Entscheidungsdatum
01.07.2021Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
W105 2243036-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch RA Mag. Andreas STROBL in 1150 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: „BF“), ist ein Staatsangehöriger der Republik Bosnien und Herzegowina und seit 13.12.2002 im österreichische Bundesgebiet aufrecht gemeldet.
2. Dem BF wurde am 25.08.2008 ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ durch die Niederlassungsbehörde MA35 ausgestellt, der zuletzt am 09.09.2013 verlängert wurde.
3. Der BF weist folgende strafrechtliche Verurteilungen auf:
3.1. Der BF wurde am 09.12.2015 mit Urteil des Landesgerichts Wien zur Zl. XXXX zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten (10 Monate unbedingt, 20 Monate bedingt nachgesehen) gemäß §§ 127, 128 (2), 129 Z. 1, 130 1. Fall, 130 2. Fall, 130 3. Fall, 130 4. Fall StGB, 15 StGB verurteilt.
3.2. Der BF wurde weiters am 30.05.2017 mit Urteil des Landesgerichts Wien zur Zl. XXXX , zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten nach § 27 (1) Z. 1 9. Fall SMG, § 12 2. Fall StGB, §§ 223 (2), 224 StGB, § 28a (1) 4. Fall SMG verurteilt.
3.3 Der BF wurde zuletzt am 01.12.2020 mit Urteil des Landesgerichts Wien zur Zl. XXXX , zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren gemäß §§ 27 (1) Z. 1 1. Fall, 27 (1) Z. 1 2. Fall, 27 (2) SMG, §§ 28a (1) 5. Fall, 28a (3) 1. Fall SMG verurteilt.
4. Dem BF wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“) am 13.04.2018 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt, in welcher ihm mitgeteilt wurde, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm Einreiseverbot gemäß § 53 FPG beabsichtigt ist. Ihm wurde eine Frist zur Stellungnahme von 14 Tagen eingeräumt.
5. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 02.05.2018 brachte der BF zusammenfassend vor, dass er sich seit 2002 im Bundesgebiet aufhalte und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ verfüge, dass sich im Bundesgebiet Familienangehörige von ihm befänden, nämlich seine Ehegattin und seine fünf Kinder, sodass Art. 8 EMRK der Erlassung einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.
6. Am 09.07.2018 brachte der BF einen Verlängerungsantrag bei der MA35 zwecks Neuausstellung der Gültigkeitsdauer der Karte „Daueraufenthalt-EU“ ein.
7. Am 06.08.2018 übermittelte die MA35 das Mitteilungsersuchen gemäß § 28 NAG Abs. 1 iVm § 52 Abs. 5 FPG an das BFA.
8. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 09.10.2019 gab der BF an, dass er geschieden sei, Sorgepflichten für fünf Kinder habe. Er habe sich mit seiner Frau wieder versöhnt und lebe derzeit in einer Lebensgemeinschaft und hätten sie vor, wieder zu heiraten. Während der Haft sei er von ihr besucht worden. Er könne bei ihr in der Wohnung in Wien leben. Derzeit sei er dort mit Nebenwohnsitz gemeldet. In Österreich lebten noch seine Zwillingsschwestern und ein Bruder mit deren Familienangehörigen. Er habe einen gültigen Aufenthaltstitel und habe auch einen Verlängerungsantrag gestellt. An Geldmitteln habe er € 1.241,82, die er bereits seiner Frau übergeben habe. Den Betrag habe er durch Arbeit während seiner Haft verdient. Politische oder strafrechtliche Verfolgung habe er in Bosnien nicht zu befürchten.
9. Mit Schreiben vom 11.09.2020 wurde dem BF vor dem Hintergrund der zeitlichen Distanz zur letzten Einvernahme beim BFA eine erneute Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zugestellt und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
Der BF hat diesbezüglich keine Stellungnahme erstattet.
10. Die Ex-Gattin des BF, XXXX , geb. XXXX , mazedonische Staatsangehörige, wurde am 02.02.2021 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen und gab diese im Wesentlichen zu Protokoll, dass sie sich im Jahr von ihrem Ex-Gatten scheiden habe lassen, weil andere Frauen im Spiel gewesen seien. 2015 bis 2017 habe sie ihm eine neue Chance gegeben und habe sie dann zwei weitere Kinder von ihm bekommen. Es sei ein normales Leben gewesen, dann sei wieder diese Frau ins Spiel gekommen. Er sei dann über Nacht weggegangen und habe sie ihn dann erst im Gefängnis wiedergesehen. Sie habe gehört, dass er Drogen konsumiert habe. Er habe ihr dann gesagt, dass er Probleme wegen Drogen habe.
11. Mit Bescheid des BFA vom 30.04.2021, Zl. XXXX , wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG wurde einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und (Spruchpunkt VI.).
Begründend wurde zusammenfassend festgestellt, dass sich keine Anhaltspunkte ergeben hätten, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG zu erteilen wäre. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF erst im Alter von 20 Jahren nach Österreich gekommen sei und somit seine Hauptsozialisation in seiner Heimat erhalten habe. Sein Aufenthalt sei bisher aufgrund seines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt-EU“ rechtmäßig gewesen. Er habe sich ein gewisses Privatleben aufgebaut und verfüge über Sprachkenntnisse in Deutsch. Er sei auch in Österreich berufstätig gewesen, habe jedoch immer wieder auf staatliche Leistungen zurückgreifen müssen. Er sei in Österreich drei Mal rechtskräftig verurteilt worden. Er habe offenkundig noch nicht die österreichischen Wert- und Rechtsvorstellungen verinnerlicht und zeige sein Fehlverhalten, dass er nicht an einer nachhaltigen Integration interessiert sei. Er verfüge im Herkunftsstaat über familiäre Bindungen und habe sowohl eine Schul- als auch eine Berufsausbildung. Seine Eltern würden in Bosnien und Herzegowina leben. Seine Ex-Gattin habe in ihrer Einvernahme bestätigt, dass er massives Fehlverhalten gegenüber ihr und ihren Kindern gezeigt habe. Eine Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher im Zuge einer Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dringend geboten, da sein Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle. Aufgrund des Umstandes, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig sei, sei einer möglichen Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.
Weiters traf das BFA Länderfeststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des BF.
