TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/18 W255 2120491-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2021
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Entscheidungsdatum

18.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W255 2120491-2/41E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch seinen Vater XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, als gesetzlichen Vertreter, dieser vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2019, Zl. 831835203-180321515, nach Durchführung öffentlicher mündlicher Verhandlung am 04.12.2020 und 10.02.2021, zu Recht:

A)

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.      Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wird insoweit abgeändert, als dieser zu lauten hat: „Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Ihrer Entlassung aus der Haft.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

1.       Verfahrensgang:

1.1.    Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein minderjähriger afghanischer Staatsangehöriger, reiste gemeinsam mit seinem Vater und zwei seiner vier Brüder unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte – vertreten durch seinen Vater als gesetzlichen Vertreter – am 13.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2.    Am 14.12.2013 fand die Erstbefragung des Vaters des BF, als gesetzlicher Vertreter des BF, vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion XXXX statt.

1.3.    Am 15.04.2014 wurde der Vater des BF, als gesetzlicher Vertreter des BF, vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

1.4.    Mit Bescheid des BFA vom 14.01.2016, Zl. 831835203-1768306, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 34 Abs. 3 AsylG 2005 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt II.) und dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.01.2017 erteilt. Auch die Anträge seines Vaters und seiner beiden Brüder wurden bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und ihnen jeweils der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

1.5.     Gegen Spruchpunkt I. des unter Punkt 1.4. genannten Bescheides des BFA erhob der BF (ebenso wie sein Vater und seine beiden Brüder) fristgerecht Beschwerde.

1.6.    Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.06.2016 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari sowie im Beisein des BF, seines Bruders, seines Vaters, einer rechtsfreundlichen Vertreterin und eines Sachverständigen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

1.7.    Mit Schreiben vom 03.11.2016 beantragte der BF die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

1.8.    Mit Bescheid des BFA vom 15.02.2017, Zl. 831835203-1768306, wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF als subsidiär Schutzberechtigter auf dessen Antrag bis zum 14.01.2019 verlängert.

1.9.    Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120490-1/28E, wurde dem Vater des BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120491-1/25E, wurde dem BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 34 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens zuerkannt.

1.10.   Am 17.09.2018 wurde der BF, im Beisein seines Vaters als gesetzlicher Vertreter, vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF ua an, dass er in Österreich mit der Polizei Probleme gehabt habe, da er gerauft und etwas gestohlen habe. Er werde diese Sachen nicht mehr machen. Der BF absolviere in Österreich keine Ausbildung. Er sei seit ca. einem Jahr im Fußballverein XXXX aktiv.

Dem BF wurde vom BFA vorgehalten, dass die Landespolizeidirektion XXXX (LPD XXXX ) zahlreiche strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt habe und diese nur deshalb eingestellt worden seien, weil der BF zum jeweiligen Tatzeitpunkt unmündig und damit nicht strafbar gewesen sei. Der BF wurde darüber informiert, dass ein Aberkennungsverfahren gegen ihn eingeleitet würde, sollte er in Zukunft weiterhin strafbare Handlungen ausüben.

1.11.   Mit Aktenvermerk des BFA vom 05.03.2019 wurde ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten des BF eingeleitet, da sich Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass der BF ein besonders schweres Verbrechen begangen haben könnte.

1.12.   Mit Schreiben des BFA vom 24.06.2019 wurde der BF von der Einleitung eines Aberkennungsverfahrens gegen ihn informiert. Das Verfahren sei eingeleitet worden, da sich der BF seit dem 17.05.2019 wegen des Verdachtes der Begehung strafbarer Handlungen gemäß §§ 15, 142 StGB, § 107 StGB, §§ 15, 83 StGB, §§ 83, 84 StGB, § 125 StGB, §§ 127, 129 StGB, § 135 StGB, § 229 StGB, § 241e StGB, §§ 146, 147 StGB, § 148a StGB und §§ 144, 145 StGB in Untersuchungshaft befinde. Im Falle einer Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens sei beabsichtigt, dem BF den Status des Asylberechtigten abzuerkennen. Dem BF wurden aktuelle Länderinformationen bestreffend Afghanistan übermittelt und dem BF die Möglichkeit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen. Weiters wurden dem BF 19 Fragen übermittelt und die Möglichkeit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.

1.13.   Mit Schreiben vom 05.07.2017 führte der BF aus, dass er gesund sei und nicht in ärztlicher Behandlung stehe. Er habe in XXXX im XXXX die Volksschule begonnen und diese in XXXX , in der XXXX , abgeschlossen. Im Anschluss habe er die XXXX ( XXXX ) besucht und sei dann bis zu seiner Inhaftierung in der XXXX ( XXXX ) gewesen. Er wohne gemeinsam mit seinem Vater und zwei seiner Brüder in XXXX . Die Familie lebe von Familienbeihilfe, Mindestsicherung und „AMS Geld“. Der BF spreche Deutsch und sei auf dem Weg zu seinem Pflichtschulabschluss. Er sei drei Jahre bei einem Fußballverein gewesen und sei seit Oktober 2018 im XXXX (Boxen) angemeldet. Seine Mutter, zwei Brüder und drei Schwestern würden in Afghanistan leben. Der BF sei Schüler, sein Vater kümmere sich um alles in Österreich. Der BF sei jung und in Österreich in den falschen Freundesreis geraten. Dies habe großen Einfluss auf seine Straffälligkeit gehabt. Er wolle sich bessern. Eine stationäre Unterbringung nach seiner Haftentlassung sei Thema. Er wolle die Schule abschließen.

1.14.    Mit Bescheid des BFA vom 30.08.2019, Zl. 831835203-180321515, wurde der dem BF mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120491-1/25E, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Dem BF wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG iVm. 52 Abs. 2 Z 3 FPG 2005 gegen den BF erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise des BF wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

1.15.   Gegen den unter Punkt 1.14. genannten Bescheid des BFA richtet sich die vom BF ristgerechte erhobene Beschwerde vom 25.09.2019.

1.16.   Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 04.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurden der Gerichtsabteilung W266 des Bundesverwaltungsgerichts zugeteilt.

1.17.   Auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W266 des Bundesverwaltungsgerichts abgenommen und am 11.05.2020 der Gerichtsabteilung W255 des Bundesverwaltungsgerichts neu zugewiesen.

