TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/12 W116 2224431-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.05.2021
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Entscheidungsdatum

12.05.2021

Norm

BDG 1979 §43
BDG 1979 §43a
B-VG Art133 Abs4
HDG 2014 §3
HDG 2014 §61
HDG 2014 §62
HDG 2014 §72 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch


W116 2224431-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Dr. Martin RIEDL, gegen den Beschluss der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung vom 24.06.2019, GZ.: 680-12-DKS/16, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 29.08.2019, GZ.: 680-18-DKS/16, betreffend Einleitung eines Kommissionsverfahrens gemäß § 72 Abs. 2 Z 1 HDG 2014 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 29.08.2019, GZ.: 680-18-DKS/16, bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer steht als Berufsoffizier (M2/5/2/13) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Im tatrelevanten Zeitraum war er als Referatsleiter und S4 der Abteilung Führungsunterstützung im Kommando Führungsunterstützungszentrum (nunmehr Kommando Führungsunterstützung & Cyber Defence) eingeteilt.

2.       Mit Schreiben vom 27.05.2014 wurde dem Beschwerdeführer von seinem Einheitskommandanten mitgeteilt (AS 26), dass gegen ihn gemäß § 61 HDG 2014 ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, weil auf Grundlage eines Überprüfungsberichtes über Versorgungsvorgänge im Führungsunterstützungszentrum der Verdacht bestehe,

- dass Verbuchungen von Beschaffungen fehlen bzw. nicht gemäß den gültigen Vorschriften erfolgten. Die Verantwortung dahingehend liege beim Versorgungsführenden.

- dass die vorgeschriebenen Inventuren nicht veranlasst bzw. durchgeführt wurden. Die Verantwortung dahingehend liege beim Versorgungsführenden.

3.       Mit Schreiben des Disziplinarvorgesetzten vom 12.07.2016 wurde dem Beschwerdeführer die Erweiterung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens mitgeteilt (AS 188). Nach Wiederholung der Anschuldigungspunkte aus der Mitteilung vom 27.04.2014 wird darin Folgendes ausgeführt (im Original):

„In Ergänzung wurden durch den Disziplinarvorgesetzten am 08.07.16 mündlich die Verdachtsmomente gegen Sie gem. Pkt. 3-4 erweitert. Die Verschriftlichung ergeht mit folgendem Schreiben.

3.) Im Zuge der Erhebungen hat sich der Verdacht ergeben, dass Sie in der Dienstzeit mehrmals unerlaubt ein Dienstfahrzeug für den privaten Gebrauch verwendet haben (Genehmigung einer solchen durch einen Mitarbeiter, Verwendung eines Mitarbeiters als Kraftfahrer): Dahingehend ergeht einer Mitteilung an die Staatsanwaltschaft WIEN.

4.) Im Zuge der Erhebungen durch die – durch den Leiter FüUZ i.V. eingesetzten Erhebungskommission – hat sich der Verdacht ergeben, dass die Pflichten als Vorgesetzter mehrmals verletzt wurden, indem Sie durch Ihr Verhalten, Maßnahmen und/oder Unterlassungen maßgeblich zur Verschlechterung des Arbeitsklimas im Referat Versorgung beigetragen bzw. Missstände nicht abgestellt haben. U.a. ergeben sich Verdachtsmomente, dass

a. mehrmals Bedienstete (auch Untergebene) in ungebührlicher Weise tituliert wurden.

b. die Umsetzung der Ergebnisse des Teambuildingseminars unterlassen wurden.

c. die Mitarbeitergespräche mangelhaft geführt und Verbesserungsmaßnahmen, die zu einer Verbesserung des Arbeitsklimas der Bediensteten untereinander führen sollten, zeitverzögert umgesetzt wurden.

d. die Umsetzung /Aufbereitung von Geschäftsfällen im ELAK mangelhaft durchgeführt wurde.

e. unzureichende Dienstaufsicht über seine Mitarbeiter durchgeführt wurde.

Dadurch stehen Sie im Verdacht, Pflichtverletzungen im Sinne des § 2 (1) HDG 2014 begangen zu haben.“

4.       Mit Schreiben vom 27.07.2016 erstattete der Disziplinarvorgesetzte gegen den Beschwerdeführer Strafanzeige an die StA Wien, weil er und ein ihm untergebener Mitarbeiter im Verdacht stünden, im Jänner, Februar und Juni 2016 ein Dienst-Kfz unerlaubt in Betrieb genommen zu haben, wobei dies im persönlichen Interesse des Beschwerdeführers gelegen sei (AS 129ff). Darüber hinaus habe VB W am 20.07.2015 und am 31.07.2015 im eigenen Interesse Schwarzfahrten mit einem dienstlichen KFZ durchgeführt, welche vom Beschwerdeführer genehmigt worden seien.

5.       Mit Schreiben vom 02.08.2016 erstattete der Disziplinarvorgesetzte gegen den Beschwerdeführer in der Angelegenheit eine Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission für Soldaten beim BMLV (in der Folge DKS). Die Anschuldigungspunkte lauten (im Original):

„Der Beschuldigte hat mutmaßlich:

Ursprüngliches Disziplinarverfahren (Historie)

1. Vorgaben aus diversen Vorschriften, insbesondere aus dem Versorgungsbereich, nicht oder mangelhaft eingehalten bzw. deren Umsetzung nicht ausreichend überprüft. (Beilagen 1-7) und

a. erst aufgrund von Überprüfungen durch externe Dienststellen und interne Erhebungskommissionen Mängel in der Schlüsselordnung, bei den LOGIS-Berechtigungen, bei Kontrollvermerken und Inventuren Handlungsbedarf in diesen Bereichen gesehen.

Erweiterung Disziplinarverfahren (Neue Verdachtsmomente)

2. im Raum Wien und. Umgebung im Zeitraum Jänner, Februar und Juni 2016 Heeres-Kfz mehrmals für private Zwecke in Betrieb genommen, sowie eine Inbetriebnahme von Heeres- Kfz für eine private Übersiedlungstätigkeit in Wr. Neustadt durch VB W. am 30 07 15 und 31 07 15 genehmigt.

3. durch sein Verhalten, Maßnahmen und/Unterlassungen als Vorgesetzter maßgeblich zur Verschlechterung des Arbeitsklimas im Referat Versorgung beigetragen bzw. Missstände nicht abgestellt. U.a. ergeben sich Verdachtsmomente, dass

a.       er mehrmals Bedienstete (auch Untergebene), im Zeitraum Ende 2015 und vmtl. am 16.3.2016 in ungebührlicher Weise tituliert hat. Verwendung fanden dabei Ausdrücke wie Arschloch, Schlampe und Volltrotteln, (siehe Beilage 12a Endbericht Erhebungstrupp Allgemein, Seite 18 sowie die dort bezeichneten Niederschriften)

b.       er die Umsetzung und Verteilung der Ergebnisse des Teambuildingseminars vom 17.11. - 19.11.2015 unterlassen hat. Dies sollte vereinbarungsgemäß unmittelbar nach dem Seminar erfolgen, (siehe Beilage 12a Endbericht Erhebungstrupp Allgemein, Seite 12, 2.4.)

c.       er die Mitarbeitergespräche mangelhaft geführt (Beilage 23) und Verbesserungsmaßnahmen, die zu einer Verbesserung des Arbeitsklimas der Bediensteten untereinander führen sollten, zeitverzögert umgesetzt hat. (siehe Pkt b und Beilage 13)

d.       er die Umsetzung/Aufbereitung von Geschäftsfällen im ELAK mangelhaft durchgeführt hat (siehe Beilage 13).

e.       er unzureichende Dienstaufsicht über seine Mitarbeiter durchgeführt hat (siehe Beilage 13)

III. Verletzte Pflicht(en) (insbesondere fachspezifische Verordnungen, Erlässe):

§ 45 BDG Pflichten des Vorgesetzten

§ 2 (1) HDG 2014 (idgF.)“

6.       Mit Schreiben vom 09.08.2016 erstattete die DKS dem Disziplinarvorgesetzten den Auftrag, die Disziplinaranzeige hinsichtlich der zum Vorwurf gemachten Tathandlungen zu konkretisieren.

