TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/19 G309 2236213-5

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Veröffentlicht am 19.05.2021
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Entscheidungsdatum

19.05.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
VwGVG §8a
ZPO §64 Abs1 Z1 lita

Spruch


G309 2236213-5/10E

Schriftliche Ausfertigung des am 15.04.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Einzelrichter über die erhobene Beschwerde gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Afghanistan, vertreten durch die Bundesbetreuungsagentur für Unterstützungsleistungen (BBU), BFA-Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.04.2021,

I. zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.      Die Voraussetzungen für die weitere Fortsetzung der Schubhaft liegen vor.

III.    Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro (Vorlageaufwand, Schriftsatzaufwand und Verhandlungsaufwand) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. beschlossen:

C)       Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Eingabegebühr wird stattgegeben.

D)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Steiermark, vom 29.09.2020 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

2. Der BF erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde.

3. Mit Erkenntnis vom 09.11.2020, G312 2236213-1/13E, (mündlich verkündet am 23.10.2020) wurde die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen, festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

4. Mit Erkenntnis vom 26.01.2021, G308 2236213-2/5E, wurde in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

5. Mit gek. Erkenntnis vom 11.03.2021, G301 2236213-3/7E, wurde in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des BF nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.02.2021 (mündlich verkündet) festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

6. Mit Erkenntnis vom 23.03.2021, G312 2236213-4/2E wurde in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des BF festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

7. Mit Schriftsatz vom 08.04.2021 erhob der BF im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung Beschwerde gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft gemäß §§ 22a BFA-VG.

8. Am 15.04.2021 fand eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt, an welcher der BF, seine Rechtsvertretung, ein Vertreter der belangten Behörde sowie ein Dolmetscher für die Sprache Dari teilnahmen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet.

9. Am 29.04.2021 langte ein Antrag des rechtsfreundlich vertretenen BF auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), ist Staatsangehöriger von Afghanistan, volljährig, leidet an keiner lebensbedrohenden Erkrankung und im arbeitsfähigem Alter. Er besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

1.2. Der BF ist spätestens am 25.03.2016 schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet eingereist und beantragte internationalen Schutz.

1.3. Mit Bescheid des BFA vom 04.12.2017 wurde der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG nicht zugesprochen, eine Rückkehrentscheidung mit befristetem Einreiseverbot erlassen, die Abschiebung nach Afghanistan für zulässig erklärt und eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom BVwG am 22.01.2018, W104 2182868-1/3E, teilweise stattgegeben, indem das Einreiseverbot behoben wurde und die Beschwerde im Übrigen als unbegründet abgewiesen wurde. In Erledigung der dagegen erhobenen Beschwerde behob der VfGH das Erkenntnis mit Beschluss vom 25.02.2019, E 400/2018-15. Mit Beschluss vom 01.04.2019, W104 2182868-1/18Z, durch das BVwG wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Am 04.04.2019 stellte das BVwG mit verfahrensleitenden Beschluss das Asylverfahren gemäß § 24 AsylG 2005 ein, da sich der BF dem Verfahren entzogen hat. Mittlerweile wurde das Verfahren wieder fortgesetzt.

1.4. Mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX , Zahl XXXX vom 16.08.2017, wurde der BF rechtskräftig nach dem Suchtmittelgesetz gemäß § 27 Abs. 2a zweiter Fall, § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall und § 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung liegt zugrunde, dass er an einem allgemein zugänglichen Ort öffentlich anderen gegen Entgelt, teils durch Versuch, im XXXX Stadtpark Cannabiskraut an unbekannte Abnehmer gewinnbringend verkauft hat, während sich in unmittelbarer Nähe 30 Passanten aufgehalten haben.

1.5. Am 02.03.2021 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB ( XXXX ) angeklagt.

1.6. Der BF beantragte in Deutschland Asyl, nachdem er sich dem Verfahren in Österreich entzogen hat und illegal die Grenze nach Deutschland überschritten hat. Der Rückübernahme wurde damals nicht zugestimmt. Davor hatte er bereits in Frankreich einen Antrag auf Asyl gestellt, ebenfalls nach illegalem Grenzübertritt.

1.7. Am 28.09.2020 wurde der BF in XXXX aufgrund Fremdgefährdung gemäß § 46 Abs. 2 SPG in eine Krankenanstalt vorgeführt, aus dieser am 29.09.2020 entlassen, gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG festgenommen und in das PAZ XXXX verbracht.

1.8. Mit dem oben angeführten Bescheid des BFA wurde gegen den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens angeordnet.

1.9. Mit den oben angeführten Erkenntnissen des BVwG wurde gegen die Beschwerde bzw in den von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

1.10. Der BF verfügt in Österreich über keine familiären, beruflichen oder sozialen Bindungen. Er kann Österreich mangels gültiges Reisedokument nicht legal aus eigenem verlassen. Seit 20.09.2018 verfügt er über keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich. Er besitzt auch nicht über ausreichende Barmittel, um seinen Unterhalt zu finanzieren und ging bis dato keiner legalen Beschäftigung nach.

1.11. Der BF hat er sich den in Österreich in fremdenrechtlicher Hinsicht geführten Verfahren durch die rechtswidrige Ausreise nach nach Frankreich und Deutschland entzogen. Er hat sich somit als nicht vertrauenswürdig und nicht kooperativ erwiesen.

1.12. Der BF ist haftfähig und es sind keine Umstände hervorgekommen, welche die Verhältnismäßigkeit der Haft in Zweifel ziehen lassen.

1.13. Das BFA hat das Verfahren zur Identifizierung, wie auch zur Erreichung des HRZ rechtzeitig eingeleitet. Die Identifizierung als afghanischer Staatsangehöriger ist bereits erfolgt. Es kann jederzeit ein EU Laissez-Passer ausgestellt werden.

1.14. Aus derzeitiger Sicht ist mit einem zeitnahen Abschluss des vom BVwG zu W104 2182868-1 geführten Beschwerdeverfahren zu rechnen.

1.15. Der BF stellt eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung iSd § 67 FPG dar, dies ergibt sich nicht nur aufgrund seiner Verurteilung, sondern auch aufgrund seiner Aussagen vor dem BVwG am 23.10.2020 und 04.12.2020, sowie seinem Verhalten was zur Vorführung in eine Krankenanstalt wegen Fremdgefährdung führte.

1.16. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den BF gefährdet und das Risiko, dass der BF untertaucht, bevor einerseits das anhängige Beschwerdeverfahren (Verfahren bezüglich des Antrages auf Internationalem Schutz) abgeschlossen werden kann, bzw. im Falle eines negativen Ausganges dieses Verfahrens, eine Rückführung nach Afghanistan erfolgen kann, als schlüssig anzusehen ist und von massiver Fluchtgefahr auszugehen ist. Es liegen die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft weiterhin vor.

2. Beweiswürdigung:

Den Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und die Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen sowie seinen Angaben in den mündlichen Verhandlungen.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt und den Eintragungen im Strafregister der Republik Österreich. Die Anlageerhebung wegen Körperverletzung ergibt sich aus dem Inhalt des Beschwerdeaktes.

Die Feststellung zum Fehlen maßgeblicher familiärer und nennenswerter privater Bindungen und zum Nichtvorliegen von Anhaltspunkten für die Annahme einer sozialen Verankerung oder umfassenden Integration in Österreich beruht auf den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, sowie auf dem Umstand, dass in der Beschwerde und den Angaben in den mündlichen Verhandlungen keinerlei konkrete Umstände vorgebracht wurden, die allenfalls eine andere Beurteilung zugelassen hätten.

Die Feststellungen zur Erlangung des HRZ ergeben sich aus dem Verfahrensakt und der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung, dass mit einer zeitnahen Entscheidung im Verfahren W104 2182868-1 zu rechnen ist, gründet auf dem Umstand, dass der Leiter der Gerichtsabteilung W104 das Verfahren auf Grund der Anhaltung in Schubhaft prioritär behandelt. Die Feststellung zur Gefährdung des BF iSd § 67 FPG ergeben sich einerseits aus dem Verhalten in strafrechtlicher Hinsicht, auch aufgrund seiner eigenen Ausführungen in einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, indem er angab, er werde – sobald er aus der Schubhaft entlassen werde – wieder mit dem Suchtgifthandel beginnen bzw. dieses weiterführen, sowie aufgrund seines bisherigen gezeigten Verhaltens (fremdgefährdendes Verhalten - Vorführung in eine Krankenanstalt gemäß den Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit:

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das BVwG ist nach § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

3.2. Abweisung der Beschwerde betreffend Anhaltung in Schubhaft (Spruchteile A I. und II.):

3.2.1. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647). Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 2 FPG).

Dabei ist es allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138). Schubhaft erfordert nämlich keine Gewissheit darüber, dass es letztlich zu einer Abschiebung kommen könnte. Sie muss sich nach Lage des Falles bloß mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).

Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).

3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich fallbezogen:

Mit Bescheid des BFA vom 04.12.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF vom 25.03.2016 abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan festgestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde ist derzeit – nach Fortsetzung des vorher wegen Untertauchens des BF eingestellten Verfahrens – beim BVwG zur Geschäftszahl W104 2182868-1 wieder anhängig. Der Beschwerde wurde mit Beschluss des BVwG vom 01.04.2019 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Der BF ist Asylwerber im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005. Mit Beschluss des BVwG vom 10.02.2021, W104 2182868-1/35Z, wurde eine medizinische Sachverständige für Psychiatrie und Neurologie bestellt und es erfolgte eine Begutachtung des BF zur Klärung seines (psychischen) Gesundheitszustandes am 23.03.2021.

Angemerkt wird an dieser Stelle, dass diese Begutachtung des BF bereits für den 26.01.2021 geplant war, und diese Verständigung auch dem BF im Wege seiner (damaligen) bevollmächtigten Rechtsvertretung nachweislich zugegangen ist. Das dieser Termin vom BF versäumt wurde, ist nicht der Sphäre der belangten Behörde zuzurechnen.

Zum Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gemäß § 67 FPG ist auszuführen, dass der BF rechtskräftig vom Landesgericht für Strafsachen XXXX am 16.08.2017 wegen des Handels mit Suchtgiften in der Öffentlichkeit zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt wurde.

Am 28.09.2020 wurde der BF - nachdem er wieder nach Österreich zurückgekehrt war, ohne sich bei den Behörden zu melden - in XXXX wegen Fremdgefährdung zunächst in eine psychiatrische Krankenanstalt verbracht und ab 29.09.2020 im Polizeianhaltezentrum in XXXX angehalten. Der BF verhielt sich auf offener Straße äußerst aggressiv und drohte beim Eintreffen der Polizei durch lautstarkes Schreien, dass er alle umbringen würde. Diese Drohungen wiederholte der BF dann im Zuge der weiteren Amtshandlung in der Polizeiinspektion.

Unter Berücksichtigung der strafrechtlichen Verurteilungen und der kriminellen Energie des BF überwiegt das öffentliche Interesse an der Sicherung des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme den Schutz seiner persönlichen Freiheit. Vom BF geht eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung aus (Gewaltdelikte und strafbare Handlungen nach dem SMG). Aufgrund der Wirkungslosigkeit bisheriger strafrechtlicher Sanktionen sowie fremdenrechtlicher Maßnahmen, ist anzunehmen, dass von ihm auch zukünftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehen wird.

In der mündlichen Schubhaftbeschwerde-Verhandlung vor dem BVwG am 23.10.2020 (GZ G312 2236213-1/10Z) antwortete der BF auf die Frage, warum er im Jahr 2017 mit Drogen gehandelt habe, dass er im Fall der Freilassung das Gleiche wieder machen würde, weil er nichts zum Essen und zum Anziehen habe, und auch in Frankreich mit Drogen gehandelt habe.

Das dargestellte persönliche Verhalten und auch der gewonnene Eindruck im Zuge der mündlichen Verhandlung (aufbrausendes Verhalten) des BF stellt in einer Gesamtwürdigung aller Umstände eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft (fallgegenständlich die Verhinderung strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben und die Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität) berührt.

Es besteht somit auch weiterhin ein berechtigter Grund zur Annahme, dass durch das Verhalten des BF eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 67 FPG vorliegt.

Diese Annahme wird seit Anordnung der Schubhaft dadurch verstärkt, dass er mehrmals im AHZ Vordernberg ein unkooperatives und aggressives Verhalten zeitigte, wobei der BF erst am 08.02.2021 im Zuge einer Auseinandersetzung einen Mithäftling verletzte.

Diesbezüglich wurde von der Staatsanwaltschaft XXXX Anklage gegen den BF erhoben und wurde für den 30.04.2021 eine Verhandlung vor dem Bezirksgericht XXXX anberaumt.

Zur Fluchtgefahr ist festzuhalten, dass der BF während des – nach Aufhebung der Entscheidung des BVwG vom 22.01.2018 durch Erkenntnis des VfGH vom 25.02.2019, E 400/2018-15 – neuerlich anhängig gewordenen Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG untertauchte und sich damit dem laufenden Asylverfahren entzog, woraufhin das Beschwerdeverfahren mit verfahrensleitendem Beschluss vom 04.04.2019 eingestellt wurde. Der BF reiste von Österreich illegal nach Frankreich und Deutschland, wo er jeweils – am 13.04.2018 bzw. am 21.06.2019 – Anträge auf internationalen Schutz stellte.

