Index
60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1990/450;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der J in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Steiermark (nunmehr: Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark) vom 25. März 1994, Zl. IIIe 6703B-Sn/ABA: 361646, betreffend Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei stellte mit Antragsformular vom 10. Jänner 1994 einen Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den slowenischen Staatsbürger B. für die berufliche Tätigkeit als "Pferdebursch" (die Beschäftigung sollte im Pferdezuchtbetrieb der Beschwerdeführerin erfolgen, als Lohn war ein Stundensatz von S 60,-- vorgesehen und keine speziellen Bildungserfordernisse für die berufliche Tätigkeit genannt).
Mit Bescheid vom 25. Jänner 1994 wies das Arbeitsamt D den Antrag auf Ausstellung der Sicherungsbescheinigung gemäß § 11 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Dazu wurde nach Zitierung des § 4 Abs. 6 AuslBG ausgeführt, der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Ausstellung der Sicherungsbescheinigung nicht einhellig befürwortet und darüber hinaus hätten "amtliche Ermittlungen" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In der am 28. Jänner 1994 eingebrachten Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, sie könne sich mit der Ablehnung ihres Antrages nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht einverstanden erklären, weil sie für die Betreuung ihres Pferdezuchtbetriebes eine qualifizierte Facharbeitskraft benötige. Inländische Fachkräfte seien für diese Tätigkeit nicht zu bekommen. Die Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft D habe ebenfalls bestätigt, daß der Betrieb in einem strukturell gefährdeten Gebiet liege und in den letzten Jahren neu aufgebaut worden sei. Ebenfalls sei bestätigt worden, daß die Erhaltung des Betriebes im öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interesse liege. Die Aufrechterhaltung des Betriebes in der jetzigen Form sei auch die Voraussetzung dafür, daß später einmal eine weitere Arbeitskraft eingestellt werden könne, wodurch B. auch als Schlüsselkraft zur Entstehung weiterer Arbeitsplätze anzusehen sei. Auch sei darauf aufmerksam zu machen, daß die Pferdezucht "auch in einem vereinten Europa" Chancen biete.
In einem der Berufung angeschlossenen Schriftsatz der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft D vom 21. Jänner 1994 ist davon die Rede, daß die Beschwerdeführerin einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit 7,29 ha besitze und bewirtschafte. Der Betrieb sei von der Beschwerdeführerin im Jahr 1975 käuflich erworben worden. Zuerst sei der Betrieb verpachtet gewesen, seit ca. fünf Jahren werde er von der Beschwerdeführerin selbst bewirtschaftet. Im Betrieb sei ein neuer Pferdestall errichtet worden. Die Pferdezucht habe in Österreich zunehmende Bedeutung. Die Beschwerdeführerin betreibe eine "Araberzucht". Das "Zuchtmaterial" sei genetisch hochwertig, sodaß auch entsprechende Erlöse erzielbar seien. Die Bezirkskammer bestätige, daß im Bezirk D immer mehr Betriebe mit der Bewirtschaftung aufhörten. Der Rückgang an Voll- und auch Nebenerwerbsbetrieben sei bedenklich. Auch der Betrieb der Beschwerdeführerin sei bis vor fünf Jahren noch verpachtet gewesen. Die Beschwerdeführerin habe somit in einem strukturell gefährdeten Gebiet einen neuen Betrieb gegründet, "der für die Aufrechterhaltung das Anstellen eines Fremdarbeiters notwendig macht". In anderen Zweigen der Landwirtschaft (Rinderhaltung, Schweinehaltung) rentierten sich "Fremdarbeiter" durchwegs nicht mehr. Die Pferdezucht sei hier einer Ausnahme, und es sei erfreulich, daß im Betrieb der Beschwerdeführerin die Basis für die Beschäftigung eines "Fremdarbeiters" geboten werde. Die Bezirkskammer bestätige auch, daß die Erhaltung des Betriebes im öffentlichen Interesse liege. Die Grünlandbewirtschaftung sei zunehmend gefährdet, weil die Rinderhaltung stark zurückgehe. Der Staat habe Interesse an der Erhaltung der Kulturlandschaft und dokumentiere dies auch damit, daß für die Grünlandbewirtschaftung Prämien gezahlt würden. Nach Ansicht der Bezirkskammer sei es erforderlich, daß auf dem Betrieb eine qualifizierte Arbeitskraft arbeite.