1.18.   Mit Schreiben vom 22.10.2020 wurden dem BF vom Bundesverwaltungsgericht aktuelle Länderfeststellungen betreffend Afghanistan übermittelt.

1.19.   Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.12.2020 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari sowie im Beisein des BF, seiner rechtsfreundlichen Vertreterin und seines Vaters eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Im Zuge der Verhandlung wurde auch einer der Brüder des BF ( XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan) einvernommen. Dabei gab der BF an, dass er gesund sei. Er habe in Österreich Sport betrieben und bis vor neun Monaten die Neue Mittelschule XXXX besucht. Seither sei er im Gefängnis. Er sei in viele Auseinandersetzungen verwickelt gewesen und habe gestohlen. Es sei ein Fehler gewesen. Damals sei seine Familie nicht da gewesen und deshalb er habe das gemeinsam mit seinen Freunden gemacht. Er sei so wie seine Freunde Mitglied der Gruppe „ XXXX “ gewesen, sei aber nicht mehr Mitglied dieser Gruppe. Der BF habe vor drei Monaten das letzte Mal eine strafbare Handlung, konkret einen Raub, begangen. Er habe einer Person die Schule weggenommen, der Person aber seine eigenen Schuhe gegeben. Es sei ein Geschenk gewesen.

Der sei nicht Mitglied in einem Verein. Er habe in Österreich noch nie gearbeitet, aber seinem Betreuer in der Asylunterkunft geholfen. Der BF habe vor seiner Inhaftierung gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern gewohnt. Seine Mutter und fünf seiner Geschwister seien vor 8 oder 9 Monaten nach Österreich gekommen. Vorher hätten sie sich noch in Afghanistan aufgehalten. Der BF habe nie Kontakt mit seiner Mutter gehabt, als diese noch in Afghanistan gewesen sei. Warum nicht, wisse er nicht, sie habe kein Telefon gehabt. Der BF wisse nicht, wo seine Mutter in Afghanistan gelebt habe und habe mit ihr seit ihrer Einreise in Österreich „über gar nichts“ gesprochen. Er habe jedoch eine enge Beziehung zu ihr. Der BF stehe mit keinem Menschen in Kontakt, der in Afghanistan lebe. Auf Vorhalt, dass auf seinem Facebook-Account ersichtlich sei, dass er sehr viele Personen als Freunde anführe, die in Afghanistan leben, sagte er: „Ok“. Er wolle nicht nach Afghanistan zurückkehren, da es dort Taliban gebe und er nicht wüsste, was er in Afghanistan tun sollte.

Der Vater des BF gab als Zeuge befragt an, dass seine Ehegattin bzw. Mutter des BF im November 2019 gemeinsam mit drei Schwestern und zwei Brüdern des BF in Österreich angekommen sei und nun hier lebe. Die Mutter, die drei Schwestern und zwei Brüder des BF hätten nach der Ausreise des BF aus Afghanistan 2013 gemeinsam mit der Großmutter väterlicherseits des BF im Elternhaus des Vaters des BF in XXXX gelebt. Die Großmutter väterlicherseits des BF habe Geld gehabt und für den Lebensunterhalt der Mutter und der fünf Geschwister des BF gesorgt. Es habe sich um Einkünfte aus der Landwirtschaft und um Pensionsgeld vom Großvater väterlicherseits des BF gehandelt. Die Großeltern mütterlicherseits des BF würden auch noch in XXXX leben. Die Mutter des BF habe in Afghanistan nie gearbeitet. Der Vater des BF habe von Österreich aus nie Geld nach Afghanistan geschickt.

Die Mutter des BF sei gemeinsam mit den drei Schwestern und zwei Brüdern des BF sowie mit der Unterstützung des Onkels mütterlicherseits des BF zweimal zur Österreichischen Botschaft in XXXX gefahren, um einen Antrag auf Familienzusammenführung im Rahmen des Asylverfahrens des Vaters des BF zu stellen. Dann sei sie mit dem Auto nach XXXX und von dort mit dem Flugzeug nach Österreich gereist.

Der BF habe bis zu seiner Inhaftierung gemeinsam mit seinem Vater, seiner Mutter, zwei Schwestern und drei Brüdern in einer 120m² großen Wohnung in XXXX gelebt, wo die Familie nach wie vor lebe. Eine Schwester habe geheiratet und lebe mit ihrem Ehegatten in XXXX . Die Mutter des BF sei schwanger und erwarte am XXXX ihr neuntes Kind. Die Familie des BF lebe in Österreich von der Unterstützung durch das AMS, das Finanzamt und das Rathaus.

1.20.   Das Bundesverwaltungsgericht führte am 10.02.2021 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari sowie im Beisein des BF, seines rechtsfreundlichen Vertreters und seines Vaters eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Im Zuge der Verhandlung wurde die Mutter des BF als Zeugin einvernommen. Diese gab ua an, nach der Ausreise des BF mit seinem Vater und zwei Brüdern im Mai 2013 weiterhin – gemeinsam mit den fünf anderen Geschwistern des BF – in Afghanistan geblieben zu sein. Sie habe teils im Dorf XXXX , teils im Dorf XXXX gelebt. Die Mutter habe in Afghanistan nicht gearbeitet. Sie habe vom Verkaufserlös eines Grundstückes und von Hausgegenständen sowie vom Pensionsgeld ihres Schwiegervaters gelebt. Im Heimatdistrikt des BF würden nach wie vor drei ihrer Brüder mit ihren Familien, ihre Eltern und ihr Schwiegervater leben. Die Mutter des BF habe seit der Ausreise des BF aus Afghanistan keinen Kontakt mit den Taliban gehabt. Diese seien „nur“ vor der Ausreise des BF gekommen.

Im Zuge der Verhandlung wurde der Vater des BF als Zeuge einvernommen. Dieser bestätigte ua, dass die Taliban während seines Aufenthaltes in Afghanistan zum Elternhaus gekommen wären, jedoch nicht mehr nach seiner Ausreise aus Afghanistan. In XXXX , wo er gearbeitet habe, sei er von den Taliban (auch vor seiner Ausreise) nicht bedroht worden.

2.       Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrages auf internationalen Schutz des BF vom 13.12.2013, der Erstbefragung und der Einvernahmen des BF und seines Vaters (als gesetzlicher Vertreter) durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Bescheide des BFA, der Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120491-1/25E (betreffend den BF), W151 2120490-1/28E (betreffend den Vater des BF), W151 2120494-1/24E (betreffend den Bruder des BF) und W151 2120493-1/24E (betreffend den Bruder des BF), der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 04.12.2020 und 10.02.2021, der Länderberichte zu Afghanistan sowie der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakte des Bundesverwaltungsgerichts betreffend den BF, seinen Bruder XXXX (GZ W255 2120493-2) und seinen Vater XXXX (GZ W151 2120490-1) sowie die Einsichtnahme in die zur

GZ B6/44267/2017 seitens der LPD XXXX ,

GZ B6/66323/2017 seitens der LPD XXXX ,

GZ B5/127018/2017 seitens der LPD XXXX ,

GZ B6/15479/2017 seitens der LPD XXXX ,

GZ B6/22667/2017 seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/20/01730544/001/VStV seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/18/00469190/001/KRIM seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/18/00270944/001/KRIM seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/18/00427076/001/KRIM seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/18/01059376/001/KRIM seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/18/01785730/001/KRIM seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/18/02023355/001/KRIM seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/18/01521346/001/KRIM seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/18/01750605/001/KRIM seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/18/02421616/001/KRIM seitens der LPD XXXX ,

GZ PAD/19/02299606/001/KRIM seitens der LPD XXXX ,

GZ VStV/920301660590/2020 seitens der LPD XXXX ,

GZ 18 St 339/17p seitens der Staatsanwaltschaft XXXX ,

GZ 449 55 BAZ 11/18a seitens der Staatsanwaltschaft XXXX ,

GZ 49 BAZ 317/18g ein seitens der Staatsanwaltschaft XXXX ,

GZ 37 Hv 83/19k seitens des Landesgerichts XXXX ,

GZ 37 Hv 3/20x seitens des Landesgerichts XXXX ,

GZ 25 Hv 62/20k seitens des Landesgerichts XXXX und

GZ 47 BAZ 1962/19f seitens des Landesgerichts XXXX ,

geführten Strafakte, der Einsichtnahme das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

2.1.    Zur Person des BF:

2.1.1.    Der BF führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX .

2.1.2.  Der BF ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und sunnitischer Muslim. Die Muttersprache des BF ist Dari.

2.1.3.  Der BF wurde im Dorf XXXX , im Distrikt XXXX , in der Provinz XXXX , geboren und ist gemeinsam mit seinen Eltern ( XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX ), vier Brüdern ( XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX ) und drei Schwestern ( XXXX , ca. 21 Jahre alt, XXXX , geb. XXXX und XXXX , geb. XXXX ) in den Dörfern XXXX und XXXX aufgewachsen. Diese Dörfer liegen ca. 30km von der Stadt XXXX entfernt, im Distrikt XXXX , in der Provinz XXXX . Sie liegen ca. eine halbe Stunde Autofahrt voneinander entfernt. In beiden Dörfern existieren zum Entscheidungszeitpunkt Schulen, die geöffnet sind.

2.1.4.  Der BF hat in Afghanistan mehrere Jahre die Schule besucht. Er kann Lesen und Schreiben. Der BF war in Afghanistan nicht erwerbstätig.

2.1.5.  Der Lebensunterhalt der Familie des BF wurde während seines Aufenthaltes in Afghanistan durch die familieneigene Landwirtschaft sowie durch das Einkommen seines Vaters als KFZ-Fahrer gesichert. Der Vater des BF war beruflich in XXXX tätig und ist regelmäßig in das Elternhaus des BF gekommen, um Zeit mit seiner Familie zu verbringen (siehe auch Punkt 2.1.11.).

2.1.6.  Der BF hat Afghanistan gemeinsam mit seinem Vater und seinen Brüdern XXXX und XXXX im Mai 2013 verlassen. Der BF ist gemeinsam mit seinem Vater und seinen Brüdern XXXX und XXXX im Dezember 2013 unrechtmäßig in Österreich eingereist und hat am 13.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2.1.7.  Die Mutter, die Brüder XXXX , und XXXX , sowie die Schwestern XXXX , XXXX , und XXXX , blieben im Zeitraum Mai 2013 bis November 2019 im selben Distrikt, in der Provinz XXXX und lebten dort teils im Dorf XXXX gemeinsam mit den Großeltern mütterlicherseits des BF und teils im Dorf XXXX , gemeinsam mit den Großeltern väterlicherseits des BF. Der Lebensunterhalt der Mutter, der beiden Brüder und der drei Schwestern des BF wurde im Zeitraum Mai 2013 bis November 2019 durch Erträge aus der familieneigenen Landwirtschaft sowie durch finanzielle Unterstützung der Großeltern väterlicherseits gesichert. Die Großeltern väterlicherseits des BF verfügen über Geld, das von der Pension des Großvaters väterlicherseits des BF stammt. Dieser war vor seiner Pensionierung Ende 2016 als Offizier für die Regierung in der Provinz XXXX tätig. Die Mutter, die Brüder XXXX , und XXXX , sowie die Schwestern XXXX , XXXX , und XXXX , haben im Zeitraum Mai 2013 bis November 2019 in Afghanistan nie gearbeitet. Der Vater des BF hat seit seiner Einreise in Österreich im Dezember 2013 nie Geld nach Afghanistan geschickt, um die dort lebenden Verwandten zu unterstützen.

2.1.8.  Die Mutter, die Brüder XXXX , und XXXX , sowie die Schwestern XXXX , XXXX , und XXXX sind gemeinsam mit einem der Onkel mütterlicherseits des BF zweimal mit einem Auto von ihrem Lebensmittelpunkt (Dörfer XXXX und XXXX , Distrikt XXXX ) zur Österreichischen Botschaft nach XXXX gefahren, um eine Familienzusammenführung im Rahmen des Asylverfahrens zu beantragen. Nach positiver Erledigung ihrer Anträge sind sie im November 2019 mit dem Auto nach XXXX gefahren und von dort mit dem Flugzeug nach Österreich geflogen. Die Familie hatte keine Sicherheits- oder sonstigen Probleme, diese Strecken mit dem Auto zurückzulegen. Seit November 2019 wohnen die Mutter, die Brüder XXXX , und XXXX , sowie die Schwestern XXXX , XXXX , und XXXX in Österreich.

2.1.9.  Die Mutter des BF, seine Brüder XXXX , und XXXX , seine Schwestern XXXX , XXXX , und XXXX und seine Großeltern mütterlicherseits und väterlicherseits hatten im Zeitraum Mai 2013 bis Dezember 2019 keinen persönlichen Kontakt mit den Taliban. Sie wurden von den Taliban weder bedroht noch verfolgt.

2.1.10.  Die Großeltern väterlicherseits des BF und die Großeltern mütterlicherseits des BF leben nach wie vor in jenen Dörfern ( XXXX und XXXX ), in denen der BF aufgewachsen ist und in denen auch die Mutter, drei Schwestern und zwei Brüder des BF von Mai 2013 bis November 2019 gelebt haben. Die Familie des BF besitzt ein Haus und mehrere landwirtschaftliche Grundstücke im Heimatdistrikt des BF. Die Großeltern väterlicherseits des BF verfügen über Geld, das von der Pension des Großvaters väterlicherseits des BF stammt. Die Großeltern väterlicherseits beziehen zudem Einkommen aus den Erträgen aus der Landwirtschaft. Drei Onkel mütterlicherseits des BF leben im Dorf XXXX . Einer dieser Onkel arbeitet als Gemüseverkäufer, einer dieser Onkel ist Schüler eines Metzgers und der dritte Onkel ist nicht erwerbstätig. Die beiden erwerbstätigen Onkel des BF sind verheiratet und haben Kinder. Der arbeitslose Onkel des BF ist verheiratet und hat keine Kinder. Insbesondere dieser Onkel hat die Mutter und Geschwister des BF während ihres Aufenthaltes in Afghanistan im Zeitraum Mai 2013 bis November 2019 im Alltag unterstützt. Ein (vierter) Onkel mütterlicherseits des BF lebt in XXXX und arbeitet in einer Autowerkstatt. Ein Großonkel mütterlicherseits des BF lebt in der Stadt XXXX . Der Vater des BF steht in regelmäßigem Kontakt mit seiner Mutter (= Großmutter väterlicherseits des BF). Die Mutter des BF steht in regelmäßigem Kontakt mit ihren Eltern (= Großeltern mütterlicherseits des BF).

Die Großeltern väterlicherseits des BF würden den BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan in ihrem Haus aufnehmen und finanziell unterstützen.

Die Großeltern mütterlicherseits des BF würden den BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan in ihrem Haus aufnehmen und finanziell unterstützen.

Die drei in Afghanistan lebenden Onkel mütterlicherseits des BF würden den BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan unterstützen. Sie würden den BF vom Flughafen in XXXX abholen und in seinen Heimatdistrikt und/oder zu einer Unterkunft in der Stadt XXXX bringen.

Der BF ist auf Facebook aktiv. Sein Profilname lautet: XXXX . Der BF ist auf Facebook mit 410 Personen „befreundet“. Der Großteil dieser „Freunde“ lebt laut ihren Profilangaben in diversen Gegenden Afghanistans, insbesondere in XXXX und XXXX .

2.1.11. Der Vater des BF war bis 2005 in der Landwirtschaft in Afghanistan tätig. Zwischen 2005 und 2013 war er als PKW Lenker bzw. Chauffeur und Verantwortlicher für den Transport von Waren ausländischer Truppen, teils für die Sicherheitsfirma „ XXXX “, teils für Kommandant XXXX tätig. Der BF war hierbei hauptsächlich in XXXX tätig. Er hat in XXXX gearbeitet und gelebt und ist regelmäßig, ca. einmal wöchentlich, in sein Elternhaus in das Dorf XXXX , gekommen, um seine Familie zu sehen. Der Vater des BF verfügt über gute Ortskenntnisse und Kontakte (soziales Netzwerk) in XXXX . Der Vater des BF ist auf Facebook aktiv. Sein Profilname lautet: „ XXXX “. Der Vater des BF ist auf Facebook mit 1.189 Personen „befreundet“. Der Großteil dieser „Freunde“ lebt laut ihren Profilangaben in diversen Gegenden Afghanistans, insbesondere in XXXX und XXXX .

2.1.12. Der BF ist gesund, ledig, anpassungsfähig, arbeitsfähig und im erwerbsfähigen Alter. Der BF hat keine Kinder.

2.2.    Zu den Fluchtgründen des BF und einer Rückkehr nach Afghanistan:

2.2.1.  Der BF konnte nicht glaubhaft machen, dass er und/oder sein Vater, von dem er den Status des Asylberechtigten abgeleitet hat, in Afghanistan (nach wie vor) einer konkreten Bedrohung und/oder Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt ist/sind oder im Fall der Rückkehr nach Afghanistan (nach wie vor) sein würde(n).

2.2.2.  Der BF wurde in seinem Herkunftsstaat niemals inhaftiert und hatte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder auf Grund seiner Rasse, Nationalität, seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme. Der BF war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Es gibt insgesamt keinen stichhaltigen Hinweis, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

2.2.3.  Dem BF droht im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsdistrikt kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

2.2.4.  Der BF wäre in den Städten Mazar-e Sharif, Herat oder XXXX keiner konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung ausgesetzt.

2.2.5.  Der BF ist gesund, volljährig, anpassungsfähig, mobil, im erwerbsfähigen Alter und hat keine Kinder. Er verfügt über mehrjährige Schulbildung in Afghanistan und in Österreich. Er wuchs in Afghanistan in einem afghanischen Familienverband auf und ist mit den Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates und mit einer in Afghanistan gesprochenen Sprache vertraut. Die Großeltern väterlicherseits des BF und die Großeltern mütterlicherseits des BF sowie drei seiner Onkel mütterlicherseits mit ihren Familien leben nach wie vor im Heimatdistrikt des BF (siehe im Detail unter Punkt 2.1.10). Sie beziehen alle ein regelmäßiges Einkommen und würden dem BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan unterstützen. Der Vater des BF hat viele Jahre in XXXX gearbeitet und gelebt. Er ist auf Facebook aktiv und mit 1.189 Personen „befreundet“. Der Großteil dieser „Freunde“ lebt laut ihren Profilangaben in diversen Gegenden Afghanistans, insbesondere in XXXX und XXXX . Der BF ist selbst auch auf Facebook aktiv und auf Facebook mit 410 Personen „befreundet“. Der Großteil dieser „Freunde“ lebt laut ihren Profilangaben in diversen Gegenden Afghanistans, insbesondere in XXXX und XXXX .