7.       Mit Schreiben vom 14.09.2016 übermittelte der Disziplinarvorgesetzte eine Ergänzung der Disziplinaranzeige an die DKS (AS 221ff). Zu Tatverdacht 2 wird darin Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„(Der Beschwerdeführer) genehmigte dem VB W am 30. und 31. Juli 2015 die Verwendung des HKfz BH 66237, Mercedes Sprinter zur Durchführung eines privaten Umzuges in Wr. NEUSTADT. Der Bedienstete ist aus diesem Anlass ausschließlich zu privaten Zwecken von seiner Dienststelle in der mil. Liegenschaft BREITENSEE nach Wr. NEUSTADT gefahren. W war an beiden Tagen gerechtfertigt vom Dienst abwesend. (Blg. 24, NS W und S Blg. 15)

Am 15. Und 22. Jänner 2016 und 9. Februar 2016 erfolgten Fahrten während der Dienstzeit mit dem HKfz BH 23004, PINZGAUER 712 Kdo/FM) ausschließlich zu einer nahegelegenen Kfz-Werkstätte, in welcher (der Beschwerdeführer) sein Privat-Kfz nach einem Unfall zur Reparatur abgestellt hatte. Bei diesen Fahrten war (der Beschwerdeführer) dabei. Mit demselben HKfz fuhr VB W am 23. Juni 2015 nach WR. NEUSTADT, um am 24. Juni 2016 aus SOLLENAU einen Transportwagen für einen Außenbordmotor für (den Beschwerdeführer) an die Dienststelle zu bringen. Laut Angaben des W wurde die Fahrt im Auftrag des (Beschwerdeführers) und ausschließlich zum Transport dieses Transportwagen durchgeführt. (Big. 24, NS W Blg. 15)

Am 22. Jänner 2016 fuhren VB W (Kf) und (der Beschwerdeführer) in der Dienstzeit mit dem HKfz BH 67533 (TW GOLF) zu einem Schrotthändler in der Nähe der SCS um eine Motorhaube für das private Kfz des (Beschwerdeführers) abzuholen. Anschließend brachte der Kf (den Beschwerdeführer) zu dessen Wohnadresse in SCH, in Folge die Motorhaube zur privaten Kfz- Werkstätte. (Blg. 24, NS W und S Blg. 15) ‘

Darüber hinaus wollte (der Beschwerdeführer) den VB W dahingehend beeinflussen, dass er die Aussage, die oa. nicht dienstlichen Fahrten mit HKfz auf seine Anordnung bzw. mit seiner Genehmigung durchgeführt zu haben, zu revidieren. (NS W und P Blg. 15)

Entsprechend den Durchführungsbestimmungen für den Kraftfahrbetrieb mit gepanzerten und nicht gepanzerten Heeresfahrzeugen, VBl. I Nr. 108/2003, Erlass GZ 93419/24-Qu/2003, ist bei jedem Einsatz eines HKfz vor Erteilung eines Fahrbefehls durch den Kdt die dienstliche Notwendigkeit der Fahrt zu prüfen. Da bei den oa. Fahrten ausschließlich private Interessen für die Anordnung bzw. Durchführung vorlagen, besteht der Verdacht, dass (der Beschwerdeführer) gegen die Bestimmungen des § 7 Abs. 1 ADV verstoßen hat.“

8.       Mit Schriftsatz vom 17.10.2016 brachte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme bei der DKS ein (AS 232ff).

9.       Mit Schriftsatz vom 15.02.2017 erstattete der Disziplinarvorgesetzte eine weitere Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer (AS 258ff). Darin wird Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„Gegen (den Beschwerdeführer) und FInsp W wurde wegen des Verdachts von Privatfahrten mit Dienstfahrzeugen im Oktober 2016 mit Bezug 2 Strafanzeigen bei der StA WIEN erstattet und StA WIEN hat unter Zl: 33 St 323/16g das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (do. GZ VSA/1272/2016-BAK) mit Sachverhaltserhebungen beauftragt. W belastet in dieser Angelegenheit (den Beschwerdeführer) massiv.

Am 10. November 2016 wurden W und S von R (dem Beschwerdeführer) in dessen Kanzlei niederschriftlich einvernommen. Beide Bedienstete wurden als Auskunftsperson befragt und zur Wahrheit ermahnt.

Nach übereinstimmenden Aussagen von W und S führte (der Beschwerdeführer) einen Auftrag des Bgdr K bzw. Bgdr W hzw. ObstdG S zur Durchführung der niederschriftlichen Einvernahmen an. Ebenfalls wurden sie nicht über ihr Entschlagungsrecht informiert und die Anwesenheit eines Beistandes verweigert. Aus den Protokollen geht die Dauer der jeweiligen Einvernahme nicht hervor. Die Einvernahme des W soll fünf Stunden gedauert haben.

Bei der Befragung von S erscheint lediglich die Frage des (Beschwerdeführers) bedenklich, ob W gegen (den Beschwerdeführer) belastendes Material zu weiteren disziplinären Maßnahmen vorgelegt hätte.

Hinsichtlich der Befragung des W wird der Verdacht einer Rechtwidrigkeit dahingehend erkannt, dass für (der Beschwerdeführer) von vorne herein erkennbar war, dass er diesen wegen durch ihn begangener vermeintlicher Pflichtverletzungen befragen wird. Eine Befragung als Auskunftsperson — insbesondere mit der Ermahnung zur wahrheitsgemäßen Aussage - war daher nicht zulässig.

W gab in seinem AV bzw. in der mit ihm als Zeugen durchgeführten Einvernahme an, dass bei der Einvernahme durch (den Beschwerdeführer) dieser Einfluss auf den Inhalt der Protokollierung seiner Aussage dahingehend nahm, dass (der Beschwerdeführer) die Formulierung bzw. auch teilweise vorgab. Nach Angabe W wurden Teile der Aussage nicht protokolliert bzw. bei Widerrede (der Beschwerdeführer) laut, zum Teil sogar aggressiv reagierte. Als W letztendlich die Unterschrift auf dem Formular verweigern wollte, meinte (der Beschwerdeführer), dass dies bei der Staatsanwaltschaft „nicht gut aussehen“ würde (offensichtlich gemeint in Bezug auf das dort bereits anhängige Verfahren) bzw. er ,,disziplinäre Schritte setzt. Auch hinsichtlich der Verweigerung einer Aussage meinte (der Beschwerdefüherr) gegenüber W, dass die bei der StA kein gutes Bild abgeben würde bzw. dass er gegen ihn ,,disziplinäre “Maßnahmen einleiten würde.

Während der Einvernahme hat (der Beschwerdeführer) den Befragte mehrmals als „ Lügner “ bezeichnet und mehrmals mit der Faust auf den Tisch geschlagen. Durch S, welcher sich gegen 1530 Uhr kurz in einem neben der S4-Kanzlei liegendem Lager aufhielt, wurde vernommen, dass (der Beschwerdeführer) sagte: „So wird das sicher nicht geschrieben“ hörte und dann einen lauten Knall wahrnahm.

Im Hinblick auf die Einvernahme des Zeugen W (er wurde im Rahmen der Einvernahme bei FüUZ dreimal auf die Konsequenzen einer falschen Aussage vor einer Disziplinarbehörde hingewiesen) bzw. auch aufgrund, der glaubwürdigen Aussage des S beim Kdo FüUZ, wird davon ausgegangen, dass die Einvernahme des W durch (den Beschwerdeführer) durch Druckausübung (verbal, Körperhaltung, Faustschläge auf den Tisch) bzw. Androhung von dienstrechtlichen Konsequenzen passierte, um so eine dem (Beschwerdeführer) passende Aussage zu erhalten, welche letztendlich, zur oa. Ermahnung des W führte.

