TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/20 W123 2241362-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.07.2021
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Entscheidungsdatum

20.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6

Spruch


W123 2241362-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des albanischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2021, Zl. 207232709-201320235, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 4,5 Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Aus der Anzeige der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 30.12.2020 wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet nach §§ 31 Abs. 1a, 31 Abs. 1 iVm § 120 Abs. 1a FPG geht hervor, dass sich der Beschwerdeführer als Fremder seit 24.09.2011 zumindest bis 30.12.2020 und daher länger als drei Monate im Schengenraum aufgehalten habe, obwohl er keinen gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitel besessen habe. Vom Beschwerdeführer ist eine Sicherheitsleistung von EUR 95,- eingehoben worden. Nach der Amtshandlung wurde ihm die Ausreise nach Tirana gestattet.

2. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 30.12.2020 wurde der Beschwerdeführer über die Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme informiert und aufgefordert, binnen 14 Tagen eine Stellungnahme zu näher angeführten Fragen einzubringen.

3. Mit E-Mail vom 08.01.2021 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den Fragen.

4. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig sei (Spruchpunkt II.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.).

4. Mit Schreiben vom 09.04.2021 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde. Begründend führte der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, dass er nachweisbar von seiner Familie finanziell unterstützt werde. Er habe nicht geplant, so lange in Österreich zu sein. Er betreibe eine persönliche unabhängige Forschungsarbeit und stehe in ständigem Kontakt mit einer Patentanwaltskanzlei in Wien. Er wünsche daher, dass seine Bewegungsfreiheit im EU-Raum nicht eingeschränkt werde.

5. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.05.2021 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, sämtliche Nachweise der derzeitigen finanziellen Unterstützung durch seine Familienmitglieder (insb. Einkommensnachweise, Höhe der regelmäßigen finanziellen Unterstützung bzw. seit wann und in welcher Form) dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

6. Mit E-Mail vom 31.05.2021 legte der Beschwerdeführer Umsatzlisten seines Bankkontos vor und gab dazu bekannt, dass dies seine „Geldeinfuhren“ sei 2013 zeigen würden. In der zweiten Hälfte des Jahres 2019 und Anfang 2020 hätten ihn sein Vater und seine Mutter anlässlich einer Behandlung der Mutter im LKH XXXX öfters besucht und ihm dabei das Geld persönlich gebracht. Der Beschwerdeführer habe dann jeweils in den nächsten Tagen das Geld auf sein Konto eingezahlt.

7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.06.2021 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen 3 Wochen ab Zustellung Fragen zu seinem Privat- und Familienfamilienleben in Österreich zu beantworten und Bescheinigungsmittel vorzulegen.

Binnen offener Frist langte keine Antwort des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatangehöriger von Albanien und spricht albanisch. Seine Identität steht fest.

1.2. Der Beschwerdeführer ist seit 02.06.2000 durchgehend in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet. Er besaß zuletzt von 09.12.2009 bis 09.12.2010 einen gültigen Aufenthaltstitel in Österreich. Danach beantragte er keinen weiteren Aufenthaltstitel.

1.3. Der Beschwerdeführer reiste rechtswidrig mit einem bis zum 11.09.2020 gültigen albanischen Reisepass zur Wohnsitznahme in den Schengenraum ein und hielt sich von 24.09.2011 bis 30.12.2020 in Österreich auf. Dabei überschritt er den sichtvermerkfreien Aufenthalt von 90 Tagen. Der Beschwerdeführer hielt sich 9 Jahre, 3 Monate und 7 Tage unrechtmäßig im Schengenraum auf. Am 30.12.2020 wurde das gegenständliche Verfahren eingeleitet.

1.4. Der Beschwerdeführer ist in Albanien geboren und aufgewachsen, wo auch seine Familie lebt. Er ist ledig und hat keine Sorgepflichten.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten. Er war im Wintersemester 2020, welches am 28.02.2021 endete, als ordentlicher Student an der technischen Universität XXXX gemeldet.

Sonstige nennenswerte integrative Merkmale des Beschwerdeführers konnten nicht festgestellt werden.

1.5. Der Beschwerdeführer ging in Österreich weder einer selbständigen noch einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach. Er konnte nicht glaubhaft machen, dass er über ausreichende Barmittel für seinen Aufenthalt in Österreich verfügt.

1.6. Der Beschwerdeführer reiste am 30.12.2020 freiwillig in seinen Herkunftsstaat aus.

1.7. Der Beschwerdeführer brachte nicht vor, dass ihm in Albanien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in Albanien in der Lage. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und beherrscht die Sprache seines Herkunftsstaates.

Albanien gilt aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 7 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid, in die Beschwerde sowie in die Urkundenvorlage vom 31.05.2021.

2.2. Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines Reisepasses fest.

Die Feststellungen zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Stellungnahme vom 08.01.2021 sowie aufgrund der unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde. Die vom Beschwerdeführer in der Stellungnahme erwähnte „Liebesbeziehung“ mit einer Österreicherin, seine behaupteten Freundschaften und Vereinsmitgliedschaften sowie seine Deutschkenntnisse konnten mangels Beantwortung des mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.06.2021 eingeräumten schriftlichen Parteiengehör und mangels Vorlage diesbezüglicher Bescheinigungsmittel nicht festgestellt werden. Dieses Parteiengehör wurde wie die Aufforderung zur Urkundenvorlage vom 05.05.2021 – die der Beschwerdeführer beantwortete – postalisch und per E-Mail dem Beschwerdeführer übermittelt.

2.3. Die Feststellung zur mangelnden Unterhaltssicherung beruht insbesondere auf dem Umstand, dass der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren auf die finanzielle Unterstützung seiner Eltern verwies, dazu aber keinen tauglichen Nachweis vorlegte.

In seiner Stellungnahme vom 08.01.2021 verwies er auf Überweisungen seiner Eltern von durchschnittlich EUR 900,- bis EUR 1.000,- pro Monat. In der E-Mail vom 31.05.2021 brachte er diesbezüglich weiters vor, dass ab Jahresmitte 2019 bis Anfang 2020 seine Eltern ihm das Geld bar gegeben hätten und er dieses dann selbst einbezahlt habe. Dies steht aber nicht im Einklang mit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Umsatzliste seines Bankkontos:

Der Umsatzliste ist nämlich zu entnehmen, dass die letzte Überweisung seines Vaters am 09.10.2018 in der Höhe von EUR 2.000,- und davor am 06.10.2017 in der Höhe von EUR 2.500,- durch seine Mutter stattfand. Im Jahr 2016 gab es am 02.09.2016 eine weitere Überweisung seines Vaters in der Höhe von EUR 2.000,-. Nur in den Jahren 2014 und 2015 gab es jeweils mehrere Überweisungen durch seine Eltern. Es kann somit auch unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer behaupteten Barzahlungen seiner Eltern von Mitte 2019 bis Anfang 2020 aufgrund der soeben geschilderten Überweisungsvorgänge nicht von einer derzeit bestehenden, regelmäßigen finanziellen Unterstützung seiner Eltern ausgegangen werden.

Ansonsten erfolgten – abgesehen von vereinzelten Überweisungen durch das LKH XXXX , die TU XXXX und XXXX – hauptsächlich Selbsteinzahlungen, wobei die letzte am 29.12.2020 mit einem Betrag von EUR 100,- erfolgte. Der letzte größere Betrag in Höhe von EUR 1.800,- am 04.02.2020 selbsteinbezahlt. Es erfolgte folglich seit etwa 1 Jahr und 4 Monaten – bis auf eine Rückzahlung des LKH XXXX – kein größerer Zahlungseingang auf das Konto des Beschwerdeführers. Zumal dieser nach eigenen Angaben keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, kann folglich nicht von einem gesicherten Unterhalt ausgegangen werden.

Außerdem kam der Beschwerdeführer der gerichtlichen Aufforderung vom 05.05.2021 insofern nicht nach, als er keinerlei Einkommensnachweise seiner Eltern vorlegte. Mangels diesbezügliche Belege kann damit auch die Herkunft allfälliger finanzieller Unterstützungen der Eltern oder möglicher eigener Mittel zu Unterhaltsbestreitung nicht überprüft werden. Weiters bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer einen Anspruch auf Zahlungen durch seine Eltern hätte (vgl. dazu rechtliche Beurteilung).