12. Mit Verfahrensordnung vom 29.04.2021 wurde dem BF für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
13. Mit Schriftsatz vom 27.05.2021 erhob der BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid und brachte im Wesentlichen vor, dass ihm unterstellt worden sei, eine Gefahr für die Republik Österreich zu sein, weil er gegen österreichische Gesetze verstoßen habe. Im konkreten Fall habe sich die belangte Behörde mit keinem Wort mit der Persönlichkeit und den Taten des BF auseinandergesetzt, um die Gefährlichkeit zu prüfen. Die belangte Behörde habe die Suchtproblematik außer Acht gelassen. In Anbetracht der gewährten und begonnenen Therapie gegen seine Suchtmittelabhängigkeit wäre die Prognose darauf zu richten gewesen, dass nach erfolgreicher Therapie die Gefahr der Begehung von Straftaten wegfallen könnte. Er habe 6 Kinder, die in Österreich leben würden. Er lebe mit der Mutter seiner Kinder zusammen, jedoch seien sie geschieden. Die Aussage der Lebensgefährtin des BF strotze vor Widersprüchen und habe die belangte Behörde dies nicht hinterfragt. Er habe immer wieder gearbeitet und wäre er, wenn er seine Suchtproblematik bewältigen könnte, eine finanzielle Unterstützung für seine Kinder. Zu berücksichtigen sei in seinem Fall, in welchem Ausmaß sich die Interessen gemäß Art. 8 EMRK und die Interessen auf öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gegenüberstehen würden. Beantragt wurde, 1.) eine mündliche Verhandlung durchzuführen; 2.) ihn und seine Ex-Gattin zu laden und zu vernehmen; 3.) den angefochtenen Bescheid aufzuheben; 4.) den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Sache zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen; 5.) in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbots (gemeint wohl: Einreiseverbots) zu reduzieren.
14. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.06.2021 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Zif 10 FPG. Er ist im Besitz eines bis 08.02.2028 gültigen Reisepasses der Republik Bosnien und Herzegowina. Seine Identität steht fest.
1.2. Der BF ist seit 13.12.2002 im österreichischen Bundesgebiet aufrecht gemeldet.
1.3. Der BF weist im Bundesgebiet folgende Verurteilungen auf:
1.3.1. Urteil des Landesgerichts Wien vom 09.12.2015 zur Zl. XXXX , zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten (10 Monate unbedingt, 20 Monate bedingt nachgesehen) gemäß §§ 127, 128 (2), 129 Z. 1, 130 1. Fall, 130 2. Fall, 130 3. Fall, 130 4. Fall StGB, 15 StGB
1.3.2. Urteil des Landesgerichts Wien vom 30.05.2017 zur Zl. XXXX , zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten nach § 27 (1) Z. 1 9. Fall SMG, § 12 2. Fall StGB, §§ 223 (2), 224 StGB, § 28a (1) 4. Fall SMG
1.3.3 Urteil des Landesgerichts Wien vom 01.12.2020 zur Zl. XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren gemäß §§ 27 (1) Z1 1. Fall, 27 (1) Z. 1 2. Fall, 27 (2) SMG, §§ 28a (1) 5. Fall, 28a (3) 1. Fall SMG
1.4. Der BF ist beruflich nicht integriert, er war zwar fallweise erwerbstätig, jedoch bezog der BF auch über einen langen Zeitraum, konkret von 2005 bis 2021 staatliche Leistungen (Arbeitslosengel und Notstandshilfe).
1.5. Der BF verfügt nicht über ausreichende Mittel zur Finanzierung seines Aufenthaltes im Bundesgebiet.
1.6. Der BF verfügt seit 2008 über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“.
1.7. Die geschiedene Ehegattin des BF, XXXX , geb. XXXX , mazedonische Staatsangehörige, sowie die mit dieser gemeinsamen sechs minderjährigen Kinder, XXXX , leben im Bundesgebiet. Ein Abhängigkeitsverhältnis zu den Genannten liegt nicht vor. Es liegt keine aufrechte Lebensgemeinschaft zwischen der geschiedenen Ehegattin des BF und dieser vor. Im Bundesgebiet leben weiters die Schwester sowie ein Bruder des BF, zu welchen jedoch kein Abhängigkeitsverhältnis oder eine besondere familiäre Nahebeziehung seitens des BF besteht.
1.8. Im Herkunftsland des BF leben noch dessen Eltern sowie in älterer Bruder.
1.9. Anhaltspunkte die auf eine tiefgreifende Integration des BF in Österreich hinweisen, konnten nicht festgestellt werden.
1.10. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Beim BF besteht eine langjährige Suchtgiftabhängigkeit, wobei seine in Österreich begangenen Straftaten in Zusammenhang mit seiner Gewöhnung an Suchtmittel standen.
1.11. Der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit.
1.12. Der BF befand sich zuletzt von 01.12.2020 bis 12.01.2021 in Strafhaft. Ihm wurde mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 31.12.2020, Zl. XXXX , ein Strafaufschub bis 05.12.2022 mit der Maßgabe gewährt, dass er sich zunächst einer 6-monatigen Behandlung und einer daran anschließenden Behandlung und einer daran anschließenden ambulanten Behandlung mit wöchentlichen Einzelgesprächen und regelmäßiger sozialarbeiterischer Unterstützung unterziehen muss.
1.13. Der BF hat nicht substantiiert dargelegt, dass ihm in Bosnien und Herzegowina eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts im Zielstaat in der Lage.
1.2. Zum Herkunftsstaat Bosnien und Herzegowina wird festgestellt:
Grundversorgung / Wirtschaft
Letzte Änderung: 12.06.2020
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, Kleidung, Heizmaterial und Strom ist landesweit sichergestellt (AA 14.3.2020). Der Import, Export und Transit von Waren verläuft langsam, aber ungehindert (KAS 4.2020). Insgesamt ist der Lebensstandard der Gesamtbevölkerung dennoch niedrig. Die Arbeitslosigkeit liegt bei ca. 18,47 %, die Jugendarbeitslosigkeit bei 38,8 %. Die Höhe der Sozialhilfe ist nicht einheitlich geregelt. In der Föderation BiH beträgt sie 20 % des Durchschnittslohns im jeweiligen Monat, in der Republika Srpska 15 % des Durchschnittslohns. Sie kann jedoch oftmals nicht ausgezahlt werden. Laut dem Zentrum ziviler Initiativen leben 20 % der Bevölkerung in absoluter Armut (AA 14.3.2020).
Offiziell haben 30.000 Menschen in BiH durch die Pandemie ihren Job und ihr Einkommen verloren. Der Staat fängt sie nicht auf. Die soziale Situation hat sich durch die Covid-19-Pandemie in BiH noch einmal verschärft. Laut Generalsekretär des Roten Kreuzes von BiH gibt es seit dem Ausbruch der Pandemie offiziell einen Zuwachs von 30.000 Arbeitslosen - aber da viele Bosnier keinen angemeldeten Jobs nachgehen, sind es tatsächlich viel mehr. Helfer arbeiten auf lokaler Ebene mit den Sozialbehörden zusammen, die wissen, wer besonders bedürftig ist (DS 29.4.2020).