Es besteht er begründete Verdacht, dass durch (der Beschwerdeführer) durch Faustschläge auf den Tisch, Einnahme einer bedrohlichen Körperhaltung sowie aggressivem Tonfall während der Einvernahme des W sowie Androhung dienstrechtlicher („disziplinärer“) Maßnahmen (bei Vertragsbediensteten beinhaltet dies Schritte bis hin zur Kündigung) diesen dazu brachte, eine Aussage betreffend von ihm begangenen Pflichtverletzungen zu machen bzw. diese - anfänglicher trotz Weigerung - zu unterfertigen. (Der Beschwerdeführer) hat an der Schulung für „Kommandanten als Disziplinarbehörde“ teilgenommen, so dass ihm der Unterschied zwischen „Beschuldigter/Verdächtiger“ bzw. „Auskunftsperson/Zeuge“ hinsichtlich deren rechtlicher Stellung und derer gesetzlicher Rechte sehr wohl bekannt war. Aus ho. Sicht besteht der begründete Verdacht, dass (der Beschwerdeführer) seine Amtsstellung als Vorgesetzter des W zum Nachteil des W wissentlich missbraucht hat. …“

10.      Mit Schriftsatz vom 21.02.2017 erstattete der Disziplinarvorgesetzte gegen den Beschwerdeführer wegen der in der Strafanzeige vom 15.02.2017 gegen ihn erhobenen Vorwürfe eine ergänzende Disziplinaranzeige (AS 238ff). Nach Wiederholung der oben unter Punkt 9. wiedergegebenen Anschuldigungen wurde Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„Als Vorgesetzter ist (der Beschwerdeführer) im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht verpflichtet, die Aufgabenerfüllung seiner Mitarbeiter zu überprüfen und aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen. Dazu wird es auch erforderlich sein, zur Klärung eines Sachverhalts die dazu erforderlichen Erhebungen durchzuführen. Da (der Beschwerdeführer) jedoch W als Auskunftsperson mit Wahrheitsverpflichtung befragte, im Wissen, dass dieser jedoch als Beschuldiger einzuvernehmen gewesen wäre, ohne diesen über sein Entschlagungsrecht zu informieren, hat er gegen die oa. Verpflichtung verstoßen. Darüber hinaus hat er nicht die tatsächliche Aussage protokolliert, sondern Teile weggelassen bzw. nicht aufgenommen. Darüber hinaus hat er W unter Androhung von Konsequenzen gegen dessen Willen zur Unterschriftsleistung faktisch gezwungen.

Die Einleitung des Verfahrens gemäß § 61 abs. 1 HDG 2014 erfolgte am 24. November 2016 durch Einvernahme des Zeugen W. Dem Beschuldigten wurde am 13. Dezember 2016 das Parteiengehör gewährt.

Mit ho. Schreiben vom 15. Februar 2017, S91537/l-KdoFüU&GD/2017, erfolgte die Ergänzung der Strafanzeige bei StA WIEN. “

11.      Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14.06.2017 wurde das gegen den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den angezeigten Privatfahrten mit Heeresfahrzeugen geführte Strafverfahren wegen § 302 Abs. 1 StGB gemäß §§ 199, 200 Abs. 5 StGB eingestellt (AS 264). Die Begründung des Beschlusses lautet (im Original):


„Gegen den Angeklagte lag eine Anklage der Staatsanwaltschaft Wien wegen der Verbrechen des Missbrauches gegen die Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB vor. Auf Antrag des Angeklagten und mit Einverständnis der Staatanwaltschaft Wien wurde die Hauptverhandlung am 18. Mai 2016 zur diversionellen Erledigung durch Zahlung eines Geldbetrages durch den Angeklagten in Höhe von EUR 2.700,- (darin enthalten EUR 200,- an Pauschalkosten) vertagt, weil die Voraussetzungen des § 198 Abs. 2 Z 1 bis 3 StPO vorlagen.

Die Geldbuße wurde vom Angeklagten fristgerecht, beglichen, sodass gemäß §§ 199, 205 Abs.

5 StPO mit Einstellung des Verfahrens vorzugehen ist. “


Der Beschluss wurde der Disziplinarkommission am 21.06.2017 vom Beschwerdeführer übermittelt (AS 263).

12.      Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26.02.2019 wurde der Beschwerdeführer nach mehreren Instanzenzügen schließlich von den mit Strafanzeige vom 15.02.2017 gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen (AS 277c). In der gekürzten Urteilsausfertigung wird dazu Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„Der Angeklagte (der Beschwerdeführer) wird von der wider ihn mit Anklageschrift vom 29.11.2017 erhobenen Anklage, er habe am 10.11.2016 in Wien als Offizier des Österreichischen Bundesheeres, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, die Republik Österreich in ihrem konkreten Recht auf gesetzeskonformes Verhalten von Beamten durch Einhaltung der Verfahrensregeln, insbesondere nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und dem Heeresdisziplinargesetz 2014, sowie Fl S und Fl W an ihrem konkreten Recht auf Ausübung der ihnen nach den gesetzlichen Bestimmungen zukommenden Zeugen- bzw. Beschuldigtenrechten, insbesondere auf Beiziehung einer Vertrauensperson, Verteidigung und Aussageverweigerung, zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er trotz eines anhängigen Strafverfahrens gegen ihn und Fl W zum ha. Aktenzeichen 33 St 323/16g bzw. hg. Aktenzeichen 95 Hv 31/17z, sohin trotz des Vorliegens wichtiger Gründe, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, vorgeblich zum Zweck der Abklärung vermeintlicher Verdachtsmomente wegen begangener Pflichtverletzungen, tatsächlich jedoch zum Zweck der Erhebung, ob Fl W seinen Vorgesetzten belastendes Beweismaterial zur disziplinarrechtlichen Verfolgung von (dem Beschwerdeführer) vorgelegt hatte, nachgenannte niederschriftlich als Auskunftsperson vernahm, und zwar

„I./ Fl S, dies unter der wahrheitswidrigen Behauptung, auf Anordnung seines Vorgesetzten Bgdr K zu handeln, wobei er ihm die Beiziehung einer Vertrauensperson verweigerte und ihn nicht über sein Recht, die Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen zu verweigern, in Kenntnis setzte, ihn dazu befragte, ob Fl Andreas W belastendes Material gegen ihn, (den Beschwerdeführer), zwecks disziplinarrechtlicher Verfolgung vorgelegt habe, und ihm nach Durchführung der Vernehmung die Aushändigung einer Gleichschrift des Vernehmungsprotokolls verweigerte;

II./ Fl W, dies unter der wahrheitswidrigen Behauptung, auf Anordnung seiner Vorgesetzten Bgdr Mag. W und ObstdG Mag. S zu handeln, wobei er ihm androhte, im Falle einer Aussageverweigerung ein Disziplinarverfahren einzuleiten, ihn weiters als Lügner bezeichnete, herumschrie und mit der Faust mehrmals auf den Tisch schlug, einzelne Aussagen teils gar nicht, teils unrichtig protokollierte und die Richtigstellung des Protokolls verweigerte, ihn über den Gegenstand einer persönlichen Aussprache mit Vorgesetzten über eine ihn, (den Beschwerdeführer), betreffende Beschwerde befragte und ihm schließlich für den Fall der Nichtunterfertigung des Protokolls neuerlich disziplinäre Maßnahmen androhte

gemäß § 259 Ziffer 3 StPO freigesprochen.

GRUND DES FREISPRUCHS:

… Kein Schuldbeweis

(§ 302 Abs 1 StGB aus rechtlichen Gründen nicht gegeben, darüberhinaus auch Wissentlichkeit nicht vorliegend, aufgrund der widersprüchlichen Aussagen des Zeugen W konnte auch eine unrichtige Protokollierung nicht festgestellt werden; für eine Verurteilung nach § 314 StGB, § 34 MilStG oder § 105 Abs 2 StGB boten die Ergebnisse des Beweisverfahrens ebenfalls keine ausreichende Grundlage)

…“
Der Beschluss wurde am 04.03.2019 vom Beschwerdeführer an die DKS übermittelt (AS 277a).