In einem weiteren der Berufung angeschlossenen Schreiben des Landeszuchtverbandes Steiermark vom 13. Jänner 1994 wird dem Betrieb der Beschwerdeführerin bestätigt, daß dieser als "Zuchtbetrieb und Hengststation" zu werten sei. Der Betrieb weise zur Zeit einen Bestand von acht Pferden auf, die Qualität der "Zuchtprodukte" sei überdurchschnittlich, es werde in diesem Betrieb auch eine private Deckstation betrieben und weiters sei der Ausbau der Pferdezucht geplant.
In einer "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 15. Februar 1994 wies die belangte Behörde darauf hin, daß die für das Kalenderjahr 1994 für die Steiermark mit der Verordnung BGBl. Nr. 794/1993 mit 13.000 beschäftigten Ausländern festgesetzte Landeshöchstzahl überschritten sei. Diese Überschreitung der Landeshöchstzahl sei unbestritten und demnach seien die Voraussetzungen zur Anwendung des § 4 Abs. 6 AuslBG gegeben. Ein dringender Arbeitskräftebedarf stelle keinen Tatbestand nach § 4 Abs. 6 AuslBG dar, abgesehen davon sei bisher noch kein Auftrag zur Vermittlung einer entsprechenden Arbeitskraft beim Arbeitsamt erteilt worden. Von einem neugegründeten Betrieb in einem strukturell gefährdeten Gebiet könne nicht gesprochen werden, weil laut den vorgelegten Unterlagen der Betrieb seit ca. fünf Jahren von der Beschwerdeführerin selbst bewirtschaftet werde und auch in einem über den Betrieb vorgelegten Prospekt die abgebildeten Pferde mit "Photo July 1992" bezeichnet seien. Auch könne B. nicht als Schlüsselkraft angesehen werden. Abgesehen davon, daß B. keinerlei berufliche Qualifikation aufweisen könne, sei nur ein Stundenlohn von S 60,-- vorgesehen, der nicht einmal dem niedrigsten Satz eines landwirtschaftlichen Hilfsarbeiters entspreche. Durch eine allenfalls beabsichtigte Einstellung von Arbeitskräften in Zukunft werde kein Arbeitsplatz gesichert, wie es das Gesetz verlange. Den Behauptungen bezüglich öffentlichem oder gesamtwirtschaftlichem Interesse an dem Betreiben der Pferdezucht könne ebenfalls nicht gefolgt werden, weil das Betreiben einer Pferdezucht "ausschließlich eine Spezialisierung darstellt und somit ein betriebliches Interesse gegeben ist"; dasselbe gelte auch für einen Ausbau bzw. Erweiterung des Betriebes. Da somit keine besonders wichtigen Gründe im Sinn des § 4 Abs. 6 AuslBG festzustellen seien, erscheine es nicht gerechtfertigt, die mit 5.136 Ausländern "weit überzogene Landeshöchstzahl noch weiter zu überschreiten".
In der am 28. Februar 1994 bei der belangten Behörde eingelangten Stellungnahme bestritt die Beschwerdeführerin, daß die Landeshöchstzahl mit 5.136 Ausländern überschritten sei. Sie beantrage daher die "Einholung der entsprechenden Unterlagen, aus denen sich ergeben wird, daß die Landeshöchstzahl an Ausländern keinesfalls überschritten ist". Darüber hinaus seien die Ergebnisse des Beweisverfahrens unrichtig und unvollständig. Die Beschwerdeführerin betreibe nicht schon seit ca. fünf Jahren ihren Betrieb, sondern führe erst seit April 1993 einen "Pferdezuchtbetrieb mit Hengstenstation". Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb sei 1975 käuflich erworben worden, vorerst verpachtet gewesen und bis März 1993 von der Beschwerdeführerin als reiner Land- und Forstbetrieb genutzt worden. Erst seit April 1993 werde daher ein Zuchtbetrieb mit Hengstenstation unterhalten. Auch zum Zeitpunkt der Fotoaufnahme habe die Beschwerdeführerin noch keine Pferde gezüchtet. Weiters befinde sich der Betrieb der Beschwerdeführerin in einem strukturell gefährdeten Gebiet; die Anzahl der Voll- und auch Nebenerwerbsbetriebe sei in S bzw. im Bezirk D in den letzten Jahren extrem gesunken, sodaß schon ein großer Teil an landwirtschaftlicher Fläche brach und ungenützt liege. Zum Beweis dafür, daß ihr Betrieb in einem strukturell gefährdeten Gebiet liege, werde auch die Einvernahme des - im Schriftsatz namentlich genannten - Kammersekretärs der Kammer für Land- und Forstwirtschaft D beantragt. Das Betreiben der Pferdezucht stelle weiters einen "Landschaftsschutz" dar, da ansonsten land- und forstwirtschaftliche Flächen nicht bewirtschaftet würden, weil die Grünlandbewirtschaftung im betreffenden Gebiet durch den Rückgang der Rinderhaltung stark zurückgehe. Wie bei jedem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb müßten die entsprechenden Grünlandflächen entsprechend bearbeitet werden und würde damit Kulturlandschaft erhalten, was ebenfalls im öffentlichen Interesse sei. Die Beschwerdeführerin könne die Bewirtschaftung der entsprechenden land- und forstwirtschaftlichen Flächen nicht mehr allein durchführen, weshalb die "Weiterbeschäftigung" des B. unbedingt erforderlich sei.
In einem weiteren Vorhalt vom 1. März 1994 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis, daß sich nach § 13a AuslBG die Landeshöchstzahl aus den beschäftigten und arbeitslosen Ausländern zusammensetze. Die Zahl der Ausländer, die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein in der Steiermark hätten, habe Ende Jänner 1994 13.741 betragen, hiezu kämen noch die sichergestellten Ausländer (17) und die arbeitslosen Ausländer (4.660). Die Summe der auf die Landeshöchstzahl anrechenbaren Ausländer habe somit 18.418 betragen, womit die Landeshöchstzahl weit überzogen gewesen sei. Die Diskrepanz zu der angegebenen Zahl der Überschreitung von 5.136 Ausländern sei darin begründet, daß die statistische Erfassung der arbeitslosen und beschäftigten Ausländer "zu einem einige Tage auseinanderliegenden Zeitpunkt" erfolgt sei. Da jedoch allein die Zahl der beschäftigten Ausländer (13.741) ohne die arbeitslosen Ausländer die Landeshöchstzahl von 13.000 übersteige, die arbeitslosen Ausländer Ende Februar über 4.300 erreicht hätten, sei nachgewiesen, daß in Summe die Landeshöchstzahl bei weitem überschritten sei. Die Beschwerdeführerin werde auch eingeladen, objektiv nachvollziehbar darzulegen, wieso B. besondere Kenntnisse in die Pferdezucht besitze, welche Entlohnung B. nunmehr tatsächlich erhalten solle und warum nur dieser in der Lage sei, die Arbeit durchzuführen. Es werde auch um Mitteilung ersucht, ob die Beschwerdeführerin bereit sei, eine vermittelte Arbeitskraft mit gleicher Qualifikation einzustellen. Auch sei es unrichtig, daß die Beschwerdeführerin erst seit April 1993 ihren Zuchtbetrieb führe. Entsprechend dem vorgelegten Prospektmaterial (Fotos von drei Pferden aus dem Jahr 1992) sei bereits vor diesem Zeitpunkt eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung erfolgt, und es seien die Ausführungen betreffend "Verwilderung der Grünflächen" nicht zutreffend.
In ihrer Stellungnahme vom 11. März 1994 führte die Beschwerdeführerin aus, daß sich aus dem Schreiben der belangten Behörde ergebe, daß für 17 Ausländer Sicherungsbescheinigungen ausgestellt worden seien. Nachdem die Beschwerdeführerin "Kenntnis davon hat", daß es sich bei den 17 Ausländern, für die eine Sicherungsbescheinigung ausgestellt worden sei, um Pferdepfleger in Reitbetrieben handle, beantrage sie die Einholung "der entsprechenden Akten, aus denen sich ergeben wird, daß in ähnlich gelagerten Fällen sehr wohl für die betreffenden ausländischen Arbeitskräfte in den Reitbetrieben Sicherungsbescheinigungen ausgestellt wurden". B., für den mittlerweile auch eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt worden sei, habe sich in Slowenien spezielle Kenntnisse in der Pferdezucht und Pferdepflege angeeignet. Er habe außerdem eine spezielle Ausbildung für das "Showtrainig" und könne insgesamt aufgrund seiner Vorbildung und Erfahrung die qualifizierte Arbeit im "Umgang mit den hochsensiblen Araberpferden" verrichten. Auch stimme es nicht, daß die Beschwerdeführerin noch keinen Vermittlungsauftrag beim Arbeitsamt erteilt habe. Keinesfalls richtig seien auch die Ausführungen, daß die Beschwerdeführerin zumindest seit dem Jahr 1992 einen Zuchtbetrieb führe. Sie beantrage die Einvernahme des zuständigen Geschäftsführers des Landespferdezuchtverbandes zum Beweise dafür, daß sie erst seit April 1993 einen Zuchtbetrieb unterhalte. Die Tatsache, daß vor 1993 eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung erfolgt sei, lasse keineswegs den Schluß zu, daß die Beschwerdeführerin schon vor April 1993 einen Zuchtbetrieb geführt habe. Eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung erfolge seit der Übernahme im Jahr 1975 (zunächst verpachtet und bis März 1993 als reiner Land- und Forstbetrieb), der Zuchtbetrieb mit Hengstenstation werde aber erst seit April 1993 betrieben. Neben der Pferdezucht würden von B. auch die vorhandenen Grünflächen bearbeitet, die ansonsten brach und unbearbeitet bleiben würden, weshalb die Kulturlandschaft erhalten bleibe, "was jedenfalls im ÖFFENTLICHEN INTERESSE ist". Die Beschwerdeführerin wiederhole ihren Beweisantrag auf Einvernahme des Kammersekretärs zum Beweise dafür, daß ein öffentliches Interesse an der Beschäftigung von B. bestehe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. März 1994 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V.m. § 11 Abs. 2 und § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge. Zur Überschreitung der Landeshöchstzahl führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, die für das Bundesland Steiermark mit 13.000 festgesetzte Landeshöchstzahl sei zum Statistikstichtag Ende des letzten Monats mit
5.545 Ausländern überschritten gewesen (die "aktuelle Auslastung" setze sich aus 5.318 Beschäftigungsbewilligungen, 9.097 Arbeitserlaubnissen, 4.060 Befreiungsscheinen, 13 vorläufigen Berechtigungen gemäß § "4b AuslBG" und 57 sichergestellten Ausländern gemäß § 11 AuslBG zusammen - Gesamtzahl 18.545). Die Diskrepanz der Auslastungshöhe zur Verständigung im Beweisverfahren vom 1. März 1994 ergebe sich deshalb, weil zum damaligen Zeitpunkt die Auslastungszahlen vom Monat Februar noch nicht bekannt gewesen seien. Nach Überschreitung der Landeshöchstzahl müßten die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG erfüllt sein. Der Bedarf an Arbeitskräften allein sei nach dieser Gesetzesbestimmung nicht ausreichend. Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren sei davon auszugehen, daß B. über keinerlei Qualifikationsnachweise verfüge, und es habe auch nicht glaubhaft gemacht werden können, daß er jemals in diesem Bereich gearbeitet habe. Trotz der Aufforderung zur Vorlage geeigneter Unterlagen über die Qualifikation des B. sei von der Beschwerdeführerin lediglich auf "seine angebliche Qualifikation" verwiesen worden, ohne daß dafür geeignete Beweise erbracht worden seien. Der Aufforderung, die exakte Höhe der Entlohnung bekannt zu geben, sei ebenfalls nicht Folge geleistet worden. Die Annahme, daß in der Steiermark eine bestimmte Anzahl von Sicherungsbescheinigungen für Pferdepfleger ausgestellt worden sei, sei unrichtig und entbehre jeder Grundlage. Tatsächlich sei "keine einzige" Sicherungsbescheinigung für einen Pferdepfleger in der Steiermark erteilt worden. Einsicht in die entsprechenden Akten könne allein aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gewährt werden. Es sei festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin seit ca. fünf Jahren den landwirtschaftlichen Betrieb führe. Laut Auskunft des Kammersekretärs der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft vom 23. März 1994 werde die Pferdezucht bzw. Pferdehaltung ebenfalls seit diesem Zeitpunkt betrieben. Aus den vorgelegten Unterlagen sei eindeutig nachvollziehbar, daß im Betrieb der Beschwerdeführerin seit 1992 Pferde gezüchtet würden. Im Schreiben des Landeszuchtverbandes werde auch ein einjähriger Junghengst angeführt, der laut "Ihren Unterlagen" am 17. Februar 1992 geboren wurde. Es sei somit erwiesen, daß der landwirtschaftliche Betrieb der Beschwerdeführerin im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. b AuslBG nicht neugegründet worden sei. Öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen, die die Beschäftigung des B. erforderten, lägen ebenfalls nicht vor. Solche könnten nur angenommen werden, wenn Ausländer für Aufgaben bzw. Vorhaben verwendet werden sollen, die für den Bund oder einzelne Länder und damit für das gesamte Bundesgebiet oder weite Landesteile von erheblicher Bedeutung seien und die in Frage kommenden Arbeiten ohne den Einsatz von Ausländern nicht bewältigt werden könnten. Einzelbetriebliche Interessen könnten unter diesem Tatbestand nicht berücksichtigt werden.
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 11 Abs. 2 Z. 1 AuslBG darf eine Sicherungsbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn u.a. die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG erfüllt sind. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf die zuletzt genannte Bestimmung gestützt.
§ 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1.
bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2.
die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a)
als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
b)
in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c)
als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d)
im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege
erfolgen soll, oder
3.
öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4.
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Zu den Anwendungsvoraussetzungen des Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG hat die Beschwerdeführerin in ihrer im Verwaltungsverfahren erstatteten Stellungnahme vom 28. Februar 1994 bestritten, daß die für das Bundesland Steiermark mit 13.000 festgesetzte Landeshöchstzahl 1994 (laut Verordnung BGBl. Nr. 794/1993) überschritten sei. Die belangte Behörde nahm dazu mit Schriftsatz vom 1. März 1994 Stellung und erläuterte näher die Berechnung der Überschreitung der Landeshöchstzahl zum damals maßgebenden Zeitpunkt. Dieser an sich hinreichenden Darlegung der Berechnung der Überschreitung mit über 5.000 Ausländern (vgl. dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1995, 94/09/0316) trat die Beschwerdeführerin in ihrer weiteren Stellungnahme vom 11. März 1994 nur mehr dahin entgegen, daß sie Bedenken hinsichtlich der Ausstellung von
17 Sicherungsbescheinigungen erhob. Soweit die Beschwerdeführerin ihr diesbezügliches Vorbringen in der Beschwerde wiederholt, ist nicht erkennbar, inwiefern selbst eine Ausstellung von 17 Sicherungsbescheinigungen für Pferdepfleger in Reitbetrieben in rechtlicher Hinsicht etwas an der Tatsache der Überschreitung der Landeshöchstzahl zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geändert hätte. Daß das Ausmaß der Überschreitung der Landeshöchstzahl zahlenmäßig in den beiden Vorhalten sowie im angefochtenen Bescheid differiert, bedeutet ebenfalls noch keine Unschlüssigkeit der getroffenen Sachverhaltsfeststellung zur Überschreitung der mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales festgesetzten Landeshöchstzahl, zumal die belangte Behörde diesen Umstand jeweils erläuterte und bei dem Ausmaß der Überschreitung relativ geringfügige Schwankungen nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein konnten.