Angesichts seines Geschlechts, seines Alters, seiner Gesundheit, seiner Bildung, seiner Sprachkenntnisse, seiner Arbeitsfähigkeit und seines aufrechten familiären und sozialen Netzwerkes könnte er sich in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und XXXX eine Existenz aufbauen und diese – zumindest anfänglich – mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist in der Lage, in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und XXXX eine einfache Unterkunft zu finden. Im Ergebnis ist von einer Selbsterhaltungsfähigkeit des BF in Afghanistan auszugehen. Er hat zudem die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. In einer Gesamtbetrachtung sind Mazar-e Sharif, Herat und XXXX für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, vergleichsweise sichere und über die jeweiligen Flughäfen gut erreichbare Städte. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF nach Mazar-e Sharif, Herat und XXXX ausschließen, konnten nicht festgestellt werden.

Dem BF droht im Falle der Rückkehr in seinen Heimatdistrikt und/oder Neuansiedlung in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und XXXX somit kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit und er läuft auch nicht Gefahr, im Falle der Neuansiedlung in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und XXXX grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

2.2.6.  Im Falle der Rückkehr in seinen Heimatdistrikt und/oder Neuansiedlung in Mazar-e Sharif, Herat oder XXXX läuft der BF auch nicht Gefahr, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten oder sich seine Gesundheit in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern würde. Es sind auch sonst keine Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

2.3.        Zur Integration des BF in Österreich:

2.3.1.    Der BF befindet sich seit XXXX in der Justizanstalt XXXX in Haft. Bis zu seiner Inhaftierung hat er gemeinsam mit seinen Eltern, seinen vier Brüdern ( XXXX , XXXX , XXXX , und XXXX ) sowie drei seiner vier Schwestern ( XXXX , XXXX und XXXX ) in einer 120m² großen Wohnung in XXXX gewohnt. Seine Familie lebt nach wie vor in dieser Wohnung. Einer dieser drei Schwestern ( XXXX ) wurde am XXXX in XXXX geboren.

Die vierte Schwester des BF ( XXXX ) lebt mit ihrem Ehegatten in XXXX .

Die Eltern und Geschwister des BF verfügen über den Status als Asylberechtigte in Österreich. Diesen Status haben alle Familienmitglieder vom Vater des BF abgeleitet.

Das Verhältnis des BF zu seinen Eltern und Geschwistern ist angespannt. Er hat gegenüber seinen Sozialbetreuern den Wunsch geäußert, nach seiner Entlassung aus der Haft getrennt von seiner Familie in einer Wohneinrichtung untergebracht zu werden, wo er von Sozialarbeitern betreut werden würde.

2.3.2.   Der Vater des BF war von 01.05.2017 bis 30.04.2019, von 09.07.2019 bis 10.07.2019, am 23.07.2019 und von 27.07.2019 bis 30.07.2020 in Österreich erwerbstätig. Er bezog im Zeitraum von 21.03.2016 bis 25.05.2016, von 15.12.2016 bis 24.03.2017, von 02.05.2019 bis 08.07.2091, von 11.07.2019 bis 13.07.2019, von 20.07.2019 bis 22.07.2019, von 24.07.2019 bis 26.07.2019, von 18.08.2020 bis 14.10.2020, von 17.10.2020 bis 25.10.2020, von 30.11.2020 bis 13.11.2020 und seit 18.11.2020 Arbeitslosengeld.

Zum Entscheidungszeitpunkt gehen weder die Eltern noch die im selben Haushalt mit dem BF lebenden Geschwister einer Erwerbstätigkeit nach. Der Vater steht (zuletzt) seit 18.11.2020 im Bezug von Arbeitslosengeld. Die Familie des BF bestreitet den Lebensunterhalt in Österreich durch Bezüge aus der Arbeitslosenversicherung, den Bezug von Familienbeihilfe und Sozialhilfeleistungen. Die Familie des BF ist vom BF nicht finanziell abhängig.

2.3.3.    Der BF hat im Schuljahr 2014/2015 die Volksschule XXXX besucht. Er wurde in keinem Gegenstand beurteilt.

Der BF hat im Schuljahr 2015/2016 die Volksschule XXXX besucht. Er wurde in den Gegenständen Musik, Bildnerische Erziehung, Werken und Sport gut beurteilt. In den übrigen Gegenständen (darunter Deutsch, Lesen, Schreiben) wurde er nicht beurteilt.

Der BF hat im Schuljahr 2016/2017 die Volksschule XXXX besucht und wurde in allen Gegenständen, darunter Deutsch (Note: 2) beurteilt.

Der BF hat im Schuljahr 2017/2018 die XXXX , XXXX besucht und wurde in allen Gegenständen, darunter Deutsch (Note: 4) beurteilt. Sein Verhalten wurde in beiden Semestern als nicht zufriedenstellend beurteilt. Laut ergänzender differenzierender Leistungsbeschreibung ist der BF bei seinen Mitschülern sehr beliebt. Seine Heftführung ist außerordentlich schön. Er ist kreativ und sportlich. Er hätte Potenzial, eine bessere Leistung zu erreichen.

Der BF hat im Schuljahr 2018/2019 die XXXX am XXXX , Allgemeine Sonderschule, besucht und wurde in keinem Gegenstand beurteilt. Aufgrund seiner mangelhaften Leistung war er nicht zum Aufstieg in die nächste Klasse berechtigt. Aufgrund der massiven Fehlstunden des BF konnte keine ergänzende differenzierte Leistungsbeurteilung erstellt werden.

Der BF verfügt über keinen positiven Pflichtschulabschluss in Österreich.

2.3.4.    Der Freundeskreis des BF in Österreich besteht ausschließlich aus Mitgliedern der vorwiegend in XXXX tätigen Gruppe/Bande „ XXXX “ („ XXXX “), einer Gruppe, die vorwiegend aus tschetschenisch stämmigen und arabisch stämmigen Jugendlichen besteht. Bei dieser Gruppe/Bande handelt es sich um eine kriminelle Vereinigung im Sinne von § 278 Abs. 2 StGB. Der BF hat in Vergangenheit im Zusammenwirken mit anderen Mitgliedern dieser Gruppe/Bande strafbare Handlungen begangen und wurde in diesem Zusammenhang mehrfach rechtskräftig verurteilt (im Detail siehe unten). Der BF verfügt – abgesehen von Mitgliedern dieser kriminellen Vereinigung – über keinen Freundeskreis in Österreich. Er verfügt – abgesehen vom Kontakt zu seinen Verwandten und Mitgliedern dieser kriminellen Vereinigung – über keine sonstigen engen sozialen Bindungen an Österreich.

2.3.5.  Der BF ist in Österreich bisher keiner bezahlten regelmäßigen Erwerbstätigkeit und keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachgegangen. Der BF verfügt über keine den eigenen Lebensbedarf deckenden finanziellen Mittel.

2.3.6.    Der BF war von 15.11.2018 (Vertragsunterzeichnung) bis 17.05.2019 (Inhaftierung in der Justizanstalt XXXX ) aktives Mitglied von XXXX . Der BF war im Jahr 2018 Mitglied des Fußballvereins XXXX . Der BF ist derzeit nicht Mitglied in einem Verein.

2.3.7.  Die LPD XXXX führte zur GZ B6/44267/2017 ein Ermittlungsverfahren wegen § 127 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.8.  Die LPD XXXX führte zur GZ B6/66323/2017 ein Ermittlungsverfahren wegen § 127 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.9.  Die LPD XXXX führte zur GZ B5/127018/2017 ein Ermittlungsverfahren wegen § 131 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.10. Die LPD XXXX führte zur GZ B6/15479/2017 ein Ermittlungsverfahren wegen § 127 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.11. Die Staatsanwaltschaft XXXX führte zur GZ 18 St 339/17p ein Ermittlungsverfahren wegen §§ 127, 131 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde am XXXX gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.12. Die LPD XXXX führte zur GZ B6/22667/2017 ein Ermittlungsverfahren wegen § 127 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.13. Die Staatsanwaltschaft XXXX führte zur GZ 449 55 BAZ 11/18a ein Ermittlungsverfahren wegen §§ 15, 127 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde am XXXX gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.14. Die LPD XXXX führte zur GZ PAD/18/00270944/001/KRIM ein Ermittlungsverfahren wegen § 129 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Taten, deren der BF verdächtig war, zwischen XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurden und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.15. Die LPD XXXX führte zur GZ PAD/18/00469190/001/KRIM ein Ermittlungsverfahren wegen § 83 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.16. Die Staatsanwaltschaft XXXX führte zur GZ 49 BAZ 317/18g ein Ermittlungsverfahren wegen § 83 StGB und §§ 15, 83 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde am XXXX gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Taten, deren der BF verdächtig war, vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurden und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.17. Die LPD XXXX führte zur GZ PAD/18/00427076/001/KRIM ein Ermittlungsverfahren wegen § 91 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.18. Die LPD XXXX führte zur GZ PAD/18/01059376/001/KRIM ein Ermittlungsverfahren wegen §§ 127, 141e, 229 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Taten, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurden und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.19. Die LPD XXXX führte zur GZ PAD/18/01785730/001/KRIM ein Ermittlungsverfahren wegen § 142 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.20. Die LPD XXXX führte zur GZ PAD/18/02023355/001/KRIM ein Ermittlungsverfahren wegen § 83 StGB und § 107 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Taten, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurden und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.21. Die LPD XXXX führte zur GZ PAD/18/01521346/001/KRIM ein Ermittlungsverfahren wegen § 125 StGB gegen den BF, da der BF einen Polizeitransporter beschädigt hatte. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.22. Die LPD XXXX führte zur GZ PAD/18/01750605/001/KRIM ein Ermittlungsverfahren wegen § 91 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.23. Die LPD XXXX führte zur GZ PAD/18/02421616/001/KRIM ein Ermittlungsverfahren wegen § 142 StGB gegen den BF. Dieses Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 4 Abs. 1 JGG eingestellt, weil die Tat, deren der BF verdächtig war, am XXXX und somit vor Vollendung des 14. Lebensjahres begangen wurde und der BF sohin noch unmündig und nicht strafbar war.

2.3.24. In seiner Beschuldigtenvernehmung vom 07.02.2019 gab der BF gegenüber der LPD XXXX ua Folgendes an:

„Befragt zu meinem Verhältnis zu den bestehenden Regeln und Gesetzen in Österreich gebe ich an, dass ich mich zwar an diese halten will, es aber nicht mache. Die Polizei mag ich nicht so, und mir ist ja auch nichts passiert wegen dem was ich mache.

Auf meinem INSTGRAM-Account habe ich auch ein Foto gespeichert, das für alle öffentlich ersichtlich ist, das mich auf dem Dach eines Polizeiautos [stehend] zeigt. Das Foto habe ich mit dem Zusatz „#Fick den Richter, nur Gott kann mich richten#“ kommentiert. Das Foto haben sogar 214 geliked.“

2.3.25. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 02.08.2019, GZ 37 Hv 83/19k, wegen §§ 12 3. Fall, 15 Abs. 1, 142 Abs. 1 StGB, §§ 12 3. Fall, 229 Abs. 1 StGB, §§ 12 3. Fall, 241e Abs. 1 StGB, § 278 Abs. 1 StGB, §§ 144 Abs. 1, 145 Abs. 2 Z 2, 15 Abs. 1, 12 3. Fall StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Ein Teil der Freiheitsstrafe im Umfang von 10 Monaten wurde für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen und die Probezeit in weiterer Folge auf 5 Jahre verlängert.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass

?        der BF am XXXX in XXXX als Beteiligter mit weiteren Mittätern

o        mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit unmittelbarer Gefahr für Leib oder Leben einem Opfer Bargeld wegzunehmen versucht hat, um sich unrechtmäßig zu bereichern, indem er das Opfer von hinten festhielt, ein Mittäter aus der Außentasche der Jacke des Opfers dessen Geldbörse nahm und der BF dem Opfer einen Faustschlag versetzte, wobei es mangels Geldes in der Geldbörse beim Versuch blieb;

o        durch die oben beschreiben Tat dazu beigetragen hat, dass der gesondert verfolgte Mittäter Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich die E-Card und den Personalauswie des Opfers, mit dem Vorsatz unterdrückte, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts gebraucht wird, indem der gesondert verfolgte Mittäter diese Urkunden an sich nahm, während der BF das Opfer festhielt;

o        durch die oben beschriebene Tat dazu beigetragen hat, dass der gesondert verfolgte Mittäter die Bankomatkarte des Opfers an sich nahm und diese einsteckte, währen der BF das Opfer festhielt.

?        der BF sich seit XXXX in XXXX als Mitglied einer kriminellen Vereinigung mit gesondert verfolgten Mittätern an Straftaten beteiligt hat, indem er – bereits im November 2018 – den Entschluss fasste und diesen auch seit XXXX aufrecht hielt, vereinbarte und auch ausführte, einem Opfer Bargeld und Kleidungsstücke abzunötigen, um die Beute zu teilen und auf diesem Weg über längere Zeit an Geld zu kommen;

?        der BF im Zeitraum von zumindest XXXX bis XXXX in XXXX durch gemeinsames Auftreten als Mitglieder der „ XXXX “ ein Opfer durch gefährliche Drohung, nämlich durch die Drohung zumindest mit Körperverletzungen unter Hinweis auf die Zugehörigkeit zur „ XXXX “ zu Handlungen genötigt hat, die das Opfer am Vermögen geschädigt haben, wobei der BF und seine Mittäter die Erpressung gegen dasselbe Opfer über längere Zeit fortsetzten, indem sie mehrfach an verschiedenen Tagen Jacken, Schuhe und Bargeld von ihrem Opfer forderten.

Mildernd wurden das teilweise Geständnis und der teilweise Versuch, erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen mit Vergehen gewertet.

2.3.26. Die LPD XXXX führte zur GZ PAD/19/02299606/001/KRIM ein Ermittlungsverfahren wegen § 27 Abs. 2 SMG gegen den BF. Mit Mitteilung der Staatsanwaltschaft XXXX vom 13.01.2020, GZ 47 BAZ 1962/19f, wurde gemäß § 35 Abs. 9 SMG vorläufig von der Verfolgung zurückgetreten.

2.3.27. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13.03.2020, GZ 37 Hv 3/20x, wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 5 Z 1 StGB, § 142 Abs. 1 und 2, 12 3. Fall StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass

?        der BF am XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter ein Opfer vorsätzlich in Form von Bewusstlosigkeit am Körper verletzt und an der Gesundheit geschädigt hat, indem der Mittäter das Opfer bis zur Bewusstlosigkeit würgte, während der BF das Opfer durch Drücken gegen die Brust fixierte, wobei der Opfer und der Mittäter die Körperverletzung auf eine Weise, mit der Lebensgefahr verbunden ist, begingen;

?        der BF am XXXX in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Mittäter einem Opfer mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit unmittelbarer Gefahr für Leib oder Leben Bargeld weggenommen hat, um sich dadurch zu bereichern, indem der BF das Opfer festhielt, während der Mittäter das Opfer mit der Faust bedrohte und zur Übergabe des Geldes aufforderte und ihm den Geldschein schließlich aus der Hand nahm.

Die Tat vom XXXX wurde vom BF während seiner Inhaftierung in der Justizanstalt XXXX verübt.

Mildernd wurden das teilweise Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung, erschwerend die einschlägige Vorstrafe und der extrem rasche Rückfall gewertet.

2.3.28. Mit Strafverfügung der LPD XXXX vom 23.09.2020, GZ VStV/920301660590/2020, wurde über den BF eine Geldstrafe von EUR 25,- verhängt, da er am XXXX auf einem Bahnhof angehalten wurde, ohne ein Reisedokument bei sich geführt zu haben (§ 121 Abs. 3 Z 2 iVm. § 32 Abs. 2 FPG).

2.3.29. Die LPD XXXX führt zur GZ PAD/20/01730544/001/VStV, ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den BF, da er am XXXX beim Rauchen einer E-Zigarette angetroffen wurde, obwohl er zu diesem Zeitpunkt das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (§ 8 Abs. 1a XXXX Jugendschutzgesetz).

2.3.30. Der BF nahm am 23.11.2020 an einer Sozialnetzkonferenz ua mit dem XXXX teil. Hierbei wurde besprochen, dass der BF nach seiner Entlassung aus der Haft eventuell in einer Wohneinrichtung, getrennt von seiner Familie untergebracht und dort von Sozialarbeitern betreut werden sollte. Für eine etwaige Entlassung aus der Untersuchungshaft wäre die Weisung für die Männerberatung sowie zur hochfrequenten Bewährungshilfe aus Sicht des XXXX zweckmäßig. Der BF gab in dieser Besprechung an, sein soziales Umfeld verändern und sich verstärkt von delinquenten Freunden distanzieren zu wollen.

2.3.31. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 18.12.2020, GZ 25 Hv 62/20k, wegen § 142 Abs. 1 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF am XXXX einem Opfer durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben Schuhe weggenommen hat, um sich zu bereichern, indem er vom Opfer verlangte, die Schuhe auszuziehen, sonst werde er ihn schlagen, woraufhin das Opfer sich unter Androhung von Schlägen aus Angst vor dem ihm körperlich überlegenen und der Gruppierung „ XXXX “ angehörendem BF auf eine Bank setzte, woraufhin der BF dem Opfer dessen neue Schuhe aus- und selbst anzog.

Mildernd wurde das Geständnis, erschwerend die zwei einschlägigen Vorstrafen und der äußerst rasche Rückfall gewertet.

2.3.32.  Der BF befand sich vom 17.05.2019 bis 16.09.2019 und vom 22.11.2019 bis 30.06.2020 und 25.02.2019 bis 20.09.2019 in der Justizanstalt XXXX . Er befindet sich seit XXXX in der Justizanstalt XXXX . Seine Eltern und Geschwistern haben ihn noch nie im Gefängnis besucht.

2.3.33. Im Falle des BF ist von einer negativen Zukunftsprognose auszugehen.

2.4.    Zum Verfahrensgang:

2.4.1.    Der BF stellte nach unrechtmäßiger Einreise im österreichischen Bundesgebiet am 13.12.2013 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2.4.2.  Mit Bescheid des BFA vom 14.01.2016, Zl. 831835203-1768306, wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.01.2017 erteilt.

2.4.3.  Mit Schreiben vom 03.11.2016 beantragte der BF die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

2.4.4.  Mit Bescheid des BFA vom 15.02.2017, Zl. 831835203-1768306, wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF als subsidiär Schutzberechtigter auf dessen Antrag bis zum 14.01.2019 verlängert.

2.4.5.  Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120490-1/28E, wurde dem Vater des BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120491-1/25E, wurde dem BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 34 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens zuerkannt.

Die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Vater des BF begründete das BVwG damit, dass der Vater des BF in Afghanistan für den Kommandanten XXXX und für die Sicherheitsfirma XXXX gearbeitet habe und aufgrund dieser Tätigkeit ab Sommer 2011 von den Taliban bedroht worden sei.

Die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den BF begründete das BVwG damit, dass der BF keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht habe, ihm jedoch im Rahmen des Familienverfahrens aufgrund der Zuerkennung an den Vater der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen sei.

2.4.6.  Mit Bescheid des BFA vom 30.08.2019, Zl. 831835203-180321515, wurde der dem BF mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2017, GZ W151 2120491-1/25E, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Dem BF wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG iVm. 52 Abs. 2 Z 3 FPG 2005 gegen den BF erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise des BF wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten begründete das BFA damit, dass der BF mehrfach – ua wegen §§ 12 3. Fall, 15 Abs. 1, 142 Abs. 1 StGB, §§ 12 3. Fall, 229 Abs. 1 StGB, §§ 12 3. Fall, 241e Abs. 1 StGB, § 278 Abs. 1 StGB, §§ 144 Abs. 1, 145 Abs. 2 Z 2, 15 Abs. 1, 12 3. Fall StGB – rechtskräftig verurteilt worden sei. Diese vom BF begangenen Verbrechen würden sowohl objektiv als auch subjektiv besonders schwere Verbrechen darstellen.

Dem BF sei eine Rückkehr nach Afghanistan zumutbar, zumal zahlreiche Verwandte des BF (ua seine Mutter, Geschwister, Großeltern und Onkel) nach wie vor in seinem Heimatdistrikt leben würden und der Heimatdistrikt des BF bzw. die Stadt XXXX – anders als andere Distrikte seiner Herkunftsprovinz – sicher seien.

Der BF könne nach einer Rückkehr nach Afghanistan bei seinen Verwandten eine Unterkunft finden, von diesen versorgt und unterstützt werden. Bei einer Rückkehr würde er somit nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten.

2.4.7.  Gegen den unter Punkt 2.4.6. genannten Bescheid des BFA richtet sich die vom BF fristgerechte erhobene Beschwerde vom 25.09.2019.

2.5.    Zur Situation des BF in Afghanistan und der dort herrschenden Lage:

2.5.1.  Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 16.12.2020:

1.       Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die Provinzhauptstädte, die meisten Distriktzentren und die meisten Teile der wichtigsten Transitrouten. Mehrere Teile der wichtigsten Transitrouten sind umkämpft, wodurch Distriktzentren bedroht sind. Seit Februar 2020 haben die Taliban ein hohes Maß an Gewalt gegen die ANDSF (Afghan National Defense Security Forces) aufrechterhalten, vermeiden aber gleichzeitig Angriffe gegen um Provinzhauptstädte herum stationierte Koalitionstruppen - wahrscheinlich um das US-Taliban-Abkommen nicht zu gefährden. Unabhängig davon begann IS/ISKP im Februar 2020 (zum ersten Mal seit dem Verlust seiner Hauptfestung in der Provinz Nangarhar im November 2019) Terroranschläge gegen die ANDSF und die Koalitionstruppen durchzuführen. Die Zahl der Angriffe der Taliban auf staatliche Sicherheitskräfte entsprach dem Niveau der Frühjahrsoffensiven der vergangenen Jahre, auch wenn die Offensive dieses Jahr bisher nicht offiziell erklärt wurde.

Die Umsetzung des US-Taliban-Abkommens, angefochtene Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen, regionale politische Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran, Diskussionen über die Freilassung von Gefangenen, Krieg und die globale Gesundheitskrise COVID-19 haben laut dem Combined Security Transition Command-Afghanistan (CSTC-A) das zweite Quartal 2020 für die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) zum "vielleicht komplexesten und herausforderndsten Zeitraum der letzten zwei Jahrzehnte" gemacht.

Der Konflikt in Afghanistan befindet sich nach wie vor in einer "strategischen Pattsituation", die nur durch Verhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban gelöst werden kann. Die afghanische Regierung führte zum ersten Mal persönliche Gespräche mit den Taliban, inhaltlich wurde über den Austausch tausender Gefangener verhandelt; bis dahin hatten die beiden Seiten sich nur per Videokonferenz unterhalten. Diese Gespräche sind ein erster Schritt Richtung inner-afghanischer Verhandlungen, welche Teil eines zwischen Taliban und US-Amerikanern unterzeichneten Abkommens sind. Die Gespräche fanden vor dem Hintergrund anhaltender Gewalt im Land statt.

Für den Berichtszeitraum 1.1.2020-30.9.2020 verzeichnete UNAMA 5.939 zivile Opfer. Die Gesamtzahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung ist im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres um 13% zurückgegangen, das ist der niedrigste Wert seit 2012. Afghanistans National Security Council (NSC) zufolge nahmen die Talibanattacken im Juni 2020 deutlich zu. Gemäß NATO Resolute Support (RS) nahm die Anzahl an zivilen Opfern im zweiten Quartal 2020 um fast 60% gegenüber dem ersten Quartal und um 18% gegenüber dem zweiten Quartal des Vorjahres zu.

Die Sicherheitslage bleibt nach wie vor volatil. Die höchste Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle wurde in der südlichen Region, gefolgt von den nördlichen und östlichen Regionen, registriert, die allesamt 68% der Zwischenfälle ausmachten. Die aktivsten Konfliktregionen sind in den Provinzen Kandahar, Helmand, Nangarhar und Balkh zu finden. Entsprechend saisonaler Trends, gehen die Kämpfe in den Wintermonaten - Ende 2019 und Anfang 2020 - zurück.

1.1.    Die Sicherheitslage im Jahr 2019

Die geographische Verteilung a

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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