TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/7 G315 2242597-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.07.2021
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Entscheidungsdatum

07.07.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
VwGVG §35 Abs3

Spruch


G315 2242597-2/27E

Schriftliche Ausfertigung des am 08.06.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA.: Togo, vertreten durch den Verein Legal Focus und zugleich auch durch dessen Obfrau Frau Mag. XXXX , gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 28.05.2021 und die weitere Anhaltung in Schubhaft nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.06.2021 zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft seit XXXX .2021 wird als unbegründet abgewiesen.

II.      Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III.    Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen wird abgewiesen.

IV.      Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)       

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

1. XXXX , der in Österreich unter verschiedenen Identitäten auftrat (im Folgenden als Beschwerdeführer, kurz „BF“, bezeichnet), ein volljähriger Staatsangehöriger der afrikanischen Republik Togo wird seit XXXX .2021 in Schubhaft angehalten.

Erstes Schubhaftverfahren:

2. Die Schubhaft wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 3 FPG über den BF verhängt (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S. 104 ff).

3. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung zur ersten Schubhaftbeschwerde gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG iVm § 76 FPG wurde durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in dem mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 26.05.2021 in Anwesenheit des BF, einer Dolmetscherin für die französische Sprache und einer Vertreterin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mündlich verkündeten Erkenntnis die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 der VO EU Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm Artikel 28 Abs. 1 und 2 der VO EU Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wurde abgewiesen und der beschwerdeführenden Partei aufgetragen, dem Bund Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Zweites Schubhaftverfahren:

4. Mit zweiter Schubhaftbeschwerde vom 01.06.2021, eingegangen beim Bundesverwaltungsgericht am 02.06.2021, wurde Beschwerde erhoben gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft seit XXXX .2021 und wird ausgeführt, dass dem BF gegenüber nie rechtsgültig eine Entscheidung über die Anhaltung in Schubhaft ergangen sei. Die Entscheidungsfrist für die eingebrachte Schubhaftbeschwerde, welche am 27.05.2021 endete, sei nicht gewahrt worden und gebe es seit XXXX .2021 keinen gültigen Titel für eine Anhaltung mehr.

5. Am 02. und 04.06.2021 ergingen Ladungen an die beschwerdeführenden Parteien sowie die Rechtsvertretung des BF. An eine vom Verein Legal Focus im Verfahren verwendete Fax-Adresse konnte nicht zugestellt werden. Ferner wurde dem BF per E-Mail im Wege seiner Rechtsvertretung an die in der Vollmacht des BF aufscheinende Adresse unter anderem mitgeteilt, dass die Zustellung des Verhandlungsprotokolles vom 26.06.2021 samt der Niederschrift des mündlich verkündeten Erkenntnisses per Fax den im Akt erliegenden Nachweisen zufolge erfolgreich zugestellt wurde. Zudem erging die Einladung, dem Bundesverwaltungsgericht Kontaktdaten bekanntzugeben, unter denen die Rechtsvertretung auch kurzfristig erreichbar ist und bekanntzugeben, wer unter welchen im Schreiben konkret bezeichneten Kontaktdaten erreichbar ist.

6. Am 04.06.2021 wurde auf Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes vom Anhaltezentrum XXXX ein Besucherschein übermittelt, auf welchem der Besuch von „Herrn XXXX … – Anwalt“ verzeichnet ist und welchem eine Ablichtung eines Dienstausweises und eines Führerscheines des Genannten angeschlossen war.

7. Am 04.06.2021 wurde dem BF im Wege des ihn vertretendenden Vereines und der ad personam vertretenden Obfrau des Vereines, Frau Rechtsanwältin Mag. XXXX , an die im Akt erliegenden bzw. vom Gericht ermittelten Adressen (die ad personam vertretende Obfrau und Rechtsanwältin trat mit ihrer elektronischen Zustelladresse bislang im Verfahren nicht in Erscheinung) eine Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Beschwerde des BF zu Gehör gebracht und wurde ihm freigestellt, sich spätestens in der mündlichen Verhandlung dazu zu äußern. Ferner wurde der BF im Wege seiner Vertretung aufgefordert, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken und insbesondere bis längstens zur Schubhaftverhandlung am 08.06.2021, Beginn 8:00 Uhr, oder in der Schubhaftverhandlung nachvollziehbar darzustellen, warum von einem Zustellmangel und der Ungültigkeit des am 26.05.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses auszugehen ist. Unter einem wurde der BF im Wege seiner Vertretung aufgefordert, die behauptetermaßen unvollständige und nicht aufschlussreiche Faxsendung zur Gänze im Original vorzulegen und zudem das Gericht aufzuklären, wem die in dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes näher bezeichneten Faxnummern zuzurechnen sind und auch bekanntzugeben, wer über ein Gerät mit dem auf der Beschwerde ersichtlichen Faxnummer verfügt, an welches Sendungen des Gerichtes nicht zustellbar sind.

8. In der mündlichen Verhandlung am 08.06.2021 wurde ein mit 07.06.2021 datiertes Schreiben, welches mit einem Aufdruck „8/06/2021 00:13 XXXX Legal Focus“ und der jeweiligen Seitenzahl versehen war, vorgelegt. Mit diesem wurde ersucht, die Rechtsvertretung für die Teilnahme an der Verhandlung zu entschuldigen, was mit „terminlichen Gründen“ erklärt wurde. Zum behaupteten Übermittlungsfehler der Faxsendung, mit welchem die Niederschrift vom 26.05.2021 übermittelt wurde, wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich die Unvollständigkeit der Sendung gewiss auch aus dem Sendeprotokoll des Gerichtes ergeben müsse; das BVwG habe dazu nichts vorgelegt. Fehlerhafte Sendungen seien vom Sender zu verantworten. Bei der Faxnummer, an welche das Gericht nicht zustellen könne, handle es sich um „keine kommunizierte Nummer“. Sie werde nicht für Zustellungen verwendet.

Ferner wurde ausgeführt, dass zumindest von einem Organisationsgebrechen auszugehen sei, zumal auf Schreiben der Rechtsvertretung nicht reagiert wurde.

Zur Aufforderung des Gerichtes, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken wurde bekanntgegeben, dass es sich nicht um ein Asylverfahren handle.

Zudem wurde ausgeführt, dass Italien nicht berechtigt sei, Angaben über das Asylverfahren (gemeint ist wohl ein in Italien geführtes Verfahren zur Person des BF) zu erteilen. In der Dublin-Verordnung sei „vorgesehen, mitzuteilen, ob das Asylverfahren offen oder beendet ist“.

9. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG zu Zl G315 2242597-2 mit dem im Spruch ersichtlichen Inhalt in Anwesenheit des BF, einer Dolmetscherin für die französische Sprache und einer Vertreterin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verkündet und begründet und dem BF eine Rechtsmittelbelehrung erteilt.

10. Mit Schreiben des Vereines Legal Focus vom 09.06.2021, eingegangen beim Bundesverwaltungsgericht am 14.06.2021, beantragte der BF im Wege seiner Rechtsvertretung die schriftliche Ausfertigung des ersten und des zweiten Erkenntnisses in den Verfahren G315 2242597-1 und -2. Die Ausfertigung des schriftlichen Erkenntisses im Verfahren 2242597-1 wurde damit begründet, dass die Niederschrift samt dem mündlich verkündeten Erkenntnis nie ordnungsgemäß zugestellt worden sei.

11. Am 28.06.2021 wurde der BF im Wege seiner Rechtsvertretung vom Ergebnis der Beweisaufnahme informiert, wonach das zuvor erwähnte Schreiben, mit welchem die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse beantragt wurde, in beiden Verfahren am 10.06.2021 zur Post gegeben wurde und der Antrag auf schriftliche Ausfertigung im Verfahren 2242597-1 nach der in § 29 VwGVG vorgesehenen Frist sohin als verspätet zu betrachten sei. Ferner wurde der BF im Wege seiner Rechtsvertretung eingeladen, auszuführen, warum die schriftliche Ausfertigung im ersten Verfahren nicht eher beantragt wurde, zumal dem BF und auch der Rechtsvertretung der Umstand der mündlichen Verkündung jedenfalls bekannt war.

12. Mit Schreiben vom 28.06.2021, eingegangen beim Bundesverwaltungsgericht am 29.06.2021, wurde auf das Schreiben der Rechtsvertretung vom 09.06.2021 verwiesen und wurde eine Kopie dieses Schreibens neuerlich übermittelt.

Feststellungen:

Die Identität und Staatsangehörigkeit des BF sind nicht erwiesen. Soweit der BF im Verfahren und in vorliegendem Erkenntnis namentlich benannt wird, dient dies lediglich der Individualisierung seiner Person als Verfahrenspartei, nicht aber der Feststellung seiner Identität. Fest steht jedoch, dass der BF die im Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes verwendeten Identitätsdaten auch in Italien im Rahmen eines dort geführten Asylverfahrens verwendete.

Der BF ist volljährig. Der BF ist nicht österreichischer Staatsbürger. Der BF ist somit als Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 FPG zu qualifizieren. Der BF verfügt über keinen ihn zum Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet berechtigenden Aufenthaltstitel.

Der BF hat in Italien im Jahr 2016 einen Asylantrag gestellt (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 76 verso).

Der BF wurde in Österreich am 10.04.2021 von Italien kommend angehalten, wobei er sich mit einem totalgefälschten Reisepass auswies (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 7, Bericht der LPD XXXX vom 10.04.2021). Der BF wurde daraufhin festgenommen.

Am 19.04.2021 wurde der BF am Hauptbahnhof XXXX angehalten und einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen, wobei er sich als XXXX ausgab und daraufhin auf die PI XXXX verbracht wurde. Eine erkennungsdienstliche Behandlung ergab einen EURODAC-Treffer (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 76 und 162, Anfrage des BMI vom 19.04.2021) und war für die Behörde daraus ableitbar, dass eine Person mit denselben Fingerabdrücken im Jahr 2016 einen Asylantrag in Italien gestellt hatte (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 5, Aktenvermerk der Landespolizeidirektion XXXX vom 19.04.2021). Eine Anfrage an das Polizeikooperationszentrum XXXX (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 79, E-Mail des BMI vom 19.04.2021) ergab zunächst, dass der BF in Italien unter den den Behörden gegenüber angegebenen Identitätsdaten nicht aufscheint (E-Mail an das BFA vom 19.04.2021, AS 83).

Am 19.04.2021 wurde der BF schließlich im PAZ XXXX aufgenommen (Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres).

Am selben Tag wurde der BF im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Französisch zur Prüfung einer Sicherungsmaßnahme einvernommen (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 86, Niederschrift).

Ebenfalls am selben Tag wurde ein Mandatsbescheid erlassen, wonach über den BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 1 der Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft über den BF zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet wurde (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 104 ff).

Mit Schreiben vom 19.04.2021 wurde der BF von der Behörde eingeladen, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, mit welcher ihm u.a. zur Kenntnis gebracht wurde, dass er den Ermittlungsergebnissen zufolge in Italien asylrechtlich behandelt wurde und daher mit dem zuständigen Dublin-Kontaktstaat Kontakt aufgenommen wurde. Ferner wurden dem BF Fragen gestellt, deren Beantwortung nicht aktenkundig ist (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 101 ff).

Am 20.04.2021 wurde von der Behörde eine Anfrage mittels STANDARD FORM FOR REQUESTS FOR TAKING BACK gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b der VO (EU) No 604/2013 zu den verschiedenen in Österreich bekanntgegebenen Identitäten des BF unter Angabe der Daten des EURODAC-Treffers, des Tages der Asylantragstellung der gefundenen Person und der Angaben des BF über den Aufenthalt in Italien gestellt (Verfahrensakt zum ersten Schubhaftverfahren, AS 160 ff).

Am 30.04.2021 erfolgte die Überstellung in das AHZ XXXX (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 24, Darstellung der Landespolizeidirektion XXXX ).

Mit Bescheid vom 05.05.2021 wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG gegen den BF die Anordnung der Außerlandesbringung angeordnet. Festgestellt wurde ferner, dass die Abschiebung zulässig sei, wobei mit Berichtigungsbescheid vom 06.05.2021 präzisiert wurde, dass die Abschiebung nach Italien zulässig ist (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 31 ff und 64 ff). Am 06.05.2021 wurde ein Rechtsmittelverzicht gegen den Bescheid vom 06.05.2021 unterzeichnet. Darin wurde auch bestätigt, dass dies nach ausführlicher Rechtsberatung durch die BBU erfolgte (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 128 verso).

Am 10.05.2021 stellt der BF im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 133 verso ff, 174 ff). Mit Bescheid vom 30.05.2021 wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als unzulässig zurückgewiesen. Für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz sei gemäß Art. 18 Abs. 1 lit B der VO EU Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Italien zuständig. Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG wurde gegen den BF die Außerlandesbringung angeordnet. Demzufolge sei gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des BF nach Italien zulässig (Verfahrensakt zum zweiten Schubhaftverfahren, AS 68 ff). Der Bescheid ging dem BF nachweislich zu. Am 01.06.2021 wurde ein Rechtsmittelverzicht gegen den Bescheid vom 30.05.2021 unterzeichnet. Darin wurde auch bestätigt, dass dies nach ausführlicher Rechtsberatung durch die BBU erfolgte (Verfahrensakt zum zweiten Schubhaftverfahren, S 116 ff).

Am 05.05.2021 gab die Behörde der zuständigen Dublin Einheit in Italien bekannt, dass aufgrund des Verstreichens der vom BFA gesetzten Frist die Zuständigkeit gemäß Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EU) No 604/2013 die Zuständigkeit unwiderrufbar auf Italien übergegangen sei. Gleichzeitig wurde Italien aufgefordert, die notwendigen Schritte für die Rückübernahme des Asylwerbers zu setzen. Eine Information gemäß Art. 8 leg.cit. würde ergehen (Verfahrensakt des BVwG zum 1. Verfahren, XXXX ).

Eine neuerliche Anfrage der Behörde im Polizeikooperationszentrum XXXX zu den Identitätsdaten, die der BF in Österreich verwendete, ergab, dass die Person, auf die sich die Anfrage bezog, bis 30.09.2019 einen Aufenthaltstitel in Italien wegen eines Asylverfahren hatte, zur Zeit der Anfrage aber keine Berechtigungen und auch keinen Aufenthaltsstatus in Italien mehr hatte (Verfahrensakt zum ersten Schubhaftverfahren, S 203, ergänzende Stellungnahme des BFA vom 21.05.2021).

Fest steht jedenfalls, dass der BF rechtswidrige Reisebewegung im Schengenraum vornahm.

Das Bundesamt plant eine Rückführung des BF nach Italien innerhalb der in der Dublin III-Verordnung vorgegebenen Frist (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 26.05.2021).

Der BF war zum Zeitpunkt der mündlichen Verkündung haftfähig und hatte keine schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme (Beilage zur Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 08.06.2021).

Der BF hält sich zumindest seit seinem ersten Aufgriff in Österreich auf.

In Österreich bestehen keine familiären oder beruflichen Anknüpfungen. Der BF hat eine Kontaktperson in Österreich, mit welcher er sich über Messenger austauschte und von der er jedoch keinen genauen Namen und keine genaue Adresse kennt. Ansonsten bestehen keine privaten Interessen des BF in Österreich. Der BF hatte zum Zeitpunkt der Erstellung eines Auszuges aus der Anhaltedatei vor der mündlichen Verhandlung am 08.06.2021 eigene finanzielle Mittel im Ausmaß von 361, 75 Euro. Die Möglichkeit einer legalen Erwerbstätigkeit in Österreich ist für den BF nicht gegeben. Es besteht damit weder ein gesicherter Wohnsitz in Österreich noch verfügt der BF über ausreichende Existenzmittel für einen auch nur mehrwöchigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Dass der BF die deutsche Sprache spricht, kam im Verfahren nicht hervor.

Ob der BF nach seinem ersten Aufgriff in einem Zug nach Österreich dennoch weiterreiste oder ob er erst vor seinem zweiten Aufgriff in Tirol am 19.04.2021 erstmalig einreiste, kann nicht festgestellt werden.

Der BF setzte in Österreich strafrechtlich relevante Taten, indem er sich mit einem totalgefälschten Ausweis auswies (Verfahrensakt zum ersten Schubhaftverfahren, S 7) und mehrfach falsche Identitäten verwendete (Verfahrensakt zum ersten Schubhaftverfahren, S 5 und 7).

Der BF gab vor dem Bundesverwaltungsgericht mehrfach an, er wolle freiwillig ausreisen, setzte aber bis zur mündlichen Verkündung in gegenständlichem Verfahren keinerlei Schritte, um eine Ausreise zu initiieren oder sich dahingehend auch nur beraten zu lassen.

Dass im vorliegenden Fall mit gelinderen Mittel als der Anhaltung in Schubhaft das Auslangen gefunden werden kann, war für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar.

Aufgrund des Verstreichens der von der Behörde gesetzten Frist in dem mit den italienischen Behörden geführten Verfahren zur Rückübernahme des BF auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz ist die Zuständigkeit gemäß Art. 25 Abs. 2 der zitierten Verordnung unwiderrufbar auf Italien übergegangen.

Wiewohl keine explizite Antwort Italiens auf die Anfragen und Mitteilungen Österreichs erfolgte, gab es zum Zeitpunkt der mündlichen Verkündung keinen ersichtlichen Grund, warum die beabsichtigte Überstellung nach Italien aus von den italienischen Behörden zu verantwortenden Gründen dennoch scheitern sollte.

Es war davon auszugehen, dass sich der BF dem Dublinverfahren und einer bereits in Aussicht gestellten Überstellung nach Italien bei Beendigung der Schubhaft entziehen würde. Ebensowar mit einer Fortsetzung der illegalen Reisebewegungen zwischen den Schengen-Staaten zu rechnen.

Es konnte auf Grundlage der gegebenen Umstände ein erhöhter Sicherungsbedarf zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Überstellung nach Italien festgestellt werden. Im Falle des BF ist vor allem mit erheblicher Fluchtgefahr zu rechnen.

Das in Abwesenheit der Rechtsvertretung des BF am 26.05.2021 mündlich verkündete Erkenntnis ist rechtswirksam erfolgt und gehört seit der mündlichen Verkündung dem Rechtsbestand an. Der Rechtsvertretung ist am selben Tag auch eine Abschrift per Telefax zugekommen. Im Akt erliegt eine Sendebestätigung (Verfahren zur ersten Schubhaftbeschwerde, S 245 ff), wonach die Faxnachricht an die gewählte Nummer erfolgreich versendet wurde.

Dem Beschwerdeführer sowie auch dessen Rechtsvertretung ist seit dem 26.05.2021 jedenfalls der Umstand der mündlichen Verkündung bekannt.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen basieren jeweils auf dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und der Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zum ersten und zweiten Beschwerdeverfahren die Anhaltung in Schubhaft und deren Fortsetzung betreffend. Es bestehen keine entscheidungswesentlichen Widersprüche.

Die Feststellungen in Bezug auf die als Vorfrage zu diesem Verfahren zu behandelnden Vorgänge im ersten Beschwerdeverfahren basieren ebenfalls auf dem Inhalt der Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen über die von der Landespolizeidirektion und dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl getätigten Ermittlungen zu den verschiedenen Identitäten des BF und dessen Aufenthalt in Österreich und in Italien ergeben sich aus den in den Akten erliegenden Polizeiberichten sowie dem Auszug über den EURODAC-Treffer und dem Vorbringen der Parteien im Verfahren, vor allem im ersten Schubhaftverfahren.

Dass die Identität des BF nicht feststellbar ist, resultiert daraus, dass der BF kein unbedenkliches Identitätsdokument seines Heimatstaates vorweisen konnte und in Österreich unter mehreren falschen Identitäten und unter Gebrauch eines totalgefälschten Ausweises auftrat. Dass der BF auch in Italien die nunmehr von der Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht verwendeten Identitätsdaten verwendete, ergibt sich aus den von der Behörde vorgelegten Auszügen aus dem EURODAC-System und den Auskünften der italienischen Behörden.

Dass der BF in Österreich keinen Aufenthaltstitel hat, ergibt sich aus den vom Bundesverwaltungsgericht eingesehenen Registerauszügen und wurde dies auch im Verfahren nie behauptet.

Die Feststellungen zu den in Österreich geführten Verfahren in Bezug auf den BF resultieren aus den entsprechenden Inhalten der von der Behörde vorgelegten Aktenteile zu den betreffenden Verfahren, den Angaben der Behörde und des BF vor Gericht und den Eintragungen im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und im GVS-Betreuungsinformationssystem.

Die Festnahme des BF, die polizeiliche Einvernahme und die anschließende Anordnung der Schubhaft können jeweils anhand der dazu vorgelegten Aktenbestandteile nachvollzogen werden. Die Anhaltung des BF in Schubhaft seit dem XXXX .2021 geht aus der Anhaltedatei-des Bundesminsiteriums für Inneres hervor.

Aufgrund der von der Behörde zu den Fingerabdrücken und einem sichergestellten Identitätsdokument des BF getätigten Anfrage (EURODAC-Antrage und Anfrage an das Polizeikooperationszentrum in XXXX ) und den diesbezüglichen Ermittlungsergebnissen, welche von der Behörde zum Akt gegeben wurden, steht fest, dass der BF im Jahr 2016 einen Asylantrag in Italien stellte (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 5: Aktenvermerk der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX .2021, Auszug aus dem EURODAC-System: S 76, Korrespondenz mit dem Polizeikooperationszentrum: S 79, 83 und 203).

Aufgrund der Auskünfte des Polizeikooperationszentrums ist feststellbar, dass der BF in Italien Identitätsdaten verwendete, die er auch in Österreich verwendete. Der Auskunft des Polizeikooperationszentrums zufolge hatte der BF bis 30.09.2019 einen Aufenthaltstitel in Italien, zur Zeit der Beantwortung einer Anfrage am 21.05.2021 hatte er jedoch keinen Aufenthaltstitel mehr.

Ob das Verfahren in Italien abgeschlossen wurde oder sich der BF dem Verfahren entzogen hat, ist gegenwärtig nicht feststellbar, zumal diesbezüglich keine Angaben der italienischen Behörden vorliegen und der BF im Verfahren auch unterschiedliche und wenig stichhaltige Angaben darüber tätigte (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, etwa S 176). Anlässlich seiner Befragung zur Asylantragstellung (Einvernahme bei der Behörde am 19.05.2021) und auch in der Verhandlung am 26.05.2021 gab der jedoch zu, dass er in Italien einen Asylantrag gestellt hat. Ob ein aus Italien stammender, mittlerweile abgelaufene Aufenthaltstitel jederzeit wieder verlängerbar wäre, wie der BF in einer Befragung durch die Behörde angab, ist ebefalls nicht feststellbar.