In der Föderation von BiH haben seit Beginn der Coronavirus-Pandemie mehr als 19.000 Menschen ihren Arbeitsplatz verloren. Die Republika Srpska hat noch keine offiziellen Zahlen von Kündigungen aufgrund der Coronavirus-Pandemie zur Verfügung gestellt (KAS 4.2020).
Die Gesetzgebung in BiH garantiert Sozialhilfe. Über die Empfänger und die Höhe der Unterstützungsgelder wird im Einzelfall entschieden. Die Höhe der jeweiligen Unterstützung (z.B. monatliche Geldbeträge) bzw. Qualität der Einrichtungen für Unterbringung, falls notwendig, hängt auch von den Möglichkeiten der jeweiligen administrativen Einheit (z.B. Kanton) ab. Weiters besteht die Möglichkeit, dass örtliche NGOs (kirchliche, humanitäre etc.) verschiedene Hilfeleistungen für Bedürftige zur Verfügung stellen. Das Gesetz über den Sozialschutz der Entität Republika Srpska (RS) regelt die Höhen der Beträge und Zulagen in diesem Bereich. Primär verwirklichen das Recht auf diese Leistungen arbeitsunfähige Personen, die keine eigenen/anderen Einkünfte haben. Die Höhen der Beträge werden als Prozentsätze des Durchschnittsgehaltes in der Entität vom Vorjahr berechnet z.B. für eine Einzelperson 15% vom diesem Betrag (Durchschnittsgehaltes), für einen Zweipersonenhaushalt 20% usw. Für den Distrikt Brcko waren zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Info keine aktuellen Informationen verfügbar, außer, dass Sozialhilfe natürlich gewährt wird. Es ist nicht zu erwarten, dass sich diese aktuellen Werte ändern werden, bevor es in Bosnien und Herzegowina zum wirtschaftlichen Aufschwung kommt (VB 15.5.2020).
Der Verband unabhängiger Gewerkschaften von BiH (SSSBiH) gab bekannt, dass der Warenkorb im Marz 2020 2.019,80 KM (ca. 1.142,00 €) ausmachte, während der Durchschnittslohn in der Föderation BiH 914 KM (ca. 490,00 €) betrug (SSSBiH 4.2020).
In der Föderation BiH betrug die Mindestpension im April 2020 371,77 KM (ca. 190,20 €), die garantierte 465,87 KM (ca. 238,40 €) und die höchste Pension 2.174,48 KM (ca. 1.111,00 €) (FZMIO-PIO 5.2020). Die durchschnittliche Pension im Monat März 2020 in Republika Srpska (RS) betrug 393,36 KM (ca. 201,20 €), die Mindestpension 403,71 KM (ca. 206,50 €) und die höchste Pension 2.076,35 KM (1.062,10 €) (BL PORTAL 9.4.2020).
Laut dem bosnischen Arbeitsamt waren am 31. Dezember 2019 401.846 Personen in BiH arbeitslos, 57,02 % davon sind Frauen. Demnach sank Arbeitslosenrate in der Entität Föderation BiH um 0,19 %, im Distrikt Brcko um 1.27 %, während sie in der Entität RS um 1,33 % angestiegen ist. Nach vorliegenden Informationen sind 8,61 % der Arbeitslosen Personen mit Hochschulausbildung (VB 15.5.2020).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020
? DS - der Standard (29.4.2020): Bosnien-Herzegowina: Verarmung, Überlebenshilfe für die Allerärmsten in der Covid-19-Krise, https://www.derstandard.at/story/2000117193249/bosnien-ueberlebenshilfe-fuer-die-alleraermsten-in-der-covid-19-krise, Zugriff 4.5.2020
? FZMIO-PIO (Pensionsversicherungsfonds der Föderation BiH) (5.2020): Penzije za mart 2020. (Höhe der Pensionen im April 2020), http://www.fzmiopio.ba/index.php?option=com_content&view=category&layout=blog&id=35&lang=ba, Zugriff 4.5.2020
? BL PORTAL (9.4.2020): DRUŠTVO, U RS po?ela isplata penzija za mart 2020 (Höhe der Pensionen in RS im März 2020), https://www.bl-portal.com/drustvo/u-rs-pocela-isplata-penzija-za-mart-2020/, Zugriff 4.5.2020
? KAS - Konrad Adenauer Stiftung (4.2020): Bosnien und Herzegowina, Länderbericht, Bosnien und Herzegowina in Zeiten von Corona, https://www.ecoi.net/en/file/local/2028884/Bosnien+und+Herzegowina+in+Zeiten+von+Corona.pdf, Zugriff 4.5.2020
? SSSBiH - Savez samostalnih sindikata Bosne i Hercegovine (Unabhängiger Gewerkschaftsbund BiH) (4.2020): Sindikalna potroša?ka korpa za mart 2020. godine (Warenkorb für März 2020) http://https://www.sssbih.com/wp-content/uploads/2020/04/Potrosacka-korpa_mart-2020.pdf, Zugriff 4.5.2020
? VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (15.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 12.06.2020
Die Ausbreitung der Coronavirus (SARS-CoV-2) Pandemie hat auch Bosnien und Herzgowina (BiH) nicht verschont. Der erste Fall eines COVID-19 Patienten in Bosnien und Herzegowina wurde am 5. März 2020 in Banja Luka in der Entität Republik Srpska (RS) registriert. Seitdem ist die Zahl der registrierten Erkrankten landesweit auf über 1.000 gestiegen. Die Dunkelziffer dürfte allerdings deutlich höher liegen. Um eine unkontrollierte und rasante Ausbreitung des Virus zu verhindern - welche rasch zu einer Überforderung des maroden Gesundheitssystems führen würde - wurden von staatlichen Stellen rasch Restriktionen eingeführt. Nach einem Treffen in Anwesenheit des EU-Botschafters Johann Sattler haben sich die Vorsitzenden der führende Parteien SDA, der HDZ und der SNSD mit Vertretern der EU und des IWF auf ein Arrangement mit einer Kredithöhe von 330 Mio. EUR zur Bekämpfung der Coronakrise geeinigt (KAS 4.2020).
Alle Bürger in BiH haben das Recht auf Sozialversicherung (beinhaltet: Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung); arbeitslose Personen werden bei ihrer Anmeldung beim Arbeitsamt versichert und können so ihr Recht wahrnehmen (VB 15.5.2020).