Das erkennende Gericht tritt der Beurteilung der belangten Behörde bei, dass der BF nicht die erforderliche Vertrauenswürdigkeit aufweist, um im Fall der Beendigung der Schubhaft von einer freiwilligen Mitwirkungsbereitschaft im Zusammenhang mit dem anhängigen Asylverfahren ausgehen zu können. Die Annahme, wonach es sehr wahrscheinlich ist, dass im Fall der Beendigung der Schubhaft durch Freilassung letztlich das Verfahren über den vom BF gestellten Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch Untertauchen vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, erweist sich unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF und der mangelnden Vertrauenswürdigkeit nach wie vor als begründet.

Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass der BF bereits während des anhängigen Beschwerdeverfahrens untergetaucht und nach Frankreich und Deutschland gereist war, wo er jeweils Anträge auf internationalen Schutz stellte, um so – wie er in der Verhandlung am 23.10.2020 einräumte – auch eine drohende Abschiebung nach Afghanistan zu verhindern.

Ein Sicherungsbedarf wegen Bestehens von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 2 Z 1 iVm. Abs. 3 FPG ist somit weiterhin gegeben.

Es kann derzeit auch unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Dauer des Asylverfahrens, davon ausgegangen werden, dass das zu sichernde Asylverfahren – im Fall einer Abweisung der Asylbeschwerde – im Hinblick auf die damit verbundene Rückkehrentscheidung auch tatsächlich in eine Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan münden kann. So wies die belangte Behörde zutreffend darauf hin, dass derzeit sowohl die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente ausgestellt werden, als auch Abschiebungen nach Afghanistan – trotz aufrechter Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie – tatsächlich regelmäßig durchgeführt werden und in den nächsten Monaten auch weitere Charter-Rückführungen in Aussicht genommen sind.

Ein gelinderes Mittel gemäß § 77 FPG (periodische Meldeverpflichtung bei der Polizei, angeordnete Unterkunftnahme, Hinterlegung einer finanziellen Sicherung), ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des Vorliegens einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und von Fluchtgefahr sowie der fehlenden Vertrauenswürdigkeit, zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet.

Die Fortsetzung der Schubhaft auf Grundlage des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG wegen Vorliegens einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und wegen Fluchtgefahr erweist sich aufgrund der dargelegten Umstände, der voraussichtlichen Dauer des laufenden Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG betreffend des Antrages auf internationalen Schutz und der tatsächlichen Möglichkeit einer im Fall eines negativen Abschlusses des Asylverfahrens zeitnah durchführbaren Abschiebung, auch als verhältnismäßig (vgl. VwGH 16.05.2019, Ra 2018/21/0177).

Mit dem das Asylbeschwerdeverfahren führenden Leiter der Gerichtsabteilung wurde telefonisch Kontakt aufgenommen (Aktenvermerk OZ 6) und teilte dieser mit, dass das Verfahren prioritär geführt werde, und nach dem Einlangen des Gutachtens der medizinischen Sachverständigen mit einer zeitnahen Entscheidung zu rechnen sei. Die in § 80 Abs. 5 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft im Ausmaß von zehn Monaten endet am 29.07.2021.

Die Fortsetzung der Schubhaft ist somit auch unter Berücksichtigung der in § 80 FPG vorgesehenen Regelungen über die Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft zulässig. Die Anhaltung in Schubhaft erweist sich somit zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung weiterhin zum Zweck der Sicherung der Abschiebung wegen Fluchtgefahr als notwendig und auch als verhältnismäßig, weshalb gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden war. Die Schubhaft kann daher fortgesetzt werden.

3.3. Zum Ersatz der Aufwendungen (Spruchpunkt A.III.):

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Der mit "Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" betitelte § 35 VwGVG lautet:

"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) wie folgt festgesetzt:

"1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro."

Es war daher spruchgemäß der beschwerdeführenden Partei als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz (mit Verhandlungsaufwand) in der Gesamthöhe von 887,20 Euro aufzuerlegen.

3.4. Zur Stattgabe des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Eingabegebühr (Spruchteil C.):

Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr findet in § 8a VwGVG iVm. § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage.

Mit dem vorliegenden Vermögensbekenntnis wurde glaubhaft dargelegt, dass der BF nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt und daher außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten. Es war daher gemäß § 8a iVm. § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO dem Antrag stattzugeben und durch Beschluss die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr zu bewilligen.

3.5. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkte B. und D.):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Schlagworte

Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G309.2236213.5.00

Im RIS seit

04.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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