13.      Mit Beschluss der DKS vom 24.06.2019 (AS 278ff) wurde gegen den Beschwerdeführer zu fünf Anschuldigungspunkten ein Kommissionsverfahren eingeleitet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angeordnet. Der Spruch lautet (im Original, anonymisiert):

„Gegen (den Beschwerdeführer) wird wegen des Verdachts,

er habe

1.       Privatfahrten

a)       VB W genehmigt, und zwar am 30. und 31. Juli 2015 mit einem HKfz (Mercedes Sprinter, BH 66237) zum Zwecke eines privaten Umzuges nach WR. NEUSTADT,

b)       gemeinsam mit VB W durchgeführt, und zwar am 15. und 22. Jänner 2016 und 9. Februar 2016 mit einem HKfz (Pinzgauer 712, BH 23004) zu einer nahegelegenen Werkstätte, in der (der Beschwerdeführer) sein Privat-Kfz nach einem Unfall zur Reparatur gegeben habe, sowie am 22. Jänner 2016 mit einem HKfz (VW Golf, BH 67533) zu einem Schrotthändler in der Nähe der SCS, um eine Motorhaube für das private Kfz des (Beschwerdeführers) abzuholen und es anschließend zu seiner Privatadresse in SCHWECHAT zu bringen,

c)       VB W angeordnet, und zwar am 23. Juni 2016 mit den unter b) genannten HKfz, eine Fahrt nach WR. NEUSTADT, damit VB W am nächsten Tag mit dem genannten HKfz einen Transportwagen aus SOLLENAU transportiere,

2.       sich unsachlich und unbotmäßig gegenüber seinen Untergebenen geäußert, indem er

a)       Mitte 2014 gegenüber VB W sagte: „Bist auch zum Zählen zu deppert“ und sinngemäß, er sei zu dumm für seine Arbeit, nicht mehr verlässlich und zu nichts zu gebrauchen,

b)       ebenfalls 2014 VB S als „kleines Arschloch“ bezeichnete,

c)       Ende 2015 bzw. am 16. März 2016 VB J als „Schlampe“ titulierte,

3.       2014 und 2015 die jährlich verpflichtend abzuhaltenden Mitarbeitergespräche nicht regelmäßig durchgeführt, in dem er 2014 keine mit FOInsp P, ADir P, sowie VB S und 2015 keine mit FOInsp P, OStv S und VB W durchgeführt habe, 

4.       die, während eines Teambuildingsseminars vom 17. - 19. November 2015 getroffenen Vereinbarungen nicht unverzüglich an seine Mitarbeiter weitergegeben, sondern erst Ende März 2016, sodass sich die Mitarbeiter nicht daran orientieren konnten,

5.       am 10. November 2016 VB W niederschriftlich einvernommen und während dieser Befragung mehrmals mit der Faust auf den Tisch geschlagen und herumgeschrien,

gem. § 72 Abs. 2 Z 1 HDG 2014 die Einleitung des Kommissionsverfahren verfügt und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angeordnet.

Er hätte dadurch gegen die Bestimmungen

zu Punkt 1. und 5. § 43 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 (BDG 1979) (Vertrauenswahrung),

zu Punkt 2. und 5. § 43a BDG 1979 (Achtungsvoller Umgang; Mobbingverbot), zu Punkt 3. § 45a Abs. 1 BDG 1979 (Mitarbeitergespräch),

sowie zu Punkt 4. § 45 Abs. 1 BDG 1979 (Pflichten des Vorgesetzten),

verstoßen und schuldhaft Pflichtverletzungen gern. § 2 Abs. 1 Heeresdisziplinargesetz 2014, BGBl I, Nr 2/2014 (HDG 2014) begangen.

Das Disziplinarverfahren gegen (den Beschwerdeführer) wird wegen des Tatverdachtes,

er habe Verstöße gegen Versorgungsvorschriften begangen, indem er unter anderen Buchungsfehler bei Zugängen nach Beschaffung begangen, das Vier-Augen-Prinzip gemäß den Durchführungsbestimmungen zur MatV in LOGIS (GZ S93453/151-LogU/2011) nicht eingehalten, Kontrollvermerke nicht angebracht, Inventuren mangelhaft durchgeführt oder Verstöße gegen die Schlüsselordnung begangen habe,

gem. § 62 Abs. 3 Z 3 HDG 2014 eingestellt.“
Zu den Anschuldigungspunkten 1 und 5 hat die DKS in der Begründung des Einleitungsbeschlusses Folgendes ausgeführt:

„Gemäß § 43 Abs. 2 BDG hat der Beamte „in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.“ § 43 Abs. 2 BDG fordert sohin die Sachlichkeit der Amtsführung und legt zentrale Pflichten des Beamten fest, die für das Ansehen der Berufssoldaten maßgeblich sind. Unter einer sachlich ausgeübten Tätigkeit versteht der Sprachgebrauch eine solche, die der "Sache", dem "Gegenstand" der Tätigkeit entspricht und sich ausschließlich auf das "Wesentliche" bezieht.

Bei einer Berufsmilitärperson kommt es auf die sachliche "Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben" an; da diese jedoch sehr weitgehend durch die Rechtsordnung bestimmt sind, wird durch § 43 Abs. 2 BDG in erster Linie das Vertrauen in die rechtmäßige Aufgabenerfüllung geschützt. Diese Pflicht verletzt der Soldat immer dann, wenn er durch ein inner- oder außerdienstliches Verhalten bei Dritten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung rechtmäßig Vorgehen werde, und damit seine "Glaubwürdigkeit" einbüßt. Die genannten Rückschlüsse können jedenfalls nur von einem Verhalten gezogen werden, das mit dem Aufgabenbereich des Beamten in konkretem Zusammenhang steht. Dabei kann ein Bezug zu den besonderen Aufgaben des jeweiligen Beamten hergestellt werden (besonderer Funktionsbezug). Es kann jedoch auch ein allgemeiner Bezug zu jenen Aufgaben hergestellt werden, die jedem Beamten zukommen; insofern stellt § 43 Abs. 2 BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar (allgemeiner Funktionsbezug). Es wird somit das „gesamte Verhalten“ des Beamten erfasst, auch das außerdienstliche (vgl. Kucsko- Stadlmayr, Das Disziplinarrecht der Beamten 4, S. 162 ff).

Im vorliegenden Fall habe der Beschuldigte mehrere verbotene Privatfahrten mit einem HKfz genehmigt bzw. selbst angeordnet. Durch die Ausnutzung von Heereskraftfahrzeugen zu privaten Zwecken, nämlich zum privaten Umziehen, zum Fahren zu einer privaten Werkstätte, sowie zu Zwecken des privaten Transportes von Sachen, liegt ein Verstoß gegen die Vertrauenswahrungspflicht des § 43 Abs. 2 BDG 1979 vor. Bei einem Berufsoffizier, der Vorgesetzter über die Soldaten und Zivilbediensteten seiner Dienststelle ist und auch aufgrund seiner Stellung als S4, könnte der Beschuldigte das Vertrauen der Allgemeinheit „ist“ (Anm.: wohl gemeint „in“) die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben sowie das Ansehen des Bundesheeres allgemein massiv gestört haben. 

Ebenso verhält es sich mit der im Verdachtsbereich liegenden Handlung, der Beschuldigte habe einen Mitarbeiter niederschriftlich vernommen und ihn dabei angeschrien und mit der Faust mehrmals auf den Tisch geschlagen. Die Allgemeinheit darf darauf vertrauen, dass ein Offizier mit seinen Mitarbeitern selbst in Stresssituationen immer respektvoll umgeht.

Wenn § 43a BDG den Beamten verpflichtet, seinen Vorgesetzten und Mitarbeitern „mit Achtung“ zu begegnen, ist damit ein Kommunikationsstil gemeint, der nach allgemeiner Auffassung menschlich „respektvoll“ ist. Die Grenze zur Pflichtwidrigkeit ist erst erreicht, wenn „die menschliche Würde eines Kollegen oder Vorgesetzten verletzt“ oder der Betriebsfriede und die dienstliche Zusammenarbeit „anderweitig ernstlich gestört“ wird (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarecht der Beamten4 2010, S 210, 213). …

... Jedenfalls unangebracht erscheint die im Verdachtsbereich liegende Verhaltensweise des Beschuldigten im Zuge der Befragung des VB W. „Hemmschreien“ und „mit der Faust auf den Tisch schlagen“ stellen Verhaltensweisen dar, die an sich nicht tolerierbar sind und jedenfalls keinen respektvollen Umgang mit Mitarbeitern darstellen würde. …

… Zu Anschuldigungspunkt 5: Der Beschuldigte wurde nicht als Organwalter der Disziplinarbehörde (Disziplinarkommandant) tätig, da es sich bei ADir W um einen Vertragsbediensteten handelte und er somit nicht in den Anwendungsbereich des HDG 2014 bzw. des BDG 1979 fällt. Der Beschuldigte wurde vom Landesgericht für Strafsachen (AZ 114 HV 146/17a) von den Vorwürfen des Amtsmissbrauches freigesprochen. Gemäß § 5 Abs. 2 HDG 2014 ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteiles zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung gebunden. Diese Behörde darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht im Urteil als nicht erwiesen angenommen hat.

In Beurteilung des Grandes des Freispruches {„Kein Schuldbeweis: § 302 Abs 1 StGB aus rechtlichen Gründen nicht gegeben, darüber hinaus auch Wissentlichkeit nicht vorliegend, aufgrund der widersprüchlichen Aussagen des Zeugen W konnte auch eine unrichtige Protokollierung nicht festgestellt werden; für eine Verurteilung nach § 314 StGB, § 34 MilStG oder § 105 Abs 2 StGB boten die Ergebnisse des Beweisverfahrens ebenfalls keine ausreichende Grundlage"), bleibt ein disziplinärer Überhang über, nämlich das Verhalten des Beschuldigten während der Befragung des VB W, den es vom Senat zu beurteilen gilt, die restlichen Vorwürfe sind vom Freisprach des Strafgerichtes umfasst, an den der Senat gebunden ist. …

… 1.) Der Beschuldigte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und fällt daher in den Anwendungsbereich des BDG 1979, der ADV und des HDG 2014.

2.) Das Disziplinarverfahren wurde

-zum Anschuldigungspunkt 1. am 12. Juni 2016 (Fristhemmung von Erstattung der Strafanzeige vom 27. Juli 2016 bis zum Einlangen der rechtskräftigen Einstellung des Verfahrens (95 HV 31/17z) beim Disziplinarvorgesetzten am 30. Mai 2017), …

… -zum Anschuldigungspunkt 5. am 24. November 2016 (Fristhemmung von Erstattung der Strafanzeige vom 15. Februar 2017 bis zum Einlangen des rechtskräftigen Freispruches des LG für Strafsachen WIEN (AZ 114 HV 146/17a) beim Disziplinarvorgesetzten am 3. Juni 2019)

rechtsförmlich eingeleitet.

Gem. § 3 Abs. 1 Z 1 HDG 2014 muss innerhalb von 6 Monaten nach Kenntnis der Pflichtverletzung durch eine für den Beschuldigten in Betracht kommenden Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren eingeleitet werden, ansonsten er nicht mehr zu bestrafen ist. Unter den genannten Voraussetzungen liegt keine Verfolgungsverjährung vor.“
Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 25.06.2019 nachweislich zugestellt.

14.      Mit Schriftsatz vom 17.07.2019 brachte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter gegen den einleitenden Teil des Beschlusses rechtzeitig eine Beschwerde ein (AS 297ff). Nach Zusammenfassung des bisherigen Verfahrensverlaufs und der gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe wird darin Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„In der Mitteilung über die Erweiterung der Einleitung des Disziplinarverfahrens, die seitens des Disziplinarvorgesetzten am 12.7.2016 erfolgte, wird ausdrücklich auf die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom 27.5.2014 Bezug genommen.

Darunter finden sich verfahrensrelevante Vorwürfe, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses sind. Dies insbesondere hinsichtlich der unerlaubten Benützung eines Dienstfahrzeuges für privaten Gebrauch bzw. Genehmigung einer solchen für einen Mitarbeiter, wobei diesbezüglich ausdrücklich auf die strafrechtliche Anzeige Bezug genommen wird. Des Weiteren werden mir die mehrfache Titulierung Untergebener in ungebührlicher Weise, die Nichtumsetzung der Ergebnisse eines Teambuildinsseminars und mangelhafte Mitarbeitergespräche vorgeworfen.

Aus der Diktion der Mitteilung vom 12.7.2016 ergibt sich zweifelsfrei, dass diesbezüglich bereits im Jahr 2014, und zwar am 27.5., das Disziplinarverfahren eingeleitet wurde. Am 12.7.2016 erging neuerlich eine Disziplinaranzeige, nach Angaben der Disziplinarkommission allerdings vom 2.8.2016 mit gleicher Geschäftszahl, die am 3.8.2016 bei der belangten Behörde eingelangt sein soll.

Auf die in der Mitteilung vom 12.7.2016 angesprochene Einleitung des Disziplinarverfahrens vom 27.5.2014 geht die belangte Behörde jedoch mit keinem Wort ein. Diesbezüglich mangelt es daher an entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen, da nicht geklärt ist, wann tatsächlich die Einleitung eines Disziplinarverfahrens erfolgte. Dies ist von Bedeutung, da insbesondere im Hinblick auf die Bestimmung des § 3 Abs. 2 HDG 2014 die Frage zu prüfen ist, ob über mich überhaupt ein Schuldspruch ausgesprochen werden darf und eine Verurteilung erfolgen kann.

Ausgehend von einer Einleitung des Strafverfahrens am 27.5.2014, ist diese Frist auch unter Berücksichtigung von Hemmungstatbeständen aufgrund des Strafverfahrens, das mit Diversion endete, abgelaufen. Das Strafverfahren zu 114 Hv 146/17a entfaltet im gegenständlichen Fall keine Hemmungswirkung, da die zugrundeliegenden Tatbestände nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind.

Ein begründeter Verdacht liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes vor, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nach der Lebenserfahrung auf die Begehung einer Dienstpflichtverletzung schließen lassen. Nur bloße Gerüchte oder vage Vermutungen genügen hierfür nicht.

Die im angefochtenen Beschluss zu Punkten 1.) bis 4.) aufgenommenen Anschuldigungspunkte sind bereits durch die Mitteilung vom 12.7.2016 in diesem auch in Bezug auf die Einleitung vom 27.5.2014 Sinne gedeckt, da in ausreichender Form die wider mich erhobenen Vorwürfe dargestellt werden. Im Hinblick darauf erweist sich die Frist des § 3 Abs. 2 HDG 2014 als bereits abgelaufen. …

… Der Vorwurf zu Punkt 5.), wonach ich anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme des VB W während dieser Befragung mehrmals mit der Faust auf den Tisch geschlagen und herumgeschrien hätte, war meinem Disziplinarvorgesetzten bereits im Februar 2017 bekannt, da er diesen Vorfall mit Eingabe vom gleichen Tag an die Staatsanwaltschaft Wien releviert hat. Eine Einleitung des Disziplinarverfahrens vor dem angefochtenen Beschluss ist mir nicht ersichtlich. Ein Hemmungstatbestand insbesondere im Sinne des § 3 HDG 2014 liegt nicht vor, da bezüglichen diesem Vorfall keine strafgerichtliche Verfolgung meinerseits erfolgt ist. Die Sechsmonatsfrist gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 leg. cit. ist daher abgelaufen und liegt auch zu diesem Vorwurf Verjährung vor.

Mit all diesen Umständen hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Bei einer ordnungsgemäßen Erhebung des Sachverhaltes hätten ihr insbesondere die Einleitung des Disziplinarverfahrens vom 12.7.2016 respektive vom 27.5.2014 bekannt sein müssen. Bei Beachtung dessen hätte sie zur einem für mich günstigeren Ergebnis, nämlich nicht Einleitung eines Disziplinarverfahrens, kommen müssen.

Ich beantrage daher, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben bzw. dahingehend abzuändern, dass ein Disziplinarverfahren nicht durchgeführt wird. In eventu den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.“

15.      Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.08.2019 hat die DKS der Beschwerde teilweise stattgegeben (AS 302ff). Der Spruch lautet (im Original, anonymisiert):

„I.      Gegen (den Beschwerdeführer) wird wegen des Verdachtes, er habe

1.       Privatfahrten

a) VB W genehmigt, und zwar am 30. und 31. Juli 2015 mit einem HKfz (Mercedes Sprinter, BH 66237) zum Zwecke eines privaten Umzuges nach WR. NEUSTADT,

b) gemeinsam mit VB W durchgeführt, und zwar am 15. und 22. Jänner 2016 und 9. Februar 2016 mit einem HKfz (Pinzgauer 712, BH 23004) zu einer nahegelegenen Werkstätte, in der (der Beschwerdeführer) sein Privat-Kfz nach einem Unfall zur Reparatur gegeben habe, sowie am 22. Jänner 2016 mit einem HKfz (VW Golf, BH 67533) zu einem Schrotthändler in der Nähe der SCS, um eine Motorhaube für das private Kfz des (Beschwerdeführers) abzuholen und es anschließend zu seiner Privatadresse in SCHWECHAT zu bringen,

c) VB W angeordnet, und zwar am 23. Juni 2016 mit den unter b) genannten HKfz, eine Fahrt nach WR. NEUSTADT, damit VB W am nächsten Tag mit dem genannten HKfz einen Transportwagen aus SOLLENAU transportiere,

2. am 10. November 2016 VB W niederschriftlich einvernommen und während dieser Befragung mehrmals mit der Faust auf den Tisch geschlagen und herumgeschrien, 

gem. § 72 Abs. 2 Z 1 HDG 2014 die Einleitung des Kommissionsverfahren verfügt und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angeordnet.

Er hätte dadurch gegen die Bestimmungen

zu Punkt 1. und 2. § 43 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 (BDG 1979) (Vertrauenswahrung),

zu Punkt 2. § 43a BDG 1979 (Achtungsvoller Umgang; Mobbingverbot),

verstoßen und schuldhaft Pflichtverletzungen gern. § 2 Abs. 1 Heeresdisziplinargesetz 2014, BGBl I, Nr 2/2014 (HDG 2014) begangen.“
Mit Spruchpunkt II. wurde das Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen der übrigen Anschuldigungspunkte wird gern. § 62 Abs. 3 Z 3 HDG 2014 eingestellt. In der Begründung wurde zur Einleitung begründend ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisert):

„1. Der Bf bezieht sich in seinem Vorbringen auf eine Mitteilung über die Erweiterung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom 12. Juli 2016, GZ S90361/1-FÜUZ/2016 (2).

Diese Mitteilung weist folgenden Inhalt auf:

„Gegen Sie wurde gemäß § 61 HDG 2014 am 27 05 14 ein Disziplinarverfahren eingeleitet, weil Sie im Verdacht stehen, nachstehende Pflichtverletzung(en) begangen zu haben: Tathandlung (Art der Begehung)

1.) Es besteht der Verdacht, dass Verbuchungen von Beschaffungen fehlen bzw. nicht gem. den gültigen Versorgungsvorschriften erfolgten. Die Verantwortung dahingehend liegt beim Versorgungsführenden.

2.) Es besteht der Verdacht, dass die vorgeschriebenen Inventuren nicht veranlasst bzw. durchgeführt wurden. Die Verantwortung dahingehend liegt beim Versorgungsführenden.

In Ergänzung wurden durch den Disziplinarvorgesetzten am 08 07 16 mündlich die Verdachtsmomente gegen Sie gern. Pkt. 3-4 erweitert. Die Verschriftlichung ergeht mit folgendem Schreiben.

3.) Im Zuge der Erhebungen hat sich der Verdacht ergeben, dass Sie in der Dienstzeit mehrmals unerlaubt ein Dienstfahrzeug für den privaten Gebrauch verwendet haben (Genehmigung einer solchen durch einen Mitarbeiter, Verwendung eines Mitarbeiters als Kraftfahrer). Dahingehend ergeht eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft WIEN. …

… Dadurch stehen Sie im Verdacht, im Pflichtverletzungen im Sinnes des § 2 (1) HDG 2014 begangen zu haben. “

Die Ausfertigung hat der Bf am 2. August 2016 erhalten. Auf der Mitteilung findet sich ein Aktenvermerk des Bgdr W vom 2. August 2016, um 1515 Uhr:

„Schreiben wurde Obstlt R. am 020816, 1245 Uhr vorgelegt. Er verweigert die Unterschrift, da er einen „Beistand“ nehmen will. Das Schreiben (2. Aug) nahm er entgegen.“

Der Bf führt in seiner Beschwerde aus, dass sich diese Mitteilung ausdrücklich auf die Einleitung eines Disziplinarverfahrens am 27. Mai 2014 bezieht und sohin die Einleitung zu all den in der Mitteilung angeführten Vorwurfspunkten bereits zu diesem Zeitpunkt stattgefunden habe. Dem Beschwerdevorbringen kann in diesem Punkt nicht beigetreten werden.

Zum einen bezieht sich die Mitteilung vom 12. Juli „2017“ (Anm: richtig 2016) auf die Mitteilung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom 27. Mai 2014, in der es um die Nichteinhaltung von Versorgungsvorschriften geht (Pkt 1 und 2 der oa. Mitteilung), und zum anderen führt die Mitteilung über die Erweiterung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom 12. Juli „2017“ (Anm: richtig 2016) neue Verdachtsmomente an (Pkt 3 und 4 der oa. Mitteilung), die in keinen Zusammenhang mit der Einleitung im Jahr 2014 im Zusammenhang stehen.

Jeder Verdacht einer Pflichtverletzung ist gemäß § 61 Abs, 1 HDG 2014 zuerst zu prüfen, sodann ist das Disziplinarverfahren gegebenenfalls durch den Einheitskommandanten mittels einer ersten Verfolgungshandlung einzuleiten. Aufgrund der Tatsache, dass die verdachtsbegründenden Vorfälle (Pkt 3 und 4 der oa. Mitteilung vom 12. Juli 2016) im Jahr „2014 und 2015“ (Anm: richtig 2015 und 2016) passiert sein sollen, erscheint klar, dass die Einleitung zu diesen Vorwürfen NICHT im Jahr 2014 erfolgt sein kann.

Ergänzend wird ausgeführt, dass gem. § 25 Abs. 1 Z 1 HDG 2014 Disziplinarverfahren gegen ein und denselben Beschuldigten, dem mehrere Pflichtverletzungen vorgeworfen werden, zu verbinden sind. Dies ist im gegenständlichen Verfahren geschehen. Der Disziplinarvorgesetzte des Bf hat die Verfahren (im Jahr 2014 Vorwurf des Verstoßes gegen Versorgungsvorschriften, und 2016 die weiteren Anschuldigungen bzgl Privatfahren etc.) verbunden, was auch eindeutig aus der Titulierung der Mitteilung bezüglich Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom 12. Juli 2016 als „Erweiterung“ hervorgeht.

Zu ergänzen wäre außerdem noch, dass ein Disziplinarverfahren gern. § 61 Abs. 1 HDG 2014 durch eine erste Verfolgungshandlung eingeleitet werden muss. Die erfolgte Einleitung ist dem Beschuldigten dann, unter Angabe der näheren Umstände, unverzüglich formlos mitzuteilen. Die erste Verfolgungshandlung kann nur gegen einen bestimmten Täter wegen einer bestimmten Tat durch eine nach außen tretende Handlung eingeleitet werden. Eine solche kann beispielsweise die Mitteilung über die Einleitung des Disziplinarverfahrens oder eine erste Beschuldigteneinvemahme sein. Die Mitteilung über die Erweiterung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom 12. Juli 2016 stellt jedenfalls eine erste Verfolgungshandlung in Bezug auf die in der Mitteilung genannten Punkte 3 und 4 dar.

Zu den Inhalten der Punkte 1 und 2 der oa. Mitteilung erfolgte mit einer anderen Mitteilung, nämlich der vom 27. Mai 2014, richtigerweise die Einleitung. Das Disziplinarverfahren zu diesen Vorwürfen wurden bereits von der DKS mit dem bekämpften Beschluss eingestellt. Gemäß dem bisher Dargestellten erfolgte somit zu den Inhalten, der Punkte 1. bis 4. des bekämpften Beschlusses der DKS durch die Mitteilung über die Erweiterung (der Einleitung) eines Disziplinarverfahrens, GZ S90361/1-FÜUZ/2016 (2), am 12. Juli 2016 die Einleitung.

2. Der Bf führt in seiner Beschwerde weiters aus, dass die Punkte 1.-4. bereits verjährt seien. In diesem Punkt wird der Beschwerde teilweise Berechtigung zuerkannt.

In den Punkten 2. bis 4. des gegenständlichen Beschlusses ist nach letzter Beurteilung gem. § 62 Abs. 3 Z 3 HDG 2014 Verfolgungsverjährung eingetreten. Nach obigen Ausführungen über die Einleitung zu diesen Punkten ist festzuhalten, dass dies mit 12. Juli 2016 geschehen ist. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der DKS am 24. Juni 2019 waren die Punkte 2.-4. des bekämpften Beschlusses noch nicht verjährt. Zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung am 17. Juli 2019 war jedoch Verjährung eingetreten, weswegen das Disziplinarverfahren in diesen Punkten aus heutiger Sicht einzustellen war.

3. Weiters bringt der Bf vor, die DKS habe sich nicht mit der Problematik einer möglichen Verjährung auseinandergesetzt und es ergäben sich daraus Feststellungsmängel im gegenständlichen Beschluss. In diesem Punkt wird dem Beschwerdevorbringen keine Berechtigung zuerkannt. Auf Seite 24 des bekämpften Beschlusses führt die DKS zu einer möglichen Verjährung, sowie etwaiger Hemmungsfristen folgendes aus:

„ 2.) Das Disziplinarverfahren wurde

-zum Anschuldigungspunkt 1. am 12. Juni 2016 (Fristhemmung von Erstattung der Strafanzeige vom 27. Juli 2016 bis zum Einlangen der rechtskräftigen Einstellung des Verfahrens (95 HV 31/17z) beim Disziplinarvorgesetzten am 30. Mai 2017),

-zum Anschuldigungspunkt 2., 3. und 4. am 12. Juli 2016,

-zum Anschuldigungspunkt 5. am 24. November 2016 (Fristhemmung von Erstattung der Strafanzeige vom 15. Februar 2017 bis zum Einlangen des rechtskräftigen Freispruches des LG für Strafsachen WIEN (AZ 114 HV 146717a) beim Disziplinarvorgesetzten am 3. Juni 2019)

rechtsförmlich eingeleitet. “

… Somit sind Feststellungsmängel bzgl. möglicher Verjährungsfristen im gegenständlichen bekämpften Beschluss nicht erkennbar.

4. Zum Anschuldigungspunkt 1 des bekämpften Beschlusses bringt der Bf in seiner Beschwerde vor, dass dieser bereits am 27. Mai 2014 eingeleitet worden wäre. Den obigen Ausführungen zu Pkt 1. folgend, wurde das Disziplinarverfahren jedoch erst am 12. Juli 2016 eingeleitet.

Gern. § 3 Abs. 4 Z 2 lit a HDG 2014 wird der Lauf der Fristen nach § 3 Abs. 1 bis 3 leg. cit. für den Zeitraum zwischen dem Erstatten der Strafanzeige durch den Disziplinarvorgesetzten und dem Einlangen der Mitteilung der Staatsanwaltschaft beim Disziplinarvorgesetzten über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder dessen Beendigung nach dem 11. Hauptstück der Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr, 631, gehemmt, wenn der der Pflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand einer solchen Anzeige ist.

Der Inhalt des Anschuldigungspunkt 1 des bekämpften Beschlusses und der Inhalt der Strafanzeige vom 27. Juli 2016 stimmen überein. Sohin kommt die Hemmung der Frist zur Verfolgungsverjährung zum Tragen. Die Mitteilung über die diversionelle Erledigung, AZ 95 Hv 31/17z, langte am 30. Mai 2017 beim Disziplinarvorgesetzten ein. Ohne Hemmung der Fristen wäre am 12. Juli 2019 Verjährung eintreten. Aufgrund der Fristhemmung von 10 Monaten und 3 Tagen, tritt daher Verjährung erst am 15. Mai 2020 ein. Dieser Anschuldigungspunkt ist sohin jedenfalls einer disziplinären Würdigung zu unterziehen. …

… 6. Zum Anschuldigungspunkt 5

Der Bf führt hierzu an, es habe nie eine Einleitung zu diesem Sachverhalt gegeben. Wie die DKS im bekämpften Beschluss auf Seite 24 angeführt hat, erfolgte diese am 24. November 2016. Eingeleitet wurde dieser Sachverhalt durch die niederschriftliche Einvernahme mit VB W als Zeuge. Dies stellt, wie bereits ausgeführt, gem. § 61 Abs. 1 HDG 2014 eine erste, nach außen tretende Verfolgungshandlung dar. Dieser Vorwurf ist dem Bf zum einen während seiner niederschriftlichen Einvernahme als Beschuldigter am 13. Dezember 2016, im Zusammenhang mit der gegen ihn ergangenen Strafanzeige vom 27. Juli 2016, als auch mit der Ergänzung zur Disziplinaranzeige vom 22. Februar 2017 mitgeteilt worden. Da die Mitteilung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens an keine Form gebunden ist, ist es ausreichend, einen Disziplinarbeschuldigten von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen während einer mündlichen Befragung in Kenntnis zu setzen. Eine schriftliche Mitteilung ist nicht erforderlich.

In seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 13. Dezember 2016 gibt der Bf sogar an (Auszug): „Hinsichtlich des Tonfalls bei der Einvernahme gebe ich an, dass dieser sachlich und bestimmt war und ich keinesfalls auf den Tisch geschlagen habe. “ Der Behauptung des Bf, er sei über diesen Tatverdacht nicht in Kenntnis gesetzt worden, bzw. sei diesbezüglich keine Einleitung ergangen, kann somit nicht beigetreten werden.

7. Als letzten Punkt führt der Bf aus, Punkt 5 des gegenständlichen Beschlusses sei nicht von den Bestimmungen über die Hemmung von Verjährungsfristen mitumfasst. Diesem Beschwerdevorbringen kann nicht beigetreten werden. In der Strafanzeige vom 15. Februar 2017, GZ S91537/l-KdoFüU&CD/2017 (1), wurde folgender Sachverhalt an die StA WIEN übermittelt (Auszug): „Es besteht der begründete Verdacht, dass (der Beschwerdeführer) durch Faustschläge auf den Tisch, Einnahme einer bedrohlichen Körperhaltung sowie aggressiven Tonfall während der Einvernahme des W sowie Androhung dienstrechtlicher („disziplinärer“) Maßnahmen, (Bei Vertragsbediensteten beinhaltet dies Schritte bis hin zur Kündigung) diesen dazu brachte, eine Aussage betreffend von ihm begangenen Pflichtverletzungen zu machen bzw. diese - anfänglicher trotz Weigerung - zu unterfertigen.“

Sohin war der dem Beschuldigten in Punkt 5 des gegenständlichen Beschlusses vorgeworfene Sachverhalt ebenfalls von der oa. Strafanzeige mitumfasst. Wie im gegenständlichen Beschluss der DKS ausgeführt, wurde der Bf von den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen wegen eines möglichen Amtsmissbrauches freigesprochen (Landesgericht für Strafsachen WIEN, AZ 114 Hv 146/17a). Von dem Vorwurf an sich, er habe während der Einvernahme des VB W herumgeschrien und mit der Faust auf den Tisch geschlagen wurde der Bf allerdings nicht freigesprochen, was sich aus der Begründung des Freispruches erkennen lässt. Sohin bleibt der DKS in einer mündlichen Verhandlung Vorbehalten, diesen Vorwurf auf seinen disziplinären Gehalt hin zu überprüfen.

Dem Einwand des Bf, dieser Vorwurf sei ebenfalls verjährt, kann nicht beigetreten werden. Die Strafanzeige gegen den Bf wurde am 15. Februar 2017 erstattet. Der Bf wurde am 26. Februar 2019 freigesprochen. Die gekürzte Urteilsausfertigung langte, nach fernmündlicher Anfrage durch den Senatsvorsitzenden beim LG für Strafsachen WIEN, letztendlich am 3. Juni 2019 beim Disziplinarvorgesetzten des Bf ein.

§ 3 Abs. 3 HDG 2014, auf den sich der Bf augenscheinlich bezieht, besagt, dass, wenn der Sachverhalt, der einer Pflichtverletzung zugrunde liegt, zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt hat und die strafrechtliche Verjährungsfrist nach den §§ 57 und 58 StGB für diesen Sachverhalt später endet als die Dreijahresfrist nach Abs. 1 Z 2 und Abs. 2, an die Stelle dieser Frist die strafrechtliche Verjährungsfrist tritt. In diesen Fällen ist die Halbjahresfrist nach Abs. 1 Z 1 nicht anzuwenden.

Dem Bf ist zuzustimmen, wenn er meint, dass es zu keiner strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist und deswegen § 3 Abs. 3 HDG 2014 nicht zur Anwendung kommt. Dies ändert jedoch nichts an der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 4 Z 2 lit b HDG 2014, der besagt, dass der Lauf der Fristen nach Abs. 1 bis 3 gehemmt wird, ab dem Zeitpunkt der Erstattung der Strafanzeige durch den Disziplinarvorgesetzten und dem Einlangen der Mitteilung über die Beendigung des bei Gericht anhängigen Strafverfahrens, wenn der der Pflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand einer solchen Anzeige bzw. eines solchen Verfahrens ist. Der Bf verkennt außerdem, dass bzgl. des vorgeworfenen Sachverhalts, wie oben angeführt, eine Einleitung bereits stattgefunden hat. 

Wie oa. wurde der Lauf der Frist nach § 3 Abs. 2 HDG 2014 (Ein Beschuldigter darf wegen einer Pflichtverletzung nur innerhalb von drei Jahren nach Einleitung des Verfahrens bestraft werden.) während des Zeitraums ab Erstattung der Strafanzeige (15. Februar 2017) bis zum Einlangen der Mitteilung über die Beendigung des bei Gericht anhängigen Strafverfahrens (Freispruch durch das LG für Strafsachen WIEN) beim Disziplinarvorgesetzten, eingelangt am 3. Juni 2019, gehemmt und ist daher nicht verjährt. Es ist somit Aufgabe der DKS, in einem ordentlichen Verfahren über diese, im Verdachtsbereich liegende, Pflichtverletzung zu entscheiden.“
Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter nachweislich am 05.09.2019 zugestellt.

16.      Mit Schriftsatz vom 16.09.2019 brachte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen bei der DKS Vertreter einen Vorlageantrag ein. Darin wird nach Wiedergabe des Spruches der Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich festgestellt, dass sich der Vorlageantrag ausschließlich gegen Punkt I der Beschwerdevorentscheidung richtet, womit ein Kommissionsverfahren eingeleitet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angeordnet wird. Wenn die belangte Behörde zu Punkt I.2. vermeine, zu diesem Vorwurf wäre ein strafgerichtlicher Freispruch nicht erfolgt, so übersehe sie, dass ein derartiges Verhalten a priori kein strafrechtliches Verhalten impliziere und daher konsequenterweise Derartiges auch nicht Gegenstand des Strafverfahrens gewesen sei. Somit könne diesbezüglich auch keine Hemmungswirkung durch die Dauer eines Strafverfahrens eintreten.

17.      Mit Schreiben vom 07.10.2019 übermittelte die DKS die Beschwerde samt Verfahrensakten an das Bundesverwaltungsgericht, wo diese am 16.10.2019 einlangten.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen
Der Beschwerdeführer steht als Berufsoffizier (M2/5/2/13) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Im tatrelevanten Zeitraum war er als Referatsleiter und S4 der Abteilung Führungsunterstützung im Kommando Führungsunterstützungszentrum (nunmehr Kommando Führungsunterstützung & Cyber Defence) eingeteilt.

Zu Tatvorwurf 1:

Es besteht der ausreichend begründetet Verdacht, dass der Beschwerdeführer

a) Privatfahrten des VB W am 30. und 31.07.2015 mit einem Heereskraftfahrzeug (Mercedes Sprinter, BH 66237) zum Zwecke eines privaten Umzuges nach WR. NEUSTADT genehmigt hat,

b) am 15. und 22.01.2016 und 09.02.2016 gemeinsam mit VB W mit einem Heereskraftfahrzeug (Pinzgauer 712, BH 23004) Privatfahrten zu einer nahegelegenen Werkstätte, in die der Beschwerdeführer sein Privat-Kfz nach einem Unfall zur Reparatur gegeben hatte, und am 22.01.2016 mit einem Heereskraftfahrzeug (VW Golf, BH 67533) zu einem Schrotthändler in der Nähe der SCS, um eine Motorhaube für das private Kfz des Beschwerdeführers abzuholen und es anschließend zu seiner Privatadresse in SCHWECHAT zu bringen, durchgeführt hat,

c) VB W am 23.06.2016 VB W angeordnet hat, mit den unter b) genannten Heereskraftfahrzeug eine Fahrt nach WR. NEUSTADT durchzuführen, damit VB W am nächsten Tag mit dem Fahrzeug einen Transportwagen aus SOLLENAU transportiere.
Vom Tatverdacht unter Anschuldigungspunkt 1a) erlangte der Disziplinarvorgesetzte durch die niederschriftliche Aussage des VB W als Auskunftsperson am 19.02.2016 Kenntnis (AS 132 -133).
Vom Tatverdacht unter den Anschuldigungspunkten 1b) und 1c) erlangte der Disziplinarvorgesetzte durch die niederschriftliche Aussage des VB W als Auskunftsperson am 01.04.2016 Kenntnis (AS 135).
Am 05.07.2016 wurde der Beschwerdeführer von einem Vertreter der Disziplinarbehörde (Disziplinarvorgesetzter) unter anderem auch zu diesen Vorwürfen als Beschuldigter niederschriftlich einvernommen und damit gegen ihn in der Angelegenheit eine erste Verfolgungshandlung gesetzt (AS 141 -148).
Mit Schreiben vom 12.07.2016 wurde dem Beschwerdeführer förmlich mitgeteilt, dass gegen ihn unter anderem auch wegen dieser Vorwürfe ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde (AS 188).
Am 26.07.2016 erstattete der Disziplinarvorgesetzte gegen den Beschwerdeführer wegen gegenständlicher Vorwürfe eine Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Wien (AS 133ff).
Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14.06.2017 wurde das gegen den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den angezeigten Privatfahrten mit Heeresfahrzeugen geführte Strafverfahren wegen § 302 Abs. 1 StGB gemäß §§ 199, 200 Abs. 5 StGB nach Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von EUR 2.700,- (Diversion) eingestellt (AS 264). Dieser Beschluss wurde der DKS am 21.06.2017 übermittelt (AS 263).

Zu Tatvorwurf 2:
Es besteht der ausreichend begründete Verdacht, dass der Beschwerdeführer am 10.11.2016 den VB W niederschriftlich einvernommen und während dieser Befragung mehrmals mit der Faust auf den Tisch geschlagen und herumgeschrien hat. 

Vom Tatverdacht unter Anschuldigungspunkt 2 erlangte der Disziplinarvorgesetzte durch die niederschriftliche Aussage des VB W als Zeuge am 24.11.2016 Kenntnis (AS 246 - 248).

Am 13.12.2016 wurde der Beschwerdeführer von einem Vertreter der Disziplinarbehörde (Disziplinarvorgesetzter) unter anderem auch zu diesen Vorwürfen als Beschuldigter niederschriftlich einvernommen und damit gegen ihn in der Angelegenheit eine erste Verfolgungshandlung gesetzt (AS 240 - 242).

Am 15.02.2017 erstattete der Disziplinarvorgesetzte gegen den Beschwerdeführer wegen dem diesem Vorwurf zugrundeliegenden Sachverhalt eine Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Wien (AS 258 -259).

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26.02.2019 wurde der Beschwerdeführer nach mehreren Instanzenzügen vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs nach § 302 StGB gemäß § 259 Ziffer 3 StPO freigesprochen (AS 264). Dem Freispruch liegt laut gekürzter Urteilsausfertigung unter anderem folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer habe am 10.11.2016 als Beamter, mit dem Vorsatz, die Republik Österreich in ihrem konkreten Recht auf gesetzeskonformes Verhalten von Beamten durch Einhaltung der Verfahrensregeln, sowie Fl S und Fl W an ihrem konkreten Recht auf Ausübung der ihnen nach den gesetzlichen Bestimmungen zukommenden Zeugen- bzw. Beschuldigtenrechten, insbesondere auf Beiziehung einer Vertrauensperson, Verteidigung und Aussageverweigerung, zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollzie

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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