Das Gesetz über das Gesundheitswesen sowie die Verfassung der Föderation BiH legen in allgemeiner Weise fest, dass allen Personen, Bosniaken, Serben, Kroaten als konstitutiven Völkern und allen anderen Bürgern auf dem Gebiet der Föderation die gleichen Rechte garantiert sind. Laut diesen Bestimmungen haben gemäß Artikel 12 des Gesundheitsgesetzes alle Bürger und Bevölkerungsgruppen der Föderation das gleiche Recht auf soziale Sicherung und Gesundheitsversorgung. Es gibt Krankheiten, die auch an den drei besten Spitälern der Föderation BiH - den Universitätskliniken in Sarajevo, Tuzla und Mostar - nur eingeschränkt oder nicht behandelt werden können. Dazu zählen namentlich die Kinderonkologie, die Kinderkardiochirurgie und die Transplantationschirurgie in den Bereichen Herz und Leber. Dieselbe Feststellung gilt auch für die Universitätsklinik Banja Luka. Nierentransplantationen werden in den Transplantationszentren der Universitätskliniken Sarajevo und Tuzla vorgenommen, in der Republika Srpska (RS) im Transplantationszentrum in Banja Luka. Diese Eingriffe sind weiterhin anspruchsvoll, beispielsweise nach schweren Unfällen jeglicher Art. In Westeuropa erfolgen die Behandlungen oft mittels abteilungsübergreifender Teams von Spezialisten. Bei diesen Behandlungsformen, die in BiH keine Tradition haben, fehlen die Erfahrungen in allen Bereichen, auch bei der begleitenden psychiatrischen Unterstützung (BFA-SEM 1.2018).
Personen mit geistigen Einschränkungen erhalten entsprechend bestimmter Kriterien eine staatliche Krankenversicherung. Dazu müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt werden, die von einem medizinisch-forensischen Institut oder anderen staatlich autorisierten Kommissionen/Instituten geprüft werden. Außerdem erfolgt eine medizinische Untersuchung, durch eine staatlich-medizinische Kommission. Generell haben alle Staatsangehörigen aus BiH zudem die Möglichkeit an einer freiwilligen privaten Krankenversicherung teilzunehmen. Die EmpfängerInnen einer staatlichen Krankenversicherung erhalten den Großteil der Medikamente kostenlos. Die Kosten für einige spezielle Medikamente müssen teilweise selbst übernommen werden. Die Beiträge zur Krankenversicherung in BiH sind festgelegt, aber variieren je nach Einrichtung und Kanton. Wenn keine Krankenversicherung vorliegt, ist die Eigenbeteiligung 100 %, ansonsten schwankt sie je nach Art der Behandlung. Die medizinische Versorgung im öffentlichen Gesundheitssektor ist aufgrund der Wirtschaftslage nicht vollständig kostenlos. Abhängig von der Form der medizinischen Behandlung, müssen selbst kleine Beträge einer Behandlung selbst übernommen werden (IOM 2019/19.3.2020).
Grundsätzlich sind alle Arbeitstätigen, Rentner und als arbeitslos gemeldete Personen gesetzlich krankenversichert. Das Krankenversicherungsgesetz der Föderation deckt aber nur Rückkehrer ab, die bereits vor ihrer Ausreise krankenversichert waren (AA 14.3.2020). Im Bereich Gesundheitswesen gibt es keine Änderungen der Gesetze (VB 15.5.2020). Alle Vorschulkinder, Schüler bis 18 Jahre, Kinder von 15 bis 18 Jahren, die keine weitere Ausbildung machen, Studenten bis 26 Jahre, Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose sowie alle Personen ab 65 Jahren krankenversichert sind. Der für viele Gesundheitsleistungen zu erbringende Eigenanteil an den Kosten kann zu einer eingeschränkten Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen führen. Nach Schätzungen des Helsinki-Komitees haben etwa 60 % der Bevölkerung, darunter auch Kinder, keinen Zugang zu einer regelmäßigen Gesundheitsvorsorge. Das Krankenversicherungswesen liegt in der Föderation BiH bei den Kantonalverwaltungen und der Entitätsverwaltung, in der Republika Srpska (RS) auf Entitätsebene bei einem Versicherungsfonds. Das Gesundheitssystem gliedert sich in drei Bereiche - primären, sekundären und tertiären. Es gibt über 300 Ambulanzen, die jeweils zwischen 2.000 und 10.000 Einwohner versorgen. Grundsätzlich existiert in jeder größeren Gemeinde (ca. 120) ein Gesundheitshaus, das eine medizinische Versorgung für 20.000 bis 50.000 Einwohner sicherstellen soll. Es existieren fünf klinische Zentren (drei in der Föderation BiH und zwei in der RS) in den größten Städten des Landes, hinzukommen landesweit 20 staatliche (Kantonal-)Krankenhäuser. Dazu kommen diverse private Krankenhäuser, Poli- und Fachkliniken. In größeren Städten gibt es eine wachsende Zahl an privatärztlichen Praxen und Kliniken (AA 14.3.2020).
Die nach dem Krieg bestehenden psychiatrischen Einrichtungen, beispielsweise diejenige in Jagomir bei Sarajevo, setzt sich zum Ziel, die Bettenzahl deutlich zu vermindern. Wie in anderen jugoslawischen Teilrepubliken basierte die staatliche psychiatrische Versorgung hauptsächlich auf der Verschreibung von Antidepressiva und Beruhigungsmitteln. Vor dem oben angeführten Hintergrund wurde das Konzept der psychiatrischen Behandlung den veränderten Bedürfnissen und modernen westeuropäischen Konzepten und Behandlungsansätzen angepasst. Das heißt, die bereits während des Krieges verfolgte Neuausrichtung wurde sukzessive fortgeführt. Umgesetzt wurde das landesweit in Form von so genannten «Mental Health Centers» (MHC), in der Region und in einzelnen Dokumenten teilweise auch als «Community Mental Centers» (CMHC) bezeichnet. Gemäß einem Projekt-Faktenblatt der DEZA [Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, eine Agentur für internationale Zusammenarbeit im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA)] vom Januar 2017 bestehen landesweit 72 dieser Zentren, davon 48 in der bosnisch-kroatischen Föderation. Es ist durchaus üblich, dass Patienten mit leichten psychischen Krankheitsbildern zu Hause betreut und gepflegt werden. Die Betreuungsleistung von Familienmitgliedern wird nicht entschädigt. In der Republika Srpska (RS) verfügt die Universitätsklinik in Banja Luka über vier Abteilungen und verschiedene Unterabteilungen und Zentren für die Behandlung psychischer Probleme, namentlich für Allgemeine Psychiatrie, für Kinder- und Jugendpsychiatrie, für neurotische und affektive Störungen sowie für Behandlungen von Suchtkrankheiten. Die verschiedenen Abteilungen bieten verschiedene Behandlungen für ein breites Spektrum von psychischen Erkrankungen an, darunter auch Psychotherapie, Gruppen- und Spieltherapien (BFA-SEM 1.2018).
