TE Vwgh Beschluss 2021/9/10 Ra 2021/18/0227

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.2021
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, in der Revisionssache des A B, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Mai 2021, I411 2174721-1/18E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Marokkos, stellte am 3. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, dass er als Angehöriger einer Minderheit vom marokkanischen Staat unterdrückt werde und aufgrund seiner illegalen Ausreise bei einer Rückkehr mit einer Haftstrafe zu rechnen habe. Zudem hätten sich in Österreich sein Glaube und seine religiöse Anschauung geändert, weshalb er im Falle einer Rückkehr nach Marokko den Tod befürchte, weil im Koran als Strafe für Abtrünnige der Tod vorgesehen sei.

2        Mit Bescheid vom 21. September 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Marokko zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4        Begründend schenkte das BVwG dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers keinen Glauben. In der Beweiswürdigung stützte es sich dabei auf widersprüchliche sowie gesteigerte Angaben des Revisionswerbers und erwog, dass im vorliegenden Fall keine objektiv nachvollziehbaren Anhaltspunkte für eine ernsthafte Abwendung des Revisionswerbers vom Islam bzw. für seine Hinwendung zum Atheismus festgestellt hätten werden können. Zudem sei es dem Revisionswerber nicht gelungen, diesbezüglich eine individuelle Verfolgungsgefahr in Marokko aufzuzeigen, weil er einerseits in der mündlichen Verhandlung keine Intentionen gezeigt habe, den behaupteten Glaubensabfall zu leben, andererseits garantiere Marokko den Länderfeststellungen zufolge Religionsfreiheit und sei Apostasie nicht strafbewehrt. Der Abfall vom Islam könne zwar mit nicht unerheblichen Problemen, sozialer Ächtung oder gesellschaftlichen Nachteilen behaftet sein, jedoch gehe aus den Länderberichten nicht hervor, dass daraus für den Revisionswerber eine spezifische Verfolgungsgefahr resultiere.

5        Die vorliegende außerordentliche Revision macht zu ihrer Zulässigkeit geltend, das BVwG sei in seiner Beweiswürdigung von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen. Bei den vom BVwG aufgezeigten vermeintlichen Widersprüchen bzw. kleinen Ungereimtheiten handle es sich lediglich um Details, die keinesfalls geeignet seien, dem gesamten Fluchtvorbringen die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Auch die vom Verwaltungsgerichtshof verlangte ganzheitliche Würdigung des Vorbringens unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit des Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlange, sei im angefochtenen Erkenntnis unterblieben.

6        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

10       Sofern sich die vorliegende Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG zum Fluchtvorbringen des Revisionswerbers wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 11.3.2021, Ra 2021/18/0059, mwN).

11       Dass diese Voraussetzungen fallbezogen gegeben wären, vermag die Revision mit ihren lediglich pauschalen Ausführungen nicht darzulegen. Insbesondere trifft es - wie aus der wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ersichtlich ist - nicht zu, dass sich das BVwG in seiner Beweiswürdigung nur auf geringfügige Widersprüche in den Aussagen des Revisionswerbers ohne relevante Bedeutung für die Beweiswürdigung gestützt hätte.

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 10. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021180227.L00

Im RIS seit

04.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten