Index
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;Norm
B-VG Art140 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. April 1996, Zl. Ve1-550-2049/1-8, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Helga und Max K in H, 2. Gemeinde T, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. November 1995 wurde das Bauansuchen der Erstmitbeteiligten um Genehmigung des Ausbaues des Dachgeschoßes zwecks Errichtung einer Privatwohnung im "Haus X" abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Erstmitbeteiligten hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 25. Jänner 1996 keine Folge gegeben. Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Beschwerdeführer als auch die Erstmitbeteiligten Vorstellung an die Tiroler Landesregierung, die mit Bescheid vom 23. April 1996 den Vorstellungen der Erstmitbeteiligten Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid behoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde verwiesen hat. Die Vorstellung des Beschwerdeführers wurde als unbegründet abgewiesen.
Die Aufhebung des Bescheides des Gemeindevorstandes wurde damit begründet, daß gemäß § 42 Abs. 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 im Freiland Umbauten anderer als land- und forstwirtschaftlicher Gebäude und Zubauten zu solchen Gebäuden, mit denen die Baumasse (§ 61 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit.) gegenüber dem ursprünglichen Gebäude um insgesamt höchstens 25 v.H. vergrößert werde, zulässig seien. Eine Änderung des Verwendungszweckes von solchen Gebäuden sei nicht zulässig. Gemäß § 61 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. gelte als Baumasse eines Gebäudes der umbaute Raum oberhalb der Erdoberfläche, der von der äußeren Fläche der Umfassungswände der Dachhaut umschlossen werde. Die Gemeindebehörden hätten nicht geprüft, ob überhaupt eine Vergrößerung der Baumasse im Sinne der obigen Bestimmung erfolgen solle.
Aus Anlaß der Prüfung des vorliegenden Beschwerdefalles sind beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken in bezug auf die Verfassungsmäßigkeit des § 42 Abs. 2 und des § 61 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 81/1993 (Stammfassung), entstanden. Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher mit Beschluß vom 3. Oktober 1996 in der vorliegenden Beschwerdesache an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die bezughabenden Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 in der Stammfassung als gesetzwidrig aufzuheben.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28. November 1996, G 195/96-8 u.a., das Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 in der Stammfassung, soweit ihm nicht durch die 1. Raumordnungsgesetz-Novelle, LGBl. Nr. 4/1996, derogiert wurde, als verfassungswidrig aufgehoben bzw. festgestellt, daß es, soweit ihm durch die angeführte Novelle derogiert wurde, verfassungswidrig war, und ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des 30. Juni 1998 in Kraft tritt. Im Spruchpunkt I.2. sprach der Verfassungsgerichtshof weiters aus, daß das verfassungswidrige Gesetz auch im vorliegenden Beschwerdefall nicht mehr anzuwenden ist. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nach diesem Erkenntnis nicht wieder in Kraft. Gleichzeitig wurde der Landeshauptmann von Tirol verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Landesgesetzblatt für Tirol kundzumachen.
Angesichts dieser, gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG auf den Beschwerdefall zurückwirkenden Aufhebung jener Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof, auf die der angefochtene Bescheid gestützt worden ist, ist dieser aufgrund einer verfassungswidrigen Rechtslage ergangen und somit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997060007.X00Im RIS seit
20.11.2000