TE Vwgh Beschluss 2021/9/10 Ra 2021/03/0160

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.2021
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der K P, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 11. Juni 2021, Zl. LVwG 30.6-1382/2021-4, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde betreffend eine Übertretung der 4. COVID-SchuMaV (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld betreffend eine Übertretung der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (4. COVID-19-SchuMaV) als verspätet zurückgewiesen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zugelassen.

2        Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld dem Vertreter der Revisionswerberin mittels elektronischer Zustellung mit Zustellnachweis zugestellt und von diesem am 19. März 2021 um 09:35:51 Uhr übernommen worden sei. Die Beschwerde sei am 16. April 2021 um 19:35 Uhr der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld übermittelt worden. Im Internet habe die Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld öffentlich kundgemacht, dass die Amtsstunden von Montag bis Donnerstag 07:00 Uhr bis 15:00 Uhr und am Freitag von 08:00 bis 12:30 Uhr seien. Diese Kundmachung habe (unter anderem) auch den Hinweis enthalten, dass elektronische Anbringen, die außerhalb dieser Amtsstunden übermittelt würden, erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden entgegengenommen und bearbeitet würden. Diese Anbringen würden daher auch erst zu diesem Zeitpunkt als eingebracht und eingelangt gelten.

3        In rechtlicher Hinsicht hielt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, dass gemäß § 35 Abs. 5 ZustG ein zur Abholung bereitgehaltenes Dokument jedenfalls mit seiner Abholung als zugestellt gelte. Ausgehend davon habe die Frist für die Einbringung der Beschwerde am 16. April 2021 geendet. Die per E-Mail erhobene Beschwerde sei an diesem Tag außerhalb der Zeiten für den Parteienverkehr eingebracht worden und daher verspätet.

4        Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit der Revision aus, es sei entscheidend, ob im konkreten Fall für den hier relevanten Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen auf der Homepage der belangten Behörde kundgemacht gewesen seien, wonach solche Anbringen erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht gelten würden. Diesbezügliche Feststellungen enthalte der angefochtenen Beschluss nicht. Damit weiche das Verwaltungsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (Hinweis auf VwGH 14.10.2015, Ra 2015/17/0039).

8        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargelegt. Anders als nach dem Sachverhalt, der dem von der Revisionswerberin zitierten Erkenntnis zugrunde lag, hat das Verwaltungsgericht im hier zu beurteilenden Revisionsfall nicht bloß festgestellt, dass die Beschwerde außerhalb der Amtsstunden eingebracht wurde, sondern es hat ausdrücklich auch den Wortlaut der auf der Homepage der belangten Behörde erfolgten Kundmachung über die Amtsstunden festgestellt (einschließlich des Hinweises darauf, dass elektronische Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden übermittelt werden, erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden entgegengenommen und bearbeitet werden und auch erst zu diesem Zeitpunkt als eingebracht und eingelangt gelten).

9        Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin, die eine ausdrückliche Feststellung dazu vermisst, dass die vom Verwaltungsgericht festgestellte Kundmachung auch im konkreten Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung auf der Homepage abrufbar gewesen sei, lassen sich die getroffenen Feststellungen über die Kundmachung der Amtsstunden und den Wortlaut dieser Kundmachung im konkreten Fall ohne Weiteres dahin verstehen, dass diese Kundmachung jedenfalls bereits während der Beschwerdefrist und auch am Tag der Beschwerdeerhebung auf der Homepage abrufbar war. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass das Verwaltungsgericht der Revisionswerberin die mögliche Verspätung der Beschwerde unter Anführung der Kundmachung betreffend die Amtsstunden und deren Wortlaut ausdrücklich vorgehalten hat und die Revisionswerberin Gelegenheit hatte, dazu Sachvorbringen zu erstatten. Die Revisionswerberin hat auf diesen Vorhalt hin jedoch nicht die bereits vor Beschwerdeeinbringung erfolgte Kundmachung in Zweifel gezogen, sondern lediglich Vorbringen zum Zustellungszeitpunkt des Straferkenntnisses erstattet.

10       In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 10. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030160.L00

Im RIS seit

04.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten