ihre Aufgaben so ausführen, dass der Großhändler die Einhaltung der guten Vertriebspraxis nachweisen kann und dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erfüllt werden.

Die Zuständigkeiten der verantwortlichen Person sollten Folgendes umfassen:

i) Zuständigkeit für die Implementierung und Aufrechterhaltung des Qualitätsmanagementsystems;

ii) Konzentration auf die Durchführung genehmigter Tätigkeiten, sowie auf Genauigkeit und Qualität der Aufzeichnungen;

iii) Gewährleistung der Durchführung und Weiterführung der Aus- und Fortbildungsprogramme;

iv) Koordinierung und unmittelbare Durchführung jeglicher Arzneimittel-Rückrufaktion;

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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