Darüber hinaus wäre davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei tatsächlich bestehenden ausreichenden finanziellen Mitteln einen Aufenthaltstitel beantragt hätte, statt sich illegal im Bundesgebiet aufzuhalten. Die vom Beschwerdeführer behauptete finanzielle Unterstützung seiner Eltern ist somit als Schutzbehauptung zu werten.

Zusammengefasst kann aus den soeben dargestellten Überlegungen nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer aktuell über ausreichende und legale finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verfügt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I.

3.1.1. Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

Der Beschwerdeführer ist Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG und fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) kann einem Drittausländer die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten gestattet werden, wenn er die dort normierten Voraussetzungen erfüllt. Gemäß lit. c leg. cit. muss der Drittausländer gegebenenfalls Dokumente vorzeigen, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben. Weiters darf ein Drittausländer gemäß lit. e leg. cit. keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 SDÜ können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer in dem Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an, sofern die Einreisevoraussetzungen des Art. 5 lit. a bis e SDÜ vorliegen.

3.1.2. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Albanien und war als Inhaber eines gültigen albanischen Reisedokuments nach Maßgabe des Anhanges II zu Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 vom 15.03.2001, ABl. L 081 vom 21.03.2001, S. 1 (sog. Visumpflicht-Verordnung) idgF, für einen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Schengener Vertragsstaaten, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Visumpflicht befreit. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß Art 6 Abs. 4 letzter Absatz Schengener Grenzkodex kann die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und — im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber — Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.

Der Beschwerdeführer reiste am 24.09.2011 unter Verwendung seines gültigen albanischen Reisedokuments in den Schengen-Raum ein. Der Beschwerdeführer wäre sohin grundsätzlich zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen. Jedoch konnte der Beschwerdeführer den Besitz von finanziellen Mitteln nicht nachweisen (siehe VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309: wonach Fremde den Besitz von hinreichenden finanziellen Mitteln nachzuweisen haben und diese Geldmittel zudem aus legalen Quellen stammen müssen). Da der Besitz – aus legalen Quellen stammender – finanzieller Mittel in Bezug auf den Beschwerdeführer nicht festgestellt werde konnte, erfüllte dieser die sichtvermerksfreien Einreise- und Aufenthaltsbedingungen iSd oben zitierten Bestimmungen nicht und erweist sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich als durchgehend unrechtmäßig.

Da die belangte Behörde den Beschwerdeführer noch am Tag dessen Ausreise ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einleitete, hat diese im angefochtenen Bescheid die Rückkehrentscheidung zutreffend auf § 52 Abs. 1 Z 2 FPG gestützt.

3.1.3. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Art. 8 EMRK lautet wie folgt:

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07-9; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR ist das nach Art. 8 EMRK geschützte „Familienleben“ nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen ("marriage-based relationships") beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen ("de facto family ties"), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (vgl. etwa VwGH 23.02.2011, 2011/23/0097, und VwGH 08.09.2010, 2008/01/0551, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR). Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können (vgl. dazu etwa das Urteil des EGMR vom 02.11.2010, Serife Yigit gegen die Türkei (Große Kammer), Beschwerde Nr. 3976/05, Rdnr. 93 und 96).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva ua., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff, aber auch VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten, so im Ergebnis auch VfGH 12.06.2013, Zl. U485/2012). Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26. November 2009, 2008/18/0720). Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, Zl. 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0017).

Bei einem über zehnjährigen inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001; VwGH 26.03.2015, Zl. 2013/22/0303; VwGH 16.12.2014, Zl. 2012/22/0169; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0270; VwGH 10.12.2013, Zl. 2013/22/0242).

3.1.4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Die Familie des Beschwerdeführers lebt in Albanien. Der Beschwerdeführer ist seit 02.06.2000 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet und verfügte zuletzt von Dezember 2009 bis Dezember 2010 über einen Aufenthaltstitel in Österreich. Er hielt sich danach mehr als neuneinhalb Jahre rechtswidrig im Bundesgebiet auf.

Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 MRK zulässig ist, ist zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob eine Trennung der Familie den Eingriff in das Familienleben als unzulässig werten lassen könnte. In einem solchen Fall ist der damit verbundene Eingriff in das Familienleben zwar nicht jedenfalls unzulässig, es muss dann aber dem öffentlichen Interesse an der Vornahme dieser Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen sein, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (vgl. VwGH 07.05.2014, 2012/22/0084).

Dem Beschwerdeführer ist jedenfalls die Aufrechterhaltung des Kontaktes zu allfälligen Bezugspersonen in Österreich über elektronische oder sonstige Kommunikationsmittel respektive Besuchen im Herkunftsstaat oder allenfalls Drittstaaten objektiv wie subjektiv möglich.

3.1.5. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde unter Beachtung der ständigen Judikatur des VwGH, wonach den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zuzukommen habe (vgl. VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293), sohin zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen bzw. nicht vorgebracht worden, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer bereits im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde ausgereist war, wurde im Rahmen der Beschwerde kein Vorbringen dahingehend erstattet, dass eine Abschiebung nach Albanien gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig gewesen wäre.

3.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

3.3.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.       den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7.       bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.       an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(…)

In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Revisionswerbers - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (VwGH 16.05.2019, Ra 2019/21/0104).

Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20.12.2011, 2011/23/0256; 22.1.2013, 2012/18/0143).

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass sie nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung ihres Unterhalts verfügt, sondern ihr Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).

Derartige Nachweis erstattete der Beschwerdeführer nicht (vgl. Beweiswürdigung). Im Rahmen einer zu treffenden Gefährdungsprognose bzw. einer Zukunftsprognose besteht daher die Gefahr, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Es ist somit auch zukünftig nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt in Österreich legal aus eigenem finanzieren kann, weshalb sich die belangte Behörde im vorliegenden Fall zu Recht auf die Z 6 des § 53 Abs. 2 FPG stützte. Daher ist – wie schon von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt – die Erlassung eines Einreiseverbotes geboten, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

Die genannten Umstände rechtfertigten deshalb nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Die belangte Behörde erließ gegen den Beschwerdeführer gestützt auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein 5-jähriges Einreiseverbot, weil die erforderlichen Mittel für seinen Lebensunterhalt nicht nachweisen konnte.

Bei Erlassung eines Einreiseverbots ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Wird durch ein Einreiseverbot in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH vom 31.08.2006, 2006/21/0140), welches – ebenso wie das öffentliche Interesse eines geregelten Arbeitsmarktes – durch das Verhalten der Beschwerdeführer erheblich beeinträchtigt wurden.

Was die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers betrifft, bleibt festzuhalten, dass der Beschwerdeführer, wie unter Punkt 3.1. ausgeführt wurde, in Österreich kein Familienleben führt und keine entscheidenden integrationsbegründeten Maßnahmen setzte (vgl. dazu auch oben, Punkt 1.4.).

Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist angesichts des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers im Hinblick auf dessen unrechtmäßigen Aufenthalts und die fehlenden Unterhaltsmittel, letzterem der Vorrang einzuräumen, zumal der Beschwerdeführer in Albanien sozial verankert ist. Die Erlassung eines Einreiseverbotes ist somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

3.3.3. Die Dauer des Einreiseverbots von fünf Jahren erweist sich jedoch im Ergebnis als zu hoch bemessen, da dem Beschwerdeführer, abgesehen von den unzureichenden Mitteln zu seinem Unterhalt und dem langen unrechtmäßigen Aufenthalt, keine weiterer Verstöße vorwerfbar sind. Der Begründung des angefochtenen Bescheids ist nicht zu entnehmen, warum das in § 53 Abs. 2 FPG vorgesehene Höchstmaß von 5 Jahren im gegenständlichen Fall notwendig war. Insbesondere berücksichtigte die belangte Behörde die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers bei der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt III. nicht.

Daher erweist sich die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots mit 5 Jahren als nicht angemessen, weshalb das Einreiseverbot auf 4,5 Jahren zu reduzieren war.

Eine weitere Reduktion war somit auch bei Berücksichtigung von privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers nicht möglich.

3.6. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde sowie der Urkundenvorlage geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte. Im Übrigen wurde eine mündliche Verhandlung auch nicht beantragt.

Schlagworte

Aufenthaltsdauer Dauer Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Herabsetzung illegaler Aufenthalt Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliches Interesse Privatleben Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat Teilstattgebung Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W123.2241362.1.00

Im RIS seit

04.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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