Fest steht jedenfalls, dass der BF rechtswidrige Reisebewegung im Schengenraum vornahm. Es ist davon auszugehen, dass der BF im Rahmen des Verfahrens zu seinem Asylantrag in Italien auch über die Grundsätze des Dublinregimes aufgeklärt wurde.

Dass der BF am 10.04.2021 auf dem Weg nach Österreich und ein weiteres Mal am XXXX .2021 in Österreich angehalten wurde und dabei jeweils unterschiedliche Angaben zu seiner Identität tätigte, konnte aufgrund der bereits erwähnten Polizeiberichte festgestellt werden.

Dass er sich bei seiner Anhaltung am 10.04.2021 mit einem totalgefälschten Reisespass ausgewiesen hat, ergibt sich aus dem Bericht der Landespolizeidirektion XXXX vom selben Tag (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S. 7). Wie der BF in der Verhandlung am 26.05.2021 zugab, verwendete er dabei Dokumente, die er in Italien für 400 Euro erwarb (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 221 verso). Dass der BF auch bei seinem Aufgriff am XXXX .2021 eine falsche Identität benutzte, ergibt sich aus dem Bericht der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX .2021 (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S. 5). Die Umstände der Anhaltung des BF am 10.04.2021 und am XXXX .2021 sind den genannten Berichten der Landespolizeidirekton zu entnehmen.

Die Angabe des BF, er habe anlässlich seines zweiten Aufgriffes die Brieftsache von XXXX gefunden und sie der Polizei bei seiner Anhaltung übergeben, ohne damit zu beabsichtigen, sich mit den in der Geldtasche befindlichen Papieren auszuweisen, ist schon deshalb nicht glaubhaft, da aus dem Polizeibericht hervorgeht, der BF habe diesen Namen benutzt, ohne sich auszuweisen.

Ein Eintrag zur Person im österreichischen Zentralen Melderegister liegt, außer in Bezug auf den Aufenthalt in den erwähnten Anhaltezentren, nicht vor.

Ob sich ein Freund, der dem BF geraten hätte, nach Österreich zu kommen, um hier eine zweite Chance zu erhalten, tatsächlich in XXXX aufhält und ob der BF diesen auch tatsächlich besuchen wollte, kann nicht festgestellt werden, zumal der BF weder den Namen des Freundes noch die genaue Adresse angeben konnte. Auch in der mündlichen Verhandlung vom 25.6.2021 tätigte er diesbezüglich nur vage Angaben.

Dass der BF sich in Österreich lediglich zu Erholungszwecken für kurze Zeit aufhalten wollte, wie er in seiner Beschwerde angab, ist nicht glaubhaft. Dies vor allem deshalb, da er in der Einvernahme am 19.04.2021 noch angegeben hatte, ein Freund hätte ihm gesagt, dass Österreich ein gutes Land sei und er hierherkommen solle, um vielleicht eine neue Chance zu bekommen. Auch in seiner Einvernahme bei der Behörde am 19.05.2021 (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 176) gab der BF an, dass er in Österreich bleiben wolle und sein Freund ihm gesagt habe, Österreich könne ihm helfen, sein Problem zu lösen. In der Schubhaftverhandlung am 26.05.2021 gab der BF auf Vorhalt seiner Angaben bei der Behörde ebenfalls zu, dass er sich in Österreich eine zweite Chance erhofft habe und führte dazu aus, dass er sich Österreich hätte anschauen sollen und ihm bedeutet worden sei, dass man – falls es ihm gefalle – etwas machen könne (Akt zum ersten Schubhaftverfahren, S 222 verso ff, Verhandlungsprotokoll). In Zusammenschau mit den Angaben des BF über den Aufenthalt in Italien – im Wesentlichen gab er in verschiedenen Befragungen an, er habe fünf Jahre in Italien auf ein Ergebnis gewartet (Verfahrensakt zum ersten Schubhaftverfahren, S 176: Niederschrift vom 19.05.2021) und dann sei wegen der CORONA-Pandemie alles durcheinandergekommen (Verfahrensakt zum ersten Schubhaftverfahren, S 222 verso: Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 26.05.2021) – ist insgesamt davon auszugehen, dass der BF sich entweder seinem Asylverfahren oder seiner Abschiebung durch die italienischen Behörden entziehen wollte.

Der Ablauf des Konsulationsvefahrens mit Italien und dessen Ausgang ergeben sich aus dem Schriftverkehr mit den italienischen Behörden vom 21.05.2021 und 05.05.2021 sowie den nachvollziehbaren Ausführungen der Behördenvertreterinnen in den mündlichen Verhandlungen am 26.05.2021 und 08.06.2021 (Verfahrensakt zum ersten Schubhaftverfahren, S 160 ff)

Dass eine Rückführung nach Italien innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist geplant ist, ergibt sich aus den glaubhaften Angaben der Behördenvertreterinnen in den mündlichen Verhandlungen.

Schon aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen (ex-lege Übergang der Zuständigkeit an Italien) war davon auszugehen, dass die Überstellung des BF innerhalb des in der „Dublin-Verordnung“ vorgesehenen Zeitrahmens nach Italien auch effektuiert werden kann. Dass die Rücknahmeverpflichtung von Seiten der italienischen Behörden aufgrund der Bestimmungen des Art. 25 Abs. 2 der „Dublin-Verordnung“ grundsätzlich von Italien auch wahrgenommen wird, ergibt sich aus den nachvollziehbaren Schilderung zur Behördenpraxis in Bezug auf „Dublin-Rückführungen“nach Italien unter Anführung statistischer Daten durch die Behördenvertreterin in der mündlichen Verhandlung am 26.05.2021 sowie den vorbereitenden schriftlichen Eingaben der Behörde (Verhandlungsakt zur ersten Schubhaftbeschwerde, S 188 verso). Ein Grund zur Annahme, Italien würde sich seiner Verpflichtung dennoch entziehen, war für das Bundesverwaltungsgericht vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.