Gesundheitseinrichtungen aller drei Versorgungsstufen und psychiatrische Strukturen verfügen jeweils über eigene Spitalsapotheken. Diese Apotheken decken den spitalsinternen Bedarf ab, Patienten können dort aber keine Medikamente kaufen. Heute bestehen sowohl staatliche als auch reichlich private Apotheken. Auf Rezept können Medikamente der «Essential Drug List» in den staatlichen Apotheken in der Regel kostenlos bezogen. In privaten Apotheken ist heute die überwiegende Mehrheit der Medikamente vorhanden, auch modernere und teurere als die in den Essential Drug Lists enthaltenen. Private Apotheken können Medikamente im Ausland bestellen. Das Apothekennetz ist heute flächendeckend, auch in kleineren Ortschaften finden sich in der Regel mehrere, kleinere oder größere staatliche und/oder private Apotheken. In den ersten Jahren nach dem Konflikt boten eine Reihe von NGOs Behandlungen für traumatisierte Personen an, die meisten Organisationen haben diese Angebote jedoch nach einigen Jahren eingestellt, wie das UNHCR bereits im Jahr 2003 feststellte. Medica in Zenica und Amica in Tuzla bestehen bis heute und haben ihre Angebote und Dienstleistungen für Frauen, Kinder und nachgelagert auch für Familien ausgebaut (BFA-SEM 1.2018).
Ende 2001 wurde ein Abkommen unterschrieben und ab Mai 2002 umgesetzt, das Personen am Ort ihrer Rückkehr aus dem Ausland den Zugang zum Gesundheitswesen ermöglicht. Diese rechtlichen Veränderungen und Anpassungen, namentlich Übereinkommen zum Gesundheitswesen zwischen den Entitäten und zwischen den Kantonen, haben die Möglichkeiten des Zugangs zum Gesundheitswesen am Ort der Rückkehr grundsätzlich verbessert. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer aus dem Ausland, unabhängig von der jeweiligen Verweildauer, nicht nach denselben Regeln behandelt werden wie in der Föderation BiH lebende Patienten. Für die Wieder-Anmeldung bei den relevanten Behörden und Dienststellen ist eine Identitätskarte eine unabdingbare Voraussetzung. Falls diese nicht mehr vorhanden sein sollte, kann sie bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden. Von Rückkehrern mitgebrachte Verschreibungen von Medikamenten, auch von solchen der neuesten Generation, können fortgeführt und medizinisch begleitet werden. Die dafür notwendigen medizinischen Kenntnisse sind in der Regel vorhanden (VB 15.5.2020).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020
? BFA Staatendokumentation/EJPD | SEM Schweiz (1.2018): Bosnien und Herzegowina, Bericht zur Bosnien und Herzegowina: Bericht zur medizinischen Grundversorgung, https://www.ecoi.net/en/file/local/1422887/1729_1516952331_bosn-bfa-sem-bericht-zu-medizinischen-grundversorgung-2018-01.pdf, Zugriff 25.5.2020
? IOM - International Organization for Migration (2019): Länderinformationsblatt Bosnien und Herzegowina (geändert am 19.3.2020), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/9003505/18364039/Bosnien_und_Herzegowina_%2D_Country_Fact_Sheet_2019%2C_deutsch.pdf?nodeid=21862342&vernum=-2, Zugriff 25.5.2020
? KAS - Konrad Adenauer Stiftung (4.2020): Bosnien und Herzegowina, Länderbericht, Bosnien und Herzegowina in Zeiten von Corona, https://www.ecoi.net/en/file/local/2028884/Bosnien+und+Herzegowina+in+Zeiten+von+Corona.pdf, Zugriff 4.5.2020
? VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (15.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail
Rückkehr
Letzte Änderung: 12.06.2020
Bosnische Staatsangehörige, die aus Österreich kommen, müssen für 14 Tage in Selbstisolation. Nächtliche Ausgangssperre zwischen 20 Uhr und 5 Uhr. Schutzausrüstung (Maske und Handschuhe) vorgeschrieben. Flug der Austrian Airlines eingestellt bis mindestens 15.6.2020 (AVRR 27.5.2020).
Die Situation für Rückkehrer, die während des Balkankriegs aus dem Land flohen, hat sich verbessert. Ist die ursprünglich verlassene Wohnung beziehbar, ist eine Registrierung an einem anderen Ort als dem ursprünglichen Wohnort nicht möglich. Bei Zerstörung oder Besetzung der Wohnung erfolgt die Registrierung anderweitig, in der Föderation Bosnien und Herzegowina in dem Kanton, der dem Vorkriegswohnort am nächsten liegt. Wer über kein Identitätsdokument verfügt, muss ein solches beantragen. Zum Teil werden hierfür eine Reihe von Dokumenten verlangt (z. B. Wehrdienst-, Steuerbescheinigung). Die Zuständigkeit für die Koordination der Flüchtlingsrückkehr liegt beim bosnisch-herzegowinischen Ministerium für Menschenrechte und Flüchtlinge, das die staatliche Rückkehrkommission zur Durchführung von Wiederaufbaumaßnahmen gebildet hat. Zurückgeführte Staatsangehörige aus dem Ausland werden zur Aufnahme der Personalien von der Polizei befragt. Die Rückführungen erfolgen über den Flughafen Sarajevo oder über den Flughafen Tuzla. Die Schlechterstellung von Rückkehrern, die einer Minderheit angehören, durch öffentliche Stellen hat abgenommen, ist aber in einigen Regionen wie im Osten der Republika Srpska (RS) und der Herzegowina noch Praxis. Dies betrifft u. a. die Versorgung mit Strom, Wasser, Gas und Telefon durch die öffentlichen Versorgungsunternehmen, Rentenversorgung, Arbeitsaufnahme, Ausgabe von Personaldokumenten sowie den Zugang zu Bildung. Bei Roma ergeben sich oft zusätzliche Probleme darin, dass sich diese bereits vor Ausreise nicht ordnungsgemäß registrieren ließen und dadurch nach Rückkehr zunächst keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Die Behandlung der Rückkehrer durch Dritte ist abhängig davon, ob eine Rückkehr in Minderheitengebiete (z. B. Bosniaken in die Republika Srpska) oder Mehrheitsgebiete (z. B. Serben in die Republika Srpska) erfolgt. Dort, wo sich die Volksgruppe, der die Rückkehrer angehören, in der Minderheit befindet, kommt es immer wieder zu Übergriffen. Während sich die Vorfälle in der Föderation BiH meist auf verbale Angriffe und Sachbeschädigungen beschränken, kommt es auch heute noch in der RS gelegentlich zu schwereren Angriffen. Selbst Rückkehrer in Gebiete, in denen die eigene Volksgruppe die Bevölkerungsmehrheit stellt, sind zuweilen Feindseligkeiten ausgesetzt, da gegen Rückkehrer an sich Vorbehalte bestehen. In Einzelfällen werden Rückkehrer angegriffen oder als vermeintlich vermögende und privilegierte Personen beraubt oder erpresst. Der polizeiliche Schutz für Rückkehrer vor diesen Angriffen ist unzureichend, wie generell die Polizeiarbeit im Land oft wenig effektiv ist. Racheakte für im Krieg verübtes Unrecht sind bisher nicht bekannt geworden (AA 14.3.2020).
Die Lage der Rückkehrer in BiH ist primär durch die wirtschaftliche Lage im Land gezeichnet. Während in der Polizeistatistik Übergriffe auf Rückkehrer einen Rückgang aufweisen können, sind diese in Zeiten mit erhöhter Arbeitslosigkeit oder Wahlkampfrhetorik mit nationalistischem Vorzeichen vorprogrammiert. Rückkehrer sind in solchen Situationen leider ohne besonderen Schutz. Grundsätzlich gehören Rückkehrer und ihre Familien zu den sozial schwächeren Kategorien im Land, da sie auch Jahre nach ihrer Rückkehr mit Arbeitslosigkeit konfrontiert sind (VB 15.5.2020).
Die Schlechterstellung von Rückkehrern, die einer Minderheit angehören, durch öffentliche Stellen hat abgenommen, ist aber in einigen Regionen wie im Osten der Republika Srpska (RS) und der Herzegowina noch Praxis. Dies betrifft u. a. die Versorgung mit Strom, Wasser, Gas und Telefon durch die öffentlichen Versorgungsunternehmen, Rentenversorgung, Arbeitsaufnahme, Ausgabe von Personaldokumenten sowie den Zugang zu Bildung. Bei Roma ergeben sich oft zusätzliche Probleme darin, dass sich diese bereits vor Ausreise nicht ordnungsgemäß registrieren ließen und dadurch nach Rückkehr zunächst keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Die Behandlung der Rückkehrer durch Dritte ist abhängig davon, ob eine Rückkehr in Minderheitengebiete (z. B. Bosniaken in die Republika Srpska) oder Mehrheitsgebiete (z. B. Serben in die Republika Srpska) erfolgt. Dort, wo sich die Volksgruppe, der die Rückkehrer angehören, in der Minderheit befindet, kommt es immer wieder zu Übergriffen. Während sich die Vorfälle in der Föderation BiH meist auf verbale Angriffe und Sachbeschädigungen beschränken, kommt es auch heute noch in der Republika Srpska gelegentlich zu schwereren Angriffen. Selbst Rückkehrer in Gebiete, in denen die eigene Volksgruppe die Bevölkerungsmehrheit stellt, sind zuweilen Feindseligkeiten ausgesetzt, da gegen Rückkehrer an sich Vorbehalte bestehen. In Einzelfällen werden Rückkehrer angegriffen oder als vermeintlich vermögende und privilegierte Personen beraubt oder erpresst. Der polizeiliche Schutz für Rückkehrer vor diesen Angriffen ist unzureichend, wie generell die Polizeiarbeit im Land oft wenig effektiv ist. Racheakte für im Krieg verübtes Unrecht sind bisher nicht bekannt geworden (AA 14.3.2020).
Da die Anzahl von unbegleiteten minderjährigen Rückkehrern nicht von statistischer Bedeutung ist gibt es für diese Gruppe keinen Bedarf für spezielle Aufnahmezentren. Solche Fälle werden von den zuständigen Sozialämtern im Rahmen ihrer Tätigkeit übernommen (VB 15.5.2020).
Die Regierung hat die sichere Rückkehr und Wiederansiedlung oder die lokale Integration von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen je nach ihren Möglichkeiten aktiv gefördert. Die Regierung stellte Mittel für die Rückkehr bereit und beteiligte sich an international finanzierten Rückkehrprogrammen. Isolierte Angriffe gegen Minderheitenrückkehrer wurden fortgesetzt, aber im Allgemeinen nicht angemessen untersucht oder verfolgt. Rückkehrer, die einer Minderheit angehörten, sahen sich weiterhin mit Hindernissen bei der Ausübung ihrer Rechte an den Rückkehrorten konfrontiert (USDOS 13.3.2020).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020
? IOM - Internationale Organisation für Migration (27.5.2020): AVRR Information, Flugeinschränkungen und COVID-19 spezifische Einreisebestimmungen (Stand: 26.05.2020), Auskunft der IOM per E-Mail
? USDOS - US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026419.html, Zugriff 23.4.2020
? VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (15.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail
[…]
2. Beweiswürdigung
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zu den Feststellungen:
Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2.1. Insofern oben Feststellungen zu Identität (Name und Geburtsdatum), Staatsbürgerschaft, Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde.
Die Feststellung zu den in Österreich vorliegenden familiären Anknüpfungspunkten ergibt sich aus den im Bescheid getroffenen Feststellungen. Soweit der BF in der Beschwerde vorbringt, dass eine Lebensgemeinschaft mit seiner geschiedenen Gattin bestehe, stehen dieser glaubhaften Angaben seiner Ehegattin gegenüber, wonach aufgrund des Fehlverhaltens des BF keine aufrechte Beziehung zwischen den geschiedenen Eheleuten mehr besteht. Letztlich ist auch durch den Umstand, dass der BF durch seine wiederholte und massive Straffälligkeit eine mögliche Inhaftierung und damit verbundene Trennung von den genannten Familienangehörigen bewusst in Kauf genommen hat, ein mögliches ehemals bestehendes Familienleben zwischen dem BF und seinen Angehörigen relativiert worden, sodass auch vor diesem Hintergrund seine Aussage, wonach eine aufrechte Lebensgemeinschaft mit seiner geschiedenen Ehegattin bestünde, unglaubhaft anmutet.
Die Feststellung, dass der BF in Bosnien und Herzegowina noch über die genannten Angehörigen verfügt, ergibt sich aus dem Vorbringen seiner Ex-Gattin im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem BFA am 02.02.2021, wo diese auch angab, selbst mit den Eltern des BF in Kontakt zu stehen sowie dass der BF regelmäßig mit seinen Eltern telefoniere.
Die Feststellung, dass der BF im Besitz eines Reisepasses der Republik Bosnien und Herzegowina mit der angegebenen Gültigkeitsdauer ist, ergibt sich aus den Feststellungen im angefochtenen Bescheid.
Die Feststellung, dass der BF seit 13.12.2002 in Österreich gemeldet ist, folgt einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.
Des Weiteren ergab eine Abfrage im Strafregister der Republik Österreich die oben angeführten Einträge hinsichtlich des BF.
Das Fehlen von Anhaltspunkten, welche für eine besondere Integration des BF in Österreich sprächen, ist dem dahingehend unterlassenen Vorbringen des BF geschuldet.
Letztlich vermochte der BF weder legale Einnahmequellen noch sonstige Rechtsansprüche auf Geldleistungen nachzuweisen.
2.1.2. Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die im angefochtenen Bescheid zitierten Quellen, welche nicht in Zweifel gezogen wurden. Der BF ist den Feststellungen, demzufolge in Bosnien und Herzegowina eine weitgehend unbedenkliche Sicherheitslage sowie eine ausreichende Grundversorgung besteht, nicht konkret entgegengetreten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Bosnien und Herzegowina um einen Staat handelt, der weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht - etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.a. - als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass Bosnien und Herzegowina aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 1 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Erlassung einer Rückkehrentscheidung:
Gemäß § 52 Abs. 5 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
3.1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er verfügte zuletzt über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" und war vor Verwirklichung des mit der gegenständlichen Entscheidung festgestellten maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen.
Personen, die über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" verfügen, kommt nach § 20 Abs. 3 NAG 2005 in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesem Aufenthaltstitel entsprechenden Dokumentes - ein unbefristetes Niederlassungsrecht zu (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024). Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist in diesem Fall am Maßstab des § 52 Abs. 5 FPG zu prüfen, wobei sich Einschränkungen der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung auch noch aus § 9 BFA-VG ergeben (VwGH 29.5.2018, Ra 2018/21/0067; 30.11.2020, Ra 2020/21/0355). Es ist daher nicht auf die Gültigkeitsdauer des für diesen Aufenthaltstitel auszustellenden Dokumentes (von fünf Jahren) abzustellen, sondern es ist der Beurteilung ein unbefristetes Niederlassungsrecht zugrunde zu legen (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024).
Im gegenständlichen Fall ist es daher irrelevant, dass die zuletzt auf dem Aufenthaltstitel des BF angegebene Gültigkeitsdauer abgelaufen ist, da dem BF ein unbefristetes Niederlassungsrecht zukommt. Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist daher - wie von der belangten Behörde zutreffend ausgeführt - am Maßstab des § 52 Abs. 5 FPG zu beurteilen.
3.1.2. Demnach ist gegen einen Drittstaatsangehörigen im Besitz eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EU" eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
Die relevanten Bestimmungen des § 53 FPG lauten:
„(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
[…]
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
[…]
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
[…]“
Der BF wurde in Österreich insgesamt drei Mal strafgerichtlich verurteilt, wobei hiervon beim ersten Mal eine teilbedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde, das zweite Mal bereits eine unbedingte Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten. Schließlich wurde der BF bei der dritten Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren rechtskräftigt verurteilt. Gegenständlich ist folglich - wie vom BFA zutreffend ausgeführt - lediglich die Z 1 des § 53 Abs. 3 FPG erfüllt.
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).
Wie sich aus den Feststellungen unter Punkt 1.2. ergibt, wurde der BF in Österreich bereits drei Mal strafgerichtlich verurteilt, wobei es sich dabei bei den der ersten Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten um Delikte gegen fremdes Vermögen gehandelt hat (Diebstähle in verschiedenen Formen) und bei den den weiteren Verurteilungen zu Grunde liegenden Straftaten jeweils um einschlägige Taten in Zusammenhang mit Suchtgift bzw. mit der Suchtabhängigkeit des BF handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. VwGH 26.05.2021, Ra 2021/01/0159; 8.7.2020, Ra 2019/14/0272, mwN; vgl. auch die Rechtsprechung des EGMR, der Drogenhandel als Plage [„scourge“] bezeichnet und daher hartes Vorgehen nationaler Behörden dagegen billigt, jüngst EGMR 15.10.2020, Akbay u.a./Deutschland, 40495/15, Z 110).
Das über Jahre andauernde, sich stets wiederholende Fehlverhalten des BF widerstreitet folglich im Sinne dieser Rechtsprechung erheblich den öffentlichen Interessen an der Verhinderung der Verbreitung von Suchtgiften. Auch zeigt sich bei Betrachtung der oben getroffenen Feststellungen unzweifelhaft, dass die vom Verwaltungsgericht geäußerte Ansicht, bei Suchtmitteldelinquenz liege eine besonders hohe Wiederholungsgefahr vor, in Fall des BF besonders zutreffe. So wurde der BF erstmals im Jahr 2017 wegen im Jahr 2016 begangenen Suchtmitteldelikten strafgerichtlich verurteilt, in der Folge wurde er im Jahr 2020 wegen im selben Jahr erneut begangenen Suchtmitteldelikten rechtskräftig verurteilt. Hinzu kommt, dass der BF während offener Probezeiten erneut straffällig wurde. Ebenso ist aus den Strafurteilsausfertigungen zu den letzten Verurteilungen des BF jeweils ersichtlich, dass die Gerichte die raschen Rückfälle des BF hervorhoben und dies bei der Strafbemessung als erschwerend werteten. Aus diesem Fehlverhalten des BF ergibt sich unzweifelhaft, dass die vom Staat getroffenen Maßnahmen keine Wirkung gegenüber dem BF zeigen. Der BF wurde trotz mehrfacher Verurteilungen und teilbedingter wie unbedingter Freiheitsstrafen immer wieder - in beachtlichem Tempo - nach seiner Entlassung aus Haftanstalten wieder straffällig.
