TE Vfgh Erkenntnis 1995/3/6 B1736/94

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Veröffentlicht am 06.03.1995
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/07 Personalvertretung

Norm

B-VG Art83 Abs2
Bundes-PersonalvertretungsG §41

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung einer Administrativbeschwerde durch die Personalvertretungs-Aufsichtskommission mangels Legitimation des Einschreiters im Hinblick auf die bereits erfolgte einverständliche Auflösung des Dienstverhältnisses zum Bund

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) schloß am 3. April 1989 mit dem Beschwerdeführer einen Dienstvertrag gemäß §4 Vertragsbedienstetengesetz 1948 ab.

Am 2. Mai 1994 richtete der Beschwerdeführer gemäß §41 Abs1 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG) an die Personalvertretungs-Aufsichtskommission (PVAK) eine (Administrativ-)Beschwerde. Darin brachte er vor, die Vertrauenspersonen hätten durch das "Nichterheben von Einwendungen gegen die Terminvoraussetzungen der am 21. April 1993 ausgehandelten einverständlichen Auflösung des Vertragsbediensteten-Dienstverhältnisses mit Ablauf des 31. Juli 1992" das Gesetz verletzt und ihm damit die Möglichkeit genommen, fristgerecht einen Antrag gemäß §10 Abs9 PVG zu stellen. Weiters hätten sie trotz mehrfacher schriftlicher Bevollmächtigung seinen Pragmatisierungsantrag unzureichend vertreten. Es sei ihm auch Akteneinsicht bzw. Abschriftnahme bezüglich seiner Dienstleistungsunterlagen verweigert worden.

b) Die PVAK wies nach durchgeführter Verhandlung vom 17. Juni 1994 mit Bescheid vom selben Tag diese Administrativbeschwerde zurück.

Sie begründete dies (auszugsweise) wie folgt:

"Zur mündlichen Verhandlung vor der Kommission ist der Beschwerdeführer nicht erschienen, er teilte dem Vorsitzenden kurz (1 Stunde) vor der Verhandlung mit, daß ihm die Ladung nicht zeitgerecht zugekommen sei. Aus dem vorliegenden Rückschein ergibt sich, daß der Beschwerdeführer möglicherweise seinen Wohnsitz nach 9132 Gallizien 28 verlegt hat, ohne der Kommission hievon Mitteilung zu machen. Die Ladung zur Verhandlung wurde aber bereits am 9. Juni 1994 nach einem ergebnislosen zweiten Zustellversuch postamtlich hinterlegt. Die Kommission nahm von einer Vertagung der Verhandlung Abstand, weil - wie noch auszuführen sein wird - dem Beschwerdeführer Beschwerdelegitimation nicht (mehr) zuzuerkennen ist.

In der Verhandlung vor der Kommission gaben die erschienenen Vertrauenspersonen an, daß der Beschwerdeführer nicht mehr Vertragsbediensteter des Bundes sei. Der Pragmatisierungsantrag sei vom Beschwerdeführer im übrigen erst nach Auflösung des Dienstverhältnisses gestellt worden. Der anwesende Leiter der Dienststelle bestätigte, daß ein Ansuchen um Pragmatisierung vor Auflösung des Dienstverhältnisses nicht gestellt worden sei, ein solches wäre auch im Hinblick auf die mangelnde Dienstleistung des Beschwerdeführers aussichtslos gewesen. Ob ein Pragmatisierungsantrag bei der Sektion I des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erliege, sei nicht bekannt.

Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreiben der Finanzprokuratur an die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst vom 14. April 1993 ergibt sich, daß der Rechtsstreit des Beschwerdeführers wegen Feststellung zu 27 Cga 86/92 des Landesgerichtes St.Pölten als Arbeits- und Sozialgericht außergerichtlich vergleichsweise beendet wurde. Demnach wird das Dienstverhältnis des Klägers (Beschwerdeführers) zum Bund einvernehmlich mit 31. Juli 1992 beendet, die Entlassungserklärung vom 8. Mai 1992 ist damit gegenstandslos. Im Verfahren trat ewiges Ruhen ein. Am 11. April 1994 richtete der Beschwerdeführer an die Personalvertreter ein Ansuchen, um 'Einsichtnahme in die Urlaubskartei sowie die Dienstverrichtungs-Computerstatistik'. Die Vertrauensperson (...) teilte dem Beschwerdeführer am 12. April 1994 mit, daß die geforderten Unterlagen bei der Personalabteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales anzufordern wären. Sein Ersuchen sei unter einem der Sektion I des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales übermittelt worden. Mit dem weiteren Schreiben vom 13. April 1994 ersuchte der Beschwerdeführer die Personalvertretung um Unterstützung seines Pragmatisierungsantrages.

Die Kommission hat erwogen:

Gemäß §41 Abs1 PVG hat die Kommission als erste und oberste Instanz von Amts wegen oder auf Antrag desjenigen, der eine Verletzung seiner Rechte behauptet, über die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung der Organe der Personalvertretung zu entscheiden. Die Kommission hat dabei gemäß §41 Abs2 PVG allfällige Beschlüsse der Organe der Personalvertretung, die den Bestimmungen des Bundes-Personalvertretungsgesetzes widersprechen, aufzuheben und im übrigen jedenfalls die Gesetzmäßigkeit oder Gesetzwidrigkeit der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Geschäftsführung festzustellen. Das Erfordernis der Behauptung der Verletzung 'seiner' Rechte, also eigener Rechte, bedeutet eine Einschränkung der Antragsberechtigung auf Personen, die persönlich in ihren Rechten beeinträchtigt sein können. Dabei genügt es nicht, daß der Antragsteller die bloße Behauptung aufstellt, er sei in seinen Rechten verletzt worden; die Behauptung muß vielmehr einen Sachverhalt betreffen, durch dessen Verwirklichung die subjektiven Rechte des Beschwerdeführers auch tatsächlich verletzt sein können (PVAK 25.4.1989, A9/89, abgedruckt bei Köckeis-Panni, Bundes-Personalvertretungsgesetz Nr. 411). Grundsätzlich hat die Personalvertretung auch nur die in §2 Abs1 erster Satz PVG erwähnten Interessen der im Bundesdienst befindlichen Bediensteten zu wahren. Mit einem einvernehmlichen Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst entfällt damit eine allfällige Beschwer (PVAK 31.3.1976, A7/76, Köckeis-Panni a.a.O. Nr. 75; 16.3.1976, A13/75, Köckeis-Panni a.a.O. Nr. 72). Anderes gilt nur dann, wenn ein Bediensteter gegen seinen Willen gekündigt oder entlassen wurde und sich gegen das Verhalten der Dienstgeberseite durch Rechtsmittel, Beschwerde an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof bzw. Klage bei Gericht zur Wehr setzt; in diesen Fällen steht noch nicht abschließend fest, ob das Dienstverhältnis rechtswirksam beendet worden ist (PVAK 7.10.1986, A28/86, Köckeis-Panni a.a.O. Nr. 318; Schragel, Handkommentar zum Bundespersonalvertretungsgesetz, Rz 20 zu §41). Nach dem endgültigen Ausscheiden aus dem Dienststand kann sich niemand mehr durch ein Verhalten der Personelvertretung beschwert erachten, selbst wenn der Betreffende noch Ansprüche an den ehemaligen Dienstgeber zu stellen hat, z.B. auf die Gewährung von Akteneinsicht (PVAK 23.5.1989, A15/89, Köckeis-Panni a.a.O. Nr. 416).

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht fest, daß das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zum Bund einvernehmlich mit 31. Juli 1992 beendet wurde; die Entlassungserklärung vom 8. Mai 1992 wurde damit gegenstandslos. Damit fehlt aber dem Beschwerdeführer das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der den Vertrauenspersonen vorgeworfenen Untätigkeit. ..."

2. Gegen diesen Bescheid der PVAK wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die Beschwerde wird wie folgt zusammenfassend begründet:

"Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz:

Mir wurde die Ladung erst zwei Stunden vor Verhandlungsbeginn zugestellt. Ich habe mich sofort mit dem Vorsitzenden der PVAK in Verbindung gesetzt und hat mir dieser ausdrücklich zugesagt, daß die Verhandlung erstreckt werden würde. Trotzdem wurde dann die Verhandlung durchgeführt und der Sachverhalt nur äußerst mangelhaft erhoben. So haben die verschiedenen Vertrauenspersonen angegeben, daß ich '... ihres Wissens nach, nicht mehr Vertragsbediensteter des Bundes sei ...' Trotz dieser äußerst subjektivierenden Angaben wurden diese im Bescheid zur zentralen Feststellung gemacht, wodurch es auch zu einer Zurückweisung meines Antrages kam. Auch die übrigen Feststellungen gründen sich ausschließlich auf Angaben der Personen, gegen welche sich meine Beschwerde gerichtet hat.

Zudem handelt es sich zum Teil um neue Angaben, die mir vor der Verhandlung überhaupt nicht bekannt waren. Ich mußte auch nicht damit rechnen, daß trotz meines Schreibens vom 11.04.1994 in der Verhandlung behauptet werden würde, daß das Dienstverhältnis bereits aufgelöst sei.

Die PVAK hat daher einerseits durch den mangelhaften Zustellvorgang, der dem Vorsitzenden vor dem Verhandlungstermin bekanntgegeben wurde, durch die Zusage, daß die Verhandlung auf einen anderen Termin verlegt werden würde und Annahme unrichtiger Tatsachen, die auf einseitigen Aussagen teilweise schlecht informierter Auskunftspersonen beruhen, ein willkürliches Verhalten gesetzt, wodurch ich in meinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt wurde.

Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter:

Durch den ungesetzlichen Zustellvorgang bzw. durch Zustellung der Ladung in Kärnten zwei Stunden vor Verhandlung in Wien wurde mir die Gelegenheit genommen, in der Verhandlung ausführlich zum Sachverhalt Stellung zu nehmen, insbesondere zu den falschen Angaben der für den Personalvertretungsausschuß erschienenen Vertrauenspersonen (...), wonach ich nicht mehr Vertragsbediensteter sei.

Gerade diesen Aussagen kam in diesem Verfahren zentrale Bedeutung zu, da die PVAK damit meine Beschwer verneinte. Tatsache ist, daß das Verfahren vor dem Landesgericht St.Pölten vor dem Arbeits- und Sozialgericht noch anhängig ist, und daher die Personalvertretung weiterhin meine Interessen als im Bundesdienst befindlichen Bediensteten zu wahren gehabt hätte. Ich konnte auch nicht damit rechnen, daß diese offensichtliche Tatsache bei der Verhandlung am 17.06.1994 verschwiegen werden würde.

Hätte ich meinen Standpunkt als Partei darlegen können, hätte sich die PVAK auch inhaltlich mit meiner Beschwerde zu befassen gehabt, wobei ich davon ausgehe, daß meine Beschwerde auch berechtigt ist.

Damit wurde mein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter offenkundig verletzt."

3. Die PVAK als jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides verteidigt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.a) Die PVAK hat eine vom Beschwerdeführer an sie gerichtete (Administrativ-)Beschwerde zurückgewiesen. In diesem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist daher ausschließlich zu klären, ob die Behörde zu Unrecht dem Beschwerdeführer eine Sachentscheidung über diesen Antrag verweigert hat.

Hätte sie das getan, so hätte sie den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. z.B. VfSlg. 11405/1987, 13280/1992).

b) Ein solcher Vorwurf ist der PVAK jedoch nicht zu machen.

aa) Die Behörde konnte vielmehr - wie die vorgelegten Unterlagen nachweisen - nach dem damaligen Stand des Ermittlungsverfahrens zu Recht davon ausgehen, daß das zwischen dem Beschwerdeführer und dem Bund bestehende Dienstverhältnis mit Ablauf des 31. Juli 1992 durch einen außergerichtlichen Vergleich einverständlich aufgelöst worden war. Der Beschwerdeführer selbst hatte dies in seiner an die PVAK gerichteten Eingabe vom 2. Mai 1994 angeführt und ein von der Finanzprokuratur stammendes Schreiben angeschlossen, in dem auf die Auflösung des Dienstverhältnisses hingewiesen wird.

Wenn die Behörde diesen Sachverhalt rechtlich dahin beurteilt hat, daß dem Einschreiter damit die Legitimation fehle, nach dem PVG bei der PVAK eine (Administrativ-)Beschwerde zu erheben, ist ihr beizupflichten. Der Bescheidbegründung ist nichts hinzuzufügen.

bb) Der Beschwerdeführer bringt nunmehr vor, sein Dienstverhältnis zum Bund sei nach wie vor aufrecht; ein außergerichtlicher Vergleich über die Auflösung des Dienstverhältnisses sei nicht erfolgt; das Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht St. Pölten sei noch anhängig. Er sei ohne sein Verschulden verhindert gewesen, an der Verhandlung vor der PVAK am 17. Juni 1994 teilzunehmen, weil er von dieser erst kurz zuvor erfahren habe; dadurch habe er nicht die Möglichkeit gehabt, auf den Fortbestand des Dienstverhältnisses hinzuweisen und dies zu belegen.

Dieses Beschwerdevorbringen ändert nichts daran, daß die Entscheidung der PVAK jedenfalls seinerzeit dem Gesetz entsprochen hat. Sollte das Vorbringen des Beschwerdeführers zutreffen, so wäre dies allenfalls ein Grund für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Verhandlung vom 17. Juni 1994. Der Beschwerdeführer hat im übrigen bei der PVAK bereits am 14. Juli 1994 einen solchen Antrag gestellt, über welchen - den dem Verfassungsgerichtshof zur Verfügung stehenden Unterlagen zufolge - bisher nicht entschieden wurde.

Würde der Verfassungsgerichtshof in diesem Beschwerdeverfahren beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung vorliegen, würde dies zu einer Doppelgeleisigkeit des Rechtsschutzes führen, die der (Verfassungs-)Gesetzgeber nicht gewollt hat.

cc) Da der Antrag des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der die Zurückweisung tragenden Rechtsvorschriften ist es damit auch ausgeschlossen, daß er in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre (vgl. zB VfSlg. 10374/1985).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Personalvertretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B1736.1994

Dokumentnummer

JFT_10049694_94B01736_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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