Der Aussage des BF, dass er freiwillig nach Italien zurückkehren wolle, konnte deshalb nicht gefolgt werden, da er in der mündlichen Verhandlung am 08.06.2021 zugab, keinerlei Schritte diesbezüglich gesetzt zu haben, obwohl er im Laufe der verschiedenen in Österreich geführten Verfahren nachweislich mehrfach Kontakt zu einer Rechtsberatungsorganisation hatte, die für den BF auch im Anhaltezentrum zugänglich ist. Dass dies daran gescheitert sei, weil sein Freund krank sei, wie der BF vermeinte, kann vor diesem Hintergrund nur als Schutzbehauptung gewertet werden.

Die Haftfähigkeit des BF geht aus den dem Bundesverwaltungsgericht zu Beginn der mündlichen Schubhaftverhandlungen vorgelegten medizinischen Unterlagen hervor. Schwerwiegende gesundheitliche Probleme sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Der BF verfügt über keine finanziellen Möglichkeiten, um einen auch nur kurzen bzw. mittelfristigen Aufenthalt in Österreich zu finanzieren. Dies ergibt sich aus seinen Angaben vor der Behörde und der Anhaltedatei des Innenministeriums, wonach er vor der zweiten Schubhaftverhandlung über den in den Feststellungen genannten Betrag verfügte. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme der Behörde, der BF habe keine (ausreichenden) eigenen finanziellen Mittel, nachvollziehbar.

Das Verfahren hat keine Hinweise auf familiäre oder berufliche Anknüpfungspunkte des BF im Inland zutage gebracht. Soweit der BF bekanntgibt, er habe einen Freund, der ihn dazu überredet hätte, nach Österreich zu kommen, so kann auch zu dieser Person keine für dieses Verfahren relevante Beziehung festgestellt werden, da der BF in der Schubhaftverhandlung am 26.5.2021 angab, er habe nur über Messenger mit dieser Person Kontakt und auf Vorhalt, dass er bei der Behörde keine genauen Angaben zu dieser Person machen konnte, lediglich angab, der Freund hieße XXXX (phonetisch). Dass besagter XXXX in XXXX wohne, kann ebenfalls nicht festgestellt werden, zumal beim BF ein Bahnticket bis XXXX gefunden wurde (Verfahren zur ersten Schubhaftbeschwerde, S 222 verso f). In Bezug auf den mehrfach erwähnten Freund sei auch noch angemerkt, dass der BF den Auskünften des Anhaltezentrums lediglich einmal Besuch vom Kassier des ihn vertretenden Vereines hatte und sich auch daraus ableiten lässt, dass kein besonderes Naheverhältnis zu besagtem Freund oder einer anderen Person besteht.

Dass der BF über Deutschkenntnisse verfügen würde, kam im Verfahren nicht hervor.

Dass der BF in Österreich strafrechtlich relevante Taten gesetzt hat, indem er sich mit einem totalgefälschten Ausweisen auswies, ist einem Polizeibericht zu entnehmen (Verfahrensakt zur ersten Schubhaftbeschwerde, S 7) zu entnehmen und ergibt sich auch aus der Aussage des BF in der mündlichen Verhandlung am 25.06.2021, wonach der BF zugestand, in Italien einen Ausweis um 400 Euro gekauft zu haben.

Dass sich der BF dem Dublinverfahren und einer bereits in Aussicht gestellten Überstellung nach Italien bei Beendigung der Schubhaft entziehen würde und in seinem Fall erhebliche Fluchtgefahr und daraus resultierend erhöhter Sicherungsbedarf besteht, war aufgrund der hohen Mobilität des BF und seines bisherigen Verhaltens, insbesondere der vagen und inkonsistenten und zum Teil widersprüchlichen Angaben zu seinem Verfahren in Italien und dem Zweck seines Aufenthaltes in Österreich sowie dem Umstand, dass er totalgefälschte Dokumente verwendete und in Österreich nie gemeldet war, auszugehen. Ebenso war mit einer Fortsetzung der illegalen Reisebewegungen zwischen den Schengen-Staaten zu rechnen. Aus diesem Grund war auch festzustellen, dass im Falle des BF nicht mit gelinderen Mitteln als der Anhaltung in Schubhaft das Auslangen hätte gefunden werden können.

Die Feststellungen zur Rechtswirksamkeit der erfolgten mündlichen Verkündung des Erkenntnisses vom 26.05.2021 (siehe dazu auch die Erwägungen in der rechtlichen Beurteilung), zur Übermittlung der Niederschrift der Verhandlung und des mündlich verkündeten Erkenntnisses sowie den weiteren, diesbezüglich verfahrensrelevanten Umständen wurden aufgrund des Akteninhaltes getroffen.

Rechtliche Beurteilung:

1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

–        Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

–        Fremdenpolizeigesetz FPG, BGBl I Nr 100/2005 idgF

–        Staatsbürgerschaftsgesetz StbG, BGBl. Nr. 311/1985 idgF

–        BFA- Verfahrensgesetz BFA-VG, BGBl. I Nr. 144/2013 idgF

–        BFA- Einrichtungsgesetz BFA-G, BGBl I Nr. 87/2012 idgF

–        Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG,. BGBl. I Nr. 33/2 013 idgF

–        Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

–        Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

–        PersFrG BGBl. Nr. 684/1988 idgF

–        Europäische Menschenrechtskonvention EMRK, BGBl. Nr. 210/1958 idgF

–        VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO)

2. Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die oben angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, „wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt“.

Die in § 2 StbG, enthaltenen Begriffsdefinitionen lauten wie folgt:

„Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet:

1. Republik: die Republik Österreich;

2. Staatsbürgerschaft: die Staatsbürgerschaft der Republik Österreich (österreichische Staatsbürgerschaft);

3. Staatsbürger: ohne Unterschied des Geschlechtes eine Person, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt;

4. Fremder: ohne Unterschied des Geschlechtes eine Person, welche die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.“

Wie aus den vorliegenden Akten sowie dem festgestellten Sachverhalt zweifelsfrei zu entnehmen ist, handelt es sich bei dem BF um keinen österreichischen Staatsbürger gemäß
§ 2 Z 2 StbG und somit um einen Fremden iSd § 2 Abs 4 FPG.

Gemäß § 3 Abs 1 BFA- G, obliegt dem Bundesamt

1.       die Vollziehung des BFA-VG,

2.       die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100,

3.       die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 und

4.       die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005, BGBl. I Nr. 100.

Die Bestimmung des § 3 Abs 1 BFA-G normiert seinem Inhalt nach, dass dem BFA („Bundesamt“) die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des FPG obliegt.

Unter Heranziehung des 8. Hauptstückes des FPG welches ua jene Bestimmungen enthält, die für die „Schubhaft“ iSd § 76 leg cit bzw das „gelindere Mittel“ iSd § 77 leg cit einschlägig sind, bestätigt unzweifelhaft und aus den zitierten Bestimmungen eindeutig entnehmbar die Zuständigkeit des BFA in derartigen Angelegenheiten.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich daher, dass das BFA für die bescheidmäßige Anordnung der Schubhaft nach §§ 76 ff FPG ex lege zuständig ist.

Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.       gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2.       gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3.       wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4.       gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs 4.

Gemäß § 7 Abs 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über

1.       Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2.       Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3.       Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4.       Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5.       Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs 1 Z 1 und 2.

Gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Gemäß § 22a Abs 2 BFA-VG hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

Gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der Gesetzgeber führte diesbezüglich unter anderem Nachfolgendes aus:

§ 22a Abs 1 BFA-VG fasst sämtliche Beschwerdemöglichkeiten an das Bundesverwaltungsgericht, die einem Fremden gegen eine Festnahme oder eine Anhaltung nach dem BFA-VG oder gegen eine Schubhaft nach dem FPG zur Verfügung stehen, regelungstechnisch in einer Bestimmung zusammen; die Z 3 enthält eine solche gesetzestechnische Zusammenfassung hinsichtlich verschiedener Aspekte der Schubhaft (Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung). Ein gemeinsamer („einheitlicher“) Beschwerdegegenstand wird durch diese Regelungstechnik nicht begründet.

§ 22a Abs 1 Z 3 BFA-VG ermöglicht vielmehr eine prozessuale Verbindung mehrerer Beschwerden gegen verschiedene Beschwerdegegenstände – Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung – in einem einheitlichen Rechtsmittel zu einem einheitlichen Verfahren. Ob eine solche Verfahrensverbindung erfolgt, ob also mit einem einzigen Rechtsmittel mehrere Beschwerdegegenstände mit der Wirkung bekämpft werden, dass es zu einem gemeinsamen Verfahren darüber kommt, richtet sich nach der Beschwerdebehauptung. Welche(n) dieser Verwaltungsakte der Fremde in Beschwerde zieht, bleibt ihm überlassen. § 22a Abs 1 Z 3 BFA-VG sieht lediglich die Möglichkeit, nicht aber die Verpflichtung vor, den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung gemeinsam (oder in einer beliebigen Kombination) durch eine Gesamtbeschwerde zu bekämpfen. Der Fremde kann den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung auch durch Einzelanträge – unter einem oder nacheinander – in Beschwerde ziehen. Das Bundesverwaltungsgericht könnte solche Einzelanträge allerdings gemäß § 39 Abs 2 AVG iVm. § 17 VwGVG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wodurch verfahrensrechtlich derselbe Zustand wie bei einer Gesamtbeschwerde eintreten würde. Sinngemäß dasselbe gilt für das Verhältnis der Beschwerden nach der Z 3 des § 22a Abs 1 einerseits und dessen Z 1 und 2 andererseits. In dem in der Praxis häufigen Fall, dass ein Fremder gemäß § 40 BFA-VG festgenommen und angehalten wird, in der Folge ein Schubhaftbescheid erlassen und dieser sogleich durch Anhaltung vollzogen wird, kann der Fremde in einer Gesamtbeschwerde sowohl – gemäß
§ 22a Abs 1 Z 1 und 2 BFA-VG – gegen die Festnahme und Anhaltung als auch – gemäß
§ 22a Abs 1 Z 3 BFA-VG – gegen den Schubhaftbescheid und die folgende Anhaltung Beschwerde erheben; er kann dagegen aber auch mit gesonderten Beschwerden vorgehen. Das Bundesverwaltungsgericht ist an das Beschwerdevorbringen gebunden, darf also nur über jene Verwaltungsakte absprechen, die in Beschwerde gezogen wurden (vgl. VwGH 13.12.2012, 2011/21/0097).

Eine solche prozessuale Verbindung mehrerer Beschwerden zu einem einheitlichen Verfahren ist dem Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren nicht fremd. § 39 Abs 2 und 2a AVG, der gemäß § 17 VwGVG auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anwendbar ist, sieht eine Verbindung mehrerer Sachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung vor (vgl. auch §§ 187 und 404 Abs 2 ZPO, die auch gemäß § 35 VfGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof anwendbar sind). § 22a Abs 1 BFA-VG unterscheidet sich davon nur insoweit, als die Verbindung bereits im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung erfolgt, sodass erst gar nicht mehrere (in der Folge zu verbindende) Verfahren entstehen, sowie dadurch, dass die Verbindung nicht durch Entscheidung der Verwaltungsbehörde bzw. des Verwaltungsgerichts erfolgt, sondern durch eine Prozesshandlung des Beschwerdeführers.

