Entscheidungsdatum
04.05.2021Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W174 2171506-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Viktoria MUGLI-MASCHEK, als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.8.2017, Zl. 1089883707 - 151489515/BMI-BFA_SBG_AST_01_TEAM_03, nach Durchführ-ung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der damals minderjährige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 5.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, ledig sowie schiitischen Glaubens zu sein und der Volksgruppe der Hazara anzugehören. Er stamme aus Afghanistan, habe die ganze Zeit in Mashad im Iran gelebt, wo er von 2008 bis 2015 eine Schule für Afghanen besucht und zuletzt als Schneider gearbeitet habe.
Zu seinem Fluchtgrund erklärte er, als er zwei Jahre alt gewesen sei, sei er mit seiner Familie in den Iran gezogen, wo die Kontrollen durch die Polizei von Tag zu Tag strenger geworden seien, weil man keine afghanischen Flüchtlinge mehr hätte haben wollen. Viele von seinen Freunden und Bekannten seien schon abgeschoben worden. Da er dort keine Rechte und auch Angst vor Kontrollen und einer Abschiebung gehabt habe, habe sich der Beschwerdeführer zur Flucht entschlossen. Sonst gebe es keine Gründe.
Im Rahmen der Ermittlungen infolge einer Anzeige wegen geschlechtlicher Nötigung gab der Beschwerdeführer am 31.10.2016 vor der zuständigen Polizeidienststelle an, in Afghanistan, konkret in Herat, Qurian, geboren zu sein.
3. Am 10.2.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt oder belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen, erklärte zunächst, gesund zu sein und legte ein Konvolut von Integrationsunterlagen vor.
Da er erklärt hatte, in der Erstbefragung sehr müde und erschöpft gewesen zu sein, wurden die entsprechenden Protokolldaten nochmals überprüft, wobei der Beschwerdeführer angab, im Iran in Mashad geboren zu sein. Vorgehalten, bei einer anderen Amtshandlung durch die Polizei sei festgehalten worden, dass er aus der Provinz Herat stamme, antwortete der Beschwerdeführer, damit könne er überhaupt nichts anfangen, er wäre noch nie in Afghanistan gewesen.
In Mashad habe der Beschwerdeführer mit seiner Familie, zwei jüngeren Schwestern, einem jüngeren Bruder, einem älteren Bruder samt dessen Gattin und den Eltern, in einer Mietwohnung gelebt. Eine ältere Schwester befinde sich in Teheran, die gesamte Familie sei nach wie vor im Iran. Zudem gebe es Halbtanten und Halbonkel, weil sein Großvater vielleicht sieben bis acht Frauen gehabt hätte. Auch diese lebten in Mashad. Den Großvater habe der Beschwerdeführer nie gesehen und weil er immer sehr große Probleme mit seinem Vater gehabt habe, hätten sie nie über den Großvater gesprochen. Sein Vater sei sehr gegen den Beschwerdeführer gewesen, habe ihn sehr schlecht behandelt und er selbst habe auch nicht getan, was der Vater von ihm gewollt habe. Nur einmal habe der Vater erwähnt, er wäre erst acht oder neun Jahre alt gewesen, als sein Vater gestorben sei. In Kontakt stehe der Beschwerdeführer nur mit seiner Mutter und seinen Geschwistern. Die Mutter sei krank, die ältere Schwester habe eine Herzkrankheit und der Vater sei sowieso schon seit Ewigkeiten psychisch krank und leide an Arthrose.
In Afghanistan gebe es keine Verwandten, alle wären im Iran. Er selbst habe zwei Jahre eine Sonderschule für afghanische Flüchtlinge im Iran besucht, als er noch sehr klein gewesen sei. Er wisse nur, dass er im Alter von ca. acht oder neun Jahren angefangen habe, seinem Vater bei der Arbeit zu helfen. Er denke, er sei bei seinem Schulbesuch sechs oder sieben Jahre alt gewesen. Gemacht habe er vieles, Fliesenleger, Maler, Maurer, Schneider und Friseur, zudem sei er auf einem Bauernhof tätig gewesen.
Aufgefordert, sämtliche Fluchtgründe im Detail zu schildern, brachte der Beschwerdeführer vor, zu den Gründen, weshalb seine Familie Afghanistan verlassen habe, könne er gar nichts sagen. Wegen der großen Probleme mit seinem Vater hätten sie praktisch nicht miteinander gesprochen, seine Mutter habe der Beschwerdeführer auch nie darüber befragt.
Seit seinem achten Lebensjahr sei der Beschwerdeführer von seinem Vater zur Arbeit gezwungen worden, anfangs hätte er auf der Baustelle nur helfen müssen, später dann aber als Bauarbeiter gearbeitet. Eines Tages habe er schwere Bauchschmerzen gehabt und zu Hause bleiben wollen, sein Vater habe ihn trotzdem mitgenommen, woraufhin es dem Beschwerdeführer bei der Arbeit sehr schlecht gegangen und er bewusstlos geworden sei. Später hätte man festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen der schweren Arbeit eine Blinddarmoperation benötige. Wegen der fehlenden Unterlagen hätte er nicht zum Arzt gehen können, sondern wäre zu Hause von einem Mann operiert worden, der sich mit der Medizin gut ausgekannt hätte, jedoch kein Arzt gewesen wäre. Als es dem Beschwerdeführer einige Monate später besser gegangen sei, habe er versucht, zu seiner Schwester nach Teheran zu fliehen. Nachdem er leider den Bus verpasst hätte, wäre er außerhalb der Stadt auf den Feldern gewesen, wo ihn jemand mit dem Messer abgestochen und verletzt hätte. In dieser Umgebung seien sehr viele Drogenabhängige. Da er keine andere Wahl gehabt habe, sei der Beschwerdeführer nach Hause zurückgekehrt. Wenige Tage später habe ihn sein Vater trotz seiner Verletzung wieder zur Arbeit mitgenommen. Daraufhin habe der Beschwerdeführer mit einem Freund gesprochen, der ihm ein wenig Geld geliehen habe, woraufhin er nach Teheran zu seiner Schwester gereist sei. Dort habe ihn seine Familie angerufen und aufgefordert, sofort nach Mashad zurückzukommen. Nachdem sie gestritten hätten und der Beschwerdeführer dies verweigert habe, hätte er beschlossen, nach Syrien zu reisen um zu kämpfen, was eine Alternative für Afghanen im Iran gewesen sei. Seine Schwester habe dies jedoch verhindert, ihren Goldschmuck verkauft und der Beschwerdeführer sei mit diesem Geld nach Europa gereist.
Vorgehalten, in der Erstbefragung habe der Beschwerdeführer angegeben, dass seine Familie Afghanistan verlassen habe, als er zwei Jahre alt gewesen sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass sei sein Fehler und er wäre sehr erschöpft gewesen. Damals habe er einfach irgendwas gesagt, heute sage er jedoch die pure Wahrheit. Die Flucht nach Österreich habe 8 bis 9 000 000 Toman gekostet, das ganze Geld habe er von seiner Schwester erhalten. Seit wann seine Familie im Iran lebe, wisse der Beschwerdeführer nicht, er sei dort zur Welt gekommen. Auch habe er keine Kenntnis darüber, ob seine Geschwister im Iran geboren seien. Vorgehalten, er könnte seine Familie fragen, wenn er das nächste Mal Kontakt zu ihr habe, antwortete der Beschwerdeführer, er glaube, seine Schwester wisse es auch nicht. Sein Vater wäre psychisch krank, niemand wolle mit ihm etwas zu tun haben und niemand frage ihn etwas. Seine Mutter habe er immer nur kurz in der Nacht gesehen, weil er den ganzen Tag gearbeitet habe. Probleme habe er mit ihr keine gehabt, sie sei aber auch vom Vater schlecht behandelt und oft geschlagen worden.
Zum Vorfall mit dem Messer erklärte der Beschwerdeführer, sein Vater habe ihn nachts geschlagen, woraufhin er abgehauen sei und am Busterminal leider den Bus nach Teheran verpasst hätte. Daraufhin habe er beschlossen, irgendwo zu übernachten, in der Nähe des Terminals gebe es große Felder. Dort habe ihn dann jemand mit dem Messer verletzt, er selbst habe geschlafen und wisse nicht, wer es gewesen sei. Offensichtlich hätte diese Person einmal mit dem Messer am Rücken zugestochen, anfangs habe der Beschwerdeführer keine Schmerzen gehabt, dann sei er aufgestanden und habe viel Blut gesehen. Diese Person habe zugestochen und sei dann wieder weg. Er habe nur dunkel wahrgenommen, dass jemand zugestochen hätte und dann wieder gegangen wäre. Mit großer Wahrscheinlichkeit habe es sich um einen Drogenabhängigen gehandelt, die täten so etwas ständig. Mehr habe diese Person von ihm nicht gewollt.
Zu seiner Rückkehrbefürchtung nach Afghanistan brachte der Beschwerdeführer vor, sein Leben lang im Iran gewesen zu sein und Afghanistan nie gesehen zu haben. Er komme dort nicht zurecht und hätte dort niemanden. Auf seinem Handy habe er einiges über Afghanistan gesehen, das sei alles schlimm.
In Österreich habe einmal ein Jugendlicher behauptet, dass ihn der Beschwerdeführer geküsst hätte, was absurd und eine große Lüge gewesen sei. Dies habe der Beschwerdeführer bei der Polizei auch gesagt und sie hätten ihm geglaubt, weil es an einem Donnerstag gewesen sei, an dem der Beschwerdeführer zu Hause bleiben und putzen müsse. Später erhielten sie am Donnerstag Geld. Diese Erklärung sei für die Polizei nachvollziehbar und die Sache dann erledigt gewesen.
Der Beschwerdeführer gehöre der Volksgruppe der Hazara an, eine konkrete gezielte Verfolgung seiner Person wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seiner Religion als schiitischer Muslim habe es nicht gegeben, weil er noch nie in Afghanistan gewesen wäre. Er hätte nur auf dem Handy gesehen, dass die Hazara dort enthauptet würden. Der Beschwerdeführer sei wahrscheinlich Moslem, aber er könne nicht daran glauben, dass man im Namen Allahs einen anderen Menschen enthauptet. Er könne nicht an den Islam glauben, wenn man sich gegenseitig in dessen Namen umbringt. Diese Einstellung habe er schon im Iran gehabt.
4. Am 3.3.2017 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme des damaligen gesetzlichen Vertreters des Beschwerdeführers zu den damals aktuellen Länderberichten ein, in der im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass die Angaben im Rahmen der Erstbefragung auch unter dem Blickwinkel der Minderjährigkeit zu beurteilen seien. Auch komme es zu einer Gefährdung des Beschwerdeführers als Schiite und Hazara in der Heimat und der Beschwerdeführer würde, weil er sein gesamtes Leben im Iran und Europa verbracht habe, aufgrund seiner Sprache als westlich orientiert sowie unafghanisch eingestuft und verfolgt werden. Weiters sei im Namen der Prüfung die aufgeklärte und äußerst kritische religiöse Haltung des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, der vorgebracht habe, er könne nicht an den Islam glauben, wenn sie sich gegenseitig in dessen Namen töteten. Der Leiter der Amtshandlung habe gegenüber der gesetzlichen Vertretung die Vermutung geäußert, dass der Beschwerdeführer homosexuelle Neigungen haben könnte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne dies seitens der gesetzlichen Vertretung weder bestätigt noch verneint werden. Es sei jedoch festzuhalten, dass ein etwaiges Coming-out in Afghanistan zu massiven Verfolgungshandlungen führen würde.
Am 8.3.2017 wurde das ÖSD Zertifikat A1 des Beschwerdeführers vorgelegt.
Am 11.8.2017 langte bei der Behörde eine Stellungnahme zu den seitens des Bundesamtes dem gesetzlichen Vertreter übermittelten damals aktuellen Länderinformationen ein, in der im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt wurde. Zudem wurde eine weitere Integrationsunterlage (Kursbesuchsbestätigung) angefügt
5. Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.) Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 15.8.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer als Person oder von seinen Familienangehörigen abgeleitet aktuell in Afghanistan verfolgt würde. Im Verwaltungsverfahren hätten sich keine begründeten Hinweise auf eine Flüchtlingseigenschaft ergeben.
6. Gegen Spruchpunkt I. wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, in der im Wesentlichen das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers wiederholt wurde.
7. Am 14.12.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei entschuldigt nicht teilnahm.
Dabei brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen zunächst vor, gesund, ledig, afghanischer Staatsangehöriger und im Iran geboren und aufgewachsen zu sein, weshalb er Farsi spreche, obwohl seine Muttersprache Dari sei. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara und dem christlichen Glauben an. Christ sei er seit eineinhalb Jahren.
Geboren sei im Iran, über Afghanistan wisse er nichts. Vorgehalten, er habe im Oktober 2016 bei einer polizeilichen Einvernahme angegeben, sein Geburtsort sei Herat bzw. Qurian, erwiderte der Beschwerdeführer, so etwas hätte er nie angegeben. Tazkira bzw. Identitätsdokumente besitze er nicht. Seit drei Jahren sei er berufstätig und lebe in einer eigenen Wohnung.
Von seiner Geburt bis ungefähr zu seinem 15. Lebensjahr habe der Beschwerdeführer ausschließlich im Iran gelebt, seine letzte Adresse sei in der Stadt Mashad in einem Mietshaus gewesen. Grundstücke habe seine Familie keine, in dem Haus hätten außer ihm noch seine Eltern, seine drei Schwestern und zwei Brüder gewohnt. Er selbst sei aber hauptsächlich in der Arbeit und nur am Wochenende bei seiner Familie zu Hause gewesen. Im Iran habe er auf Baustellen als Gipser gearbeitet, wegen seiner fehlenden Aufenthaltsdokumente habe er auf dem Arbeitsplatz die Nächte verbringen müssen. Nachdem er mit seiner Tätigkeit in der Schneiderei begonnen habe, habe er nachts nach Hause gehen können, weil dieser Arbeitsplatz in seinem Wohnort gewesen sei. Die älteste Schwester lebe in Teheran, das hätte er vorher ganz vergessen. Die Familie befinde sich nach wie vor in Mashad, wechsle jedoch immer wieder die Adresse, weil sie nur zur Miete wohne. Großeltern habe der Beschwerdeführer keine mehr, habe sie niemals gesehen und auch nicht danach gefragt. Sein Vater habe ihm erzählt, dass sein Großvater sieben bis acht Frauen gehabt hätte. Der Beschwerdeführer und er hätten immer auf den gleichen Baustellen gearbeitet und sein Vater immer wieder mit Arbeitgebern oder Kollegen über sein Leben und seine Familie gesprochen. Er selbst sei damals noch sehr jung gewesen und habe einfach mitgehört.
Nachgefragt, ob sich nur Männer mit ausreichenden Geldmitteln so viele Frauen leisten könnten, antwortete der Beschwerdeführer er habe so viele Cousins und Cousinen, die er aber auch nicht kenne. Er wisse, dass es viele Tanten und Onkel väterlicherseits sowie Tanten mütterlicherseits gebe, er kenne sie jedoch nicht und könne nichts über sie sagen. Er habe kein besonderes Verhältnis zu diesen ganzen Verwandten gehabt. Sämtliche Onkel und Tanten befänden sich im Iran, er könne die Namen von zwei Onkel väterlicherseits angeben, weil diese die Familie aufgesucht hätten.
Er selbst sei vielleicht ungefähr ein Jahr lang in einer afghanischen Schule unterrichtet worden, es habe sich um Sammelklassen für afghanische Flüchtlinge gehandelt. Eine richtige Schule habe er nicht besucht und könne aktuell noch nicht Farsi lesen. Die wirtschaftliche bzw. finanzielle Situation seiner Familie sei durchschnittlich, mittelmäßig gewesen. Wovon sie in Afghanistan gelebt hätten, wisse der Beschwerdeführer nicht.
Im Iran hätten sein Vater, seine Brüder und er selbst gearbeitet. Als er nach Österreich gekommen sei, sei sein großer Wunsch gewesen, in die Schule zu gehen. Bei der Erstbefragung habe er deshalb nicht angegeben, bereits Arbeitserfahrung zu haben, weil er gedacht habe, man würde ihn hier auch sofort zwingen, zu arbeiten. Nachdem er ein paar Deutschkurse besucht und gemerkt habe, dass es für ihn sehr schwierig sei, etwas Neues zu lernen, habe er zu arbeiten begonnen. Im Iran sei er hauptsächlich als Maler auf Baustellen tätig gewesen, aber wenn es keine Aufträge gegeben habe, habe er in der Schneiderei gearbeitet.
Heute früh habe er mit seiner großen Schwester gesprochen, zu seiner Mutter stehe er nicht in Kontakt, weil sie in Mashad sei und er nicht mit seinem Vater und seinem Bruder reden wolle. Die große Schwester habe ihm sehr viel geholfen. Verwandte außerhalb des Irans gebe es nicht.
Den Entschluss zur Ausreise aus dem Iran habe er im Jahr 2015 gefasst. Er hätte als Kind mit der Arbeit begonnen, mit seinem Vater und Bruder sei es sehr schwierig und er selbst sei sehr fleißig gewesen. Wenn er sich zu Hause aufgehalten habe, habe er nicht raus gedurft und sei immer von seinem Vater und seinem Bruder geschlagen worden, weshalb er nichts mit ihnen zu tun haben wolle. Irgendwann sei der Druck so groß geworden, dass er geflüchtet und nach Teheran zu seiner großen Schwester gegangen sei. Dann habe sein Bruder zu ihr kommen wollen und die Schwester dem Beschwerdeführer geraten, den Iran ein für alle Mal zu verlassen. Nachgefragt, wieso er bei seiner Erstbefragung die Probleme mit seinem Vater nicht erwähnt habe, antwortete der Beschwerdeführer, damals erschöpft und müde gewesen zu sein. Weiters gefragt, ob er im Iran gesundheitliche Probleme gehabt habe, antwortete der Beschwerdeführer, er sei einmal am Blinddarm operiert worden und zwar in einer Privatordination. Auf Vorhalt, vor der Behörde habe er dazu gesagt, er habe nicht in ein Spital gehen können und wäre daher zu Hause operiert worden, antwortete er, gleich wie zu Hause, er sei in eine private Ordination gegangen. Dieser Arzt habe den Raum für sich besessen und dort operiert. Nachgefragt, ob es sich um einen Arzt gehandelt habe, antwortete der Beschwerdeführer ausdrücklich ja, er sei damals noch ein Kind gewesen.
Auf Nachfrage, ob er auch Probleme gehabt habe, als er zu seiner Schwester nach Teheran gegangen sei, antwortete der Beschwerdeführer, er habe dort keine Dokumente gehabt und sei illegal aufhältig gewesen. Es habe die Möglichkeit gegeben, nach Syrien zugehen, um gegen den IS zu kämpfen und sein Bruder habe immer wieder angerufen und den Beschwerdeführer zurückholen wollen, was ihn psychisch sehr belastet habe, weshalb er seiner Schwester mitgeteilt hätte, er wäre bereit, in Syrien zu kämpfen. Daraufhin habe diese erklärt, es wäre für ihn besser, nach Europa zu gehen. Das Geld für die Flucht habe der Beschwerdeführer ihr bereits zurückbezahlt.
Nachgefragt, ob er schon einmal eine Stichverletzung gehabt habe, brachte der Beschwerdeführer vor, er sei als Kind abends in seinem Wohngebiet von einer unbekannten Person mit einem Messer angegriffen worden. Vorgehalten, vor der Behörde habe er erzählt, er hätte geschlafen, antwortete der Beschwerdeführer, er sei damals ein kleines Kind gewesen, mehr wisse er nicht.
Seine Geschwister habe sein Vater nicht geschlagen, sondern nur den Beschwerdeführer.
Seitens der Dolmetscherin wurde angemerkt, dass der Beschwerdeführer reines Farsi spreche, wie es ausschließlich im Iran verwendet werde.
Dass im Jahr 2016 ein männlicher Jugendlicher behauptet habe, der Beschwerdeführer hätte ihn zu küssen versucht, bezeichnete der Beschwerdeführer als Lüge. Nachgefragt ob er sich als homosexuell bezeichnen würde, erwiderte der Beschwerdeführer, es könne sich um einen Irrtum handeln, er werde oft von der Polizei geladen und dann stellte man fest, dass er nicht die betroffene Person sei, sondern jemand gleichen Namens.
Seine Familie habe gewollt, dass der Beschwerdeführer bete und faste, was er aber nicht getan hätte, weshalb es zu Schwierigkeiten gekommen wäre. Die Eltern und Geschwister seien gläubige Muslime, hätten regelmäßig gebetet und die Moschee besucht. Er selbst sei immer von ihnen geflüchtet und in den Park gegangen. Dabei sei er täglich geschlagen worden. Religion sei für ihn persönlich nicht wichtig, Mekka oder die Kerbala kenne er aus dem iranischen Fernsehen.
Den Glauben seiner Eltern verstehe der Beschwerdeführer überhaupt nicht, er wisse auch nichts darüber, ebenso wenig wisse er etwas über den christlichen Glauben, aber dennoch besuche er die Kirche und nehme teil. Es sei für ihn sehr schwierig Neues zu lernen und etwas zu verstehen.
Als er erstmals in die Kirche gegangen wäre, habe er beschlossen, kein Muslim mehr zu sein. Die Menschen in der Kirche seien einfach großartig gewesen und er habe sich in ihrer Umgebung wohl gefühlt. Seine Angehörigen wüssten nichts davon, dass er kein gläubiger Moslem sei, es sei sein Leben und nicht ihres. Nachgefragt, was der Beschwerdeführer am Islam nicht möge, erklärte er, er sei noch nicht dorthin gelangt, wohin er wolle. Der Islam sei eine Religion, aber Menschlichkeit wichtiger als jede Religion. Er wisse es nicht.
Auf die Frage, ob sich wegen seiner Abkehr vom Islam in der Gestaltung seines täglichen Lebens im Iran zur aktuellen Situation in Österreich etwas geändert habe, antwortete der Beschwerdeführer, dort sei er geschlagen worden, weil er den Glauben nicht ausgeübt habe. In Österreich fühle er sich frei. Vor allem seit er in die Kirche gehe fühle er sich sehr wohl, er glaube dort ein Haus gefunden zu haben, in dem er sich geborgen fühle. Von seiner Zuwendung zum Christentum habe niemand Kenntnis.
Seinen Entschluss, nach Syrien kämpften zu gehen, begründete der Beschwerdeführer damit, dass er keine Lust auf sein Leben gehabt habe. Da er damals noch ein Kind gewesen sei und nicht sehr viel verstanden habe, habe er vor der Behörde nicht über seine Probleme mit dem Islam gesprochen. Dass er sich bisher auch nicht in den schriftlichen Stellungnahmen dazu geäußert habe, erklärte er damit, man könne ja nicht zu jedem hingehen und erzählen, dass man Christ oder Moslem sei. Man finde den Glauben für sich selbst und trage den Glauben in seinem Herzen, es gehe doch niemanden etwas an. Der erste Kirchenbesuch sei vor ca. eineinhalb Jahren gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe er zum ersten Mal vom christlichen Glauben gehört, als ein Freund ihn in eine Kirche mitgenommen habe. Damals hätten sie einen Pastor gehabt, nach dessen Tod hätten sie eine Pastorin bekommen, die den Beschwerdeführer immer sehr viel unterstützt und die ihm eine Wohnung zur Verfügung gestellt habe.
Nachgefragt, was für ihn persönlich das Besondere am christlichen Glauben sei, erklärte der Beschwerdeführer, er finde es gut, dass im Christentum die Menschen einander respektierten und Nächstenliebe zeigten. Er verstünde viele Inhalte, die in der Kirche vorgetragen würden, nicht, aber er sehe selber, wie lieb alle zueinander seien und dass sie hilfsbereit wären, was ihn berühre. Wegen seiner fehlenden Grundschulbildung habe er Schwierigkeiten, etwas über den christlichen Glauben zu lernen, aber er stelle durch den Umgang der Menschen fest, dass Christen gute Menschen seien. Informationen über das Christentum habe ihm niemand gegeben, er sei in die Kirche gegangen, um alles selbst zu sehen und nachzuvollziehen. Durch seine Präsenz habe er den Glauben kennenlernen können. Der Beschwerdeführer besuche eine evangelische Kirche, die Messen fänden in deutscher Sprache und manchmal auf Englisch statt. Dabei gehe es darum, dass die versammelte Gemeinde zusammen bete, für die Genesung von Kranken und für Menschen, die Schwierigkeiten hätten. Dann erzähle die Pastorin von den Geboten. Wie sie heiße, wisse er nicht, sie sei neu und habe einen sehr langen Namen. Ihren Vorgänger habe er nur ein einziges Mal gesehen, weil jener krank gewesen sei, und er erinnere sich an dessen Namen nicht.
Seit einigen Monaten sei er nicht mehr in der Kirche gewesen, weil er arbeite und zwar in einem Beruf Vollzeit und in einem anderen Teilzeit. Da er Analphabet sei, besitze der Beschwerdeführer keine Bibel, die zehn Gebote könne er nicht in der richtigen Reihenfolge aufsagen. In weiterer Folge zählte er vier Gebote auf und erklärte, den Rest vergessen zu haben. Beten sei ihm nicht explizit beigebracht worden, er habe es in der Kirche beobachtet. Das Glaubensbekenntnis kenne er nicht auswendig, jedoch das Vater unser, weil es regelmäßig gebetet werde. In weiterer Folge sagte der Beschwerdeführer einen Großteil dieses Gebets auf. Als Sakramente kenne er die Taufe, die Weihe und die Ehe. Nachgefragt, ob ihm der Begriff Kommunion/Eucharistie oder Abendmahl etwas sage, erwiderte der Beschwerdeführer, er habe keine Ausbildung in der Theorie des Christentums bekommen. Wenn er das in der Kirche richtig verstanden habe, dann müsste das letzte Abendmahl etwas mit dem Brot und dem Wein als Symbol für Jesus zu tun haben. Nachgefragt, wie der Beschwerdeführer zur Rache stehe, antwortete er, er empfinde keine Rachegefühle. Bezüglich seines Vaters gab er an, als Kind mache man viel dummes Zeug, er hätte ihn aber nicht schlagen dürfen, dennoch vergebe er ihm. Die Taufe seiner eine Art Waschung von Sünden, man werde als Christ neu geboren.
Seit er sich zum christlichen Glauben bekenne, sei er ruhiger geworden, verzichte auf Alkohol und habe sich von schlechten Freunden getrennt. Er bemühe sich ein guter Mensch und für seine Umgebung keine Belastung zu sein, arbeite und habe ein eigenes Heim. Jesus habe viele Wunder vollbracht, Jünger gehabt, die ihn begleitet hätten und sei für die Vergebung unserer Sünden gekreuzigt worden. Nach seinem Tod sei er wieder auferstanden, was man zu Ostern feiere. Es könne sein, dass Josef sein Vater auf der Erde wäre. Die Mutter von Jesus Christus sei Maria.
Niemand wisse, dass der Beschwerdeführer Christ geworden sei, aktuell beschäftige er sich nicht mit dem Christentum, weil er sehr viel arbeite. Die Mitglieder der Kirchengemeinde treffe er nur in der Kirche, weil er arbeite. Er könne sich nicht vorstellen, sich vom christlichen Glauben abzuwenden.
Wegen seines Glaubenswechsels wäre der Beschwerdeführer nicht in Sicherheit. Er wolle keinesfalls wieder so ein Leben führen wie früher.
Ausdrücklich erklärte der Beschwerdeführer, niemals als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara oder als Schiit persönlich bedroht worden zu sein, würde aber oft gar nicht für einen Afghanen oder Hazara gehalten. Er befürchte, in Afghanistan getötet zu werden, weil er den islamischen Glauben nicht ausübe. Darüber hinaus trage er eine Tätowierung, was dort unüblich sei und habe in Afghanistan nicht gelebt, weshalb er sich geographisch nicht auskenne und mit der Lebensweise nicht vertraut sei. Die Tätowierung befinde sich an Oberarm, Brust und Bauch. Wegen seines Farsi-Einschlages würde der Beschwerdeführer in der Gesellschaft auffallen.
In Afghanistan könnten die Menschen deshalb davon wissen, dass er Christ geworden sei, weil man es an seiner Kette den Kreuzanhänger erkennen könne.
Seitens der erkennenden Richterin wurde auf das vorab mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelte Informationsmaterial hingewiesen und weitere Informationen übergeben. Der Beschwerdeführer erhielt Gelegenheit, binnen vier Wochen weitere Unterlagen betreffend seine Hinwendung zum Christentum und sonstige Unterlagen, welche von Interesse sein könnten, vorzulegen.
8. Mit Schriftsatz vom 19.4.2021 wurde dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 1.4.2021, unter Einräumung einer Stellungnahmefrist von einer Woche Tagen ab Zustellung übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der mittlerweile volljährige Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Seine Muttersprache ist Dari/Farsi. Er ist ledig und kinderlos.
Der Beschwerdeführer stammt ursprünglich aus Qurian in der Provinz Herat, wuchs jedoch mit seiner Familie (Eltern und Geschwistern) in Mashad im Iran auf, besuchte dort eine afghanische Schule und arbeitete im Iran auf Baustellen und als Schneider.
Der Beschwerdeführer ist gesund.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Der Beschwerdeführer brachte während des gesamten Verfahrens keine konkrete Verfolgung seiner Person in der Heimat vor und war nicht in der Lage anzugeben, warum seine Familie ursprünglich Afghanistan verlassen hat.
Der Beschwerdeführer verließ den Iran aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen für dort lebende Afghanen. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Neuansiedlung in Afghanistan keine konkret gegen ihn gerichtete, individuelle physische oder psychische Gewalt.
Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er sich aus innerer Überzeugung vom schiitischen Glauben ab- und dem christlichen (evangelischen) Glauben zugewandt hat und es ihm nicht zugemutet werden kann, seine Ansichten im Heimatland zu verbergen. Der christliche Glaube ist zu keinem wesentlichen Bestandteil seiner Identität geworden. Beim Beschwerdeführer handelt es sich insgesamt nicht um einen religiösen, dem christlichen Glauben zugewandten und diesen auch täglich lebenden Menschen. Der Beschwerdeführer interessiert sich zwar seit eineinhalb Jahren für den christlichen Glauben und besuchte auch den Gottesdienst. Er ist bisher jedoch nicht zum Christentum aus innerer Überzeugung konvertiert oder vom islamischen Glauben abgefallen. Der Beschwerdeführer ist nicht getauft. Der Beschwerdeführer hat den christlichen Glauben nicht verinnerlicht und hat keinen Entschluss gefasst, nach dem christlichen Glauben zu leben. Er tritt auch nicht spezifisch gegen den Islam oder gar religionsfeindlich auf.
Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde der Beschwerdeführer seinem derzeitigen Interesse für den christlichen Glauben nicht mehr nachkommen oder dieses nach außen zur Schau tragen. Die im Iran aufhältige Familie des Beschwerdeführers oder andere Personen in Afghanistan haben keine Kenntnis vom derzeitigen Interesse des Beschwerdeführers am Christentum in Österreich.
Der Beschwerdeführer war in Afghanistan wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Hazara und wegen seiner Religionszugehörigkeit zu den Schiiten konkret und individuell weder physischer noch psychischer Gewalt ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer ist wegen seines Aufenthalts in einem westlichen Land, seinem Aufwachsen im Iran oder wegen seiner Wertehaltung in Afghanistan keinen psychischen oder physischen Eingriffen in seine körperliche Integrität ausgesetzt. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich oder im Iran keine Lebenseinstellung angeeignet, die einen nachhaltigen und deutlichen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellt. Es liegt keine westliche Lebenseinstellung beim Beschwerdeführer vor, die wesentlicher Bestandteil seiner Persönlichkeit geworden ist und die ihn in Afghanistan exponieren würde.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Anzeige eines männlichen Jugendlichen wegen geschlechtlicher Nötigung nicht weiterverfolgt wurde und der Beschwerdeführer sowohl vor der Behörde als auch vor der erkennenden Richterin glaubhaft versicherte, keine homosexuellen Neigungen zu haben.
1.2.2. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohen dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität.
Der Beschwerdeführer läuft nicht ernsthaft Gefahr, wegen Abfalls vom Islam oder Konversion zum Christentum verfolgt zu werden.
Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder der offiziellen Religionszugehörigkeit als Schiit konkret und individuell weder physische noch psychische Gewalt.
Der Beschwerdeführer ist bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seines Aufenthalts in einem europäischen Land bzw. seinem Aufwachsen im Iran weder psychischer noch physischer Gewalt ausgesetzt.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat
Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Stand 1.4.2021, die EASO Country Guidance: Afghanistan (EASO) und die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Schutzsuchender vom 30.8.2018, der EASO Special Report: Asylum Trends an Covid-19, die Richtlinien der österr. Bischöfe zum Katechumenat von Asylwerbern, vom 1.2.2015, die Resolution der Generalsynode der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich betreffend Verfolgung aufgrund von Konversion zum Christentum als Asylgrund vom 7.12.2019, die Taufvorbereitung für Erwachsene in der Erzdiözese Wien, eine Gegenüberstellung Katholisch? Evangelisch? von Karl Veitschegger 1999/2000 (siehe Anlagen) stellen einen integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses dar und werden als Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat herangezogen.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt und dem vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere der Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und dem persönlichen Eindruck, den die erkennende Richterin dort gewinnen konnte.
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Aufwachsen im Iran sowie seiner familiären Situation gründen sich auf seine diesbezüglich stringenten und somit schlüssigen Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln. Bezüglich der Dauer seiner Schulbildung ist jedoch darauf hinzuweisen, dass er im Rahmen der Erstbefragung noch angegeben hatte, von 2008 bis 2015 in Mashad die Schule besucht zu haben und vor der Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht im Widerspruch dazu angab, er hätte dies nur ein oder zwei Jahre getan, weil er schon sehr früh gezwungen gewesen wäre zu arbeiten.
Dabei verkennt das Gericht bei der Würdigung der Aussagen des Beschwerdeführers in der Erstbefragung nicht, dass diese Erstbefragung gemäß § 19 Abs. 1 AsylG "insbesondere" der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden dient und sich nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen hat und dass die Beweisergebnisse der Erstbefragung nicht unreflektiert übernommen werden dürfen (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0061). Ein vollständiges Beweisverwertungsverbot normiert § 19 Abs. 1 AsylG jedoch nicht. So können im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten in den Angaben in der Erstbefragung zu späteren Angaben – unter Abklärung und in der Begründung vorzunehmender Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind – einbezogen werden (VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0607 bis 0608-12, VwGH 28.6.2018, Ra 2018/19/0271, mwN). Trotz des jugendlichen Alters und der anlässlich der Erstbefragung vor der Polizei vorgebrachten Erschöpfung ist von einem 15-Jähriger zu erwarten, dass er in der Lage ist, derart wichtige sein bisheriges Leben betreffend Daten, wie die Dauer des Schulbesuches und den Geburtsort einigermaßen korrekt zugeben. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass sich die Angaben des Beschwerdeführers dazu nicht nur unwesentlich, sondern vielmehr sehr deutlich unterscheiden, wenn er einerseits dazu angibt, er habe die Schule insgesamt sieben Jahre lang besucht und andererseits dann lediglich von einem zweijährigen Schulbesuch spricht, womit seine Angaben insgesamt nicht nachvollziehbar und als unglaubwürdig zu werten sind.
Die Angaben zum Aufwachsen im Iran werden dadurch bekräftigt, dass die Dolmetscherin in der mündlichen Verhandlung bestätigte, der Beschwerdeführer spreche Farsi, wie es auch im Iran verwendet wird. Auch wenn festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung angab, in Afghanistan geboren und im Alter von zwei Jahren mit der Familie in den Iran gezogen zu sein und im Jahr 2016 ausdrücklich vor der Polizei erklärte, er sei in Qurian in Herat auf die Welt gekommen, dies aber später vor der Behörde und in der Verhandlung abstritt und behauptete, er wäre im Iran geboren, so ist trotz dieser Widersprüche insgesamt dennoch davon auszugehen, dass er zumindest seit dem Kleinkindalter im Iran gelebt hat.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand basieren auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.
2.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Dass der Beschwerdeführer in der Heimat nicht ernsthaft von Verfolgung bedroht ist, basiert auf folgenden Überlegungen:
Im Rahmen der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund nur an, als er zwei Jahre alt gewesen sei, sei er mit seiner Familie in den Iran gezogen, wo die Kontrollen durch die Polizei von Tag zu Tag strenger geworden seien, weil man keine afghanischen Flüchtlinge mehr hätte haben wollen. Viele von seinen Freunden und Bekannten seien schon abgeschoben worden. Da er dort keine Rechte und auch Angst vor Kontrollen und einer Abschiebung gehabt habe, habe sich der Beschwerdeführer zur Flucht entschlossen. Sonst gebe es keine Gründe. Einen auf Afghanistan bezogenen Fluchtgrund nannte er nicht und betonte in weiterer Folge sowohl vor der belangten Behörde als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, in Afghanistan nie verfolgt worden zu sein, wobei er im Widerspruch zu seinem anfänglichen Vorbringen erklärte, er wäre im Iran geboren.
Bezüglich des Ausreisegrundes seiner Familie aus Afghanistan antwortete er auf Nachfrage hin beim Bundesamt und vor der erkennenden Richterin, er kenne diesen nicht. Auf Vorhalt, er könne ihn von seinen Angehörigen erfahren, gab er in der Verhandlung ausweichend an, seine Schwester würde es auch nicht wissen und mit seinen Eltern und seinem Bruder wolle er nicht sprechen, was aber im Widerspruch zu seinen früheren Angaben steht, wonach er mit seiner Mutter und den Geschwistern in Kontakt gestanden sei und nur mit dem Vater nicht gesprochen haben will. Dass ihn auch der Bruder geschlagen haben soll wurde zudem gesteigert erst in der Verhandlung vorgebracht.
Das Bundesverwaltungsgericht hat bei der Würdigung der Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig war. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine besonders sorgfältige Beurteilung der Art und Weise des erstatteten Vorbringens zu den Fluchtgründen erforderlich und die Dichte dieses Vorbringens kann nicht mit "normalen Maßstäben" gemessen werden. Zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ist entsprechend diesen höchstgerichtlichen Vorgaben eine besonders sorgfältige Beweiswürdigung erforderlich (Ra 2018/18/0150).
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Minderjährigen einer besonders sorgfältigen Beweiswürdigung, dies insbesondere im Hinblick auf die Schilderung der Fluchtgeschichte bedarf (etwa VwGH 24.09.2014, Ra 2014/19/0020). Dies bedeutet allerdings nicht, dass jegliche Angaben eines Minderjährigen als wahr anzusehen sind. Es ist daher in diesem Fall davon auszugehen, dass ein zum Ausreisezeitpunkt 15-Jähriger in der Lage ist, derart wichtige Punkte wie seinen Geburtsort, den Ausreisegrund oder mit wem er in Kontakt steht, bzw. warum er überhaupt nach Europa gereist ist, vor der Behörde und insbesondere anlässlich der vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolgten ausführlichen Befragung für die in gebotene Nachvollziehbarkeit ausreichend detailliert und konkret zu schildern.
Zur vorgebrachten Konversion ist anzumerken, dass die diesbezüglichen Angaben äußerst vage und ausweichend waren und der Beschwerdeführer nur geringe Kenntnisse über das Christentum aufwies.
Vor der Behörde hatte der Beschwerdeführer erklärt, er sei wahrscheinlich Moslem, aber er könne nicht daran glauben, dass man im Namen Allahs einen anderen Menschen enthauptet. Er könne nicht an den Islam glauben, wenn man sich gegenseitig in dessen Namen umbringt. Diese Einstellung habe er schon im Iran gehabt.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung brachte er dazu vor, seine Familie habe (im Iran) gewollt, dass der Beschwerdeführer bete und faste, was er aber nicht getan hätte, weshalb es zu Schwierigkeiten gekommen wäre. Die Eltern und Geschwister seien gläubige Muslime, hätten regelmäßig gebetet und die Moschee besucht.
Ausdrücklich gab der Beschwerdeführer an, Religion sei für ihn persönlich nicht wichtig, was für sich genommen schon gegen eine Konversion aus innerer Überzeugung spricht. Den Glauben seiner Eltern verstehe der Beschwerdeführer überhaupt nicht, er wisse auch nichts darüber, ebenso wenig wisse er etwas über den christlichen Glauben, aber dennoch besuche er die Kirche und nehme teil. Es sei für ihn sehr schwierig Neues zu lernen und etwas zu verstehen.
Aber auch sonst waren die Angaben zu den Gründen für die Konversion vage und allgemein gehalten. Als er erstmals in die Kirche gegangen wäre, habe er beschlossen, kein Muslim mehr zu sein. Die Menschen in der Kirche seien einfach großartig gewesen und er habe sich in ihrer Umgebung wohl gefühlt. Nachgefragt, was der Beschwerdeführer am Islam nicht möge, erklärte er ausweichend, er sei noch nicht dorthin gelangt, wohin er wolle. Der Islam sei eine Religion, aber Menschlichkeit wichtiger als jede Religion. Er wisse es nicht.
Nachgefragt, was für ihn persönlich das Besondere am christlichen Glauben sei, erklärte der Beschwerdeführer, er finde es gut, dass im Christentum die Menschen einander respektierten und Nächstenliebe zeigten. Er verstünde viele Inhalte, die in der Kirche vorgetragen würden, nicht, aber er sehe selber, wie lieb alle zueinander seien und dass sie hilfsbereit wären, was ihn berühre. Wegen seiner fehlenden Grundschulbildung habe er Schwierigkeiten, etwas über den christlichen Glauben zu lernen, aber er stelle durch den Umgang der Menschen fest, dass Christen gute Menschen seien. Informationen über das Christentum habe ihm niemand gegeben, er sei in die Kirche gegangen, um alles selbst zu sehen und nachzuvollziehen. Durch seine Präsenz habe er den Glauben kennenlernen können. Der Beschwerdeführer besuche eine evangelische Kirche, die Messen fänden in deutscher Sprache und manchmal auf Englisch statt. Dabei gehe es darum, dass die versammelte Gemeinde zusammen bete, für die Genesung von Kranken und für Menschen, die Schwierigkeiten hätten. Dann erzähle die Pastorin von den Geboten. Wie sie heiße, wisse er nicht, sie sei neu und habe einen sehr langen Namen. Ihren Vorgänger habe er nur ein einziges Mal gesehen, weil jener krank gewesen sei, und er erinnere sich an dessen Namen nicht. Auch der Name oder Angaben zur Adresse der Kirche, in welcher der Beschwerdeführer der Messe beigewohnt hat, konnten von ihm nicht genannt werden.
Auf die Frage, ob sich wegen seiner Abkehr vom Islam in der Gestaltung seines täglichen Lebens im Iran zur aktuellen Situation in Österreich etwas geändert habe, antwortete der Beschwerdeführer, dort sei er geschlagen worden, weil er den Glauben nicht ausgeübt habe. In Österreich fühle er sich frei. Vor allem seit er in die Kirche gehe fühle er sich sehr wohl, er glaube dort ein Haus gefunden zu haben, in dem er sich geborgen fühle.
Hervorzuheben ist, dass der Beschwerdeführer die Tatsache, dass er sich bisher nicht in den schriftlichen Stellungnahmen zu seiner Konversion geäußert hat, damit erklärte, dass man ja nicht zu jedem hingehen und erzählen könne, dass man Christ oder Moslem sei. Man finde den Glauben für sich selbst und trage den Glauben in seinem Herzen, es gehe doch niemanden etwas an. Dies bedeutet aber auch, dass er in der Heimat die Konversion nicht nach außen tragen würde. Auch bestätigte der Beschwerdeführer ausdrücklich, dass seine Angehörigen nichts von seinem Interesse für das Christentum und davon, dass er kein gläubiger Moslem sei, wüssten, denn es sei sein Leben und nicht das ihre.
Zudem erklärte der Beschwerdeführer ausdrücklich, seit einigen Monaten nicht mehr in der Kirche gewesen zu sein. Da er Analphabet sei, besitze er keine Bibel und nach den zehn Geboten gefragt, gab er zunächst an, sie nicht in der richtigen Reihenfolge aufsagen zu können. Wenig später zählte der Beschwerdeführer nur vier Gebote auf und erklärte, den Rest vergessen zu haben. Beten habe man ihm nicht explizit beigebracht, er habe es in der Kirche beobachtet. Das Glaubensbekenntnis kenne er nicht auswendig, jedoch das Vater unser, weil es regelmäßig gebetet werde. Von diesem Gebet sagte der Beschwerdeführer in weiterer Folge einen Großteil auf. Als Sakramente kenne er die Taufe, die Weihe und die Ehe und nachgefragt, ob ihm der Begriff Kommunion/Eucharistie oder Abendmahl etwas sage, erwiderte der Beschwerdeführer, er habe keine Ausbildung in der Theorie des Christentums bekommen. Wenn er das in der Kirche richtig verstanden habe, dann müsste das letzte Abendmahl etwas mit dem Brot und dem Wein als Symbol für Jesus zu tun haben. Die Frage, wie der Beschwerdeführer zu Rache stehe, beantwortete er damit, keine Rachegefühle zu empfinden. Zur Bedeutung der Taufe gab er sodann an, es handle sich um einer Art Waschung von Sünden, man werde als Christ neu geboren. Seit er sich zum christlichen Glauben bekenne, sei er ruhiger geworden, verzichte auf Alkohol und habe sich von schlechten Freunden getrennt. Er bemühe sich, ein guter Mensch und für seine Umgebung keine Belastung zu sein, arbeite und habe ein eigenes Heim. Jesus habe viele Wunder vollbracht, Jünger gehabt, die ihn begleitet hätten und sei für die Vergebung unserer Sünden gekreuzigt worden. Nach seinem Tod sei er wieder auferstanden, was man zu Ostern feiere. Es könne sein, dass Josef sein Vater auf der Erde wäre. Die Mutter von Jesus Christus sei Maria.
Eine Gesamtschau der Angaben des Beschwerdeführers macht deutlich, dass er zwar über einige wenige Kenntnisse des Christentums Bescheid weiß, er aber sich bisher nicht ausreichend mit den religiösen christlichen Inhalten und Lehren auseinandergesetzt hat, um von seinem echten Interesse und seiner gefestigten inneren Überzeugung ausgehen zu können.
Zudem gab der Beschwerdeführer ausdrücklich an, dass niemand wisse, dass er Christ geworden sei und er sich aktuell mit dem Christentum nicht beschäftige, weil er sehr viel arbeite. Dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Versicherungsdatenauszug ist zur Arbeitssituation des Beschwerdeführers zu entnehmen, dass er seit November 2017 bis zuletzt immer wieder verschiedene Tätigkeiten ausgeübt und es sich dabei oftmals um geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gehandelt hat bzw. aktuell handelt und es auch Zeiten ohne Beschäftigung und im Jänner 2020 des Bezugs von Arbeitslosengeld gab. Dass es dem Beschwerdeführer dennoch nicht möglich sein soll, wegen seiner aktuellen angespannten Arbeitssituation etwa an Wochenenden die Messe zu besuchen und er daher auch die Mitglieder der Kirchengemeinde aktuell nicht treffen könne, denn diese sehe er nach eigenen Angaben nur in der Kirche, spricht gleichfalls dagegen, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen überzeugten Christen handelt.
Insgesamt lässt sich somit aus dem diesbezüglich vagen und oberflächlichen Vorbringen des Beschwerdeführers und insbesondere seinen eigenen Angaben, aktuell keine Gottesdienste zu besuchen, sich derzeit nicht mit dem Christentum zu beschäftigen und seinen, wie die Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht belegt, nur geringe Kenntnisse über das Christentum, nicht auf seine innere Zuwendung zum Christentum in der hier geforderten Intensität schließen.
Konkrete Verfolgungen in der Heimat wegen seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit als Schiit brachte der Beschwerdeführer nicht vor.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass auch eine (angebliche) Tätowierung, auf die der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung hinwies, schon deshalb nicht, wie von ihm behauptet, zu einer Verfolgung in der Heimat wegen Verwestlichung führen würde, da diese sich an Körperstellen des Beschwerdeführers befindet, wo sie wegen der Kleidung in der Öffentlichkeit nicht zu sehen ist.
2.3. Zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der herangezogenen Länderinformationen zu zweifeln. Die den Feststellungen zugrundeliegenden Länderberichte sind in Bezug auf die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan aktuell. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich durch Einsichtnahme in die jeweils verfügbaren Quellen (u.a. laufende Aktualisierung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation) davon versichert, dass zwischen dem Stichtag der herangezogenen Berichte und dem Entscheidungszeitpunkt keine wesentliche Veränderung der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan eingetreten ist. Die in der Beschwerde zitierten Länderberichte sind durch die aktuellen, in den Feststellungen zitierten Länderinformationen überholt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Grundlagen:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, liegt gegenständlich die Zuständigkeit der nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuständigen Einzelrichterin vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts durch das Verwaltungsgerichtsverfahrens (VwGVG) geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG idgF bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zweck des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG idgF sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß §§ 16 Abs 6 und 18 Abs 7 BFA-VG idgF sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
3.2. Zu Spruchpunkt A)
3.2.1. Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
3.2.1.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG) lautet auszugsweise:
„Status des Asylberechtigten
§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
…“
3.1.2. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt also dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr kann relevant sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Eine Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zahl 98/01/0370; 22.10.2002, Zahl 2000/01/0322).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256). Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
3.2.1.3. Der Beschwerdeführer konnte während des gesamten behördlichen und gerichtlichen Verfahrens keine persönliche Verfolgung in der Heimat nennen und war nicht in der Lage anzugeben, aus welchem Grund seine Familie ursprünglich die Heimat verlassen hat.
Zum behaupteten (Nach-) Fluchtgrund der Konversion ist Folgendes auszuführen:
Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 24.09.2014, Ra 2014/19/0084, mit Verweis auf 17.09.2008, 2008/23/0675, 14.11.2007, 2004/20/0485 sowie VfGH 12.12.2013, U 2272/2012 und VwGH 23.6.2015, Ra 2014/01/0117; 24.9.2014, Ra 2014/19/0084).
Für die Asylgewährung ist maßgeblich, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung seines behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden (vgl. VwGH 24.10.2001, 99/20/0550; 17.10.2002, 2000/20/0102; 30.9.2004, 2001/20/0531). In