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kommt im Fall des BF besonders erschwerend hinzu, dass der BF nicht nur wegen der Konsumation von Suchtmitteln, die auf seine eigene Sucht zurückzuführen sein würde, sondern auch wegen des unerlaubten Handels mit Suchtgiften verurteilt wurde. So wurde er mit Urteil vom Landesgericht für Strafsachen Wien vom 30.05.2017 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, da er zumindest im Zeitraum von Mai 2016 bis 11.06.2016 in nicht mehr feststellbaren Mengen Kokain von zumindest durchschnittlichen Reinsubstanzgehalt nicht mehr feststellbaren Abnehmern gewerbsmäßig verschafft hat sowie als Mittäter einem verdeckten Ermittler des BK 200 g Kokain gegen einen Kaufpreis von € 12.000,00 angeboten hat. Der BF tat dies zudem in der Absicht, sich eine zusätzliche und fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Weiters wurde er mit Urteil des Landesgerichts Wien vom 01.12.2020 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, weil er Kokain zwischen Juni 2020 und September 2020 in eine die Grenzmenge übersteigenden Mengen anderen überlassen hat, in dem er es mehreren Abnehmern teilweise zwischen € 50,00 und € 80,00 pro Gramm verkaufte, wobei er selbst an Suchtmittel, nämlich Kokain gewöhnt war und die Straftaten vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen.
Beim Suchtgifthandel handelt es sich nach der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts um eine noch verwerflichere Tat als das Erwerben, die Inbesitznahme oder die Konsumation von solchen Suchtmitteln, da beim Eigenkonsum der hauptsächliche Schaden beim Konsumenten der Drogen bleibt. Beim Ausüben des Drogenhandels hingegen werden viel mehr Menschen in Mitleidenschaft gezogen und der Verkäufer von Drogen fördert alle negativen Folgen, die mit einer großflächigen Konsumation von Drogen einhergehen. Mit seinem Tun setzte der BF folglich ein massives Fehlverhalten, das den öffentlichen Interessen an der Verhinderung des Drogenhandels widerstreitet und vom Staat zu unterbinden ist.
Die beim BF in großer Menge vorhandene kriminelle Energie zeigt sich nicht nur in Anbetracht seiner vielen strafgerichtlichen Verurteilungen oder seiner raschen Rückfälle in die Straffälligkeit, sondern auch dadurch, dass er auch vor Straftaten gegen fremdes Vermögen nicht zurückschreckt. So wurde der BF am 09.12.2015 von einem Strafgericht wegen der Begehung von Diebstählen in verschiedenen Formen verurteilt. Er beging das Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch teils im Rahmen einer kriminellen Vereinigung. Erschwerend wurde vom Strafgericht bei dieser Verurteilung die Tatwiederholung bei den Einbrüchen gewertet.
In Gesamtbetrachtung seiner zahlreichen Verurteilungen, seiner raschen Rückfälle in die Straffälligkeit und der mangelnden Wirkung sämtlicher Maßnahmen gegen den BF ist bei ihm von einer eklatant hohen Gefahr auszugehen, dass er wieder Straftaten im Bereich des Suchtgiftmissbrauches und gegen fremdes Vermögen begehen wird. Aufgrund dieser hohen Tatbegehungsgefahr ist für das Bundesverwaltungsgericht unzweifelhaft, dass der BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.
Dass sich der BF bei den Verurteilungen einsichtig und reumütig zeigte, kann nicht maßgeblich im Sinne des BF gewertet werden und die Annahme einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht widerlegen, da er immer wieder innerhalb von kürzester Zeit nach strafgerichtlichen Verurteilungen, bei denen er sich vor Gericht reumütig zeigte, wieder einschlägig straffällig wurde. Dies wird vor allem in Anbetracht der letzten zwei Verurteilungen ersichtlich, als seine (teilweisen) Geständnisse jeweils strafmildernd gewertet wurden, er aber rasch wieder rückfällig wurde. Der BF begründete seine Taten jeweils mit seiner Drogensucht, die er finanzieren habe müssen. Er gab auch an, dass er sich in einem Substitutionsprogramm befinde. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass dem BF der Strafaufschub bis 05.12.2022 gewährt wurde, mit der Maßgabe, dass er sich zunächst einer 6-monatigen Behandlung und einer daran anschließenden Behandlung und einer daran anschließenden ambulanten Behandlung mit wöchentlichen Einzelgesprächen und regelmäßiger sozialarbeiterischer Unterstützung unterziehen muss. Ausgehend davon, dass sich der BF sohin erst inmitten dieser gesundheitsbezogenen Maßnahme befindet, kann beim BF keine ausreichende Dauer des Wohlverhaltens nach der letzten Verurteilung erkannt werden und konnte er eine etwaige Besserung seines Verhaltens sohin auch noch gar nicht beweisen, da nur ein wohltuendes Verhalten außerhalb des Strafvollzugs entsprechend gewürdigt werden kann. Das vom BF gesetzte Fehlverhalten in Zusammenschau mit der zuvor dargestellten erheblichen Wiederholungs- bzw. Tatbegehungsgefahr begründet daher eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit.
In Gesamtbetrachtung jeglicher Umstände des Einzelfalles und der dargelegten Erwägungen ist im Hinblick auf die zu erstellende Gefährdungsprognose des BF auszuführen, dass von einer negativen Prognose bezüglich seines künftigen Wohlverhaltens ausgegangen werden muss: Der BF zeigte sich über die letzten Jahre hinweg als unbelehrbarer Wiederholungstäter im Bereich der Suchtgift- und Vermögensdelikte. Trotz mehrfacher Verurteilungen sowie der Verhängung und Verbüßung von Haftstrafen wurde der BF immer wieder rasch rückfällig, obwohl er sich vor den Strafgerichten reumütig und geständig zeigte. Besonders verwerflich ist insbesondere zu erachten, dass der BF über einen längeren Zeitraum mit Suchtgift handelte, da dies ein besonders verpöntes und für die Gesellschaft besonders schädliches Fehlverhalten darstellt, deren Hintanhaltung ein großes öffentliches Interesse zukommt.
Der BF konnte nicht nachvollziehbar darstellen, wie er von seiner fast schon chronischen Straffälligkeit wegkommen sollte. Er verstieß über einen Zeitraum von mehreren Jahren regelmäßig gegen strafrechtliche Bestimmungen in verschiedenen Bereichen. Seine Delikte stehen in Zusammenhang mit seinen Drogenproblemen. Dass er nunmehr eine Therapie begonnen hat, führt beim erkennenden Richter nicht zur Annahme, dass die vom BF ausgehende Gefahr der weiteren Begehungen von Straftaten wegfallen wird. Angesichts seiner schon jahrelang bestehenden Drogenprobleme erscheint eine baldige Besserung, bevor er weitere Straftaten begeht, nicht wahrscheinlich. Der BF stellt augenscheinlich eine Gefahr für die Allgemeinheit dar.
In Betrachtung aller dargelegten Erwägungen rechtfertigt das Gesamtverhalten des BF folglich die Annahme, dass ein Verbleib des BF im Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen würde.
3.1.3. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insb