Gemäß § 83 Abs 2 FPG idF vor dem FNG galten für Beschwerden an den unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 82 Abs 1 FPG in dieser Fassung die §§ 67c bis 67g AVG sowie
§ 79a AVG mit näher bestimmten Maßgaben. Eine solche ausdrückliche Anordnung über die Anwendbarkeit des Verfahrensrechts für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt enthält § 22a BFA-VG zwar nicht. Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich allerdings, dass § 22a BFA-VG im Wesentlichen den bisherigen §§ 82 f FPG entsprechen sollte und nur einzelne, näher genannte Änderungen erfolgen sollten. Von einer Änderung des auf solche Beschwerden anzuwendenden Verfahrens ist nicht die Rede, was aber bei einer so tiefgreifenden Änderung, wie sie ein nach dem Beschwerdegegenstand unterschiedliches Verfahrensrecht darstellen würde, zu erwarten gewesen wäre. Vielmehr geht aus den Materialien zum FNG und zum FNG-Anpassungsgesetz hervor, dass eine Änderung des Verfahrens über (Schub-)Haftbeschwerden nicht erfolgen sollte.

Es kommt somit für (alle) Beschwerden gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG – wie schon bisher – das Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zur Anwendung (ebenso im Ergebnis Halm-Forsthuber/Höhl/Nedwed, Besonderheiten im fremden- und asylrechtlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, ÖJZ 2014/50, 293 [298]). Dieses Verfahren wird auch dem Charakter der Schubhaftbeschwerde als „habeas corpus-Verfahren“ iSd. Art. 5 Abs 4 EMRK und des Art. 6 PersFrG am ehesten gerecht (VwGH 25.10.2012, 2012/21/0064). Beschwerden gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG sind daher gemäß § 20 VwGVG unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen. Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 7 Abs 4 VwGVG sechs Wochen. Mit dem Einlangen der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht beginnt die einwöchige Frist des § 22a Abs 2 BFA-VG für die Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu laufen (vgl. § 34 Abs 1 VwGVG). Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, doch kann ihr eine solche vom Bundesverwaltungsgericht gemäß
§ 22 Abs 1 VwGVG zuerkannt werden. Eine Beschwerdevorentscheidung (§ 14 VwGVG) kann nicht erlassen werden. Die Kosten im Verfahren bestimmen sich nach § 35 VwGVG.

Wie aus den zitierten Bestimmungen, insbesondere gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG, sowie unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes eindeutig zu entnehmen ist, besteht in der angeführten Beschwerdesache die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts.

Gemäß § 6 des BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Durch den Umstand, dass in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen keine Senatszuständigkeit besteht, fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Einzelrichter zu, der in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist.

Gemäß § 22a Abs 2 BFA-VG hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen

sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 11 VwGVG sind, soweit in diesem und im vorangehenden Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die oben angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde unter anderem die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren zu enthalten. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß Artikel 1 PersFrG hat jedermann das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

Gemäß Art 1 Abs 2 leg cit darf niemand aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.

Gemäß Art 1 Abs 3 leg cit darf der Entzug der persönlichen Freiheit nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

Gemäß Art 1 Abs 4 leg cit ist, wer festgenommen oder angehalten wird, unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.

Gemäß Art 2 Z 7 leg cit darf die persönliche Freiheit, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern, auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

Gemäß Art 5 Abs 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen gemäß lit f nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.

Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Anordnung zur Außerlandesbringung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

Gemäß § 76 Abs 2 leg cit kann das Bundesamt über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.       gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Rückkehrentscheidung erlassen wurde;

2.       gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gemäß § 27 AsylG 2005 eingeleitet wurde;

3.       gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4.       auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

Gemäß § 77 Abs 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann.

Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs 2 Z 1.

Gemäß § 77 Abs 2 leg cit ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs 3 leg cit sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung:

1.       in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2.       sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3.       eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

3. Die Zulässigkeit der Schubhaftverhängung verlangt nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, zu deren Beurteilung eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen ist. Bei dieser Prüfung ist unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses vor allem der Frage nachzugehen, ob im jeweils vorliegenden Einzelfall ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist. Das setzt die gerechtfertigte Annahme voraus, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. nach deren Vorliegen der Abschiebung (insbesondere durch Untertauchen) entziehen oder es/sie zumindest wesentlich beschweren (vgl. dazu zB. VwGH 25.03.2010, Zl. 2009/21/0121).

In Art. 28 Dublin III-VO ist die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung nach der Dublin III-VO geregelt. Allfällige entgegenstehende Bestimmungen des nationalen Fremdenrechts sind, sofern keine verordnungskonforme Interpretation möglich ist, demgegenüber unanwendbar. Solange die Bestimmungen der Dublin-VO gegenüber einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zur Anwendung gelangen, darf Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzugs nur nach Art. 28 Dublin-VO verhängt werden und nicht etwa nach anderen Bestimmungen des nationalen Rechts, da sonst der Schutzzweck der gegenständlichen Regelung vereitelt wäre (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, 223).

Gemäß Art. 28 Abs. 2 und 3 Dublin III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss.

Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.

Als „Fluchtgefahr“ nach Art. 2 lit. n Dublin III-VO gilt das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven – vom nationalen Gesetzgeber – gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zur Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte. Die in diesem Sinne gesetzlich festgelegten Kriterien des Vorliegens von Fluchtgefahr finden sich in der vorzitierten Bestimmung des 76 Abs. 3 FPG.

Gemäß Art. 28 Abs. 1 Dublin III-VO nehmen die Mitgliedstaaten eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt. Gemäß Art. 28 Abs. 2 leg. cit. Dürfen die Mitglieder im Überstellungsverfahren im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen; dies allerdings nur im Falle, dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.

4. Mit mündlicher Verkündung wird ein Bescheid rechtlich existent. Gegen einen letztinstanzlichen Bescheid kann bereits vor Zustellung der Bescheidausfertigung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden (Hinweis auf E 19.02.1951, 0127/50, VwSlg 1941 A/1951).

Bezüglic

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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