Der Beschwerdeführerin kann auch nicht darin gefolgt werden, daß sie nicht ausreichend Gelegenheit gehabt hätte, zu dem aus der statistischen Erhebung hervorgehenden Zahlenmaterial Stellung zu nehmen. Abgesehen von den Ausführungen zu den 17 Sicherungsbescheinigungen in der Stellungnahme vom 11. März 1994 ging sie auf die im Vorhalt vom 1. März 1994 dargestellte Überschreitung der Landeshöchstzahl nicht weiter ein. Inwiefern "die Beschwerdeführerin darlegen hätte können, daß im relevanten Zeitpunkt keine Überschreitung der Landeshöchstzahl vorlag", wird in der Beschwerde im übrigen auch nicht näher dargestellt. Die belangte Behörde konnte damit zu Recht bei Erlassung ihres Bescheides von einer Überschreitung der Landeshöchstzahl und sohin von der Anwendung der erschwerten Bedingungen im Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG ausgehen.
Entsprechend dem sehr hoch angesetzten Kalkül der Z. 2 bis 4 des 4 Abs. 6 AuslBG (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1994, 94/09/0001) hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes nicht ausreicht, sondern ein QUALIFIZIERTES Interesse an der Beschäftigung des Ausländers bestehen muß (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1993, 93/09/0273, u. v.a.). Die Beschwerdeführerin bringt vor, daß in ihrem Fall, die Tatbestände des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. b und Z. 3 AuslBG erfüllt seien.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin auf dem gegenständlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erst seit April 1993 einen "Zuchtbetrieb mit Hengststation" betreibt, oder ob diese Pferdezucht - wie die belangte Behörde annahm - bereits 1992 bestand. Die Antragstellung auf Ausstellung der Sicherungsbescheinigung erfolgte am 12. Jänner 1994, sodaß selbst bei Annahme einer Neugründung des Betriebes im April 1993 der zeitliche Zusammenhang zur Betriebsneugründung nicht mehr gegeben war. Zudem ist eine Änderung der Bewirtschaftungsart oder eine Erweiterung des Betriebes noch nicht als Betriebsneugründung im Sinn des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. b AuslBG zu werten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1993, 93/09/0412). Die belangte Behörde hat damit zutreffend die Bestimmung des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. b AuslBG schon wegen des fehlenden Erfordernisses der Beschäftigung von B. im Rahmen einer Betriebsneugründung nicht zur Anwendung gebracht, sodaß auch nicht weiter zu prüfen war, ob der Betrieb der Beschwerdeführerin in einem strukturell gefährdeten Gebiet lag.
Es ist der Beschwerdeführerin darin zuzustimmen, daß zum Erfüllen des Tatbestandes nach § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG nicht nur eine Beschäftigung für Vorhaben des Bundes oder der Länder vorliegen muß. Durch das Argument der Bewirtschaftung und Pflege von rund sieben Hektar landwirtschaftlichem Grund und der Notwendigkeit der Erhaltung von "Kulturland" ist allerdings für sich allein nicht bereits das Tatbestandserfordernis des öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interesses an der Beschäftigung des beantragten Ausländers erfüllt. Dies insbesondere deshalb, weil der Pflege von sieben Hektar landwirtschaftlichem Grund bzw. der Erhaltung eines einzigen landwirtschaftlichen Betriebes von vornherein nicht eine überregionale Bedeutung beigemessen werden kann, die zur Erfüllung von öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interessen an einer Beschäftigung des genannten Ausländers notwendig wäre (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1994, 94/09/0053).
Der belangten Behörde kann damit auch kein wesentlicher Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zur Last gelegt werden, wenn sie die Einvernahme des Kammersekretärs zur Frage der "Erhaltung der Kulturlandschaft" unterließ, wobei das Vorliegen von öffentlichem Interesse im Sinn des § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG in rechtlicher Hinsicht ohnedies nur von der belangten Behörde zu beurteilen war.
Da der angefochtene Bescheid somit insgesamt der Rechtslage entspricht, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 59 Abs. 1) VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der zuerkannte Aufwandersatz hat dem Arbeitsmarktservice als Rechtsträger im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG zuzufließen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1996, 95/09/0261).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1994090125.X00Im RIS seit
20.11.2000